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Profiteure in der Krise: Sorgen um den Euro kommen dem SHK-Handwerk zugute

Fast täglich wird über die „Eurokrise“ und schwache Länder wie Griechenland berichtet und analysiert, kommentiert und diskutiert. Wie sieht die aktuelle Lage im SHK-Handwerk aus? Wie könnte sich die Zukunft entwickeln? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Diese und weitere Fragen hat der Autor für die IKZ-HAUSTECHNIK zusammengetragen und beantwortet.

IW-Direktor Prof. Michael Hüther (links) und IW-Konjunkturexperte Prof. Michael Grömling sehen die Zukunft der deutschen Wirtschaft insgesamt positiv. Bild: IW Köln

Dr. Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats, sieht keine drohende Gefahr für eine Inflation. Bild: Bundesbank

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister, will keiner Lösung der Schuldenkrise in Griechenland zustimmen die sich „unmittelbar“ auf den Bundeshaushalt auswirkt. Bild: Bundesfinanzministerium

Der Schwerpunkt der Aufträge für das SHK-Handwerk liegt im Kundendienst. Bild: ZVSHK

Anstieg des Auftragsvorlaufs von 1999 bis heute. Bild: ZVSHK

 

Die Lage der Wirtschaft weltweit ist als kritisch zu bewerten. 2012 gab es in Europa zum ersten Mal seit 2009 eine Rezession. Die Statistikbehörde der Europäischen Kommission, Eurostat, hat für das 2. Quartal 2012 einen Wert von -0,2% ermittelt. Das heißt, das Bruttoinlandsprodukt aller Euro-Länder war im Vergleich zum Vorquartal negativ. Für das 3. Quartal berechnete die Behörde ein Wirtschaftsergebnis von -0,1%. Die Daten für das 4. Quartal lagen zum Redaktionsschlusstermin noch nicht vor. Ökonomen sprechen von einer Rezession, wenn die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal zwei Mal in Folge sinkt.
Deutschland allein betrachtet konnte sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2012 steigern. Für 2013 prognostiziert die Deutsche Bundesbank einen noch deutlich stärkeren Zuwachs. Diese positive Entwicklung ist vor allem dem Handwerk zu verdanken, das in fast allen Bereichen Zuwächse zu verzeichnen hat. Die Lage im SHK-Handwerk ist so gut wie seit mindestens 1996 nicht mehr. Diese Aussage stützt sich auf den Konjunkturbericht des Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK). Die Dachorganisation hatte in der Zeit vom 18. September bis 7. Oktober 2012 Handwerksbetriebe bundesweit befragt, um eine repräsentative Aussage treffen zu können. Geantwortet haben 1303 Betriebe. Die Stimmungslage wird in Prozent ausgedrückt und wie folgt ermittelt: Die Betriebe können mit „gut“, „befriedigend“ und „schlecht“ antworten. Der Indikatorwert wird durch den Saldo von gut und schlecht ermittelt. Im Herbst 2012 bewerteten 68% der Betriebe ihre Lage als gut und das war damit der beste seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1996. Diese Bewertung stimmt mit der Einschätzung des Instituts der Wirtschaft (IW) aus Köln überein, das die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland nach einer Konjunkturumfrage im Herbst ebenfalls positiv bewertet. Schwächen zeigen sich lediglich in der exportorientierten produzierenden Industrie. Die innereuropäischen Exporte sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Sie könnten jedoch durch Nachfragen aus Schwellenländern in den nächs­ten Jahren aufgefangen werden.
Der europäische Währungskommissar Olli Rehn machte es Mitte November noch deutlicher: Er sagte, dass der Sachverständigenrat der Europäischen Kommission davon ausgehe, dass Deutschland 2013 das einzige der 17 Euroländer sein wird, das seinen Schuldenstand reduzieren könne. Am 23. November hat der deutsche Bundestag das Haushaltsgesetz für 2013 verabschiedet. Der Haushaltsplan ist so aufgestellt, dass er das Ziel der Schuldenbremse zwei Jahre früher erreicht als gesetzlich vorgesehen ist. Alle anderen Euroländer werden auch 2014 ihre Schulden weiter anwachsen lassen, mit Ausnahme von Estland.

Sorgenkind Griechenland
Griechenland steckt in Europa am tiefsten in der Finanzkrise. Ein Pakt aus Staaten, Unternehmen, Banken und – unfreiwillig – Privatanlegern hat es geschafft, die staatliche Insolvenz abzuwenden. Die Troi­ka aus IWF (Internationaler Währungsfond), EU-Kommission und EZB (Europäische Zentralbank) überwacht die Reformversuche Griechenlands. Die Freigabe weiterer Milliardenkredite an Griechenland ist an eine positive Entwicklung der Reformen im Land gebunden.
Im Spätsommer bat Griechenland darum, die Sparziele um zwei Jahre nach hinten verschieben zu dürfen. Von 2020 auf 2022. Besonders in Deutschland regte sich heftiger Widerstand. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte dies genauso entschieden ab, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Daher gefiel es einigen Beteiligten nicht, als die Troika Anfang November 2012 feststellte, dass Griechenland seinen Sparauflagen und Reformbemühungen bis auf wenige kleine Ausnahmen nachgekommen ist, man dem Land aber unbedingt den gewünschten Aufschub gewähren sollte. Zähneknirschend folgte die Einsicht, dass die Verschiebung unumgänglich ist. Dadurch entsteht eine neue Finanzierungslücke. Wie die geschlossen werden soll, ist strittig. Während Schäuble keiner Lösung zustimmen wollte, die sich „unmittelbar“ auf die öffentlichen Haushalte auswirkt, verlangte der IWF eine direkte Beteiligung der Eurostaaten. Das Bundesfinanzministerium wollte sich zu den Auswirkungen einer möglichen Streckung von Zahlungszielen oder der Absenkung von Zinsen nicht äußern. Es hieß lediglich, man gehe davon aus, dass aus Rückzahlungen und Zinsen von Verbindlichkeiten Griechenlands in den nächsten Jahren 130 Mio. Euro pro Jahr an Einnahmen im Haushalt einge­plant werden könnten.

Öffentliche und private Investitionen
Die öffentlichen Investitionen beliefen sich 2011 auf 42,7 Mrd. Euro. 2012 wird der Wert nicht mehr erreicht werden, was darauf zurückzuführen ist, dass Konjunkturpakete wie das Zukunftsinvestitionsprogramm ausgelaufen sind. Für 2013 wird seitens der Bundesbank mit einem erneuten Anstieg der öffentlichen Investitionen gerechnet.
Die staatlichen Ausgaben für Aufträge spielen im SHK Handwerk eine untergeordnete Rolle, da der überwiegende Teil aus dem privaten Sektor stammt. Obwohl der private Konsum in 2012 im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen ist, konnten die SHK-Betriebe ihre Umsätze und Auftragsbestände weiter steigern. Aktuell ist der Auftragsbestand so hoch wie noch nie zuvor. Rückblickend lag der Auftragsbestand 1999 bei 6,4 Wochen und stieg aktuell (Herbst 2012) auf 9,1 Wochen an. Jens Edling von der Edling GmbH bestätigt diesen Trend: „Wir haben zurzeit einen Auftragsbestand von 9 bis 12 Wochen, das ist ein Umsatzvolumen von 500000 Euro.“ Damit liegt der Handwerksbetrieb aus dem südlich von Kiel gelegenen Tasdorf genau im Trend. Denn der Auftragsbestand nach Betriebsgrößen variiert zwischen 7,7 Wochen bei Betrieben mit bis zu vier Mitarbeitern und 12,6 Wochen bei Betrieben mit über 20 Mitarbeitern. Berücksichtigt man dabei, dass sich der Betrieb von Edling in Schleswig-Holstein befindet und dieses Bundesland bei der ZVSHK-Umfrage hinten liegt, ist sein Ergebnis besonders positiv zu sehen. Denn sein Betrieb hat 15 Mitarbeiter.
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Ausblick
Für 2013 rechnet die Bundesbank mit einer deutlichen Steigerung des privaten Konsums, obwohl die Spareinlagen der Bundesbürger in den letzten Jahren kaum variierten. Diese positive Einschätzung spiegelt sich in den Zukunftsprognosen der Betriebe wider, die sich aus der Umfrage des ZVSHK ergeben haben. Auf einer Skala von -100 bis +100 bewerteten die Betriebe ihre Zukunftsaussichten mit 10,2. Das ist ein guter Wert.

Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
Der Eindruck dieser positiven Tendenz wird von der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen und der Arbeitslosenquote unterstützt. Beide sind seit 2010 rückläufig und die Agentur für Arbeit erwartet für 2013, dass diese Zahlen weiter sinken. Im SHK-Handwerk entwickelt sich die Beschäftigung von Mitarbeitern ebenfalls positiv. 27,8% der Betriebe hat im 3. Quartal 2012 Mitarbeiter eingestellt, nur 8,1% hat Mitarbeiter entlassen. Bei 64,1% der Betriebe blieb der Mitarbeiterstamm konstant.
Diese Entwicklung offenbart aber eine Differenz zwischen Ost und West. Während 29,5% der Betriebe in den westlichen Bundesländern neue Mitarbeiter einstellten, waren es nur 15,3% in den fünf östlichen Flächenländern. Den Bestand an Mitarbeitern hielten im Westen 62,3% der Betriebe und im Osten 77,3 % der Betriebe. Bei den Entlassungen von Mitarbeitern fällt die Differenz niedriger aus: Im Westen waren es 8,2% der Betriebe und im Osten 7,4%, die Mitarbeiter entlassen mussten.
Es ist sogar ein Mangel an Fachkräften zu verzeichnen. Jens Edling von der Edling GmbH sagt dazu: „Wenn wir Fachkräfte bekommen könnten, würden wir sie sofort einstellen. Wir können inzwischen nicht einmal mehr alle Aufträge annehmen.“

Umsatzentwicklung
Edlings Äußerung spiegelt die Entwicklung der Umsätze in den Betrieben wider. In der Gesamtbetrachtung gaben 40,8% der Betriebe in der ZVSHK-Umfrage an, dass ihr Umsatz in den letzten drei Monaten gestiegen sei (davon 41,6% im Westen, 34,6% im Osten Deutschlands). Bei 51,7% der Betriebe blieb der Umsatz gleich. Dies teilt sich wiederum auf in 51,2% der „alten“ Länder und 56,2% der „neuen“ Länder. Umsatzrückgänge gab es bei 7,5% der Betriebe (7,2% im Westen, 9,3% im Osten).
Das finanzielle Polster der Betriebe ist offenbar gewachsen. Denn nach Auskunft der Bundesbank ist die Vergabe an Krediten gesunken, obwohl die Richtlinien für die Vergabe von Krediten an Handwerksbetriebe bundesweit seit mehreren Monaten gleich geblieben sind.
Die Konjunkturstimmung ist in Deutschland flächendeckend positiv. Allen voran gehen die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen. Die Perspektive geht einher mit der Betriebsgröße: Je mehr Beschäftigte, desto zuversichtlicher die Aussichten.

Eurokrise nicht nur durch Griechenland
Die Eurokrise macht sich nicht nur an Griechenland fest. Es gibt auch andere Staaten, die Sorgen bereiten könnten. In Spanien gibt es Probleme auf dem Bankensektor, Frankreich bekommt seine Staatsschulden nicht in den Griff. Mitte November 2012 wurde Frankreich von einer Ratingagentur vom Bestwert zurückgestuft auf die zweitbes­te Bewertung. Für Frankreich bedeutet dies, dass der Staat Kredite nur zu höheren Zinsen bekommen kann. Damit wird der französische Haushalt höher belastet.

Droht Inflation?
Nachdem die Inflationsrate 2010 in Deutschland zwischen 0,8 und 1,9% schwankte, verlief sie 2011 zwischen 2 und 2,9%. Die Erhebung erfolgte monatlich. 2012 sieht die Inflationsrate sogar noch besser aus: Sie bewegte sich zwischen 1,9% (Juni und Juli) und 2,3% (Februar). Dr. Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, antwortete in einem Interview der Rheinischen Post im November 2012 auf die Frage, ob er den Bürgern die Angst vor einer Inflation nehmen könne, mit den Worten: „Unmittelbar besteht kein Anlass für Sorgen vor einer höheren Inflation. Viele Länder Europas stecken in der Rezession, und auch die Weltwirtschaft wächst nicht mehr so stark. Das dämpft den Preisauftrieb. Für Deutschland erwartet die Bundesbank nicht mehr als 2% Inflation im kommenden Jahr. Auf längere Sicht müssen wir dennoch äußerst wachsam sein.“
Risikofaktor bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in Europa, denn die europäischen Staatschefs konnten sich nicht darauf einigen, wer welchen Anteil an den Kos­ten der strauchelnden Staaten zu tragen hat. Man will versuchen, diese Entscheidung im Frühjahr 2013 zu treffen.

Autor: Michael G. Schmidt, freier Journalist

 


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