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Personen und Werte schützen Rauchwarnmelder oder Brandmeldeanlage? Eine Frage der Schutzzieldefinition

Rauchwarnmelder (RWM) sind auf dem Vormarsch: Im Dezember 2009 verankerte Sachsen-Anhalt als neuntes Bundesland die Pflicht zu ihrem Einbau in Schlafräumen, Kinderzimmern und Fluren in seiner Landesbauordnung. Damit setzt der Gesetzgeber die Erkenntnis um, dass es technische Systeme gibt, mit denen die Auswirkungen von Schadenfeuern minimiert werden können. Für Wohnräume und Räume mit wohnungsähnlicher Nutzung sind dies RWM, für Räume in Zweckbauten Rauchmelder in Brandmeldeanlagen (BMA). Bei der Entscheidung müssen deshalb Schutzziele, -bereiche und -funktionen genau definiert und berücksichtigt werden.

Mehr als 200.000 Brände fordern in Deutschland Jahr für Jahr rund 600 Menschenleben. Eine bundesweit einheitliche Rauchmelderpflicht – wie in den USA, England oder Schweden gibt es hierzulande bislang noch nicht. Bild: eobiont GmbH, Berlin

 

Rauchwarnmelder (RWM), wie sie aktuell neun Landesbauordnungen fordern, sind für den Einsatz in Wohnungen, Wohnhäusern oder in kleinen Gewerbeeinheiten konzipiert. Ihre Aufgabe besteht darin, entstehende Rauchentwicklung sehr früh zu erkennen und durch ein akustisches Signal anwesende Personen zur Flucht aufzufordern (Bild 2). Gerade im Schlaf ist die menschliche – an sich recht empfindliche – Sensorik ausgeschaltet. Also ist es in dieser Phase besonders wichtig, lebensgefährliche Vorgänge technisch anzuzeigen. Rauchwarnmelder sind überwiegend batteriebetrieben und lassen sich einfach installieren. Auch funkvernetzte Lösungen sind möglich.

Rauchwarnmelder werden aktuell in neun Landesbauordnungen für Wohnräume und Räume mit wohnungsähnlicher Nutzung gefordert.

Im Gegensatz dazu besteht eine Brandmeldeanlage (BMA) aus mehreren Rauch- bzw. Brandmeldern und einer Zentrale. Je nach Aufgabe kann sich eine solche Anlage aus vielen Tausend Meldern und zahlreichen untereinander vernetzten Zentralen zusammensetzen (Bild 3). Anders als ein RWM ist eine BMA permanent auf eine hilfeleistende Stelle aufgeschaltet, die im Brandfall automatisch alarmiert wird und dann Hilfsmaßnahmen durchführt. Besondere Leistungsfähigkeit entwickeln Brandmeldeanlagen darüber hinaus durch umfangreiche automatische Steuerungen bzw. ihre Kombinationsfähigkeit mit anderen Sys­temen. Die Brandmelderzentrale (BMZ) der Anlage steuert dann bei Auslösung selbstständig beispielsweise Sprachalarmsysteme und automatische Löschanlagen oder schaltet Prozesssteuerungen selbsttätig schadenfrei ab.

Brandmeldeanlagen schützen Menschen und Werte. Völlig autark, setzt sie sich im Brandfall mit der Feuerwehr oder Störleitstellen in Verbindung.

Schutzziele definieren
Durch ihre spezifische technische Auslegung sind RWM und BMA für ganz unterschiedliche Schutzziele konzipiert: So leis­ten RWM gute, im Extremfall lebensrettende Dienste beim Schutz von Personen – insbesondere nachts. Damit ist ihre Aufgabe erfüllt.
BMA gewährleisten diese Art von Personenschutz ebenfalls. Durch ihre direkte Verbindung zur Feuerwehr sorgen sie jedoch zusätzlich für eine schnelle und gezielte Intervention. Damit leisten BMA – im Unterschied zu RWM – über den reinen Personenschutz hinaus einen wesentlichen Beitrag zum Schutz von Sach- und Vermögenswerten. Besonders für Unternehmen ist dieser Aspekt von Bedeutung. Denn nach einer aktuellen Studie müssen über 70% der Firmen, die von einem größeren Brand betroffen waren, innerhalb von drei Jahren ihren Betrieb einstellen. Und vor diesem Hintergrund fordern auch viele Feuerversicherer in ihren Richtlinien den Einsatz von BMA.

Schutzbereiche
Auch ein RWM ist eine vollständige kleine Brandmeldeanlage: Er kombiniert den Sensor, die Auswertung, die Steuerung und die Alarmierung in einem Gehäuse. Allerdings ist er ein typisches „stand alone“-Gerät: Er nimmt die Eindrücke seiner Umgebung auf, wertet sie aus und gibt im Brandfall Alarm. Weitere Reaktionen müssen von den betroffenen Bewohnern selbst eingeleitet werden. Rauchwarnmelder unterliegen der Gerätenorm DIN EN 14604 bzw. der Anwendungsnorm DIN EN 14676.
Eine Brandmeldeanlage schützt Menschen und Werte, sie erfüllt ihre Funktion auch bei völliger Abwesenheit von Personen. Sie ist autark und setzt sich im Brandfall mit der Feuerwehr in Verbindung. Sie erkennt selbstständig Betriebsstörungen und setzt sich dann mit der zuständigen Störungsleitstelle in Verbindung. Von diesen Leitstellen werden die weiteren Schritte aktiviert. Zudem kann eine Brandmeldeanlage hochkomplexe Steuerungen automatisch ausführen, und die Eindrücke vieler Sensorpunkte können zu einer Zustands- bzw. Gefahrenaussage zusammengeführt werden. Was überwacht wird, bestimmen der Betreiber, die Bauordnung, das Brandschutzkonzept bzw. die Norm. Brandmeldeanlagen müssen den nachfolgend aufgeführten einschlägigen Normen entsprechen:

  • Die Geräte der Normenreihe EN54 (Brandmeldeanlagen),
  • das System der DIN VDE 0833-2 (Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall – Festlegungen für BMA) und
  • die Dienstleistungen der DIN VDE 0833-1 (Allgemeine Festlegungen) und der DIN 14675 (BMA – Aufbau und Betrieb).


Um in den vielfältigen Umgebungsbedingungen der Zweckbauten eine zuverlässige Branderkennung sicherzustellen, integrieren BMA ein breites Spektrum von Meldern. So stehen neben Punktmeldern für Standardanwendungen beispielsweise auch Ansaugrauchmelder für Hochregal- und Kühllager oder Linearmelder für große Räume und sogar Tunnels zur Verfügung. RWM verarbeiten bei der Detektion ausschließlich die Signalgrößen Rauch oder Rauch/Wärme. Automatische Brandmelder der neuesten Generation nutzen hingegen komplexe, algorithmenbasierte Verfahren. Daher sind Rauchmelder von BMA auch weitgehend immun gegen Fehl- oder Täuschungsalarme.

Signalmuster erhöhen Detektionssicherheit
Die Grundlage für höchste Detektionssicherheit bilden programmierte Signalmuster und leistungsfähige Signalverarbeitungsmethoden. In einer umfangreichen Datenbank hat Siemens über Jahrzehnte Messwerte gesammelt, mit denen Gefahren und Störsignale zuverlässig erkannt werden können. Je nach Umgebungsbedingungen lässt sich der Melder mithilfe des entsprechenden Parametersatzes anpassen, zum Beispiel an hohe Räume und starke Luftbewegungen, extreme Temperaturschwankungen und betriebsbedingte Störgrößen wie Rauch, Staub oder Hitze. Eine intelligente Auswertelogik mit Brandkenngrößen-Mustervergleich bewertet im Melder die verschiedenen Einflussgrößen, analysiert Signalverläufe und vergleicht diese in wenigen Sekunden mit den Signalmustern der Datenbank.

Eine VdS-zertifizierte Anschaltung eines digitalen Video-Aufzeichnungssystems an eine Brandmeldeanlage erlaubt Feuerwehren und Sicherheitsdiensten eine genauere Einschätzung der Gefahrensituation.

Um Falschalarme durch alltägliche Störgrößen wie Dämpfe bei der Produktion, plötzliche Temperaturschwankungen oder Abgase auszuschließen, kombinieren leis­tungsfähige moderne Brandmelder unterschiedliche Detektionsverfahren. Mehrkriterienmelder setzen die Messwerte mehrerer Parameter – wie z.B. die eines optischen- und eines Temperaturmelders – zueinander in Beziehung.

Fehlalarme ausgeschlossen
Mit der für die jüngste Brandmeldergeneration Sinteso neu entwickelten „ASAtechnology“ (Advanced Signal Analysis) hat die algorithmus-basierte Branddetektion eine neue Qualität erreicht. Diese Melder können ihren Algorithmus bzw. den Parametersatz in Echtzeit dynamisch beeinflussen. Damit ist es möglich, dass der Brandmelder je nach Umgebung bei Täuschungsgrößen „toleranter“ und bei echten Bränden empfindlicher reagiert. Siemens ist sich der Qualität der Detektion so sicher, dass das Unternehmen für „Sinteso“-Melder mit dieser Technologie eine Vergütungsgarantie für den Feuerwehreinsatz bei Falschalarmen übernimmt.
Zusätzlich bietet Siemens als erster Hersteller die VdS-zertifizierte Anschaltung eines vollwertigen digitalen Video-Aufzeichnungssystems an ein Brandmeldesys­tem an. Mit dem „Video Fire Controller“ können bei einem Brandalarm oder Störfall Live-Bild-Sequenzen des Ereignisses automatisch an eine Leitstelle übermittelt werden. Anhand dieser zusätzlichen Informationen können ständig besetzte Stellen der Betreiber, Feuerwehren und andere Sicherheitsdienste die Alarmursache gezielt analysieren, die Gefahrensituation besser einschätzen, entsprechende Maßnahmen einleiten und eventuell unnötige Räumungen vermeiden.

Schutzfunktionen integrieren
Nicht zuletzt unterscheiden sich BMA von Rauchwärmeabzugsanlagen (RWA) durch die Möglichkeit, über die Zentrale im Brandfall automatisch vielfältige Systeme und Funktionen anzusteuern. Im Brandfall öffnen sich dann beispielsweise automatisch Rauchabzugsklappen bzw. RWA und die Aufzüge stoppen im nächsten Stockwerk. Zwei zentrale Funktionen betreffen dabei Systeme zur automatischen Evakuierung und zur selbsttätigen Löschung.
Eine schnelle und geordnete Evakuierung kann im Notfall Menschenleben retten. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass viele Menschen auf konventionelle Signalgeber wie Hupen oder Sirenen kaum reagieren. Viele vermuten einen Test- oder Falsch­alarm, andere wissen schlicht nicht, was zu tun ist. Das Sprachalarmsystem „E100“ von Siemens trägt diesem Umstand Rechnung: Im Notfall informiert das System mit eindeutigen Durchsagen und übermittelt klare Anweisungen, die sofort verstanden werden. Das System erfüllt die europäischen Normen EN 54-4 und EN 54-16. Erstere regelt die Anforderungen an die Energieversorgung einer Brandmeldeanlage und ist ab 2009 auch für Sprachalarmanlagen verbindlich. Ab 2011 müssen sämtliche Sprach­alarmsysteme in Europa darüber hinaus die Vorschriften der Norm EN 54-16 erfüllen. Diese legt die Anforderungen, Prüfverfahren und Leistungsmerkmale für Sprach­alarmzentralen in Verbindung mit Brandmeldeanlagen verbindlich fest.

Löschen ohne Löschwasserschäden
In vielen Bereichen – Rechenzentren, Maschinenräumen, Archiven etc. – kommen Brandmeldesysteme mit integrierten automatischen Gas-Feuerlöschanlagen zum Einsatz. Im Brandfall steuert die Brandmelderzentrale diese Systeme direkt an und löst die Löschung aus. Das Feuer wird damit bereits im Frühstadium gelöscht, Brandschäden werden so verhindert bzw. auf ein Minimum reduziert. Gas-Feuerlöschsysteme bieten dabei entscheidende Vorteile: Sie löschen sehr schnell und vor allem ohne Löschwasserschäden. Dabei wird dem Feuer Sauerstoff und Wärme entzogen. Das jeweils einzusetzende Löschmittel richtet sich nach dem Einsatzgebiet und der Brandklasse. „Sinorix“-Löschanlagen arbeiten beispielsweise mit den Naturgasen Stickstoff (N2), Argon (Ar) bzw. Kohlendioxid (CO2) oder mit dem chemischen Löschmittel „Sinorix 1230“.
Nicht zuletzt lassen sich BMA – wiederum im Unterschied zu RWM – in übergreifende Gefahrenmanagement- oder Gebäudeautomationssysteme integrieren. Das Ergebnis einer solchen Integration sind dann inter­operable, einheitlich bedien- und steuerbare Gesamtlösungen.

Fazit
RWM und BMA sind jeweils auf spezifische Schutzziele, -bereiche und -funktionen hin ausgelegt. Die brandschutztechnischen Mindestanforderungen – und damit den verpflichtenden Einsatz von RWM bzw. BMA – geben die Landesbauordnungen vor. Rauchwarnmelder werden in einigen Jahren nicht mehr aus unseren Wohnungen wegzudenken sein. Betriebe, Schulen, Verwaltungen, Hotels, Krankenhäuser usw. werden durch Brandmeldeanlagen geschützt. Diese passen sich flexibel an fast jede individuelle Anforderung an. Den höheren Kosten bei Erst­investition und Betrieb stehen dann vielfältige Vorteile wie Detektionssicherheit und komplexe Steuerungen gegenüber.

Autorin: Dipl.-Ing. Angelika Staimer, Siemens AG, Building Technologies Division; Vorsitzende des Lenkungsausschusses des Fachverbandes Sicherheitssysteme im Zentralverband der Elektro- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI)

Bilder: Siemens AG, Building Technologies Division

www.geberit.de

 


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