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So ist’s Recht - Aktuelle Verkehrsurteile aus dem Straßenverkehr

Es ist gut, über aktuelle Gerichtsurteile Bescheid zu wissen. Was gilt beim Einstellen der Parkscheibe? Was für die Schadensregulierung von Blechschäden nach einem Unfall? Und wie entscheiden Richter hinsichtlich Einsprüche bei Geschwindigkeitsüberschreitungen? Doch richterliche Urteile sind nicht allgemeingültig, sondern betreffen nur den Einzelfall und können damit unterschiedlich ausfallen. Auch das zeigt diese Sammlung richterlicher Entscheidungen.

Bild: Peter Bohot/pixelio.de

Ein Führerscheinverlust droht nicht nur bei zu vielen Punkten in Flensburg, sondern auch bei extrem hoher Anzahl von Verkehrsordnungswidrigkeiten. Bild: Rainer Sturm/pixelio.de

Beim Einstellen der Parkscheibe ist nicht unbedingt die Ankunftszeit des Fahrers in der Parkzone relevant. Außerhalb der beschränkten Parkzeiten gilt bei längerem Parken, die Parkscheibe auf den Zeitpunkt einzustellen, zu dem die Parkbeschränkung beginnt. Bild: KFM/pixelio.de

Wer vor einer Ampel einen Spurenwechsel vornimmt und sich in die Lücke vor ein stehendes Fahrzeug setzt, muss sicherstellen, dass der andere Fahrer seine Aktion wahrgenommen hat. Das entschied das OLG Hamm. Bild: Janufoto/pixelio.de

Ein Geschädigter kann den Blechschaden an seinem Fahrzeug auch dann in voller Höhe vom Unfallgegner erstattet bekommen, wenn er die Reparatur nicht ausführen lässt. Bild: Peter A/pixelio.de

Ob Geschwindigkeitsmessungen mithilfe technischer Geräte als Beweismittel ausreichen, kann je nach Gerätetyp und Bundesland unterschiedlich sein. Bild: Arno Bachert/pixelio.de

 

Häufiges Falschparken kann den Führerschein kosten

Wer in regelmäßigen Abständen einen Parkverstoß begeht, muss mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. In einem Fall vor dem Verwaltungsgericht Berlin waren mit zwei Fahrzeugen des gleichen Halters zwischen November 2010 und Juni 2012 insgesamt 144 Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen worden. Es handelte sich um 127 Parkverstöße und um 17 Geschwindigkeitsüberschreitungen. Als Folge entzog das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten dem Halter die Fahrerlaubnis.
Der Halter zog vor Gericht und argumentierte, Parkverstöße seien keine Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. Die Verstöße gingen zudem auf das Konto seiner Mitarbeiter, lediglich 42 Verstöße habe er selbst zu verantworten. Grund dafür sei gewesen, dass er keine Zeit oder kein Kleingeld gehabt hätte.
Das Verwaltungsgericht gab jedoch der Behörde Recht. Sie könne nicht nur bei Eintragungen im Verkehrszentralregister jemandem die Fahrerlaubnis entziehen, sondern auch, wenn derjenige sich aus anderen Gründen als ungeeignet erwiesen habe. Die Häufung der Verkehrsverstöße zeige eine Gleichgültigkeit gegenüber Verkehrsvorschriften jeder Art, so das Gericht. Die von seinen Mitarbeitern begangenen Verstöße habe der Halter ermöglicht, weil er ihr rechtswidriges Verhalten nicht unterbunden habe (Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vm 0.?9.?2012, VG 4 L 271.12).

Korrektes Einstellen der Parkscheibe

Ein Fahrzeughalter, der sein Fahrzeug in einer Parkzone mit Parkscheibe abstellt, ist verpflichtet, diese auf den Zeitpunkt einzustellen, zu dem die Parkbeschränkung beginnt. Diese Auslegung ergebe sich unmittelbar aus der Straßenverkehrsordnung und sei nicht willkürlich, so der Thüringer Verfassungsgerichtshof.
Im betreffenden Fall reichte ein Mann eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Bußgeldverfahren des Amtsgerichts Arnstadt ein. Der Fahrzeughalter hatte zwischen 7:12 und 7:25 Uhr in einer Zone geparkt, in der von 7:00 bis 18:00 Uhr das Parken für zwei Stunden erlaubt war. Die Parkscheibe zeigte jedoch 8:00 bzw. 20:00 Uhr an. In seinem Einspruch legte der Kläger dar, dass es nicht eindeutig sei, zu welchem Zeitpunkt er das Fahrzeug abgestellt habe. Er sei nämlich am Abend zuvor dort angekommen und hätte die Parkscheibe auf diesen Zeitpunkt eingestellt.
Das Verfassungsgericht sah keine Fehlentscheidung des Amtsgerichts. Denn im beschriebenen Fall sei nicht der Zeitpunkt relevant, zu dem das Fahrzeug abgestellt wurde, sondern zu dem die Parkbeschränkung beginnt (Thüringer VerfGH 16/10).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass seit 1. April 2013 im Zuge des StVO-Updates auch der neue Bußgeldkatalog mit geänderten Regelsätzen in Kraft getreten ist. Seitdem muss man bei bestimmten Verkehrsverstößen tiefer in die Tasche greifen. So ist die Strafe für das Zuparken von Radwegen und das Parken ohne Parkschein gestiegen. Das Zuparken von Radwegen kostet nun 20 bis 30 Euro statt bisher 15 bis 20 Euro, das Parken ohne Parkschein 10 statt bisher 5 Euro. Auch das Überschreiten der Parkdauer ist 5 Euro teurer als zuvor.

Kollision beim Anfahren an der Ampel

Wer vor einer Ampel von einer Spur auf die andere in eine Lücke vor einem Fahrzeug wechselt, muss sich mit dem anderen Fahrer verständigen und sicherstellen, dass dieser ihn gesehen hat, so ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm. In dem betreffenden Sachverhalt wechselte ein Autofahrer von der äußeren Abbiegespur über eine Fahrbahn zur Linksabbiegerspur und setzte sich dabei in die Lücke vor einen Lkw, ohne Sichtkontakt mit dem Fahrer aufgenommen zu haben. Sein Heck ragte in die mittlere Spur. Als der Lkw-Fahrer anfuhr, kollidierten sie. Es entstand ein Schaden von 2500 Euro.
Das Gericht entschied, dass der Fahrer des Pkws den größeren Anteil on 70% des Schadens zu tragen hätte. Er sei in eine Lücke gefahren, die offensichtlich nicht groß genug gewesen wäre und hätte daher davon ausgehen können, dass der Lkw-Fahrer ihn übersehe. Den Lkw-Fahrer treffe aber eine Teilschuld, weil er sich beim Anfahren nicht vergewissert habe, dass die Bahn vor ihm frei sei. Er hätte trotz totem Winkel in seinem zusätzlichen Spiegel sehen können, dass vor ihm der Pkw stand (Rechtsgrundlgen §?17 Abs. 1,2 StVG, OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2012, I-9 U 5/12).

Mobiltelefon als Navi verboten

In einem weiteren Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm hatte ein Mann während der Fahrt ein Mobiltelefon in der einen Hand gehalten und mit der anderen auf dieses getippt, um es als Navigationsgerät zu nutzen. Dabei bemerkte er nicht, dass neben ihm eine Polizeistreife stand.
Gegen die vom Essener Amtsgericht verhängte Geldbuße von 40 Euro legte er Widerspruch ein. Das Handyverbot gelte seiner Meinung nach nicht für die Nutzung der Navigationshilfe. Das Oberlandesgericht Hamm sah dies jedoch anders und gab dem Amtsgericht Recht. Autofahrer müssten beide Hände frei haben, um für die Fahraufgabe zur Verfügung zu stehen (Verstoß gmäß §?23, Abs. 1a StVO, OLG Hamm, Beschluss vm 8.?2.?2013, III-5 RBs 11/13).

Fiktive Abrechnung nach Verkehrsunfall

Nach einem Verkehrsunfall mit Fahrzeugschaden gilt es, die fiktiven Kosten zu ersetzen, die bei einer Reparatur anfallen würden. So umfasst der Schadenersatzanspruch auch die Lohnnebenkosten und Sozialabgaben, selbst wenn diese tatsächlich nicht anfallen, so das Urteil des Amtsgerichts München. Das Urteil bezog sich auf einen Verkehrsunfall, bei dem der Geschädigte sein Auto durch einen Sachverständigen begutachten ließ. Der Sachverständige bezifferte die Kosten für eine sach- und fachgerechte Reparatur auf neto 16512 Euro einschließlich eines Betrages für Lohnnebenkosten von 7688 Euro. Der Unfallgegner wollte allerdings nicht die volle Summe zahlen, mit der Begründung, der Geschädigte habe das Auto nicht reparieren lassen. Daher wären Lohnnebenkosten und Sozialabgaben nicht angefallen. Aus diesem Grund sehe er einen Abschlag on 10% als gerechtfertigt an.
Der Geschädigte zog vor Gericht, ihm wurde stattgegeben. Er sei grundsätzlich berechtigt, seinen Schaden fiktiv abzurechnen. Die Kosten setzten sich aus einer Fülle von Positionen zusammen, wie Einkaufspreise für Ersatzteile und Nettolohnkosten (Amtsgericht München, 332 C 1529/12).

Abschleppen: Blinker setzen beim Abbiegen

Beim Abschleppen eines Fahrzeugs haben sowohl das ziehende als auch das gezogene Fahrzeug die Warnblinkanlage anzuschalten. Wechselt der Fahrer des ziehenden Fahrzeugs nun die Fahrspur, so hat er dazu die Warnblinkanlage für kurze Zeit auszuschalten und den Blinker zu setzen. Nur so könnten sich nachfolgende Fahrzeuge, zu denen hier ebenfalls das gezogene Auto gehört, auf den Fahrbahnwechsel einstellen.
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm hatte ein schleppendes Fahrzeug keine Zeichen gegeben, als er sich in einer Ausfahrt einordnete. Daher konnte sich der Fahrer des gezogenen Autos nicht auf die Situation einstellen. Als Folge verlor das Gespann an Stabilität und kollidierte mit Baugegenständen (OLG Hmm, 6?U 19/11).

Beweisregeln bei Geschwindigkeitsmessungen

Ob Geschwindigkeitsmessungen mithilfe technischer Geräte als Beweismittel ausreichen, kann je nach Gerätetyp und Bundesland unterschiedlich sein. Das Oberlandesgericht Hamm befand, dass an der Richtigkeit der Messwerte des Gerätes „ESO ES 3.0“ aufgrund mangelnder Kenntnis der Messwertbildung nicht gezweifelt werden muss. Zweifel an der Zulässigkeit der Messung könnten nur konkrete Anhaltspunkte begründen (OLG Hamm, Beschluss vm 2.1.2013, III-1 RBs 2/13).
In einem anderen Fall vor dem Amtsgericht Heidelberg verlangte ein Verteidiger Einsicht in die Bedienungsanleitung, den Messfilm sowie die schriftlichen Angaben des Herstellers über die geräteinterne Funktionsweise eines Messgeräts vom Typ „Poliscan Speed“. Die Verwaltungsbehörde versagte dies. Das Amtsgericht Heidelberg jedoch gab dem Verteidiger Recht. Die Bedienungsanleitung sei dem Verteidiger auszuhändigen, ebenso eine Kopie des Messfilms. Lediglich auf die Übersendung konkreter schriftlicher Angaben des Herstellers habe der Anwalt kein Recht. Das Messgerät sei durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) ausreichend geprüft. In diesem Verfahren werde die Funktionsweise offengelegt, das reiche aus (AG Heidelberg, Beschluss vom 28.1.2013 – 3 OWi 779/12).
Mehrere Fälle betreffen das sogenannte Vier-Augen-Prinzip bei Messverfahren. Dies besagt, dass zwei Beamte den Messwert ablesen und die Eintragung kontrollieren müssen, wenn bei Messungen kein Foto erstellt wird. In einem Fall vor dem Amtsgericht Sigmaringen (Baden Württemberg) ist dieses Prinzip bei jeder Messung mit einem Lasergerät, in diesem Fall vom Typ „Riegl FG21-P“, zu beachten (AG Sigmaringen, Urteil vom 12.2.2013 – 5 OWi 15 Js 7112/12). Grund sei, dass in Baden-Württemberg darüber eine Dienstanweisung existiere. Dagegen vertreten die Oberlandesgerichte Düsseldorf (Beschluss vom13.9.2012, IV-2 RBs 129/12) und Hamm (Beschluss vom 1.22011 – III-3 RBs 30/11) die Auffassung, dass bei derartigen Geschwindigkeitsmessungen das Vier-Augen-Prinzip nicht notwendig sei. Die von einem Beamten festgehaltenen Geschwindigkeitswerte reichten für ein Bußgeld oder eine Verurteilung aus.

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

 


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