Regenwasser nutzen, Gebühren sparen
Die gesplittete Abwassergebühr wird in allen Kommunen eingeführt. Dann gilt es für die Hausbesitzer zu entscheiden: Weiterhin Regenwasser in den kommunalen Kanal ableiten und Jahr für Jahr nach Quadratmeter versiegelter Fläche Gebühren zahlen oder Regenwasserbewirtschaftung auf dem eigenen Grundstück einführen, z. B. durch Versickerung und Nutzung in Kombination.
Regenwasser muss in die Kanalisation, hieß es noch vor 10 Jahren bei der Mehrzahl der Baugenehmigungen. Heute gilt das Gegenteil. Warum ist jetzt falsch, was damals richtig war? Für die Antwort auf diese Frage ein Blick zurück ins letzte Jahrhundert: Mit dem Oberflächenwasser wollte man damals in dicht besiedelten Gebieten wenig zu tun haben. Bäche wurden in Rohre verlegt und unsichtbar abgeleitet, Flüsse wurden begradigt. Das Ziel war Entwässerungs-Sicherheit. Deshalb wurde auch das Regenwasser von Grundstücken meist in die Kanalisation eingeleitet.
Mit der gesplitteten Gebühr für Regen- und Abwasser können Hausbesitzer Maßnahmen ergreifen, um Regenwasserbewirtschaftung auf dem eigenen Grundstück durchzuführen.
Änderung des Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Mit dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) hat die Bundesregierung Anfang März 2010 den Bundesländern die Zuständigkeit für die Belange von Oberflächen- und Grundwasser abgenommen. Seither darf Regenwasser vom Grundsatz her nicht mehr mit Schmutzwasser vermischt werden. Priorität hat die ortsnahe Bewirtschaftung des Niederschlages. Insofern ändert das Regenwasser seine Richtung: Anstatt über Gullys in den Kanal kann es zukünftig auf den Grundstücken bereits per Sickerpflaster oder Sickermulde dem natürlichen Wasserkreislauf direkt zugeführt, über Gründächer verdunstet oder in Zisternen als Rohstoff gesammelt und genutzt werden. Daneben fordern mittlerweile zahlreiche Baugenehmigungen und Bebauungspläne, auf den Regenabfluss vom Grundstück zu verzichten.
Regenwasserspeicher für die Versickerung und Nutzung in Kombination.
Regenwasserspeicher mit bewachsenem Bodenmaterial als Filter.
Niederschlagsgebühr
Da die gesetzlichen Neuerungen nur für Neubauten gelten und den Bestand so lange schützen, bis ein Umbau ansteht, würde die Korrektur des Entwässerungssystems sehr lange dauern. Durch die aktuelle Rechtsprechung zur Gebührenpolitik bei Abwasser wirkt eine weitere Kraft zur Umstellung der Regenentwässerung – auch im Bestand. Dabei kommt es zur Aufteilung in einen Preis für Schmutzwasser nach Kubikmeter und einen separaten Preis für Regenwasser, falls es weiterhin in den örtlichen Kanal geleitet wird. Den Betrag muss jede Stadt bzw. Gemeinde selbst festlegen, nach dem tatsächlichen Aufwand. Die Kosten für das Ableiten von Regenwasser in den Kanal richten sich dann nach Quadratmeter angeschlossener Dach- oder Grundstücksfläche. Bei wasserdurchlässigen befestigten Flächen, wenn also ein Teil versickert und ein Teil zum Kanal geht, wird in der Regel auch nur ein Teil der Fläche bei der Gebühr angerechnet – ebenso bei begrünten Dächern, auf denen ein bestimmter Prozentsatz verdunstet. In der örtlichen Abwassersatzung sind in der Regel die Flächen, bei denen es solche Abschläge gibt, aufgelistet. Die damit möglichen Einsparungen bieten den Endkunden einen Anreiz zum Umbau an.
Für die Regenwasserableitung von Straßen und Wegen bieten sich Komplettsysteme zur Rückhaltung, Behandlung und Versickerung an.
Gerichtsurteil
Woher kommt diese neue Gebühr und wer profitiert davon? Weder der Gesetzgeber noch die Kommunen selbst haben sich diese ausgedacht. Sie ist das Ergebnis von Auseinandersetzungen vor Gericht, die vor 25 Jahren begonnen haben. Betroffene Bürger, die mit ihrer Abwassergebühren-Berechnung nicht einverstanden waren und geklagt hatten, bekamen Recht. Bis heute empfiehlt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seinen Mitgliedern, in ihren Kommunen für die Trennung von Schmutz- und Niederschlagsgebühr einzutreten – und notfalls dafür vor Gericht zu ziehen. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg wurde mittlerweile vor dem jeweils höchsten Verwaltungsgericht im Sinne des BUND entschieden.
Die meisten Gemeinden haben die Umstellung der Abwassergebühr lange vor sich her geschoben. Der Grund: Sie haben viel Aufwand, aber kaum Vorteile. Die Rechtsprechung verlangt von ihnen, verursachergerecht den Regenabfluss abzurechnen. Dafür müssen sie die versiegelten Flächen auf jedem Grundstück ermitteln und dann noch feststellen, ob diese an den Kanal angeschlossen sind. Gleichzeitig verbietet ihnen der Gesetzgeber, mit den eingenommenen Gebühren Gewinn zu machen. Das erklärt auch, warum in allen Kommunen nach Umstellung die Schmutzwassergebühr billiger wird, nachdem die Niederschlagsgebühr eingeführt ist.
Die Auswirkungen sind weit reichend: Zunächst profitieren Bewohner von mehrgeschossigen Wohnhäusern, die wenig Dachfläche und einen hohen Wasserverbrauch haben. Verlierer sind Gewerbe- und Industriebetriebe mit großen, am Kanal angeschlossenen Flächen und einem niedrigen Wasserverbrauch. Dazu gehören auch die Kommunen mit ihren Liegenschaften, für die sie nun, wie private Eigentümer, Niederschlagsgebühr zahlen müssen – auch dies war für viele Städte und Gemeinden ein Grund, die Gebührenumstellung hinauszuzögern.
Niederschlagsgebühr/gesplittete Abwassergebühr
Kommunen in Deutschland müssen Regenwasser, das in den öffentlichen Kanal abgeleitet wird, verursachergerecht und unabhängig von Trink- und Schmutzwasser in Rechnung stellen. Dies fordern Verwaltungsgerichtsurteile. Beispiele von jährlichen Gebühren für Niederschlagswasser-Ableitung, Stand 1. Januar 2011:
Berlin
1,90 Euro/m²
München
1,30 Euro/m²
Bonn
1,24 Euro/m²
Mannheim
0,79 Euro/m²
Stuttgart
0,65 Euro/m²
Nürnberg
0,51 Euro/m²
Freiburg
0,53 Euro/m²
Karlsruhe
0,44 Euro/m²
Ulm
0,44 Euro/m²
Möglichkeiten
Regenrückhaltung auf dem Grundstück, ob öffentlich, gewerblich oder privat, beschränkt sich nicht auf eine oder zwei Methoden. Je weniger Gartenfläche zur Verfügung steht, je mehr Dachflächen zu entwässern sind, desto schwieriger wird die Umsetzung. In Citylage bleibt oft nur die Dachbegrünung. Doch selbst wenn Gartenfläche vorhanden ist, kann Versickerung nur gelingen, wenn der Boden durchlässig genug ist. Auch Vorgaben im Bebauungsplan oder in der Baugenehmigung können Einschränkungen bringen. Falls es mehrere Möglichkeiten zum Umgang mit Regenwasser gibt, kann die richtige Variante wie folgt gefunden werden:
Wer den natürlichen Wasserkreislauf unterstützen möchte, versickert oder verdunstet die Niederschläge. Wer zusätzlich Trinkwasser, und in Verbindung damit Trinkwassergebühren sparen will, verwendet im Privathaushalt Regenwasser vorrangig für WC, Waschmaschine oder Bewässerung. Dies ist in ganz Deutschland zulässig, weil für die Zwecke die Qualität von Trinkwasser nicht gefordert ist. Versickert wird in diesem Fall nur, was übrig ist – der Überlauf des vollen Speichers bei weiter zufließendem Niederschlag.
Autor: Klaus W. König, Überlingen
Bilder: Mall GmbH, Donaueschingen
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