Thermische Spannungen lassen sich vermeiden
Kompensatoren in Rohrleitungssystemen dienen einer hohen Betriebssicherheit und langer Lebensdauer
Die Wärmeverteilung in Gebäuden erfolgt in der Regel durch luft- oder wassergeführte Verteilersysteme. Während ihrer gesamten Lebensdauer sind diese wiederkehrenden Temperaturschwankungen ausgesetzt. Bei Erwärmung dehnen sich die Rohre der Verteilersysteme aus und es entstehen hohe Spannungen in den Rohrleitungen. Im schlimmsten Fall können die daraus resultierenden Kräfte zu Beschädigungen von Leitungen oder Anschlusselementen führen. Um diesem entgegenzuwirken, werden Kompensatoren als flexible Rohrelemente eingesetzt.
Durch den Einbau eines Kompensators werden Rohrdehnungen und -verschiebungen ausgeglichen und die Spannungen in den Rohrleitungen reduziert (Bild 1). Kompensatoren sind daher ein unverzichtbares Element, um einen störungsfreien Betrieb von Rohrleitungssystemen zu gewährleisten.
Aufbau von Kompensatoren
Ein Kompensator besteht in seiner einfachsten Form aus einem flexiblen Element, dem Balg, und einem Rohranschlusselement, z. B. Flansch, Gewindeanschluss oder Anschweißende. Das flexible Element dient dazu, die Bewegungen der Rohrleitungen auszugleichen. Dabei wird zwischen Gummi-Kompensatoren und Metall-Kompensatoren unterschieden (Bild 2).
Gummi-Kompensatoren
Gummi-Kompensatoren (Bild 3) können aufgrund ihrer Formgebung und wegen der elastischen Eigenschaft en des Balgwerkstoffes relativ große Bewegungen bei kurzen Baulängen aufnehmen. Der Balg des Gummi-Kompensators besteht zum Großteil aus hitzebeständigem Kunstkautschuk. Mit Druckträgereinlagen aus Synthesefasern oder Stahldraht erhält er seine Druckfestigkeit. Die innere und äußere Gummibeschichtung – innen Seele, außen Decklage genannt – gibt dem Balg die Beständigkeit gegen das durchfließende Medium und gegen äußere Einflüsse.
Metall-Kompensatoren
Bei Metall-Kompensatoren (Bild 4) besteht das flexible Element aus mehreren hintereinanderliegenden Balgwellen. Die mögliche Bewegungsaufnahme, die maximale Anzahl an Lastwechseln sowie die Druckfestigkeit des Kompensators resultieren maßgeblich aus der Geometrie der einzelnen Wellen.
Je nach Art der Bewegungsaufnahme können Kompensatoren zusätzlich mit Verspannungssegmenten ausgerüstet werden. Sind erhöhte Bewegungsaufnahmen notwendig, können Sonderbauformen wie z. B. Doppelbalg-Kompensatoren (Bild 5) eingesetzt werden.
Axial-Kompensatoren
Für Anwendungen, bei denen Bewegungen in Richtung der Längsachse von Rohrleitungen auftreten, werden Axial-Kompensatoren (Bild 5) verwendet. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund der Verformung des Kompensators bei Innendruck zusätzliche Reaktionskräfte auf das Rohrleitungssystem einwirken können, die durch geeignete Festpunkte aufgenommen werden müssen.
Lateral-Kompensatoren
Sobald laterale Bewegungen (senkrecht zur Einbauachse) ohne Axialbewegungen auftreten, werden Lateral-Kompensatoren (Bild 5) eingesetzt. Die Reaktionskräfte werden bei dieser Kompensatorenart von einer Zugstangen-Längenbegrenzung aufgenommen. Daher bieten sich Lateralkompensatoren für den spannungsarmen Anschluss an empfindlichen Rohrleitungselementen wie z. B. Pumpen an.
Angular-Kompensatoren
Eine angulare Bewegung (Winkelversatz) kann durch Angular-Kompensatoren (Bild 5) ausgeglichen werden. Im Verhältnis zum Axial-Kompensator erzeugen Angular-Kompensatoren nur geringe Verstellkräfte, die Reaktionskräfte werden durch eine Gelenkverspannung aufgenommen.
Einsatzbereiche von Kompensatoren
Gummi- und Metall-Kompensatoren aller Bauformen sind für Nennweiten ab DN 20 in verschiedenen Baulängen erhältlich. Die Temperaturgrenzen von Gummi-Kompensatoren liegen bei ca. -30°C bis ca. 110°C. Ein kurzzeitiger Betrieb bis 130°C ist möglich. Metall-Kompensatoren decken einen weit größeren Temperaturbereich nach oben und unten ab.
Die meisten Standardkompensatoren können bis zu einem Betriebsdruck von 16 bar eingesetzt werden. Spezielle Typen von Gummi-Kompensatoren ermöglichen auch den Einsatz bis maximal 25 bar Betriebsdruck. Auch hier sind es die Metall-Kompensatoren, die deutlich höhere Drücken standhalten.
Medienbeständigkeit
Generell können Gummi-Kompensatoren durch geeignete Werkstoffauswahl ein breiteres Medienspektrum abdecken als Metall-Kompensatoren. Um eine optimale Medienbeständigkeit für den jeweiligen Einsatzzweck zu erreichen, sind Gummi-Kompensatoren in verschiedenen Qualitäten verfügbar. Die am weitesten verbreiteten Gummiqualitäten sind NBR, EPDM und CIIR (Butyl). Mit diesen wenigen Werkstoffen kann bereits ein Großteil der haustechnischen und industriellen Anwendungen abgedeckt werden. Gängige Einsatzgebiete sind in Tabelle 1 zu finden. Bei Metall-Kompensatoren ist die Werkstoffauswahl ebenfalls wesentlich von dem jeweiligen Einsatzzweck abhängig. Einen Überblick gibt Tabelle 2.
Aufgrund der Vielzahl an Typen, Nennweiten und Werkstoffen werden Kompensatoren in weiten Bereichen eingesetzt: Von der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, im Industrie- und Anlagenbau, über die maritime Industrie bis hin zum Kraftwerksbereich findet sich für nahezu jeden Einsatzzweck ein geeigneter Kompensator. Einsatzgrenzen ergeben sich lediglich durch enge bauliche Vorgaben sowie durch Anforderungen in Grenzbereichen nahe der zulässigen Maximaltemperaturen und -drücken bei gleichzeitig hohen Anforderungen an die Dauerfestigkeit.
Praxisbeispiele
Im Bereich der Gebäudetechnik werden Kompensatoren zum Ausgleich thermisch bedingter Verformungen, zum Ausgleich von Gebäudesetzungen und Montageungenauigkeiten eingesetzt. Ein oft auftretendes Phänomen in Gebäuden sind Knackgeräusche, die sich auf temperaturbedingte Dehnung von Rohren zurückführen lassen. Auch wenn diese Dehnungen das Rohrsystem nicht unmittelbar beschädigen, ist es in einem solchen Fall sinnvoll, Kompensatoren zur Geräuschreduktion in das Rohrleitungssystem zu integrieren.
Insbesondere Gummi-Kompensatoren eignen sich hervorragend zur Reduzierung von Vibrationen und zur Schalldämmung von motor-, pumpen-, oder strömungsinduzierten Vibrationen. An Druckerhöhungsanlagen und kältetechnischen Anlagen beispielsweise werden Lateralkompensatoren eingesetzt, um Rohrleitungen spannungsfrei installieren zu können und Schwingungen auszugleichen (Bilder 6 und 7). Um zu vermeiden, dass Vibrationen an das Rohrleitungssystem weitergegeben werden, sollten Kompensatoren mit körperschallisolierenden Längenbegrenzungen ausgerüstet sein.
Planung
Bereits bei der Planung von Rohrleitungssystemen sollte der Einbau von Kompensatoren berücksichtigt werden. Bei der Auswahl des Kompensatortyps spielen folgende Parameter eine Rolle:
- Nennweite,
- Betriebs-/Auslegungstemperatur,
- Betriebs-/Auslegungsdruck,
- Medium,
- Notwendige Dehnungs-/Bewegungsaufnahme,
- Förderstrom,
- Einbau- und Anschlussmaße,
- Vorschrift en und Normen/notwendige Zulassungen.
Um den idealen Kompensator für den jeweiligen Einsatzzweck zu finden, ist der direkte Kontakt zum Kompensatorenhersteller zu empfehlen. Eine Auswahlhilfe ist zumeist auch auf den Hersteller-Webseiten zu finden.
Zu beachten ist, dass durch den Einsatz von Kompensatoren zusätzliche Kräfte im Rohrleitungssystem auftreten können. Diese resultieren aus dem Innendruck des Rohrleitungssystems und einem erhöhten Querschnitt im Balgbereich des Kompensators. Zudem sind Federkräfte zu berücksichtigen, die aus einer Auslenkung des Kompensators resultieren. Zwingend erforderlich ist daher die korrekte Auslegung und Positionierung von Festpunkten und Führungslagern. Gegebenenfalls ist der Rohrleitungsplan anzupassen.
Einbau
Kompensatoren sind mit verschiedensten Rohranschlüssen am Markt verfügbar und können daher direkt zwischen zwei Rohranschlusselementen verbaut werden. Gummi-Kompensatoren werden idealerweise ohne Vorspannung montiert. Sie erfordern keine zusätzlichen Dichtungen. Verschraubungen sind mit den vom Hersteller angegebenen Schraubenanzugsmomenten zu installieren.
Kompensatoren können generell auch mit Vorspannung eingebaut werden. Idealerweise sollten Gummi-Kompensatoren für diesen Fall auf Stauchung beansprucht werden. Bei Metall-Kompensatoren ist zu beachten, dass bei warmgehenden Leitungen die Einbaulänge für Axialkompensatoren vergrößert, bei kaltgehenden Leitungen verkleinert werden sollte.
Inspektion und Wartung
Um Undichtigkeiten, äußere Schäden, Verschleiß oder Korrosion zu identifizieren, sollten Kompensatoren regelmäßigen Prüfungen unterzogen werden.
Gummi-Kompensatoren
Regelmäßige Sichtprüfungen sollten mit besonderem Augenmerk auf Versprödungen, Blasenbildung oder Ausbeulungen vorgenommen werden. Bei Auffälligkeiten ist der Austausch des Kompensators zwingend notwendig. Zusätzlich sollten Shorehärtemessungen an der Welle des Kompensators durchgeführt werden und bei Überschreitung eines herstellerspezifischen Grenzwertes ersetzt werden.
Metall-Kompensatoren
Metall-Kompensatoren sollten ebenfalls einer Sichtprüfung unterzogen werden. Bei Auffälligkeiten wie z. B. Leckagen oder Korrosion, ist der Kompensator auszutauschen.
Fazit
Der Einsatz von Kompensatoren gewährleistet eine hohe Betriebssicherheit und Lebensdauer von Rohrleitungssystemen. Bereits bei der Planung sollte daher der Einbau von Kompensatoren berücksichtigt werden. Die Vielfalt an verfügbaren Kompensatortypen und Werkstoffen ermöglicht dem Anwender dabei eine präzise Anpassung an die jeweiligen Betriebsbedingungen.
Autor: Nicolas Stübe, Bereichsleitung Technik bei Stenflex Rudolf Stender GmbH
Bilder: Stenflex