Studie zu Energieausweisen für Gebäude: Abweichungen im Verbrauchsausweis deutlich geringer als im Bedarfsausweis
Berlin. Lediglich 29% der geprüften Bedarfsausweise stellen den Energiebedarf annähernd zutreffend dar. Bei Verbrauchsausweisen hingegen liegen mit 66% mehr als doppelt so viele innerhalb der zulässigen Toleranz von 5%. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt eine Evaluierung, die im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vorgenommen wurde.
„Wir sehen uns bestätigt“, kommentiert Haus & Grund-Präsident Rolf Kornemann die Studie. „Die vorherrschende Auffassung, der Energieverbrauchsausweis sei schlechter als der Bedarfsausweis, ist schlicht unzutreffend. Der Gesetzgeber muss sich jetzt den Tatsachen stellen und den Verbrauchsausweis umgehend wieder für alle Wohngebäudearten zulassen.“
Der Erstellung eines bedarfsorientierten Ausweises geht die Prognose des voraussichtlichen Energiebedarfs voraus. Hierbei werden die Bausubstanz sowie die vorhandene Heizungsanlage eingerechnet. Der verbrauchsorientierte Ausweis basiert auf den zurückliegenden, tatsächlich angefallenen Energieverbrauch eines Gebäudes anhand der Verbrauchsabrechnungen der letzten drei zusammenhängenden Jahre. Fachplaner und Energieberater betonen immer wieder die qualitativen Unterschiede zwischen den beiden Ausweisen – und fordern den Bedarfsausweis, weil er genauer sei. Die Mehrheit der Energieberater plädiert sogar für Ergänzungen am Energieausweis, um stärkere Anreize zur energetischen Sanierung von Gebäuden zu geben, so ein Ergebnis einer bundesweiten Umfrage unter 550 Energieberatern aus dem letzten Jahr. Offensichtlich zeichnet die Praxis ein anderes Bild.
Hauptsächliche Gründe für Abweichungen bei den Verbrauchsausweisen sind laut Studie:
- Verwendung anderer oder unterschiedlich detaillierter Klimafaktoren,
- zu kleine oder zu große Gebäudenutzfläche durch falsche Berechnung der Wohnfläche oder der Gebäudenutzfläche,
- zu kleine Gebäudenutzfläche, durch fehlende Umrechnung der Wohnfläche auf die Gebäudenutzfläche,
- fehlerhafte Übernahme der Verbrauchswerte aus den Abrechnungsunterlagen.
Hauptsächliche Gründe für Abweichungen bei den Bedarfsausweisen sind:
- Verwendung unterschiedlicher Software-Programme,
- unterschiedliche Definition der Systemgrenze,
- fehlerhafte Informationen aus – insbesondere älteren – Planunterlagen,
- Annahme unterschiedlicher Wirkungsgrade der Heizanlage,
- Annahme unterschiedlicher Wärmedurchgangskoeffizienten,
- Verwendung von Erfahrungswerten nach Baualtersklassen zu den energetischen Eigenschaften von Bauteilen, wenn Bauteilaufbau im Detail nicht bekannt,
- Häufung unterschiedlicher Annahmen, insgesamt unschlüssige Berechnungen.
In der Studie „Evaluierung ausgestellter Energieausweise für Wohngebäude nach EnEV 2007" wurden insgesamt 94 Energieausweise untersucht. Dabei wurde der gesamte Ausstellungsprozess nachvollzogen: von der Beschaffung der Datengrundlagen über die Erfassung der Angaben die Modellierung und Interpretation der Daten sowie die Berechnungen. Bei einzelnen Bedarfsausweisen wurde eine Abweichung vom tatsächlichen Energiebedarf von bis zu 108% festgestellt. Verbrauchsausweise wichen maximal 26% ab. Analysiert wurde darüber hinaus aber auch, ob und wie die einzelnen Elemente des Energieausweises zur Erreichung der Ziele – Transparenz, Wirksamkeit, Verbraucherfreundlichkeit – beitragen.
www.bbsr.bund.de
www.haus-und-grund.com
*) Link zur Studie:
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/veroeffentlichungen_node.html