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Pelletkessel mit aktuellen Kennwerten berechnen - DIN-Standardwerte: Warum Berechnungen daneben liegen können

Beim energetischen Nachweis von Wohngebäuden setzen viele Energieberater die in der Norm angegebenen Standardkenngrößen ein. Vergleiche zeigen aber, dass die Berechnung mit Standardwerten gegenüber der Berechnung mit energetischen Kennwerten der Kesselhersteller weit daneben liegt und somit zu einer falschen Prognose führt.

Berechnung des Energiebedarfs nach DIN V 4701-10.

Tabelle 1: Rechenblatt Heizung nach DIN V 4701-10.

Tabelle 2: Standardkenngrößen für Holzheizkessel [1].

Tabelle 3: Hersteller- und Standardkenngrößen im Vergleich.

Tabelle 4: Berechnungsergebnisse DHH.

Tabelle 5: Berechnungsergebnisse MFH.

 

Richtig rechnen – wie geht das?
Während die Randbedingungen für EnEV- oder KfW-Nachweise nicht verändert werden dürfen, sind die in den Normen aufgeführten Standardkenngrößen eigentlich nur Lückenfüller für den Fall, dass der Aussteller keine Kenngrößen zur Hand hat. In den Normen DIN V 4701-10 und DIN V 18599 werden unterschiedliche Standardgrößen angegeben, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Weil die energetische Bewertung von Wohngebäuden noch immer fast ausschließlich auf Grundlage der Normen DIN V 4108, Teil 6, und DIN V 4701, Teil 10, durchgeführt wird, setzt sich der vorliegende Beitrag mit dieser „alten“ Norm auseinander.
Die DIN V 4701-10 ist bereits im August 2003 erschienen, entsprechend alt sind die Rechenvorschriften und Kenngrößen der jeweiligen Anlagentechniken. Der Markt hat heute aber viel mehr zu bieten als den „Standardgrößen-Kessel“.

Warum mit Standardgrößen rechnen?

Dass Energieberechnungen richtig durchzuführen sind, versteht sich von selbst. Unter „richtig“ verstehen aber viele Anwender das Übernehmen der in den Programmen hinterlegten Vorgaben. Die Randbedingungen für EnEV- und KfW-Nachweise dürfen tatsächlich auf keinen Fall verändert werden (siehe Infokasten). Es stellt sich aber die Frage, warum etliche Nachweise auch mit unveränderten Standardkenngrößen geführt werden? Hierfür gibt es vorrangig drei Gründe:

  • Nicht jeder Berater weiß, dass die Standardkennwerte verändert werden dürfen.
  • Die Energieberechnungen sollen aus wirtschaftlichen Gründen möglichst wenig Zeit beanspruchen. Eine umfangreiche Recherche nach Herstellerkennwerten wird als zeitaufwendig angesehen. Zudem scheiterte in der Vergangenheit so mancher Versuch, von Herstellern die für die Eingabe in die EnEV-Software notwendigen Daten zu bekommen. Die Kesselhersteller haben meist nicht verstanden, was gewollt war.
  • Den meisten Erstellern von EnEV- und KfW-Nachweisen ist nicht bewusst, wie falsch sie mit ihren Berechnungen liegen können und dass sie damit Empfehlungen auf einer verzerrten Basis aussprechen.

Ermittlung des End- und Primärenergiebedarfs
Bei der Berechnung des Energiebedarfs für die Gebäudeheizung werden die Verluste für die Wärmeübergabe, -verteilung und -speicherung (sofern ein Speicher vorhanden ist) zum Heizwärmebedarf addiert, Gutschriften aus der Wärmerrückgewinnung und Warmwasserbereitung werden abgezogen. Damit kann die Erzeugernutzwärmeabgabe bestimmt werden (siehe Bild 1).
Die Erzeugernutzwärmeabgabe mit der Erzeugeraufwandszahl eg multipliziert ergibt den Endenergiebedarf. Dieser wiederum multipliziert mit dem Primärenergiefaktor fp ergibt den Primärenergiebedarf.  Tabelle 1 zeigt am Beispiel einer Doppelhaushälfte mit Pelletheizung und ohne Pufferspeicher eine Berechnung mit Standardkenngrößen.
Zur Überprüfung, ob die EnEV- oder KfW-Anforderungen erfüllt sind, wird der Primärenergiebedarf betrachtet. Dieser ist bei Pelletheizungen – wie auch hier im Beispiel – typischerweise sehr niedrig, da der Endenergiebedarf mit dem Primärenergiefaktor 0,2 multipliziert wird. Dabei wird leicht der hohe Endenergiebedarf übersehen, da er kein Anforderungswert ist. Aus dem Endenergiebedarf werden jedoch die Energiekosten ermittelt. Eine Erzeugeraufwandszahl eg von 1,57 (Tabelle 1) bedeutet, dass dem Pelletkessel 57% mehr Brennstoff (Endenergie) zugeführt werden muss, als dieser an Wärme abgibt. So schlechte Kessel gibt es am Markt nicht. Auf dieser Grundlage erstellte Wirtschaftlichkeitsrechnungen führen zu einer massiven Verzerrung der prognostizierten Energiekosten.

Rechnen mit Herstellerkenngrößen

Zur Klärung, ob eigene Kenngrößen verwendet werden dürfen, lohnt sich ein Blick in die DIN V 4701-10, Seite 93:
„Wenn die Kenngrößen eines konkreten Produktes nicht bekannt sind (vollständig oder teilweise), kann vereinfachend mit den in Tabelle 5.3-13 angegebenen Standard-Kenngrößen die Erzeuger-Aufwandszahl und der Hilfsenergiebedarf eines Biomasse-Wärmeerzeugers berechnet werden.“ [1] S. 93.
Die EnEV-Software greift auf diese Standardkenngrößen zurück (Tabelle 2), die von einem schlechten Wirkungsgrad ausgehen und zudem die Hilfsenergie sehr hoch ansetzen.
Inzwischen können die Nutzer dieser Programme sie mit sehr geringem Aufwand durch Herstellerangaben ersetzen. Seit Kurzem nämlich sind Kenngrößen von über 130 Pelletkesseln auf der Internetseite (www.depv.de) des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands e.V. (DEPV) frei zugänglich. Diese Kenngrößen sollten in jeder EnEV-Software genutzt werden.

Vergleich zwischen Standard- und  Herstellerkenngrößen

Am Beispiel einer Doppelhaushälfte und eines Mehrfamilienhauses wird aufgezeigt, welchen Einfluss der Einsatz von Herstellerkennwerten auf die Berechnungsergebnisse hat. Betrachtet werden jeweils fünf Varianten mit unterschiedlichen Heizungsanlagen. Der Variante mit einem Ölbrennwertgerät werden vier Varianten mit einem Pelletkessel gegenübergestellt. Die Berechnungen wurden unter EnEV-Randbedingungen durchgeführt.
Die Berechnungsergebnisse sind zusammen mit den Gebäudesteckbriefen in den Tabellen 4 und 5 dargestellt. Im Vergleich zum Öl-Brennwertkessel sind die Erzeugeraufwandszahlen von Pelletkesseln in der Norm deutlich schlechter. Daraus ergibt sich – bei ansonsten gleicher Erzeugernutzwärmeabgabe – für Pelletkessel ein höherer Endenergiebedarf. Zudem weichen die Berechnungsergebnisse sehr stark nach oben ab, wenn der Energieberater vergisst, den Pufferspeicher einzusetzen. Der Grund liegt im Rechenverfahren der DIN V 4710-10: Dort wird in Abhängigkeit des Puffervolumens die Anzahl der Grundzyklen ermittelt. Jedem Grundzyklus ist ein Hilfsenergiebedarf QHE,GZ als Absolutwert zugeordnet. Werden – nur aufgrund des fehlenden Pufferspeichers – häufige Taktungen des Kessels ermittelt, resultiert daraus ein rund doppelt so hoher Hilfsenergiebedarf (siehe Berechnungsergebnisse der Varianten B und E in den Tabellen 4 und 5). Die Anlagenverluste nehmen ebenfalls zu, weil der Kessel im Grundzyklus einen schlechteren Wirkungsgrad hat.

Aktuelle Herstellerkennwerte nutzen

In der DIN V 4701-10 sind Standardkenngrößen für Pelletkessel hinterlegt, die hinsichtlich Energieeffizienz und Hilfs­energiebedarf weit überholt sind. Berechnungen auf Grundlage dieser Standardkenngrößen führen zu einem deutlich höheren Energiebedarf und damit höheren Energiekostenprognosen als mit Kennwerten aktueller Pelletkessel.
Wird mit DIN-Standard-Kenngrößen gearbeitet, ergeben sich bei einem Pelletpreis, der rund ein Drittel unter dem Heizölpreis liegt, höhere Energiekosten für die Pelletheizung. Setzt man dagegen die aktuellen Kennwerte der Hersteller an, dreht sich die Reihenfolge sehr deutlich um. Wer in seinen Berechnungen den Pufferspeicher vergisst und mit Standard-Kenngrößen rechnet, weist rund 50% zu hohe Energiekosten aus. Der Ersteller des Nachweises bemerkt dies oftmals nicht, weil die Aufmerksamkeit vor allem auf den Primärenergiebedarf als Anforderungsgröße nach EnEV gerichtet ist.
In die Wirtschaftlichkeitsrechnung fließen viele Parameter ein: Investitionskosten, Wartungskosten, Laufzeiten, Preissteigerungen … – und eben auch der Endenergiebedarf. Insbesondere, wenn Energiekosten mit Preissteigerungen über einen Zeitraum von 10 oder 20 Jahren ausgewiesen werden, hat der Berater manchmal nicht mehr im Blick, wie die berechneten „Energiekosten“ zustande kamen. Ein möglicherweise zu hoher Endenergiebedarf fällt dann nicht auf. Um dem Eigentümer die richtigen Empfehlungen geben zu können, ist es jedoch wichtig, belastbare Energiekostenprognosen zu erstellen, um die richtigen Empfehlungen geben zu können. Anstelle der veralteten DIN-Standardkenngrößen ist es daher dringend geboten, den Berechnungen die aktuellen Herstellerkennwerte zugrundezulegen, die seit Kurzem in gut aufbereiteter Form frei verfügbar sind [3].

Autor: Klaus Lambrecht ist Partner der ECONSULT Lambrecht Jungmann und seit über 15 Jahren in der Energieplanung und Gebäudesimulation tätig.Schwerpunkt ist die Entwicklung hocheffizienter Gebäude mit Einsatz regenerativer Energien. Der Diplom-Physiker ist an aktuellen Forschungsprojekten zur EnEV und EWärmeG beteiligt und hält zahlreiche Fachvorträge. Er ist Leiter des Deutschen Energieberatertags in Frankfurt. www.solaroffice.de

Literatur:
[1] DIN V 4701 Teil 10, August 2003
[2] EnEV-Navigator; U. Jungmann, K. Lambrecht; BKI 2007
[3] Liste der Herstellerkennwerte: www.depv.de -> Downloads -> Aufwandszahlen von Pelletkesseln


Randbedingungen für energetische Berechnungen
EnEV-Nachweis: Die Randbedingungen, die in der EnEV und den in Bezug genommenen Normen definiert sind, müssen zwingend angesetzt werden. Randbedingungen für Nachweise auf Grundlage der DIN V 4701-10 sind unter anderem die mittlere Gebäudeinnentemperatur (19°C), der Trinkwasser-Wärmebedarf qtw = 12,5 kWh/(m²a) und der Norm-Anlagenluftwechsel für mechanische Lüftungsanlagen nA,Norm = 0,4 h-1.
KfW-Nachweis: Für Nachweise von KfW-Effizienzhäusern hat die KfW weitere Randbedingungen festgelegt. In der EnEV-Software ist deshalb für KfW-Effizienzhausnachweise ein eigenes Auswahlmenü zu finden.
Energieberatung oder sonstige ingenieurtechnische Berechnungen: Hier dürfen auch geänderte Randbedingungen eingesetzt werden. Je nach Nutzung kann z.B. die Gebäudeinnentemperatur oder die Luftwechselrate gesenkt oder erhöht werden, was sich auf den ermittelten Energiebedarf entsprechend auswirkt. Bei einer nutzerbezogenen Energieberatung sind solche Änderungen durchaus sinnvoll, um die prognostizierten Energieeinsparungen – und damit die Aussagen zur Wirtschaftlichkeit – auf eine belastbarere Grundlage zu stellen.

 


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