Smarte Kommunikation ohne Batteriewechsel
Elektrodynamische Energiewandler machen das Funkautomationsprotokoll EnOcean energieautark
Eine Vielzahl unterschiedlicher funkbasierter Automationssysteme ist derzeit im Markt erhältlich. Zigbee, Z-Wave, HomeMatic oder RWE sind bekannte Lösungen. EnOcean hingegen ist weniger bekannt – und das trotz einiger individueller Vorteile. So kommen die Sensoren und Aktoren im Gegensatz zu anderen Funksystemen in der Regel ohne Batteriewechsel aus und müssen auch nicht in das vorhandene Stromnetz integriert werden.
Die dazu benötigte Energie wird mithilfe verschiedener Methoden aus der Umwelt gewonnen. Dieses Verfahren nennt man Energie Harvesting. Angefangen hat es mit dem Bewegungswandler von EnOcean. Durch eine Bewegung, etwa den Druck einer Taste, erzeugt das dahinter verborgene Harvesting Modul genug Energie, um ein kurzes Telegramm an den Empfänger zu schicken. Als Beispiel kann hier ein Lichtschalter genannt werden.
Daneben gibt es ein EnOcean Modul, das Solarenergie in elektrische Energie umwandelt. Das Modul beinhaltet Dünnschichtsolarzellen, die ab einer Beleuchtungsstärke von 50 bis 500 Lux arbeiten. Durch die dauerhafte Versorgung kommt eine bidirektionale Verbindung zustande und Telegramme können bei einer Wertänderung sowohl ausgesendet als auch empfangen werden. Die Geräte werden im Außen- und Innenbereich eines Gebäudes eingesetzt. Ein Raumthermostat z.B. sendet die momentane Raumtemperatur und die Solltemperatur an die Heizungs- Klimaanlage, die einen Status zurückschickt.
Selbst eine Temperaturdifferenz kann als Stromquelle genutzt werden. Bei einer Differenz von 2 Kelvin liegt an dem Modul eine Spannung von 20 mV an. Diese reicht aus, um eine bidirektionale Verbindung aufzubauen. Die Module werden z.B. in Raumthermostaten oder Fensterkontakten eingesetzt.
Der sogenannte Rotationswandler wird oft in bewegten Elementen eingesetzt, wie z.B. in Gas und Wasserzählern.
Auch Vibrationen können genutzt werden. Um sie in Energie umwandeln zu können, wird eine gleichmäßige Vibration zwischen 20 und 200 Hz benötigt. In gleichmäßig laufenden Industriemaschinen werden die Module z.B. eingesetzt. Es gibt drei verschiedene Wege, um die Vibrationen in Energie umzuwandeln:
- Bei der piezoelektronischen Stromerzeugung wird durch die Vibration das Material gebogen, wodurch eine elektrische Spannung entsteht.
- Die elektrostatische Energieerzeugung wird durch das Schwingen eines beweglichen Kerns im Modul angetrieben, wodurch sich die Kapazität ändert und Strom fließt.
- Durch das Bewegen eines magnetischen Feldes wird eine Spannung induziert. Dieses Verfahren wird elektromagnetische Energieerzeugung genannt.
Funkfrequenz im Überblick
EnOcean ist weltweit vertreten und arbeitet in insgesamt vier Frequenzbändern (ISM-Bänder).
Deutschland und Europa: 868.3 MHz
USA und Canada: 315 MHz und 902,875 MHz
Japan: 928,350 MHz
China: 868,3 MHz und 315 MHz
Um einen Frequenzmissbrauch zu unterbinden, wird das Frequenzband in Deutschland von der Bundesnetzagentur durch einen Nutzungsplan überwacht. Die maximale Sendeleistung liegt bei 25 mW und der Kanal darf maximal 1% pro Stunde belegt werden. Das dauerhafte Senden eines Telegrammes gilt als technisch ausgeschlossen, die Gefahr einer Nachrichtenkollision ist minimal. Bei einer Kollision wird das Telegramm bis zu dreimal verschickt.
Falls doch etwas in diesen Bereich streuen sollte, benutzt EnOcean sehr kurze Telegramme, zwischen 8 und 16 Bytes. Dies sorgt einerseits für einen geringeren Energieverbrauch, da das Gerät nur wenige Mikrosekunden „aufwachen“ muss. Andererseits können die Telegramme kaum gestört werden, da sie schnell am Gerät ankommen.
Kommunikation mit anderen Geräten
EnOcean-Geräte können systemübergreifend eingesetzt werden. Ein Gebäude, das die Gebäudeleitechnik von BACnet oder KNX verwendet, kann Gateways nutzen, um auch funkbasierte Geräte von EnOcean im Netzwerk zu integrieren. Die Netzwerktopologie von EnOcean ist die „Mesh-Topologie“ – der sicherste Aufbau eines Netzwerkes. Es gibt zwei Arten: Ein vermaschtes Netz mit mehreren Knoten und ein voll vermaschtes Netz, in dem alle Geräte untereinander verbunden sind. Obwohl es das ausfallsicherste und leistungsfähigste Netz ist, liegt der Nachteil dieser Topologie im Energieverbrauch und dem komplexen Routing. Um das Routing zu vereinfachen, empfiehlt EnOcean, Repeater in einem Gebäude nach maximal drei Wänden und einer Decke einzusetzen, damit die Funkreichweite erweitert wird.
Damit sich der Energiebedarf des Mesh-Netzwerkes verringert, werden EnOcean Geräte künstlich in den Energiesparmodus versetzt und wachen nur bei einer Wertänderung auf. Sollte der Aktor im Standby sein oder die Nachricht nicht empfangen können, speichert der Repeater die Informationen. Sobald das Gerät in Betrieb geht, wird die Nachricht verschickt. Bei funkdämpfenden Wänden und Decken können auch mehrere Repeater eingesetzt werden, um eine optimale Abdeckung im Gebäude gewährleisten zu können. Der Repeater dient dann als Router und Datenspeicher zugleich.
Verknüpfung und Sicherheit
Die Geräte im Netz können nur untereinander kommunizieren, wenn sie gekoppelt sind. Damit dies sicher geschieht, beinhalten alle EnOcean-Geräte einen 32-Bit langen individuellen Identifikationscode. Es ist nicht möglich, einem bestehenden Gerät eine neue ID zuzuweisen oder diese zu kopieren. Hierdurch wird gewährleistet, dass kein Dritter von außen mit einem Gerät derselben ID in das Netz gelangen kann. Diese Sicherheitsoption wurde durch zwei weitere ergänzt, die standardmäßig deaktiviert sind, aber durch längeres Halten des Einlernknopfes aktiviert werden können. Als Basis dient ein 24 Bit langer Rolling Code (RC), welcher bei jedem Telegramm hochgezählt wird. Anhand des RC wird ein 32-Bit langer zahlenbasierter Authentifizierungscode (CMAC) berechnet. Der CMAC ist wiederum mit einem 128-bit-AES-Verschlüsselungsalgorithmus versehen. Eine weitere Sicherheitsmethode ist die Verschlüsselung der Datenpakete durch den Sender. In diesem Fall sind die Daten direkt mit einer 128-bit-AES-Verschlüsselungsalgorithmus versehen.
Schlussbemerkung
Die Entwicklung von Automationssystemen geht verstärkt in Richtung Funk. Es ist einfacher, diese Systeme in vorhandenen Bauten zu integrieren und anstehende Umbaumaßnahmen durchzuführen. Der Anwender ist an keine örtlichen Gegebenheiten gebunden und die Energie wird der Umwelt entnommen.
EnOcean ist noch längst nicht zu Ende gedacht, doch leider ist das System im Markt noch wenig vertreten. Wenige Gewerke sind bislang mit den Geräten ausgestattet. Da bei den meisten Wohn- und Bürogebäuden Funk und WLAN vorhanden sind, fehlt ein Modul, das Energie aus den Funkwellen in der Luft entnimmt. Aber wer weiß, möglicherweise gibt es dazu auch bald eine Harvesting-Methode.
Autor: B. Eng. Emanuel Wieberneit, DIAL GmbH
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