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Sanieren statt demontieren

Undicht gewordene Gasinnenleitungen lassen sich auf konventionelle Art und Weise sanieren – oder mit einem neuen Verfahren innerhalb sehr kurzer Zeit

Aufbereitung der Systemluft außerhalb des Gebäudes.

Zentralanschluss der Füll- und Entleerungsstation im Innern des Gebäudes.

Spezialausstattung zur Aufbereitung der Systemluft.

Anschluss der Systemluft am Geräteanschluss eines Gasherdes.

Entlüftung eines Geräteanschlusses beim Füllvorgang.

Standard-Lieferform des Abdichtmittels "Hermetic-Gas".

Verteilerkopf der Systemluft im Treppenhaus.

Verbindung der Systemluftschläuche.

Großobjekt für die Innenabdichtung mit 66 Wohneinheiten. Die Komplettsanierung erfolgte in vier Werktagen mit dem Parabolic-Sanierungsverfahren.

Hersteller/Systemanbieter mit DVGW-registriertem Abdichtmittel.

 

 

Seit fast 40 Jahren gehört die nachträgliche Innenabdichtung von Gasleitungen zu den Standardaufgaben des SHK-Fachhandwerks. Mit der Anschaffung der Sanierungsausstattung, Bezug des Abdichtmittels sowie einer einmaligen Einweisung in die Verfahrensanwendung ist es in den meisten Fällen aber nicht getan. Nicht wenige Unternehmer haben in den letzten Jahrzehnten schmerzlich einsehen müssen, dass das Geschäft der Innenabdichtung kein Selbstläufer ist - weder unter wirtschaftlicher Betrachtung noch im Hinblick auf die technische Durchführbarkeit. Voraussetzungen für den Erfolg sind umfangreiches spezifisches Wissen, Organisationstalent und aktive Marktbearbeitung.

Gasinstallation in der Historie

Nicht wenige Gasrohrleitungen aus Stahlrohr wurden schon im 19. Jahrhundert verlegt. Das Verlegeprinzip unterschied sich damals kaum zur heutigen Technik. In über 100 Jahren Gasrohrinstallation aus Stahlrohr innerhalb von Gebäuden waren es hauptsächlich die Arten der Gasfeuerstätten die sich änderten - und damit auch die Standorte für die Endpunkte der Leitungsanlagen. Unter Putz verlegt wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts, angeschlossen wurden zunächst Gaslampen in Wand- oder Deckenausführung. Später kamen Geräte zur Warmwasserbereitung und zur direkt befeuerten Raumbeheizung hinzu.
Vor knapp 50 Jahren begann die Installation von Pumpenwarmwasser-Etagenheizungen. Bis heute sind unzählige dieser Gasrohrinstallationen noch in Betrieb. Auch wenn ihre früher benutzten Leitungsauslässe nicht mehr sichtbar sind: Die Zuleitungen zu den ehemals angeschlossenen Gas-Decken-/Wandleuchten, gasbefeuerten Raumheizern, Durchlauferhitzern etc. sind in den allermeisten Fällen niemals zurückgebaut worden und stehen noch heute unter Betriebsdruck. All diese Leitungen beinhalten unzählige Gewindeverbindungen. Diese Gewinde sind ausnahmslos Whitworth-Rohrgewinde mit zylindrischem Innengewinde im Fitting und kegeligem Außengewinde, z. B. am Rohr. Die Herstellung der Außengewinde erfolgte vielfach von Hand.
Die ursprünglich vorgesehene metallische Dichtung dieser Gewindeart war in der Montagepraxis nicht umsetzbar. Mit Hanf umwickelte Außengewinde, mit Leinöl benetzt, sorgten beim Zusammendrehen für ausreichende Dichtigkeit. Während des Betriebes mit Kokerei- und Stadtgas, welches einen erheblichen Feuchtegehalt aufwies, wurde der Hanf innerhalb der Gewindeverbindungen feucht und somit aufgequollen gehalten. Die Verbindungsstellen blieben dauerhaft dicht.
Dann erfolgte die Umstellung auf Erdgas, welches einen sehr geringen Restfeuchtegehalt aufweist. Der Hanf trocknete aus und versprödete, sodass viele Verbindungen schon kurze Zeit nach der Umstellung undicht wurden. Dies geschah in den alten Bundesländern vorwiegend in den 1970er-Jahren. In diesen Zeitraum fällt auch die Erfindung und Markteinführung der Innenabdichtungstechnik von Gasleitungen.

Wirkprinzip der Innenabdichtungstechnik

Alle in Deutschland heute verfügbaren Innenabdichtungsverfahren haben seit knapp 40 Jahren dasselbe Wirkprinzip: Ein flüssiges Abdichtmittel auf Kunststoffbasis dringt unter hohem Druck von innen in die undicht gewordenen Rohrgewinde ein, presst sich in die Kapillarspalte, füllt sie aus und dichtet sie dadurch dauerhaft ab. Dieser Verpressdruck muss bei allen Verfahren mindestens 3 bar betragen.
Damit das Abdichtmittel an die Gewinde gelangen kann, muss der betreffende Leitungsteil komplett mit dem Mittel geflutet und entlüftet sein – ähnlich wie bei der Befüllung einer Warmwasser-Heizungsanlage. Nach der vorgeschriebenen Mindest-Verpresszeit von 30 Minuten sollte das überschüssige Abdichtmittel auch möglichst restlos aus der Gasleitung entfernt werden, sonst kommt es zu gravierenden Betriebsstörungen bis hin zu Totalausfällen. Da das Abdichtmittel selbst einen großen Wasseranteil hat, müssen die sanierten und vom Abdichtmittel befreiten
Leitungen anschließend getrocknet werden.

Bedarfsfall und Einsatzmöglichkeit

Der Bedarfsfall kann grundsätzlich gegeben sein, wenn eine in Betrieb befindliche Erdgas-Innenleitung im Niederdruckbereich eine Undichtigkeit aufweist. Eine Instandsetzung mittels Abdichtung bzw. eine Erneuerung der Leitung schreibt die TRGI (Technische Regeln für Gas-Installationen) unter zwei Gesichtspunkten vor:

1. bei vorhandenem Gasgeruch oder
2. bei einer per Leckmengenmessung ermittelten Leckrate ab 1,0 ltr./h unter Betriebsdruck.

In beiden Fällen gilt es, die Leitung instand zu setzen. Vor der erneuten Inbetriebnahme, also vor dem erneuten Einlassen von Erdgas, muss die Leitung einer Dichtheitskontrolle mit 150 mbar Prüfdruck (mit Luft oder inertem Gas) unterzogen werden. Die Leitung muss dicht sein, eine bloße Reduzierung der Leckrate durch Reparatur ist unzulässig.
In einem solchen Bedarfsfall muss sich der Verantwortliche darüber im Klaren sein, dass mittels Innenabdichtungsverfahren lediglich undichte Gewinde abgedichtet werden. Eine hartgelötete oder gepresste Kupferrohrinstallation aus den letzten Jahrzehnten ist kein Einsatzgebiet für die Abdichtungstechnik. Gleichwohl ist es möglich, undichte Stahlrohr-Gewindeverbindungen in solchen Mischinstallationen abzudichten.

Regelwerke

Maßgeblich ist das Arbeitsblattes G 624 des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches): Nachträgliches Abdichten der Gasleitungen von Gasinstallationen. Es beschreibt die Rahmenbedingungen für die Sanierungsarbeiten und verlangt ein nach DIN EN 13090 geprüftes und zertifiziertes Abdichtmittel. Die Arbeiten müssen ausführlich und umfangreich dokumentiert und die sanierten Leitungen gekennzeichnet werden. Die Ausführung darf darüber hinaus nur von geschulten Mitarbeitern geleistet werden. Bislang gibt es kein vom Regelsetzer zugelassenes Innenabdichtungs-Verfahren. Zulassungsfähig sind lediglich die Abdichtmittel
(DIN EN 13090).
Die Anbieter als Hersteller/Vertreiber der zertifizierten Abdichtmittel stellen für den Anwender technische Gerätschaften und Zubehöre zusammen, damit die eigentlichen Abdichtungsmaßnahmen nach den Herstellervorgaben durchgeführt werden können. Der Markenname des Abdichtmittels hat sich in der SHK-Branche somit stellvertretend für das gesamte Sanierungsverfahren etabliert.

Unterschiedliche Abdichtungsverfahren

Wie bereits ausgeführt ist das Abdichtungsprinzip bei allen Anbietern/Verfahren gleich. Auch die Abdichtungsflüssigkeiten unterscheiden sich nur kaum. Alle haben in etwa eine Viskosität wie frische Wandfarbe und haben eine Haltbarkeit von zwei Jahren. Älteres Mittel muss entsorgt werden. Der Anwender muss ausreichend viel Abdichtmittel bereitstehen haben, um die Leitung vollständig füllen zu können. Nur so kann der Verpressdruck aufgebaut werden. Nach der Verpresszeit wird das Mittel aus der Leitung aufgefangen, gereinigt und kann für die nächste Sanierung bereit stehen.
Teilweise schaffen Unternehmen 150 kg und mehr des relativ teuren Materials an - für nur eine Abdichtung an einer größeren Leitung im eigenen Kundenstamm. Im Verlauf des Haltbarkeitszeitraumes von zwei Jahren kommen dann vielleicht nur kleinere oder wenige Sanierungen hinzu. Dann müssen erhebliche Mengen des Abdichtmittels entsorgt werden. Für diese Fälle ist ein Leihgebindeservice von Vorteil: Der Betrieb kauft nur so viel Abdichtmittel, wie er für die jeweilige Anlage benötigt.
Bei allen Verfahren müssen die Leitungen gasfrei gemacht werden. Hierzu wird die Leitung entsprechend TRGI G 600 und den einschlägigen BGV (Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften) vorzugsweise mittels Stickstoffgas von unten nach oben ausgeblasen. Dazu wird zunächst eine sichere Schlauchverbindung zwischen unterem Leitungsanschluss und der Stickstoffflasche hergestellt. Zusätzlich wird an der oberen, entferntesten Anschlussstelle im Gebäude ein antistatischer Gas-Ausblasschlauch gemäß Regelwerk angeschlossen und direkt ins Freie geführt. Am Ende des antistatischen Schlauchs im Freien, muss der Gasaustritt von einer Aufsichtsperson zwingend kontrolliert werden.
Nach restloser Entleerung der Leitung vom brennbaren Erdgas, muss die Leitung von Stäuben und sonstigen Schmutzpartikeln befreit werden. Dies geschieht in der Praxis mittels Durchblasen von Druckluft - hier von oben nach unten. Indem hin und wieder - nach entsprechendem Druckaufbau - die Druckluft schlagartig ausgelassen wird, lösen sich durch die Druckschläge die Schmutzpartikel und werden vom Luftstrom mitgerissen.
Im Anschluss an die Innenreinigung muss die zu sanierende Leitung einer Druckbelastungsprobe unterzogen werden. Der Prüfdruck muss in jedem Fall größer sein als der spätere Verpressdruck. Im Falle von Undichtigkeiten sind die Teilstücke zu lokalisieren und zu reparieren. Erst dann kann der eigentliche Abdichtprozess erfolgen, indem das Dichtmittel von unten nach oben in die Leitungen geflutet wird. Die hierzu erforderlichen technischen Ausstattungen der Systemanbieter unterscheiden sich nicht nur im Preis, sondern vor allem im Umfang und der Praxistauglichkeit. Das Abdichtmittel wird je nach Anbieter im Kanister oder Eimer mit Inhalten von 10 oder 20 kg angeboten. Der Vertrieb erfolgt teilweise direkt, teilweise ausschließlich über den SHK-Großhandel.
Nach Befüllung der Leitung und der Verpresszeit von mindestens 30 Minuten muss das überschüssige Abdichtmittel aus der Leitung entfernt werden. Dies geschieht bei fast allen Anbietern durch die sogenannte Molchtechnik. Hierbei werden zylindrische oder kugelförmige Schaumstoffmolche mittels Druckluft durch die Leitungen gedrückt. Von der kleinsten Rohrdimension am Leitungsende hin zur größten Rohrdimension, z. B. am Zählerstandort. Dort werden das Abdichtmittel und die Molche aufgefangen.
Die Molche müssen entsprechend dimensioniert sein. Auch erfordert das Molchverfahren sorgfältigste Ausführung, insbesondere bei verzweigten, waagerechten Leitungsteilen. Wenn nicht gründlich genug gemolcht wird, verbleibt zu viel Abdichtmittel in den Leitungen. Oder es werden Molche in der Leitung vergessen. Eingebaute T-Stücke oder Absperrarmaturen sind eine besondere Herausforderung. Hier kommt es auf ausreichende Erfahrung an, um das überschüssige Abdichtmittel sicher zu entfernen.
Potenzielle Auslöser für spätere Betriebsstörungen der Gasanlage sind nicht erreichbare Leitungsenden - weil unbekannt und abgestopft hinter Einbauküchen oder abgetrennt und zugeschweißt in Wänden und Decken. In solchen Fällen läuft das in den Totleitungen befindliche und niemals getrocknete Abdichtmittel Tage oder Wochen später zurück in den gasdurchströmten Leitungsteil. An exponierten Stellen sammelt sich das Mittel bis zum Verschluss des Leitungsquerschnittes oder es dringt in Gaszähler, Absperr- oder Sicherheitsarmaturen ein und setzt sie außer Betrieb.
Das Trocknen der entleerten Leitungen erfolgt i. d. R. mit einem elektrischen Heißluftgebläse. Je nach Dimension und Länge der Leitung muss der Trocknungsprozess entsprechend lange dauern, damit nicht Restbestände des Abdichtmittels zusammenfließen und Rohre, Armaturen oder Geräte verstopfen. Bedingt durch die Heißlufttrocknung werden die Leitungen stark aufgeheizt. Das erfordert eine entsprechende Abkühlphase, um vor der Inbetriebnahme eine Dichtheitskontrolle mit 150 mbar Luft ohne Druckschwankungen durchführen zu können.
Der Systemanbieter Repatech verzichtet seit Jahren auf die Molchtechnik und die Heißlufttrocknung. Die Anwender dieses Verfahrens greifen in der Regel auf Druckluftkompressoren zurück. Diese müssen 2500 l/Min. erbringen, um zu erreichen, dass überschüssiges Abdichtmittel aus den Leitungen befördert wird. Im gleichen Arbeitsgang sollen nach Aussagen des Anbieters auch die Leitungen getrocknet werden.

Neues Parabolic-Verfahren

Ein schweizer Anwender der konventionellen Innenabdichtungstechnik mit Molchen und Heißlufttrocknung hat ein neues Anwendungsverfahren entwickelt, das seit März 2013 als Parabolic-Sanierung in Deutschland verfügbar ist. Gefüllt werden die Leitungen mit herkömmlichem Abdichtmittel, auch der Abdichtprozess ist identisch. Die Besonderheit liegt darin, dass die Leitungen auch größerer Objekte, z. B. ein Mehrfamilienhaus, in Minutenschnelle fast restlos vom Abdichtmittel befreit werden. Erreicht wird dies durch einen Luftstrom von bis zu 13000 l/Min. mit 3,5 % rel. Feuchte und geregelter Einblastemperatur. Molchen und Heißlufttrocknung entfallen.
Aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit bleiben die Leitungen trocken. Denn mitunter kommt es vor, dass die eingebrachte Luftfeuchtigkeit den Hanf der Gewindeverbindungen aufquellen lassen und sie für diese Zeit dicht erscheinen. Auch wird über die Kompressorluft kein Ölnebel in die Leitungen eingetragen. Die aufbereitete Systemluft des Parabolic-Sanierungsverfahren ist technisch trocken und ölfrei. Die undichten Hanfverbindungen bleiben beim Innenreinigen und der Belastungsprobe unverändert undicht, sodass das Abdichtmittel tief in die Gewindegänge eindringen kann. Durch die Anpassung der Lufttemperatur an die Gebäudetemperatur kann die Dichtheitskontrolle und Inbetriebnahme unmittelbar erfolgen, da die Leitungen konstante Temperaturen beibehalten.
Objekte bis zu 32 Wohneinheiten mit vier Steigsträngen und 32 Wohnungsverbrauchsleitungen sind ohne Rohrumbauten an Zählerstellungen an einem einzigen Tag komplett zu sanieren. Im Frühjahr 2013 wurde die komplette Gasinstallation in einem Objekt mit 264 Wohneinheiten in einem Zeitraum von vier Wochen saniert. Dies ist ein besonderer Vorteil für die Mieter und Hausbesitzer/Verwalter. Denn bei einer Innenabdichtung müssen meist alle Bewohner eines Hauses anwesend sein. Zugreifen kann das SHK-Fachhandwerk auf diese Technologie durch unterschiedliche Kooperationsmodelle mit dem Systemanbieter QBSGas.

Fazit

Bei der Innenabdichtungstechnik kommt es sehr auf die qualifizierte Vorbereitung und Ausführung an. Denn nicht immer geht es nur darum, einen gerade verlaufenden Steigstrang von ein paar Metern Länge abzudichten. Umfangreiche, regelmäßige Schulungen, technischer Support für die Projektberatung und kaufmännische/organisatorische Unterstützung seitens des Systemanbieters sind unabdingbar für das SHK-Fachunternehmen. Nur bestens vorbereitet und unterstützt wird es sich an alle Herausforderungen wagen ohne Lehrgeld zu bezahlen und mit der Innenabdichtung von Gasleitungen wirtschaftlich erfolgreich sein.

Autor: Frank Pohlmann,
Technischer Referent bei QBSGas UG, Hürth

Bilder: QBSGas

Hersteller/Systemanbieter mit DVGW-registriertem Abdichtmittel.

 


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