Prima Konzept
ZOW in Bad Salzuflen. Die 15. Variante der heimischen Möbelzuliefermesse beließ es nicht bei den Produktschauen, sondern zeigte, wo die Chancen der Zukunft liegen. Stichworte: Universal Design und Multimedialität.
Overengeneering ist out, Universal Design ist in! Die Handhabung und Bedienung eines Produktes muss sich auf den ersten Blick erschließen, sei es eine Kaffeekanne, eine Kamera oder ein Küchenschrank. Universal Design steht für eine gleichermaßen ästhetische und funktionale Formgebung, die sich nicht in überflüssigen Details erschöpft. Es zielt darauf ab, Produkte zu entwickeln, die für junge oder alte, große oder kleine, behinderte oder nicht behinderte Menschen gleichermaßen geeignet sind. Auf der ZOW in Bad Salzuflen konnten sich die Besucher ein Bild davon machen, was Universal Design bedeutet. Ideen aus der Möbelzulieferindustrie, die Akzente setzen.
Die Ausstellung „a-select“ in der Architekturlounge der ZOW stand ganz im Zeichen dieser Designentwicklung, die so neu gar nicht ist, aber sich nur langsam am Markt durchsetzt. Erst die demografische Entwicklung – die Menschen werden immer älter – und die Tatsache, dass es sich hier um eine wirtschaftlich potente Zielgruppe handelt, schaffen ein neues Bewusstsein. Während sich die Haushaltgeräte-Branche schon länger mit Universal Design beschäftigt, gilt es in der Möbelbranche insgesamt noch als relativ neu.
Beispiele aus dem Alltag
Für die fachliche Betreuung der Ausstellung hatte ZOW-Messeveranstalter Survey Frido Jacobs, ehemaliger Designchef von Miele, und Thomas Bade, Geschäftsführer der Universal Design GmbH aus Hannover, gewinnen können. Die Ausstellung „a-select“ zeigte neben Alltagsgegenständen wie z.B. Handys einen repräsentativen Querschnitt von ZOW-Produkten, an denen die Anforderungen des Universal Designs transparent gemacht werden können. Dazu zählen z.B. widerstandsfähige und leicht zu reinigende Materialien, einfache Bedienbarkeit von Produkten, kontrastreiche Schriften, Blendfreiheit und Rutschfestigkeit, gelungene Integration eines Zulieferteils in das Möbel (z.B. die Schalterhöhe beim Licht), angenehme Haptik von Griffen und Beschlägen, akustische und optische Signale sowie geringe Öffnungswiderstände. Universal Design beziehe sich nicht nur auf die Form und Bedienbarkeit eines Produktes, sondern umfasse auch künftige Service- und Wartungsaspekte. Es spielt z.B. eine Rolle, ob ein Monteur einfach oder umständlich an Problemstellen kommen kann, denn hier entstehen Kosten. Mit Universal Design können diese vermieden werden.
Zeigen, was geht
„Ein Produkt muss auf den ersten Blick signalisieren, was es kann“, so Frido Jacobs. „Das heißt jedoch nicht, dass es auf wenige Funktionen beschränkt sein muss.“ Ein Backofen z.B. kann so konzipiert sein, dass ihn sowohl der normale Endverbraucher als auch der Koch- und Backprofi adäquat nutzen können. Wichtig ist, dass sich die Bedienbarkeit des Backofens für beide innerhalb kurzer Zeit erschließt. Jacobs hat das Ziel, mit der Ausstellung auf der ZOW in der Möbelbranche ein Bewusstsein für die funktionellen und finanziellen Vorteile des Universal Designs zu schaffen. „Sicherlich können nicht alle Produkte eines Unternehmens auf einen Schlag neu konzipiert werden, aber wenn neue Produkte entwickelt werden, dann führt kein Weg an Universal Design vorbei.“ Der Markt fordere es.
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Mediapoint auf der ZOW
Als zweites großes Zukunftsthema wurde die Integration moderner Unterhaltungselektronik in Möbeln thematisiert. Und zwar in der Sonderschau „Mediapoint“ auf der ZOW. Grundsätzlich drängt sich der Eindruck auf, dass Möbel und moderne Unterhaltungselektronik nicht für eine gemeinsame Nutzung geschaffen sind. Wie sonst sei es zu erklären, dass die Industrie nach wie vor Möbel nach dem Raster längst vom Markt verschwundener Röhrenfernsehgeräte anbietet oder dass der Endkunde für die Kabeldurchführungen immer noch faustgroße Löcher in tragende Elemente bohren muss?, fragten die Ausstellungsmacher – und veranschaulichten, wie die vermeintlich unvereinbaren Technikwelten zusammen funktionieren.
Dabei gilt als Ausgangslage: Unser Leben ist technischer geworden. Nicht nur im Büro sind Computer, Telefon und Netzwerke aller Art längst Alltag, auch privat kann man sich ein Leben ohne digitale Musik, Videos und Fotos, Internet und Multimedia-Netze kaum noch vorstellen. Vom Wohn- oder Fernsehzimmer hat sich die Unterhaltungselektronik im ganzen Haus ausgebreitet, selbst aus Küche und Bad sind auf Dauer sogar Internet-Anschlüsse und passende Terminals kaum noch wegzudenken.
Die Herausforderung an die Möbelhersteller und die Zulieferindustrie: Was muss oder kann ich berücksichtigen, um den Trend zur allgegenwärtigen Multimediaversorgung zu unterstützen? Welchen Anforderungen müssen meine Möbel im Multimedia-Zeitalter entsprechen? Der Mediapoint der ZOW zeigte an konkreten Raumsituationen, wie Wohn- und Arbeitszimmer, Küche und Bad schon heute mediengerecht konzipiert und ausgestattet sowie miteinander vernetzt werden können.
In Küche und Bad wird die Entwicklung voranschreiten, und gerade dort ist ein Umdenken notwendig: Die Küche mausert sich wieder zum zentralen Lebensmittelpunkt, der mit allen möglichen Medienwelten vernetzt sein will, und im Bad sind Unterhaltung und Information während der ersten halben Stunde des Tages gefragter denn je. Darüber hinaus kommen vermehrt mobile Geräte zum Einsatz. Mobil nicht nur außer Haus, sondern auch darin. Neben den allgegenwärtigen Handys und Digitalkameras eignen sich MP3-Player, Video- und Fotorahmen bzw. Abspieler und USB-Festplatten dazu, in mehreren Räumen oder auch Wohnungen ihre Daten zur Verfügung zu stellen.
Die Lage der Branche
Stellvertretend und im Auftrag seiner Beiratskollegen beleuchtete Dr. Gunther Geisweid die aktuelle Lage der Möbelzulieferbranche, unterteilt in die jeweiligen Fachgruppen Beleuchtung, Schichtstoffe, Fronten und Beschläge.
Die Beleuchtungsbranche ist infolge der privaten Kaufzurückhaltung mit einem rückläufigen OEM-Geschäft der Möbelhersteller konfrontiert. Konkret bedeutet das Umsatzrückgänge im hohen ein- oder zweistelligen Prozentbereich. Hinzu kommt ein steigendes Risiko aufgrund der kritischen Bonität einzelner Kunden. Warenkreditversicherer reduzieren ihre Deckungszusagen. Warnhinweise von Wirtschaftsauskunfteien belasten die Bereitwilligkeit zur Belieferung mit langen Zahlungszielen. Das Ausfallrisiko durch Insolvenzen steigt, und die daraus resultierende Vorsicht ist nicht förderlich für eine allseitig positive Geschäftsentwicklung. Kostensteigerungen verursachen in diesem Teufelskreis einen Preisdruck, was die Lage noch verschlimmert.
Aktuell wird in der EU das Verbot der Glühlampe diskutiert, und bald wird alles, was glüht und leuchtet und dabei Wärme erzeugt, der Vergangenheit angehören. Mit neuen Lampenkonstruktionen versucht man, die Glühbirne nachzuahmen. Dies mündet aber fast zwangsläufig in neue Designkonzeptionen. Das alles hat zu einer Renaissance der Leuchtstofftechnik geführt, einhergehend mit dem konsequenten Einsatz von energiesparenden elektronischen Vorschaltgeräten. Die LED-Beleuchtungstechnik besetzt nun Einsatzfelder, die bisher der Halogenbeleuchtungstechnik vorbehalten waren. In ihrer Leuchtkraft sind die LEDs aber heute vielfach ebenbürtig und bezüglich der Lichtfarben ergeben sich mit Riesenschritten Verbesserungen. Organische LEDs (OLED) sind der nächste Schritt. Man wird sich mit dieser Technologie auseinandersetzen müssen.
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Stabile Schichtstoffe
Die Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt sich auch auf den europäischen Markt für dekorative Schichtstoffe aus. Die Situation ist aber bei Weitem nicht so dramatisch wie beispielsweise für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Für die beiden Hauptabsatzmärkte – die Möbel- und die Bauindustrie – wird im Jahr 2009 mit einer stabilen Entwicklung und im Jahr 2010 mit einer deutlichen Erholung gerechnet. Die jüngst aufgelegten milliardenschweren Konjunkturprogramme werden die seit Jahren lahmende Bau- und Ausbaubranche vor den schlimmsten Folgen der Rezession bewahren.
Der europäische Markt für dekorative Schichtstoffe hatte 2008 ein Gesamtvolumen von annähernd 310 Mio. m². Dabei ist und bleibt Deutschland mit rund 70 Mio. m² der größte und wichtigste europäische Einzelmarkt. Dekorative Schichtstoffe sind aber auch in Ost- und Südosteuropa sehr gefragt und werden voraussichtlich auch in den angestammten europäischen Märkten neue Felder erschließen, so die Meinung der Fachgruppe Dekorative Schichstoffplatten. Als Material mit herausragenden Oberflächeneigenschaften und einer einzigartigen dekorativen Vielfalt gilt der Werkstoff als echte Alternative für viele Anwendungsbereiche.
Lieferung Just-in-time
Eine ganze Reihe von Problemen prägt die Situation in den Zulieferunternehmen des Mittelstands. Dazu gehören Insolvenzen, Umweltauflagen, Kostensteigerungen, Preisreduzierungen und Bonusvereinbarungen. Sie drücken auf die Ertragslage und erschweren Ersatzinvestitionen und damit eine Produktivitätsverbesserung. Knappe Budgets erfordern kreative Lösungen. Marktführende Frontenhersteller oder -veredler arbeiten deshalb nach dem „Just-in-time“-Prinzip. Punktgenau zu fertigen und zu liefern, ist in diesen Zeiten das A und O für die Unternehmen der Zulieferindustrie. Die verlängerte Werkbank entwickelt sich langsam, aber sicher zum Standard in den Unternehmen.
Die alten Produktionsabläufe „Wareneingang – Produktion – Warenausgang“ sind in dieser Form nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Heute gilt die Reihenfolge: Einkauf und Materialwirtschaft – QS-Management – Kapazitätenplanung unter Berücksichtigung von Mensch und Maschine. Damit die Prozesse im Unternehmen reibungslos funktionieren, ist ein ERP-System zwingend erforderlich.
Just-in-time zu fertigen und zu produzieren, ist ohne moderne Datentechnik nicht möglich und erfordert die konsequente Überwachung der Arbeitsabläufe im Unternehmen. Ohne Logistik geht nichts.
Flexible Beschläge
Sowohl in Deutschland als auch Großbritannien, Spanien, Italien und USA hinterlässt die globale Wirtschaftskrise im Einrichtungssektor ihre Spuren. Obwohl der Rückgang Anfang 2009 durchaus noch nicht dramatisch ist, unterschreitet er die Planzahlen der Branche. Hinzu kommt, dass die Ostmärkte, China und Indien die Rückgänge in Europa kaum kompensieren können. Fast alle Bereiche sind erkennbar von der Kaufzurückhaltung und der Situation im Baugewerbe betroffen. Auch der Handel, der die vom Bau abhängigen Gewerke beliefert, ist unter Druck geraten. Positiv schlägt zu Buche, dass 2008 für die Beschlagindustrie mit einer schwarzen Null oder sogar mit einem leichten Umsatzplus abschließt, denn die Auftragsrückgänge werden sich erst im Umsatz 2009 niederschlagen.
Unter den aktuellen Voraussetzungen eine gesicherte Prognose für 2009 abgeben zu wollen, ist schlicht unmöglich. Die Beschlagindustrie muss sich darauf einstellen, mit größtmöglicher Flexibilität auf unvorhersehbare Marktsituationen zu reagieren. Dennoch dürfte Aktionismus fehl am Platz sein. Die gesamte Welt ist auf dem besten Wege, erstmals aus einer Krise zu lernen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn keine großen Fehler gemacht werden, könnte es binnen Jahresfrist wieder nach oben gehen. Dazu trägt bei, dass sich der private Investitionsstau auflöst und die Konsumenten ihr auf Sparkonten gebunkertes Geld wieder in Umlauf bringen. Zu hoffen bleibt, dass die Möbelwirtschaft und in ihrer Folge die Beschlagindustrie als eine der ersten Branchen davon profitiert.
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Produkttrends
Wertigkeit und Qualität zeichnen den Produktbereich Oberflächen und Fronten aus. Authentische Holzoptiken sind das Thema für den privaten Wohnbereich. Obsthölzer mit hohem Splintanteil, Ästen oder Blumen entsprechen diesem Trend und finden sich in Kirsche, Apfel, Birne oder Pflaume wieder. Warme Rot- und Brauntöne in matter Optik charakterisieren das Farbspektrum, das hier zur Anwendung kommt. Ein Trendsetter ersten Ranges ist der Nussbaum, der mit bräunlich-gräulichen und ins Oliv spielenden Farbnuancen überrascht und dadurch besonders natürlich wirkt. Kombiniert mit weißen Hochglanzoptiken setzt er in der Küche ausdruckstarke Akzente, macht sich aber auch mit Apfelgrün und Violett sehr gut.
Aktueller denn je
Licht als Gestaltungsmittel am Möbel ist aktueller denn je. Hier können unterschiedliche Lichtquellen als Beleuchtungsmix zum Einsatz kommen. Bei allen Leuchtmitteln geht der Trend hin zu kleinen Produkten mit hoher Lichtleistung, angenehmen Lichtfarben, möglichst geringer Wärmeabstrahlung und extrem langer Lebensdauer. Große Designfreiheit erlauben insbesondere LEDs, die nach Meinung der Experten technisch wie wirtschaftlich das Erbe der Halogenbeleuchtung antreten. Gerade vor dem Hintergrund des wohl bald gültigen Glühlampfenverbots. Auch bei den Beschlägeherstellern wird der Einsatz von Licht immer wichtiger. Integrierte LEDs ermöglichen Übersichtlichkeit, und in Türscharnieren sorgt Licht für besondere Möbelinszenierungen.
Technisch ausgereift
Die Beschlagbranche bietet technisch ausgereifte Lösungen in hoher Designqualität für Schubladen, Auszüge, Klappen oder Türen. Standard sind abnutzungsfreie Materialien, hygienische Beschichtungen, platzsparende Einbaubreiten oder variable Ein- und Verstellmechanismen für die unterschiedlichsten Einsatzbereiche. Die montagefreundlichen Systeme eignen sich für Ersteinbau ebenso wie für die Nachrüstung. Bei den Zierbeschlägen geht der Trend in Richtung puristische Geradlinigkeit. Kantige, klare Formen stehen für eine Designrichtung, welche die neue Sachlichkeit der Wohn- und Einrichtungswelt perfekt unterstützt. Chrom und Edelstahl in glänzenden Optiken sind die Materialien, die dabei Verwendung finden. Der Materialmix mit Glas sowie Holz und teilweise auch Leder ist dabei nach wie vor ein Thema.
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