Werbung

Pro & Contra zum Thema Brennstoffversorgung: Nimmt die Pellet-Branche anderen den Rohstoff weg?

Regenerative Energien stehen beim Endkunden hoch im Kurs. Das freut – trotz des undurchschaubaren Förderdschungels – die Hersteller von Wärmepumpen, Solaranlagen und Biomasseheizkessel. Und natürlich das SHK-Handwerk. Denn durch das Interesse in der Bevölkerung entsteht eine neue Nachfrage, die es zu decken gilt.

 

Doch ist nicht alles Gold was glänzt, sagt ein Sprichwort. Und so sind aktuell der Brennstoff Holzpellets in den Fokus von Kritikern geraten. Vor dem Hintergrund, dass die stetig steigende Zahl der installierten Pelletkessel ja schließlich den Brennstoff benötigen, regt sich Widerstand aus einer Branche, von der man es eigentlich nicht erwartet: Es ist die Holzwerkstoff-, Säge-, Papier- oder Zellstoffindustrie. Was hat diese Branche mit Holzpellets zu tun, könnte man fragen. Sehr viel: Denn auch sie nimmt sich den Rohstoff u.a. aus den heimischen Wäldern – in Form von Rest- und Bruchholz – wie auch die Pellethersteller. Eine steigende Nachfrage zieht regelmäßig Preiserhöhungen nach sich. Das sind die Gesetze des freien Marktes. Doch was genau kritisiert nun die Holzwerkstoffindustrie? Und was sagt die Pelletseite zu der Aussage, sie mache anderen Branchen den Rohstoff streitig? Wir haben jeweils einen Vertreter seiner Branche um eine Stellungnahme gebeten und auf dieser Doppelseite gegenübergestellt.

PRO
Michael Wolff, Vorsitzender der Geschäftsführung des Business Centers Westeuropa der Pfleiderer AG

Im Zuge der zunehmenden energetischen Verwendung von Holz in großem Maßstab hat sich der Wettbewerb um diesen Rohstoff drastisch verschärft. Da immer mehr Biomasse(heiz-)kraftwerke und Pelletheizungen ans Netz drängen, hat sich die thermische Verwertung seit 2002 von 25 auf 55 Mio. m3 verdoppelt. Nach Berechnungen der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO und des Deutschen BiomasseForschungsZentrums (DBFZ) wird allein in Deutschland bis 2020 eine Unterdeckung von rund 30 Mio. m3 pro Jahr entstehen, in Europa sogar ca. 430 Mio. m3.

Denn dem Prinzip der nachhaltigen Waldbewirtschaftung folgend, wird dem Wald nur so viel Holz entnommen, wie auch nachwächst. Das heißt, dass unser wichtigster Rohstoff stets begrenzt ist. Darum stehen Branchen wie die Holzwerkstoff-, Säge-, Papier- oder Zellstoffindustrie seit jeher bereits miteinander in Konkurrenz ums Holz. Mit der zunehmenden neuen energetischen Nutzung – gefördert durch die Politik – nimmt diese Konkurrenzsituation bedrohliche Ausmaße für die traditionellen Industrien an.

Der Cluster Forst und Holz zählt in Deutschland nahezu 760000 Beschäftigte in etwa 129000 Betrieben und setzt mehr als 108 Mrd. Euro um. Nach der weiter gespannten EU-Definition sind es sogar über 1,3 Mio. Beschäftigte, ca. 185000 Betriebe und etwa 181 Mrd. Euro Umsatz. Somit haben Forst und Holz eine viel größere arbeitsmarktpolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung als gemeinhin angenommen.

Darüber hinaus zeichnet sich die stoffliche Nutzung von Holz durch deutlich komplexere und längere Wertschöpfungsketten aus. Einer Studie des nova-Instituts aus Mitteln des BMELV von März 2010 hat ergeben, dass – bezogen auf denselben Stoffstrom bzw. dieselbe Anbaufläche – bis zu zehn mal mehr Arbeitsplätze und bis zu neun Mal mehr Wertschöpfung mit der stofflichen Nutzung von Holz generiert werden, als dies mit der rein energetischen Nutzung möglich ist.

Mit einem Jahresumsatz von 4,2 Mrd. Euro und 13000 Beschäftigten ist Deutschland der bedeutendste Holzwerkstoffproduzent in Europa. Wie die Sägeindustrie und der Holzmaschinenbau nimmt auch sie global betrachtet eine Markt- und Innovationsführerschaft ein, indem sie mit Hilfe moderner Technologien Sägerestholz, Windbruch und Holz recycelt, das bei der Durchforstung anfällt.

Lieferanten für diese Holzsortimente sind in erster Linie die Landesforstverwaltungen, die für das Jahr 2011 weitere Preissteigerungen von bis zu 33 % fordern. Begründet wird dies mit der Entwicklung auf dem Brennholzmarkt, der durch den Staat einseitig gefördert wird und somit immer weiter ausufert und bereits erhebliche Auswirkungen auf die Mengenbereitstellung für die stoffliche Holznutzung hat.

Um Öffentlichkeit und Politik für die Problematik zu sensibilisieren, dass durch die einseitige Förderung der energetischen Nutzung von Holz ganze Industriezweige in Gefahr geraten, haben sich Ende Oktober 2010 europaweit rund 150 Werke am Aktionstag der Holzwerkstoffindustrie beteiligt. Wobei zu erwähnen ist, dass wir die Verbrennung von Holz nicht kategorisch ablehnen. Wir versuchen lediglich das Holz so lange wie möglich im stofflichen Kreislauf zu halten – und somit die Zukunft unserer Wälder und unserer Arbeitsplätze zu sichern. Wir sind uns aber bewusst, dass es noch viel Überzeugungsarbeit bedarf, um der Öffentlichkeit die Nöte der Zulieferindustrie und die Notwendigkeit der Kaskadennutzung – auch unter ökologischen Gesichtspunkten – begreifbar zu machen. Der Aktionstag war ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgendem müssen.

###newpage###


Contra

Helmut Schellinger, Geschäftsführer des Pelletproduzenten Schellinger KG

Die Frage mag angesichts der aktuellen Diskussion spektakulär klingen. Sie geht jedoch schon von falschen Annahmen aus. Holz wird in Deutschland nicht vergeben, sondern an einem freien Markt gehandelt.

Die Situation für die von der Pelletbranche interessanten Resthölzer war allerdings lange Zeit so, dass dieser Markt kaum wahrnehmbar war. Denn es gab kaum Nachfrage nach diesen Sortimenten und die wenigen Interessenten, bei denen es sich vor allem um Hersteller von Spanplatten handelte, mussten folglich einen sehr niedrigen Preis bezahlen. Durch das Revival der Holzenergie, in dessen Zuge auch die Pelletproduktion in Deutschland aufkam, änderte sich die Situation. Heute haben Holzreststoffe wieder einen Wert. Gegenwärtig ist der Preis für diese Sortimente allerdings sehr hoch, was auch unserer Branche Sorgen bereitet. Durch das in Deutschland zu verzeichnende Überangebot an Pellets können die hohen Rohstoffkosten nicht in einen angemessenen Preis umgesetzt werden.

Dass sich an einem freien Markt einmal der Anbieter und einmal der Abnehmer über die Bedingungen ärgern, gehört aber dazu. Solange ein solcher Markt funktioniert und kein Marktpartner gegenüber dem anderen sollte man sich davor hüten, funktionierende Angebots- und Nachfragemechanismen außer Kraft zu setzen. Ein solcher Mechanismus wäre die von Branchen wie der Holzwerkstoffindustrie geforderte Kaskadennutzung. Sie könnte auch mit Planwirtschaft übersetzt werden, denn ihr Ziel ist es, dem Rohholzproduzenten vorzuschreiben, an wen er sein Produkt zu vermarkten hat.

Forstleute und Waldbesitzer wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine solche staatliche Bevormundung, denn ihnen ist jeder Kunde willkommen, gleich ob er Holz zur energetischen Verwendung kauft oder stofflich nutzt. Entweder der Markt schafft die Kaskade selbst oder sie bleibt, was sie ist, ein Hirngespinst. Ohnehin ist nicht ernsthaft zu erwarten, dass die Politik sich die Finger verbrennen möchte. So weit entfernt kann gar keine Wahl sein, dass Mandatsträger sich freiwillig mit Eigentümer von 14 Mio. Einzelraumfeuerstätten (Öfen) anlegen würden.

Einer mittelfristig prognostizierten Holzverknappung in Deutschland kann man auf verschiedenen Wegen begegnen. Wie man das Holzangebot durch strukturelle Mobilisierungsmaßnahmen oder durch eine waldverträgliche Absenkung der überhöhten deutschen Holzvorräte erhöht, müssen Forstexperten beschließen. Daneben kann auch auf der landwirtschaftlichen Ackerfläche durch mehrjährige Holzkulturen sinnvoll der Maismonopolisierung entgegengewirkt werden. Im Pelletsektor werden bei einer zunehmenden Nachfrage auch Importe aus den benachbarten östlichen Staaten eine Rolle spielen.

Eine Versachlichung der Diskussion scheint dringend angebracht. Anstatt mit fadenscheinigen Argumentationen dafür zu kämpfen, dass Holz sich nur auf den bisherigen Wirtschaftswegen bewegen darf, sollte der Gedanke der Rohstoffeffizienz vorne an stehen. Anstatt Holz über die Kette Spanplatte und ähnliche Produkte über Billigmöbel letztendlich in großtechnische Verbrennungsanlagen zu bringen - die mit mäßigen Gesamtwirkungsgraden arbeiten - kann es durchaus effizienter sein, den wertvollen Rohstoff mit hohem Wirkungsgrad zur Substitution von Heizöl oder sonstigen fossilen Energieträgern einzusetzen, wie das Heizen mit Pellets zeigt. Unter Effizienzgesichtspunkten sollte durchaus jede Holzenergienutzung, deren Wärmenutzung nicht gegeben ist, in Frage gestellt werden. Hierzu zählen neben den oben genannten großtechnischen Verbrennungsanlagen der Holzwerkstoffindustrie und der Abfallentsorger auch große Holzheizkraftwerke.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: