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Schriftverkehr im Baurecht

Zugangsformen zur Sicherung der Unternehmensansprüche

 

Fehlende oder falsche Schreiben sind häufig der Grund für Konflikte und Anspruchsverluste in Bauvertragsverhältnissen. Wenn Auftragnehmer Gerichtsprozesse verlieren, liegt das in vielen Fällen daran, dass notwendige Beweise nicht erbracht werden können. Die besten Beweismittel sind Dokumente. Gewiss, Handwerker sind keine Germanisten, aber gerade im Vertragsrecht gilt der Grundsatz: „Wer schreibt, der bleibt“.

Die SHK-Praxis zeigt, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Bauvorhabens im Streitfall entscheidend von der Qualität des Schriftverkehrs abhängt. Das beginnt bereits mit Auftragsbestätigungen oder Angeboten, aus denen ggf. der Vertragsinhalt ermittelt werden kann, geht über die Reaktion auf Leistungsstörungen bis hin zu Zahlungsverlangen oder zur Durchsetzung von Nachträgen. Aber auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche verlangt in erster Linie einen ordnungsgemäßen Schriftverkehr. Da beispielsweise die übergroße Mehrheit von Gewährleistungsanzeigen regelmäßig zunächst nichts mit der gesetzlichen Einstandsverpflichtung des Unternehmers für Gewährleistungsmängel zu tun hat, kann ein sachgerechtes Schreiben nicht nur zur Rechtsklarheit beitragen, sondern auch Geld sparen.
Darüber hinaus ist die Schriftlichkeit häufig eine Anspruchsvoraussetzung. Mit anderen Worten: Wenn ich nicht schreibe, verliere ich Rechte. Erteilt der Auftraggeber falsche Anweisungen, will er beigestellte Materialien verbauen lassen oder auf den hydraulischen Abgleich verzichten, muss schriftlich reagiert werden. Wer als Auftragnehmer pflichtwidrig weder Bedenken noch Behinderung anzeigt, kann sich nicht nur seine Rechtsansprüche in den Wind schreiben, sondern setzt sich zusätzlich möglicherweise wegen Verletzung von Hinweispflichten auch noch Schadensersatzansprüchen des Bestellers aus. Schriftformerfordernisse sind oft schon in den Bauverträgen verankert. Wenn es eine Vertragsklausel gibt, wonach Änderungen oder Ergänzungen der Schriftform bedürfen, läuft z. B. die vorschnelle Umsetzung von Zusatzwünschen ohne schriftliche Vereinbarung geradewegs in den Forderungsausfall.

Warum wird zu wenig geschrieben?
Das Anfertigen von Schriftsätzen bereitet den zumeist technisch ausgerichteten Mitarbeitern in SHK-Betrieben immer wieder Schwierigkeiten. Es ist einerseits die Situation selbst, immerhin handelt es sich hier zumeist um Konfliktfälle, in denen man nichts falsch machen will. Daneben muss man abwägen, ob das Verhältnis zum Auftraggeber auch belastbar ist. Fingerspitzengefühl ist angesagt, wenn es um die Einschätzung des Konfliktgegenstandes im Verhältnis zur Auftragsbedeutung und der perspektivischen Zusammenarbeit mit dem Vertragspartner geht. Andererseits sind die Rechtskenntnisse oft lückenhaft und das führt dann in der Folge dazu, dass Dokumente fehlen oder fehlerhaft formuliert werden. 
Neben der Möglichkeit des Zugriffs auf das richtige Schreiben hat die Sicherung des Zugangs des Schriftverkehrs in der Baurechtspraxis eine hohe Bedeutung. Der Zugang wichtiger Schreiben ist das Nadelöhr für die Beurteilung von Rechtsverhältnissen und entscheidet über Sieg oder Niederlage in Rechtsstreitigkeiten mit. Damit Dokumente Rechtswirkungen erzeugen, müssen sie zugehen. Versäumnisse im Zugangsnachweis rächen sich mit Forderungsverlusten. Es reicht also nicht aus, das richtige Schreiben zum richtigen Zeitpunkt zu finden oder zu formulieren und abzuschicken, es muss auch noch zugehen und zwar beim richtigen Adressaten.
Viele Handwerksbetriebe glauben, dass ein Faxprotokoll, eine E-Mail-Lesebestätigung oder die Eintragungen in ein Postausgangsbuch als Nachweis für die Zustellung ausreichen. Das ist falsch. Nicht auf das Absenden kommt es an, sondern darauf, dass ein Dokument in den Verfügungsbereich eines Adressaten gelangt.

Wie sieht es die Rechtsprechung?
Der BGH hat vor Jahren dazu formuliert, dass ein Brief dann „zugegangen“ ist, wenn ihn der Empfänger unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis nehmen kann (BGH IBR 1998, 152). Wird ein Brief in einen Hausbriefkasten eingeworfen, geht er dann zu, wenn üblicherweise mit der nächsten Leerung des Briefkastens gerechnet werden kann. Ein abends eingeworfener Brief geht demnach nicht sofort zu, sondern erst am Morgen des nächsten Tages. Beweisbelastet für den Einwurf des Schreibens ist der Absender. Praktischerweise kann der Einwurf durch einen Boten vollzogen werden, der den Einwurf formlos protokolliert und ggf. später als Zeuge zur Verfügung steht. Die Zustellung in einen Sammelbriefkas­ten, der nicht regelmäßig geleert wurde, sah das Gericht mit der Einlegung des Schriftstückes in den Briefkasten als gegeben an. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Adressaten kommt es nicht mehr an, so das Gericht. Wird ein Briefkasten von mehreren Personen, die in derselben Wohnung wohnen, genutzt, kommt es für den Bekanntgabezeitpunkt nicht darauf an, wie die Briefkastenleerung erfolgt und wie und wann die Post unter den Mitgliedern der Wohnung verteilt wird. Selbst ein sogenannter Sammelbriefkasten, der für mehrere Wohnungen oder Geschäftsräume eingerichtet ist, ist für eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO geeignet, so das Gericht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. 06. 2009 - 6 K 9096/05). Fehlt ein Briefkasten, kann sogar die Platzierung des Schreibens im Hauseingangsbereich ausreichend sein (LG Krefeld, Urteil vom 06. 02. 2009 – 1 S 117/08). Wenn die Zustellung an eine GmbH Schwierigkeiten bereiten sollte, kann auch über den jeweiligen Geschäftsführer, notfalls über seine Privatadresse, zugestellt werden (BGH IBR 2003, 527).

Zustellungsmöglichkeiten in der Praxis
Übergabe durch Boten gegen Empfängerbescheinigung
Der sicherste Zugangsnachweis besteht in der Übergabe des Schreibens durch einen Boten gegen eine vom Empfänger zu unterschreibende Empfangsbescheinigung. Allerdings ist es in der Praxis oft nicht möglich, einen Boten mit der Übermittlung von Schreiben zu beauftragen. Wenn der Empfänger nicht angetroffen wird, wäre auch die Bescheinigung des Boten zugkräftig. Aus der Notiz des Boten sollte hervorgehen, wo, wie und wann er das betreffende Schreiben in den Briefkasten eingeworfen hat. Es kann übrigens auch von Belang sein, dass der Bote von dem Schreiben Kenntnis hat, das er übergibt. Nicht selten wird bestritten, dass sich das konkrete Schreiben auch in dem Umschlag befand.

Einschreiben mit Rückschein
Das Einschreiben mit Rückschein ist im Geschäftsverkehr gebräuchlich. Der Rückschein wird vom Adressaten unterzeichnet und gilt regelmäßig zunächst erst einmal als Zugangsnachweis. Eine Zustellung kann grundsätzlich auch an Empfangsboten erfolgen. Das sind Personen, die grundsätzlich berechtigt sind, Post entgegenzunehmen. Im privaten Bereich gehören dazu die direkten Familienangehörigen des Adressaten, die mit ihm in einem Haushalt oder einer Wohnung leben (Ehepartner, volljährige Kinder, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister). Nimmt ein sogenannter Empfangsbote das Schreiben in Empfang, geht das Schreiben auch nicht sofort zu. Der Zugang erfolgt erst, wenn unter gewöhnlichen Umständen mit der Weitergabe des Schreibens an den Adressaten zu rechnen ist.
Problematisch wird es, wenn weder der Adressat, noch Empfangsboten vom Briefträger bei der Zustellung des Einschreibens angetroffen werden. Die Benachrichtigung des Postboten, dass in der zuständigen Poststelle ein Einschreiben hinterlegt wurde, gilt gewöhnlich noch nicht als Zugangsbeweis. Nach Ansicht des BGH liegt mit der bloßen Benachrichtigung von der Hinterlegung des Einschreibebriefes im Postamt kein Zugang vor, weil die Erklärung noch nicht in den Machtbereich des Adressaten geraten ist. Damit kann auch kein Zugang in dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem dem Adressaten die Abholung des Einschreibebriefs zumutbar ist. Anders wurde dies bei einem Postfach gesehen
(BGH NJW 2003, 3270). Vereitelt der Adressat arglistig den Zugang, kann er daraus keine Rechte herleiten. Dann muss er sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als sei ihm das Schreiben im Zeitpunkt der Ablehnung zugegangen, wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit rechtserheblichen Mitteilungen rechnen muss. Anders wird die Sache wieder beurteilt, wenn ein Empfangsbote die Annahme des Schreibens verweigert. Das kann einem Adressaten nicht zugerechnet werden, wenn er hierauf keinen Einfluss hat.
Das Einschreiben mit Rückschein ist also nur dann Zugangsbeweis, wenn der vom Adressaten unterschriebene Rückschein zurückkommt. Wird dagegen später behauptet, dass das Couvert des Einschreibens leer war, kehrt sich die Beweislast um, sodass der Adressat den Nichtzugang zu beweisen hätte. Wird ein Einschreiben nach Hinterlegungsbenachrichtigung nicht beim Postamt abgeholt, ist zu empfehlen, einen erneuten Zustellungsversuch zu unternehmen.

Das Einwurfeinschreiben
Beim Einwurfeinschreiben übernimmt der Briefträger Zeugenfunktion. Er protokolliert den Einwurf des Schreibens in den Briefkasten des Adressaten. Vorausgesetzt, der Briefträger arbeitet ordnungsgemäß und protokolliert nicht im Vorhinein, sondern erst nach erfolgtem Einwurf, ist damit der Zugang des Schreibens erfolgt. Zugänglich wird der Beweis, wenn sich der Absender des Schreibens einen Beleg der Post ausstellen lässt.

Die normale Briefpost
Es wird empfohlen, bei wichtigen Schreiben, die auf dem normalen Postweg zugestellt werden sollen, den Postweg mit einem Vorabfax zu kombinieren. Dazu gehört, dass im Adressfeld die korrekte Fax­nummer des Adressaten erscheint und möglichst ein Dritter mit der Absendung des Vorabfaxes betraut wird. Danach trägt zur weiteren Zugangssicherheit bei, wenn der oder die Dritte der Faxsendung hinterher telefoniert, sich den Empfang fernmündlich bestätigen lässt und all dies kurz protokolliert.

Das Fax
Die Beweiskraft von Faxprotokollen ist gering. Der BGH sieht in einem Faxsendeprotokoll noch keinen Zugangsnachweis. Es fehle an gesicherten Erkenntnissen, wie oft Telefaxübermittlungen trotz eines einwandfreien Sendeberichts scheiterten. Ursache hierfür könnten neben einer Manipulation am Sendegerät ein Defekt am Empfangsgerät, z. B. Papierstau oder eine Leitungsstörung sein. Deshalb sei der o.k.-Vermerk allenfalls ein Indiz für den Zugang. Da die gerichtlichen Entscheidungen zum Zugangsbeweis eines Faxes sehr unterschiedlich ausfallen, wird empfohlen, nach dem Absenden eines Faxes hinterher zu telefonieren und das Ergebnis zusätzlich zum Faxprotokoll zu notieren.

E-Mail-Verkehr
Für den elektronischen Rechtsverkehr ergibt sich die Frage, ob Lesebestätigungen als Zugangsnachweis angesehen werden können. Das ist insofern problematisch, da das Absenden einer Lesebescheinigung nicht unbedingt auch auf den Absender schließen lässt. In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob E-Mails das Schriftformerfordernis erfüllen. Das OLG Frankfurt ist der Meinung, dass eine Mangelrüge per E-Mail nicht das nach § 13 Abs. 5 Nr. 1, Satz 2 geforderte Schriftformerfordernis erfüllt, wenn der Absender nicht eine qualifizierte elektronische Signatur nachweist. Damit wäre eine übliche Mail (ohne Signatur) nicht geeignet, etwaige Verjährungsfristen zu verlängern oder sonstige Fristen in Gang zu setzen (OLG Frankfurt, 30. 04. 12 – 4 U 269/11). Diese Entscheidung bezieht sich aber auf einen baurechtlichen Fall, dem auch noch die VOB/B zugrunde lag.
In gleicher Richtung argumentiert das OLG Jena in einem aktuellen Urteil. Hier ging es um die Frage, ob eine E-Mail die Verjährungsfrist für Mängelansprüche verlängert. Das hat das Gericht verneint. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen im VOB-Vertrag setzt eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber voraus. Das muss schriftlich erfolgen. Eine Mängelrüge per
E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer „einfachen“ E-Mail kann deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden (OLG Jena, Urteil vom 26. 11. 2015 – 1 U 201/15).
In einem Vergaberechtsfall hat die Vergaberechtskammer des Bundes Folgendes festgestellt: Tritt der Erklärungsempfänger im Rechtsverkehr mit seiner E-Mail-Adresse auf, geht ihm Mitteilung zu, wenn sie in seiner Mailbox oder der seines Providers abrufbar gespeichert sind. Die Beweislast für den Zugang einer E-Mail trägt derjenige, der sich hierauf beruft. Eine Eingangs- oder Lesebestätigung kann dabei einen Anscheinsbeweis begründen (VK Bund, Beschluss vom 18. 08. 2015 - VK 2-43/15).

Zustellung durch den Gerichtsvollzieher
Die teuerste Variante der Zustellung mit rechtlichem „Tiefgang“ ist die Zustellung eines Dokuments durch den Gerichtsvollzieher. Es ist selbsterklärend, dass diese Form der Zustellung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte.  Gerade auch hinsichtlich des in Bauangelegenheiten regelmäßig bestehenden Zeitdrucks und der Notwendigkeit von zügigen Frist­auslösungen erscheint diese Zustellvariante wenig geeignet.

Autor: RA Dr. jur. Hans-Michael Dimanski

 

Musterschreiben für die Praxis

Die lizenzpflichtige Online-Plattform www.shk-musterschreiben.de enthält Schreiben/Vorlagen für VOB/B- und BGB-Werkverträge. Das ist für die SHK-Praxis nützlich, weil bekanntlich seit 2009 die VOB/B für Verbraucherverträge tabu ist und somit die Vorlagen für einen BGB-basierten Schriftverkehr an Bedeutung gewonnen haben. Handwerksgerecht und systematisch wird der Nutzer geführt. Nach der sachgerechten Einordnung der Vertragsart („großer“ oder „kleiner“ Werkvertrag) und der Bestimmung der Vertragspartner (Verbraucher oder Unternehmer) folgt die Auswahl des Rechtsbereichs. Der Zugriff auf ergänzende Informationen zum Einsatz bzw. zur Handhabung der Schreiben bietet die Möglichkeit der Rückversicherung und Wissensergänzung zum Werkvertragsrecht, und zwar unter Berücksichtigung der Spezifik des SHK-Handwerks.

www.shk-musterschreiben.de

 


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