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Speicher leben länger als gedacht

Ein Projekt zur „Hybriden, dezentralen Eigenenergieversorgung durch die ­Systemkombination von Mikroblockheizkraftwerk, elektrischem Energiespeicher und Photovoltaik“ offenbart erstaunliche Ergebnisse

Das offizielle Logo zum ­Projekt EKOSTORE, ein Projekt, gefördert durch die Bayerische Forschungsstiftung. Technologiezentrum Energie/Fachhochschule Landshut

Die Hochschule Landshut errichtete ­einen Prüfstand mit BHKW, Gasbrennwert-­Heiztherme, einem elektrischen und einem thermischen Speicher. Technologiezentrum Energie/Fachhochschule Landshut

Mit einem speichergeführten BHKW könnte ein 8-Familienhaus seine elektrische Autarkie im Vergleich zu einem wärmegeführten BHKW deutlich steigern. Technologiezentrum Energie/Fachhochschule Landshut

Ein Energiemanagementsystem erfasst alle Daten des Systems und steuert die einzelnen ­Komponenten. Technologiezentrum Energie/Fachhochschule Landshut

Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger, Professor für Elektrische Energiespeicher an der Fachhochschule Landshut, ist wissenschaftlicher Leiter des Technologietransferzentrums Energie der Hochschule Landshut in Ruhstorf und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat Batterieforum Deutschland. Foto: Prof. Dr. Pettinger

 

Was im Jahr 2015 unter dem Projektnamen „EKOSTORE“ begann, liefert heute, schon vor dem ­offiziellen Auslaufen des Projektes, erstaunliche Zahlen – zum einen für die Befürworter der ­dezentralen Energieversorgung und zum anderen für die Stromspeicherhersteller und -Nutzer.

Der Gedankenansatz des Projektes war es, Batterien rentabel zu machen, indem sie öfter be- und entladen werden. Im Normalfall geschieht dies nur einmal pro Tag. In konkrete Zahlen umgerechnet ergibt diese Art der Nutzung geschätzte Speicherkosten von 40 Cent pro kWh. Angestrebt werden sollte also, eine Batterie öfter zu be- und entladen. Denn desto schneller amortisiert sie sich. Mit nur einer PV-Anlage und einem Speicher ist das aber schlicht unmöglich, zumindest in unserer geografischen Region.
Am niederbayerischen Standort des Technologiezentrums Energie der Hochschule Landshut (TZE), dem Projektinitiator, fallen pro Jahr etwa 265 nutzbare Sonnentage an. An etwa 100 Tagen wird keine PV-Ernte erzielt. Um das Projektziel zu erreichen, fügte das Projektteam für die Ausfalltage ein Blockheizkraftwerk hinzu. Es generiert Strom, wenn wenig oder keine Sonnenenergie vorliegt. Im Frühjahr, Sommer und Herbst nutzte man an den meisten Tagen die Kombination PV und Speicher und an den sonnenarmen Tagen Batterie plus Blockheizkraftwerk. „Das Erstaunliche daran war, bereits relativ früh in unserer Testphase zeigte sich, wenn man die Betriebsführung clever organisiert, kann man die Kombination erheblich öfter als einmal pro Tag laden und entladen und die mangelnden Sonnenstunden mittels Blockheizkraftwerk komplett ausgleichen, vorausgesetzt, die programmtechnische Abstimmung passt perfekt auf die gestaltete Anlagenkombination“, erklärt Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger, der in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Tim Rödiger dieses Projekt initiiert und betreut hat.

Leistungsanpassung ermöglicht lange Systemlaufzeiten
Das Projektteam von „EKOSTORE“ ­dimensionierte die eingesetzten Stromspeicher bewusst knapp. Im Laufe der Projektphase wurden Standardlastprofile eingespielt und am Teststand Hard- wie Softwareprogramme gemäß der Lastprofile gefahren um zu sehen, wo die Grenzen der miteinander arbeitenden Systeme liegen. Das Ergebnis: Sie liegen deutlich tiefer als erwartet und bisher genutzt. Viele Bedenken von Herstellern und Kritikern konnten mit den Zahlen von „EKOSTORE“ zerstreut werden. Durch die richtige Dimensionierung können bisher ungewöhnlich lange Systemlaufzeiten generiert werden. Anhand der entwickelten, speichergeführten Betriebsstrategie können Batteriespeicher bis zu 7,2-mal pro Tag be- und entladen werden. Das Ergebnis in Zahlen: Die Speicherkosten liegen bei unter 6 Cent pro kWh. Die Kombination Photovoltaik und Speicher kann zudem mit der geforderten Netzparität mithalten und ist damit netzrentabel.
Dreh- und Angelpunkt dieser Ergebnisse ist die speichergeführte Betriebsstrategie. Sie richtet den Betrieb des ­BHKWs auf den Ladungszustand des elektrischen Speichers aus. So erhöht sich die Anzahl der Betriebszyklen des Blockheizkraftwerkes pro Tag bei einer höheren Ausnutzung des elektrischen Speichers. Dies führt zu einer Erhöhung des elektrischen Deckungsgrades im Vergleich zum Energiesystem mit wärmegeführtem BHKW sowie Systemen, die nur aus Photovoltaik­anlage und elektrischem Speicher bestehen. „Bestätigt wurde die Wirkungsweise sowohl durch detaillierte Simulationsrechnungen als auch durch reale Prüfstandsdaten im Anwendungsfall von Mehrfamilienhäusern“, erklärt Prof. Dr. Tim Rödiger.
Profitieren werden vor allem Mehrfamilienhäuser und Eigenheimbesitzer, die sich zusammentun, um gemeinsam eine Energieversorgung zu realisieren. Aufgrund der enormen Abwärme des Blockheizkraftwerkes wäre das Konzept für ein EFH überdimensioniert, aber Dr. Pettinger schätzt, dass sich das System ab einem Vierfamilienwohnhaus rentiert. Die Stadtwerke Straubing plant, das Konzept als Quartierspeicher umzusetzen. In einem Wohnviertel sollen so die Netzausbaukosten gespart, und das Viertel möglichst autark versorgt werden. Es geht also um die alte Thematik Leitungsausbau gegen Speicher und Energieversorgung vor Ort, ab wann wird was rentabel. Momentan gibt es zwei
Nutzerkreise des Projektes, einmal die projektbeteiligten Firmen und zum anderen Local Grids, also Nachbarschaftsnetze, wie eine Siedlung. Auch ein namhafter BHKW-­Hersteller verwendet diese Daten bereits für den Verkauf seiner Standard-Mikro BHKWs in normalen Hausumgebungen. Während der Folgeantrag für weitere Untersuchungen bereits läuft, wird die Simulationsmethode, die für das Projekt entwickelt wurde, mittlerweile für Industrieapplikationen zur Netzstabilisierung angewandt. Anhand der „EKOSTORE“-Profile können für verschiedenste Lastprofile thermische wie elektrische Situationen optimiert werden. Diese Methoden existiert, ist kostengünstig und absoluter Stand der Technik.

 

Hintergrund zum Projekt „EKOSTORE“
Das Projekt verglich wärme- und speichergeführte Betriebsstrategien und entwickelte dabei eine (elektro)-speichergeführte Betriebsstrategie für BHKW-basierte Energiesysteme, um die Netzbezugs- und Einspeisecharakteristik im Vergleich zum wärmegeführten BHKW-Betrieb zu verbessern. Das bedeutet, bei gleicher Dimensionierung der Systemkomponenten lieferte die speichergeführte Strategie
eine:

  • Reduzierung der Kosten pro gespeicherte kWh,
  • Verbesserung des elektrischen Autarkiegrades,
  • Verbesserung der Ausnutzung des elektrischen Speichers,
  • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der BHKWs,
  • Vermeidung von BHKW Netzeinspeisung,
  • Verringerung der PV-Netzeinspeisung.

Die Entwicklung basiert auf im Projekt erstellten Simulationsmodellen und dem Test der Betriebsstrategie am dafür aufgebauten Prüfstand für dezentrale Energiesysteme am Technologiezentrum Energie in Landshut.

 


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