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Schleswig-Holstein – Plädoyer fürs Handwerk

SHK-Unternehmertag 2015 in Wedel gab Impuls

Enno de Vries, Hauptgeschäftsführer des schleswig-holsteinischen SHK-Handwerksverbands, begrüßt die rund 120 Teilnehmer und Teilnehmerrinnen, die den Weg nach Wedel gefunden haben.

„Blaumachen ist ein Zeichen für das gestörte Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Betrieb“, Dr. Jörn Hülsemann.

Die Ausstellung von 19 Partnern, zum größten Teil aus der Industrie, begleitete den SHK-Unternehmertag.

Holger Schwannecke setzt sich für die Belange des Handwerkertums ein. „Politische Kompromisse zahlen häufig die Unternehmen“, so die Erfahrungen des ZDH-Generalsekretärs.

Stand mächtig unter Druck: Fernsehjournalist Daniel Krull vom NDR.

Drei parallele Workshops griffen aktuelle Handwerksthemen auf.

Der stv. Obermeister Thomas Wiesmann (l.) nimmt aus den Händen von Landesinnungsmeister Eckart Dencker die symbolische Schirmherrschaft für den nächsten SHK-Unternehmertag.

 

Im Rhythmus von zwei Jahren lädt der SHK-Fachverband Schleswig-Holstein seine angeschlossenen Innungsbetriebe zu einer großen Veranstaltung ein. In Zusammenarbeit mit einer Innung wird ein Programm ausgearbeitet, das die aktuellen Geschehnisse in der Handwerksbranche widerspiegelt. In diesem Jahr lag die Planung und Organisation für den „SHK-Unternehmertag 2015“ am 29./30. Mai in den Händen der Pinneberger Innung. Austragungsort war Wedel. Fachinformationen und Kommunikation waren die zentralen Themen.

Landesinnungsmeister Eckart Dencker eröffnete offiziell die inhaltlich hochkarätige Tagung. Er sprach den etwa 120 Gäste aus der Seele als er sagte: „Unternehmertum. Natürlich bedeutet dies harte Arbeit, Verantwortung und sicherlich auch mal Stress. Unternehmertum steht aber auch für Chancen und Unabhängigkeit, für Freude und Erfüllung.“ Dencker richtete den Appell an Handwerkskollegen, an diesen zwei Tagen neue Kontakte zu schließen mit Kollegen – und mit den Partnern des SHK-Unternehmertags. Damit meinte er die 19 Aussteller vorwiegend aus der Industrie, die ihre Produkte und Dienstleistungen präsentierten.
Auf dem Unternehmertag ging es um Blaumacher, um das politische Gewicht des gesamten Handwerks und um die Organisation des täglichen Betriebsablaufs. Den ersten Diskussionsvortrag hielt Dr. Jörn Hülsemann.

Blaumacher im Betrieb
Der Rechtsanwalt aus Hameln kennt sich mit Baumachern aus, jenen Personen, die eine Krankheit vortäuschen und nicht zur Arbeit kommen. Die Folgen eines solchen Fernbleibens können immens sein. Zunächst ist die Entgeltfortzahlung zu nennen, für die der Betrieb aufkommen muss. Mitunter müssen durch den Personalausfall Leiharbeiter eingestellt werden oder seine Monteurskollegen müssen Überstunden leisten, für die der Betriebsinhaber ggf. Zuschläge zu zahlen hat. Selbst Vertragsstrafen für nicht termingerecht fertiggestellte Aufträge sind nicht ausgeschlossen.
Dr. Jörn Hülsemann von der Kanzlei „Anwaltshaus seit 1895“ führte eine ganze Reihe von Maßnahmen auf, mit denen Blaumacher enttarnt werden können oder zumindest die Einstellung des Arbeitnehmers zum Betrieb so weit sensibilisiert wird, dass diese Art der Fehlzeiten nicht mehr vorkommen. Die sicher für SHK-Betriebe angesagteste Maßnahme ist das Gespräch mit dem Arbeitnehmer. Dr. Hülsemann spricht hier von einem eindringlichen „Rückkehrgespräch“. Bei Wiederaufnahme der Tätigkeit im Betrieb wird dem Arbeitnehmer deutlich gemacht, dass der Betriebsinhaber sehr wohl über die „Krankheit“ informiert ist und dass er sich für den Arbeitnehmer interessiert. Hülsemanns Botschaft: „Machen Sie dem Arbeitnehmer klar: Ich sehe dich.“
Als weitere Maßnahmen erläuterte der Jurist diese Maßnahmen: Gespräche mit Kollegen, Besuch des „Erkrankten“, frühes Verlangen einer AU, Einschaltung des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung), Einschaltung einer Detektei. Als weitere, härtere Mittel sieht er die Einstellung von Gehaltszahlungen bis hin zur gerichtlichen Auseinandersetzung.

Unternehmertum im Handwerk
Keinen Geringeren als Holger ­Schwannecke konnte die norddeutsche SHK-Berufsorganisation als Hauptredner gewinnen. Schwannecke ist seit 2010 Generalsekretär der obersten deutschen Handwerksgemeinschaft: des ZDH – Zentralverband des Deutschen Handwerks. Er sieht die hier angeschlossenen Betriebe in einer momentan guten wirtschaftlichen Lage. Der Ölpreis sei niedrig, der Euro stabil, die Zinsen niedrig. Alles in allem gute Rahmenbedingungen – auch für das SHK-Handwerk. Kritisch sieht er hingegen die Annahmen der Politik, dass diese Rahmenbedingungen so unverändert blieben.
Ohnehin ging er mit der deutschen Politik hart ins Gericht. Die viel beschworene Energieeffizienz beispielsweise sei ins Stocken geraten, noch bevor sie richtig angelaufen sei. „Das hat nur etwas mit Politiktaktik zu tun, nichts mit Logik oder Sachargumenten“, so Schwanneckes Worte. Auch das Hin und Her bei den steuerlichen Abschreibemöglichkeiten für Energieeffizienzmaßnahmen führte er an. Er erinnerte daran, dass im Zuge dessen der Handwerkerbonus verändert werden sollte. „Hier wurde die Bekämpfung der Schwarzarbeit gegen Energieeffizienz ausgespielt“, verdeutlichte der Generalsekretär. Und weiter: „Das Handwerk hätte mit Zitronen gehandelt, wenn es sich darauf eingelassen hätte.“
Schwannecke warf einen Blick auf die internationale Handwerkspolitik, die ganz konkrete Auswirkungen auf jeden einzelnen Unternehmer habe. Brüsseler Kommissionen lobten immer wieder das deutsche Qualifizierungssystem mit Meistervoraussetzung für das Führen eines Handwerksbetriebs. Es sei vorbildhaft und es wäre zu wünschen, dass auch andere europäische Länder diese Strukturen hätten. Als schizophren bezeichnete Schwannecke den ständigen Rechtfertigungsdruck gegenüber Europa, warum Deutschland ein solches System brauche. „Der wirtschaftliche Erfolg spricht für sich“, verwies ­Schwannecke auf jene Länder, in denen es diese Handwerksstruktur so nicht gebe.

Drei parallele Workshops
Im weiteren Tagesverlauf wurden drei parallele Workshops durchgeführt. Die Themen orientierten sich an den aktuellen oder immer währenden Themen, mit denen sich ein Handwerksunternehmen beschäftigen muss:

  • Unternehmensanalyse – Der Unternehmer als Steuermann,
  • Nie wieder sprachlos bei Preisverhandlungen,
  • IT-Kommunikation und Datenschutz im Handwerk.

Medien und Handwerk
Den wohl emotionalsten und kontroversesten Part übernahm abschließend Daniel Krull vom NDR. Er arbeitet für das Ressort „Wirtschaft und Ratgeber“ und gab Einblicke, wie Fernsehjournalisten für einen Beitrag der Sendung „Markt“ vorgehen. Stil dieser Sendung sei es, negative Schlagzeilen herauszustellen und den Verbraucher vor vermeintlich unlauteren Unternehmen zu schützen – „das ist für den Zuschauer interessanter“. Daher gehen die Fernsehmacher mit einer polarisierenden Grundeinstellung an einen solchen Beitrag heran. Handwerksunternehmen jedweder Branche kommen da grundsätzlich schlecht bei weg.
Krull zeigte zur Einstimmung einen Filmbeitrag, in dem ein Sachverständiger Schäden an einem wandhängenden Gasheizgerät fingierte. Ein vermeintlicher Kunde rief nacheinander drei SHK-Handwerksunternehmen an und bat sie, die Störung zu beseitigen. Mit versteckter Kamera wurde ihr Vorgehen gefilmt. Bei allen Servicetechnikern stellten die Reporter und der Sachverständige die Negativpunkte deutlich heraus: Mal war die Rechnung zu hoch, mal wurde der tatsächliche Fehler nicht gefunden, bemängelt wurde eine lange Wartezeit, unprofessionelles Vorgehen am Gerät und vieles mehr. Der Film wurde vom Plenum – von den in Innungen organisierten Fachunternehmen – zerrissen: „Es sind keine Handwerksbetriebe mit professionellem Auftreten – zu erkennen an den fehlenden Firmenbeschriftungen an den Fahrzeugen.“ „Einseitige Berichterstattung.“ „Überzogene Darstellung.“ „Es sind Techniker von Firmen gerufen worden, die sich mit Geräten des Herstellers nicht auskennen.“ „Solche Filme diskreditieren die gesamte Branche.“ Die Kritik brachte Krull in Erklärungsnot und er zeigte Verständnis für die Unternehmen.
Den Zorn der Fachhandwerker zog der Fernsehjournalist vollends auf sich, als er von seinen eigenen Erfahrungen mit einem SHK-Handwerker erzählte. Er brauchte eine Armatur, für die er um ein Angebot eines SHK-Handwerksunternehmens bat, erzählte er. Sie sollte mehr als 300 Euro kos­ten. Mit den Daten aus dem Angebot googelte er in einschlägigen Online-Portalen und entdeckte die Armatur deutlich günstiger. „Ich bin ja bereit, 20 Euro mehr  auszugeben als der Handwerker selbst bezahlt“, so seine Vorstellung, die zu erkennen gibt, dass er nichts von der Kalkulation und besonders von den Kosten eines Handwerksunternehmens versteht. Das Plenum sparte nicht mit Kritik und Daniel Krull musste wohl einsehen, dass er mit seinen Vorstellungen von Betriebskosten und Marge daneben lag.
Aber: Um als Handwerksunternehmen in den redaktionellen Teil einer Zeitung oder gar ins Fernsehen zu kommen, müssten sie selbst aktiv werden. Sie, aber auch Verbände, sollen auf die Medien mit Vorzeigeobjekten zugehen. „Sonst erfahren wir nichts davon“, erklärte Krull. Positive Berichte wirken seiner Erfahrung nach auch positiv auf Endkunden. „Aber wir Medien müssen auf diese Themen gestoßen werden.“ Die Handwerksunternehmen profitierten davon und verbesserten ihr Image – was sich in einem Mehr an Anfragen und Aufträgen widerspiegele.
Der NDR-Journalist sagte abschließend zu, die Anregung aufzunehmen, dem Verbraucher in den Beiträgen konstruktive Hinweise mitzugeben, woran man einen seriösen SHK-Fachbetrieb erkennt (unter anderem am „Eckring“). Ferner wurde er eingeladen, sich über die Kalkulation im Handwerk näher zu informieren.

Fazit
Die Referatsthemen, die Kontaktpflege untereinander, die begleitende Ausstellung von Industrieunternehmen und das Rahmenprogramm (u. a. Besuch und Führung durch das Airbuswerk in Hamburg-Finkenwerder) haben die rund 120 Teilenehmer näher zusammenrücken lassen. Um es mit den Worten von Eckhart Dencker zu sagen: „Jawohl. Der Unternehmertag meines Fachverbands hat mich weiter gebracht.“

SHK-Unternehmertag 2017
Der nächste SHK-Unternehmertag wird 2017 von der Innung Segeberg mit organisiert. Das genaue Datum und der Austragungsort wird noch festgelegt und u. a. über die IKZ-HAUSTECHNIK Anfang 2017 verbreitet.

 


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