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Solarpflicht in Baden-Württemberg: Wird PV bevorzugt?

Im Mai dieses Jahres haben sich die beiden Baden-Württembergischen Koalitionsparteien, die Grünen und die CDU, auf ein Klimaschutzgesetz verständigt. Danach muss ab dem Jahr 2022 auf allen neu errichteten Nicht-Wohngebäuden eine PV-Anlage installiert werden.

Bild: IKZ

 

Im Gesetzentwurf heißt es konkret: „Beim Neubau von Nichtwohngebäuden ist auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung zu installieren.“ Noch ist das Gesetz nicht in Kraft, soll aber noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Benachteiligt dieser Gesetzentwurf die Solarthermie gegenüber der Photovoltaik? Detlef Koenemann und Jens-Peter Meyer haben dazu unterschiedliche Meinungen. Die gekürzten Statements lesen Sie hier.

Jens-Peter Meyer
Schon der Begriff „Solarpflicht“ ist falsch, denn der Gesetzentwurf spricht von einer „Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen“. Korrekt ist daher der Begriff Photovoltaik-Pflicht.
Die Intention des Gesetzes ist also eher die Photovoltaik-Förderung, auch wenn laut Gesetz vorhandene Solarthermie-Anlagen auf den Umfang der zu belegenden Dachfläche angerechnet werden. Und sie zeigt, dass der Gesetzgeber in Richtung „All electric society“ unterwegs ist. Die eigentlich sinnvolle Solarwärme-Nutzung ist keine Pflicht, sondern nur eine Ersatzmaßnahme.
Besonders problematisch ist das, weil die Photovoltaik-Pflicht keineswegs auf Nichtwohngebäude beschränkt bleiben soll. Erklärtes Ziel der Grünen in Baden-Württemberg ist eine Photovoltaik-Pflicht für alle Gebäude.
Auch die Wärmeplanung, die in der Novellierung des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes vorgesehen ist, wird die Benachteiligung der Solarthermie nicht aufheben. Während die Photovoltaik-Pflicht gezielt die nur eine Technologie fördert, muss sich die Solarthermie im technologieoffenen Prozess in einem Umfeld behaupten, das strombasierte Lösungen bevorzugt.
Jens-Peter Meyer schreibt freiberuflich seit dem Jahr 2000 über die Erneuerbaren Energien in der Wärmetechnik.

Detlef Koenemann
Eine landesweite „Solar-Pflicht“ sollte eigentlich beiden solaren Energietechnologien zugutekommen, also der Solarthermie ebenso wie der Photovoltaik. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) hat deshalb darauf hingewirkt, dass der § 8a ergänzt wurde. Dort heißt es nun in Absatz 3: „Zur Erfüllung der Pflicht […] kann ersatzweise auch eine solarthermische Anlage zur Wärmeerzeugung auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche installiert werden.“
Das ist ein schwacher Trost, denn der Vorrang der Photovoltaik wird nicht angetastet. Von einer gleichberechtigten Behandlung beider Solartechnologien kann keine Rede sein.
Dennoch ist es fraglich, ob es sich lohnt, an dieser Stelle für Gleichbehandlung zu kämpfen. Denn die Solar-Pflicht betrifft nicht die Wohngebäude, sondern nur Gewerbegebäude im weitesten Sinne, also Bürogebäude, Parkhäuser, Produktions- und Lagerhallen. Deren ausgedehnte Dachflächen mit Photovoltaik-Modulen zu pflastern, ist sinnvoll, denn je mehr Solarstrom erzeugt wird, desto besser. Solarthermische Kollektoren können auf diesen Dächern wenig ausrichten, denn der Wärmebedarf von Bürogebäuden ist gering und der von Parkhäusern gleich Null.
Ein anderer Paragraph des Klimaschutzgesetzes ist für die Solarthermie viel wichtiger. Denn der § 7 verpflichtet die Stadtkreise und Großen Kreisstädte, bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Es geht um innovative Quartierskonzepten und den Ausbau von Wärmenetzen. An dieser Stelle kommt die Solarthermie ins Spiel, die sich in immer mehr Nahwärmenetzen bewährt. Sie muss sich aber gegen Blockheizkraftwerke und Großwärmepumpen durchsetzen. Entscheidend wird also sein, ob sich die kommunalen Behörden für die Solarthermie erwärmen können.
Detlef Koenemann ist als freier Journalist mit den Schwerpunktthemen Solarthermie, Photovoltaik und Windenergie tätig.

 


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