PV-Systeme geschützt installieren und betreiben - Wie sich Schäden vermeiden und Risiken minimieren lassen
PV-Systeme müssen heutzutage Strom zu marktgerechten Preisen erzeugen. Problematisch dabei ist, dass die Anlage Belastungen durch Wind und Wetter sowie den Gefahren durch Blitze und Überspannungen ausgesetzt ist. Um Schäden zu vermeiden und gesicherte Einnahmen und Gewinne zu gewährleisten, muss das PV-System fachgerecht geschützt und fachgerecht installiert werden. Im Folgenden wird gezeigt, wie das Risiko bestimmt wird und welche Schutzmaßnahmen nötig sind.
Die Erfahrungen der Sachversicherer und die Daten der Blitzortungs-Systeme, z.B. durch das BLIDS-System (www.blids.de), dokumentieren eine Zunahme von Blitzeinschlägen. Wenn ein PV-System durch Blitze oder Überspannungen beschädigt wird, kann der Versicherer bei mangelhafter Installation die Haftung ablehnen oder mindestens einen Selbstbehalt einfordern.
Kann das Risiko bestimmt werden?
Wie hoch das Risiko eines Blitzeinschlags ist, hängt z.B. vom regionalen Standort, der benachbarten Bebauung und von der Netzanbindung (Freileitung oder Erdkabel) ab. Eine Risikoanalyse ist nach Blitzschutznorm DIN EN 62305 oder nach VdS-Richtlinie 2010 vom GdV (Gesamtverband der Versicherungen) möglich. Die VdS-Richtlinie fordert für PV-Systeme ab 10 kWp Leistung einen äußeren Blitzschutz mit Überspannungsschutzmaßnahmen.
Wieso Blitz- und Überspannungsschutz?
Ein direkter Blitzeinschlag stellt die höchste Gefährdung für Personen und Anlagen dar. Neben der Brandgefahr durch den Blitzstrom wird beim ungeschützten Blitzeinschlag die Elektronik zerstört. Eine weitere Gefahrenquelle sind Überspannungen, die durch Blitzeinschläge, Schalthandlungen und Netzeinkopplungen verursacht werden. Durch galvanische, magnetische oder elektrische Feldkopplung können diese Überspannungen PV-Systeme und elektronische Geräte im Umkreis von bis zu zwei Kilometern beschädigen.
Die DIN EN 62305-3 sowie das deutsche Beiblatt 5 beschreiben Blitzschutzmaßnahmen (Erdung, Potenzialausgleich, Schirmung) für PV-Systeme. Gemäß der Blitzschutznorm entspricht ein Blitzschutzsystem der Klasse III den normalen Anforderungen für PV-Systeme.
Um eine direkte Einkopplung zu verhindern, muss sich das PV-System im Schutzbereich der Blitzschutzanlage befinden. Die Planungshilfen der Norm geben an, wie Kernschatten durch die Blitzfangstangen vermieden werden können. Vorhandene Schutzmaßnahmen wie Brandabschnitte müssen berücksichtigt werden. Bei PV-Systemen auf öffentlichen Gebäuden müssen zusätzlich die gesetzlichen Blitzschutzforderungen gemäß der Landesbauordnung (LBO) erfüllt werden. Für die korrekte Planung und Installation der Blitzschutzanlage sollte eine Blitzschutz-Fachkraft beauftragt werden.
Welche Schutzmaßnahmen müssen unternommen werden?
Blitzschutz-Potenzialausgleich: Blitz- und Überspannungsimpulse müssen sicher abgeleitet werden. Der Blitzschutzpotenzialausgleich mit geeigneten Schutzgeräten verhindert auf den Energie- und Datenleitungen Potenzialunterschiede und zerstörerische Überspannungen.
Die aktuelle VDE 0100 Reihe fordert einen Potenzialausgleich mit mindestens 6 mm² Kupfer. Zusätzlich wird bei PV-Systemen ohne Blitzschutz-Anlage der Einsatz eines Überspannungsschutzes (Typ 2) gegen induktive und leitungsgebundene Impulse empfohlen. Wird eine äußere Blitzschutzanlage gefordert, muss der Potenzialausgleich blitzstromtragfähig mit mindestens 16 mm² und mit blitzstromtragfähigen Überspannungsschutzgeräten der Klasse Typ 1 bzw. Typ 1+2 erfolgen.
Die nationalen Vorschriften sowie die Einbauanleitungen der Modulhersteller bezüglich der erforderlichen Erdung bzw. einer eventuell notwendigen aktiven Erdung sind zu beachten.
Wie sieht eine fachgerechte Leitungsführung aus?
Magnetisch induktive Einkopplungen des Blitzstromes sind durch einen möglichst großen Abstand zwischen der Blitzschutz-Anlage und den Teilen und Leitungen des PV-Systems zu minimieren. Der Mindestabstand von 0,5 m sollte nicht unterschritten werden. Der Trennungsabstand gegen direkte Überschläge kann nach DIN EN 62305 berechnet werden.
Eine räumliche Schirmung der Leitungen minimiert magnetische Einkopplungen zusätzlich. Metallene Kabeltrag-Systeme reduzieren je nach Ausführung und abhängig davon, ob ein Deckel montiert wird, die Einkopplungen auf ein Minimum.
Zur Reduzierung von Leiterschleifen müssen, nach VDE 0100-712, die Hin- und Rückleitungen des PV-Systems eng und parallel geführt werden. Auch der Potenzialausgleichsleiter ist parallel und mit geringem Abstand zu den DC- und AC-Kabeln zu verlegen. Durch die Flächenreduktion zwischen den Leitungen sinkt die eingekoppelte Überspannung.
Wo wird Brandschutz benötigt?
Brandschutz für PV-Systeme hat verschiedene Anforderungen. Die Brandweiterleitung im Bereich von Brandschutzwänden muss sowohl außerhalb als auch innerhalb des Gebäudes unterbunden werden. In Flucht- und Rettungswegen dürfen durch die Kabel- und Leitungsführung keine Brandlasten eingebracht werden.
Das PV-System muss bereits bei der Planung an das Gebäudebrandschutzkonzept angepasst werden. Gebäudetrennwände und Brandwände dürfen in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt werden. Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) und die Landesbauordnung (LBO) stellen hierzu wichtige Anforderungen und Erläuterungen.
Neben den baulichen Maßnahmen und der feuerwiderstandfähigen Leitungsführung ist zusätzlich der Hausanschlusskasten bei Gebäuden mit PV-System mit einem Hinweisschild zu kennzeichnen. Hierzu bietet die VDE-Anwendungsregel VDE AR-E 2100-712 und der Technische Leitfaden Photovoltaikanlagen VdS-3145 (2011-07) der Versicherungen eine Übersicht und Ausführungshinweise.
Gewerkeübergreifende Abstimmung
Um einen problemlosen Betrieb zu gewährleisten, ist eine gewerkeübergreifende Abstimmung und Koordination der Schutzmaßnahmen notwendig. Die geltenden Normen und der aktuelle Stand der Technik müssen beachtet werden. Die Anlagedokumentation gemäß der VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen, Teil 6 Prüfungen“ und nach DIN VDE 0126-23 „Netzgekoppelte Photovoltaik-Systeme – Mindestforderungen an Systemdokumentation, Inbetriebnahmeprüfung und wiederkehrende Prüfungen“ muss vorliegen.
Die Elektrofachkraft übernimmt mit dem Anschluss des PV-Systems an das Stromnetz die Verantwortung über die elektrische Sicherheit des gesamten Systems. Die geltenden Sicherheitsregeln und Vorschriften müssen schon bei der Planung und Installation beachtet werden. Die Normen zur Installation von elektrischen Anlagen, die Blitz- und Überspannungs-Schutzmaßnahmen sowie Brandabschnitte sind in der Anlage einzuhalten.
Bei gewerblich betriebenen PV-Systemen sind die Betreiber nach BGV A3 §5 zur regelmäßigen Prüfung und Verkehrssicherung verpflichtet. Durch die regelmäßige Wartung und Kontrolle können Fehler erkannt und behoben werden.
Autor: Torsten Hoffmann
Literatur:
[1] Blitzschutz: VDE 0185-305-1 (DIN EN 62305-1) - Allgemeine Grundsätze, VDE 0185-305-2 (DIN EN 62305-2) - Risiko-Management, VDE 0185-305-3 (DIN EN 62305-3) – Schutz von baulichen Anlagen und Personen, VDE 0185-305-4 (DIN EN 62305-4) – Elektrische und elektr. Systeme in baulichen Anlagen
[2] Blitzschutz für PV-Systeme: VDE 0185-305-3 Beiblatt 5 (DIN EN 62305-3): Zusätzliche Informationen für besondere bauliche Anlagen
[3] Photovoltaik-Anlagen: VDE 0100-712 (IEC 60643-7-712)
[4] Fundamenterder: DIN 18014
[5] Niederspannungsanlagen: VDE 0100-534 (IEC 60634-5-534), VDE 0100-410 (IEC 60634-4-41), VDE 0100-443 (IEC 60643-4-44)
[6] Leitungsführung: VDE 0100-520 (IEC 60634-5-52)
[7] Richtlinien der Versicherungen: VdS-Richtlinie 2010: Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz, GdV – Berlin, VdS-Richtlinie 3145: Technischer Leitfaden – Photovoltaikanlagen, GdV – Berlin
KONTAKT: OBO Bettermann GmbH & Co.KG, 58710 Menden, Tel. 02373 891500, Fax 02373 897777, info@obo.de, www.obo.de