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Trinkwasser ist sauber, aber nicht steril

Die Anforderungen an Trinkwasser und die zugeordnete Technik (Warmwasserbereiter, Rohrleitungen) hinsichtlich Qualität und Hygiene werden weiter steigen. Das liegt am wachsenden Komfortbedarf der Kunden, aber auch an der zunehmend komplexeren und damit störanfälligeren Haustechnik. In dieser Serie beleuchten wir wichtige Aspekte rund um die Wasseraufbereitung. In Folge 1 ging es um die Wasserinhaltsstoffe, Folge 2 beschäftigte sich mit dem Schutzfilter, in diesem Teil 3 geht es um Hygiene. Im Mittelpunkt stehen Legionellen: Das sind im Wasser lebende Bakterien, die beim Menschen schwere Lungenentzündungen verursachen können.*

Bild 1: Betreiber und Installateur sollten sich ein klares Bild über die Gefahren und Risiken der Hausinstallation machen.

Bild 2: Diese Faktoren haben Einfluss auf die Biofilmbildung (Quelle: Erkenntnisse aus dem Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasser-Installation“).

Bild 3: Hygiene ist eine Aufgabe für alle ­Beteiligte.

Bild 4: Der Schutzfilter „Infinity“ und die Weichwasseranlage „AQA perla“ (beides von BWT) verhindern Ablagerungen im System (links). Zur Desinfektion eignet sich das Chlordioxidverfahren für die meis­ten Trinkwässer gut (hier: „Reaxan“-Anlage von BWT).

 

Seit dem 1. November 2011 schreibt die Trinkwasserverordnung in gewerblich genutzten Mehrfamilienhäusern mit einer zentralen Warmwasserbereitung (ab 400 l Speichervolumen und/oder Warmwasserleitungen mit mehr als 3 l Inhalt zwischen dem Trinkwassererwärmer und der Zapfstelle) einen jährlichen Legionellen-Test zwingend vor. Diese neue Vorschrift belegt einmal mehr, dass Hygieneprobleme in Trinkwassersystemen real sind. Wissenschaftler der Uni Duisburg-Essen haben mehr als 20.000 Messungen an öffentlichen Gebäuden durch die Gesundheitsämter ausgewertet. Ergebnis: In über 13% der Warmwassersysteme kommen Legionellen vor.
Hygiene ist für das SHK-Handwerk also ein äußerst wichtiger Punkt bei der Installation und Wartung von Trinkwassersystemen. Zusammen mit dem Betreiber sollte sich der Installateur ein klares Bild über die Gefahren und Risiken der Hausinstallation machen (Bild 1).
Das Infektionsschutzgesetz und die Trinkwasserverordnung regeln den Umgang mit dem Lebensmittel „Wasser“. Dort werden ganzheitliche Vorgaben für alle Beteiligten definiert. Die hier beschriebenen Anforderungen sind zu Recht hoch, denn Trinkwasser ist ein verderbliches Lebensmittel. Deshalb muss jedem Verantwortlichen bewusst sein, dass auf dem Transportweg bis zur Zapfstelle beim Verbraucher die Beschaffenheit des Wassers sich wesentlich verändern kann. Daher kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass nur solche Werkstoffe, Apparate und Hilfsstoffe eingesetzt werden dürfen, die den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen.


*) Teil 1: Ausgabe Januar 2012
Teil 2: Ausgabe Februar 2012

 

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Hygienevorsorge: Wohl­fühlumgebung vermeiden
Die Trinkwasserverordnung fordert, dass Trinkwasser frei sein muss von Krankheitserregern. Das vom Wasserversorger gelieferte Trinkwasser ist jedoch nicht steril (frei von vermehrungsfähigen Keimen). Bei der Installation (Bau und Inbetriebnahme) und bei falscher Betriebsweise eines Wasserversorgungssystems kann es deshalb durch Vermehrung dieser Keime zu Hygieneproblemen kommen. Damit wassergängige Keime sich vermehren können, benötigen sie ein wachstumsförderndes Umfeld:

  • eine besiedelbare und wasserberührte Oberfläche (je rauer und größer, umso leichter und stabiler ist die Besiedelung – Biofilm genannt),
  • Nährstoffe (Achtung bei Dichtungen, Membranen usw.),
  • Temperaturen, die die Vermehrung begünstigen,
  • Stagnation (zu geringe Wasserent­nahme).

Die geringsten Hygieneprobleme existieren, wenn das gesamte Kaltwasser im System auf Temperaturen kleiner 25°C und das Warmwasser ständig über 55°C gehalten werden. Vorschriften und technische Regelwerke (z.B. VDI 6023, DVGW-Arbeitsblatt W551) geben deshalb immer diese Temperaturen vor. Der dringende Rat lautet daher: Man vermeide jegliche „Wohlfühlumgebung“ für Bakterien:

  • Legionellen wachsen am schnellsten bei Temperaturen zwischen 30 und 45°C,
  • Legionellen bevorzugen Ablagerungen in Trinkwassererwärmern, Rohrleitungen und Armaturen (Kalk), die große Oberflächen besitzen und gut besiedelt werden können. Auch die Korrosion führt zu solchen Bedingungen. Deshalb gilt: Kalkablagerungen und korrodierte Oberflächen in Rohrleitungen sollten durch eine geeignete Wasseraufbereitung verhindert werden, z.B. physikalisch-alternative Geräte zur Verhinderung von Steinbildung, chemische Ionenaustauscher und Dosieranlagen,
  • Materialien wie Gummi oder Silikon (in Dichtungen, Membranausdehnungsgefäßen, Duschschläuchen, etc.) werden schnell von Mikroorganismen in Form eines Biofilms besiedelt,
  • in stagnierendem Wasser und in Leitungsteilen mit mangelhafter oder ganz fehlender Zirkulation (tote Leitungsstränge) vermehren sich Legionellen.

Bakterien im „freien“ Zustand lassen sich relativ leicht desinfizieren. Bei einem Biofilm ist eine Desinfektion und Reinigung jedoch sehr schwierig. Der Vermeidung von Biofilmen muss daher die größte Aufmerksamkeit gelten (Bild 2). Besonders auffällig und teilweise sogar mit bloßem Auge sichtbar, sind Bio­filme bei Gummiwerkstoffen. An Dichtungen im Strahlregler von Armaturen bzw. preiswerten Duschschläuchen lässt sich dies beobachten.

Sanierung: betriebs- und verfahrenstechnische ­Maßnahmen
Wie ist die Situation bei einer bereits vorliegenden Verkeimung? Generell gibt es die betriebstechnischen Maßnahmen, die bevorzugt eingesetzt werden sollen:

  • Kontrolle und Erhöhung der Temperaturen im Warmwassersystem,
  • Kontrolle und Veränderungen des hydraulischen Abgleichs im Zirkulationssystem,
  • Speichermenge, Speichertemperatur und -zustand prüfen (eventuell Reinigung),
  • Kontrolle auf nicht benötigte Leitungsteile (Totleitungen) und selten benutzte Entnahmestellen,
  • regelmäßige Spüllungen von Leitungsbereichen, die selten oder nicht genutzt werden,
  • Kontrolle der Kaltwassertemperaturen.

Verfahrenstechnische Maßnahmen sind nur selten ohne betriebstechnische Veränderungen alleine dauerhaft wirksam (bei Stagnation bzw. geringer Entnahme usw. werden auch keine Desinfektionsmittel transportiert). In der Regel können nur bauliche und betriebstechnische Maßnahmen die Probleme nachhaltig lösen.
In Fällen des Nachweises einer hohen Kontamination (Belastung) kann das Gesundheitsamt angesichts der möglichen Infektionsgefahr Desinfektionsmaßnahmen anordnen bzw. vorschlagen. Eine Anlagendesinfektion ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Ursachen der Kontamination vorher beseitigt wurden (z.B. falsche Temperaturen, Stagnation, nicht gereinigte bzw. zu große Speicher usw.).
Es stehen zwei Desinfektionsverfahren zur Auswahl:

  • die thermische Desinfektion: Jede Zapfstelle ist mindestens 3 Min. mit 70°C zu spülen,
  • die chemische Desinfektion: bevorzugt ist mit Chlor, Chlordioxid oder Wasserstoffperoxid die Anlage zu spülen.

Bei einer Desinfektion (thermisch und chemisch) kann es unter ungünstigen Umständen zur Schädigung der eingesetzten Werkstoffe kommen. Die Beständigkeit der Werkstoffe und Bauteile ist bei der Auswahl des Desinfektionsverfahrens mit zu berücksichtigen. Die Wirksamkeit der Maßnahme ist durch Kontrollmessungen erneut zu überprüfen.

 

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Schlussfolgerung
Die Trinkwasseranlage stellt als gesamtes System die Verpackung für das Lebensmittel Trinkwasser dar. Dies haben der Planer, der Anlagenersteller und auch der Betreiber in gemeinsamer Verantwortung zu berücksichtigen (Bild 3):

  1. Der Betreiber ist für die Unterhaltung und den bestimmungsgemäßen Betrieb während der Nutzungszeit (meist über Jahrzehnte) verantwortlich,
  2. der Planer hat alle Voraussetzungen entsprechend dem Stand der Technik zu schaffen, dass die Trinkwasseranlage während der Nutzungszeit durch den Betreiber bzw. Verbraucher gefahrlos betrieben werden kann,
  3. und last, but not least muss der Anlagenersteller während der Montage und Inbetriebnahme seiner Verantwortung für die Trinkwasseranlage gerecht werden.

Der letztgenannte Punkt hat besondere Bedeutung. Denn nur Fachleute dürfen eine solche Anlage erstellen: Die Errichtung der Anlage und wesentliche Veränderungen dürfen nur durch das Wasserversorgungsunternehmen selbst oder ein in das Installationsverzeichnis des Wasserversorgers eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen. Hygienische Aspekte müssen auch bei der Lagerung und Installationsausführung beachtet werden. Wichtig ist, dass zwischen einer Druckprobe, der Spülung und der Inbetriebnahme nur wenig Zeit verstreicht. Ansonsten besteht die Gefahr von Stagnation (ruhendes Wasser).
Zu den Aufgaben gehört auch die Übergabe qualifizierter Gebrauchsanweisungen, Betriebsanleitungen, Wartungs- und Inspektionspläne an den Betreiber.

Autor: Dipl.-Ing. Willibald Schodorf, Leiter Technische Geschäfte, BWT Wasser­technik GmbH, Schriesheim

Bilder: BWT

www.bwt.de


 


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