Werbung

Neue Vertragsarten für die Praxis

Teil 1: Reform des BGB bringt spezielle Regelungen für den Bauvertrag

Die Reform des BGB sieht nun vor, dass die Aus- und Einbaukosten künftig auch von der kaufrechtlichen Mängelhaftung für Baumaterial erfasst werden. Dies bedeutet, dass Bauunternehmen, die mangelhaftes Baumaterial gekauft und dessen Mangel beim Einbau nicht erkannt haben, ihre Lieferanten auch für die anfallenden Aus- und Einbaukosten in Regress nehmen können. Bild: imago/Westend61

§ 650 c BGB wird Vorgaben enthalten, die den Anspruch des Unternehmers zur Berechnung der Mehr- oder Mindervergütung bei Anordnungen des Auftraggebers regeln. Für den Unternehmer ergibt sich zudem ein Wahlrecht, ob er die „Nachträge“ auf Basis seiner ursprünglichen Kalkulation oder nach den tatsächlich erforderlichen Kosten abrechnen will. Bild: Fotolia/Blende11

Auch wenn der hydraulische Abgleich im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt ist, kann der Auftraggeber die Leistung gegenüber dem Unternehmen im Rahmen des Anordnungsrechtes einseitig anordnen, da der hydraulische Abgleich für die ordnungsgemäße Funktion der Heizungsanlage unbedingt erforderlich ist. Bild: Intelligent Heizen/VdZ

Mit § 650 k BGB wird für Verbraucherbauverträge ein gesetzliches Widerrufsrecht mit einer Dauer von 14 Tagen eingeführt. Bild: Fotolia/Hanohiki

Thomas Herrig, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

 

Seit rund 30 Jahren wird über eine Anpassung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für den Baubereich diskutiert. Nun ist es soweit: Nach umfangreichen Überarbeitungen im vergangenen Jahr soll das BGB in den nächsten Monaten mit zahlreichen Änderungen und Neuerungen in Kraft treten, die alle am Bau Beteiligten betreffen. So werden in das BGB u. a. spezielle Regelungen für den Bauvertrag, den Verbrauchervertrag sowie für den Architekten- und den Ingenieurvertrag eingefügt. Im ersten Teil der zweiteiligen Artikelserie werden die wichtigsten Neuerungen rund um den Bau- und Verbrauchervertrag aufgezeigt.


Die Bundesregierung hat am 2. März 2016 den vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Gesetzesentwurf zur Reform des Bauvertragsrechts beschlossen. Am 25. Mai 2016 wurde der Gesetzentwurf 18/8486 in den Bundestag eingebracht, sodass davon auszugehen ist, dass das neue Bauvertragsrecht in den nächsten Monaten in Kraft tritt. Dann ist eine Jahrzehnte dauernde Diskussion über die Anpassung des BGB an die tatsächlichen Gegebenheiten der Baupraxis beendet. Denn immer wieder wurde in der Baubranche kritisiert, dass die im BGB festgelegten Regelungen nur unzureichend den Baualltag abbilden. Tatsächlich befassen sich nur 24 Vorschriften mit dem sogenannten Werkvertragsrecht, ohne dass der Bauvertrag oder der Planervertrag ausdrücklich Erwähnung finden. Daraus erklärt sich auch, dass die Praxis eine „Ersatzrechtsordnung“ in Form der VOB/B benötigte und eine Kodifikation des Bauvertragsrechts in der Vergangenheit mehr oder weniger durch die einschlägige Rechtsprechung stattfand. Das gilt insbesondere für das Recht des Planers, welches im BGB bisher überhaupt nicht geregelt war.
Im Ergebnis sieht der Gesetzgeber zukünftig vor, dass für die einzelnen Tätigkeitsbereiche am Bau jeweils besondere Verträge im BGB geregelt werden. Auch wird es so manchen Praktiker erstaunen, wenn er auf einmal Regelungen, die er bisher nur aus der VOB/B kannte, nunmehr auch im BGB wiederfindet.
In das BGB werden spezielle Regelungen für den Bauvertrag, den Verbrauchervertrag sowie den Architekten- und den Ingenieurvertrag eingefügt. Außerdem sieht das Reformwerk eine wesentliche Änderung kaufrechtlicher Vorschriften vor, die einen erheblichen Vorteil für Werkunternehmer (ausführende Firmen) darstellen.

Kauf von Baumaterial
Bisher gilt, dass grundsätzlich der Werkunternehmer, der mangelhaftes Baumaterial gekauft und dieses in Unkenntnis des Mangels bei einem Dritten verbaut hat, diesem aus dem geschlossenen Werkvertrag zum Ausbau des mangelhaften und zum Einbau von mangelfreiem Baumaterial verpflichtet ist. Von dem Verkäufer des mangelhaften Baumaterials kann der Werkunternehmer dagegen nach geltendem Recht nur die Lieferung des dafür benötigten neuen Baumaterials verlangen. Die Aus- und Einbaukosten muss er – von den Fällen eines schuldhaften Verhaltens des Verkäufers abgesehen – selbst tragen.
Die Reform des BGB sieht nun vor, dass die Aus- und Einbaukosten künftig auch von der kaufrechtlichen Mängelhaftung für Baumaterial erfasst werden. Dies bedeutet, dass Bauunternehmen, die mangelhaftes Baumaterial gekauft und dessen Mangel beim Einbau nicht erkannt haben, ihre Lieferanten auch für die anfallenden Aus- und Einbaukosten in Regress nehmen können.

Eingriffe in das allgemeine Werkvertragsrecht
Zunächst geht es um Regelungen, die allgemeine Vorschriften des Werkvertragsrechts mit Bezug auf die Baupraxis ergänzen sollen.

Abschlagszahlung
§ 623 a, Abs. 1 und 2, des BGB werden neu gefasst und nunmehr darauf abgestellt, dass der Auftragnehmer (ausführende Firma) vom Auftraggeber eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen kann. Diese Regelung soll dem Auftragnehmer die Durchsetzung von Abschlagszahlungen – bei fehlender vertraglicher Regelung – erleichtern, weil es nunmehr nicht auf einen „Wertzuwachs im Vermögen des Auftraggebers“ ankommt.
Weit bedeutsamer dürfte aber das Entfallen der Unterscheidung „wesentliche“ und „unwesentliche“ Mängel sein. Dessen Unterscheidung hat in der Praxis immer wieder zu Problemen geführt und dem Auftraggeber im Zweifel die Möglichkeit eröffnet, Abschlagszahlungen zu verweigern.
Die Neuregelung soll an den tatsächlichen Bauablauf angepasst sein, wonach dem Auftragnehmer die Dispositionsfreiheit darüber zusteht, wann er Mängel – bis zur Abnahme – beseitigt. Die Rechte des Auftraggebers sollen dadurch gesichert werden, dass diesem das Recht vorbehalten wird, Abschlagszahlungen bei Abweichungen vom vertragsgemäßen Zustand zu kürzen.

Fiktive Abnahme
Die bisherige Regelung in § 640, Abs. 1, Satz 3, BGB wird aufgehoben und ein § 640, Abs. 2, BGB eingeführt. Damit sieht die Neuregelung vor, dass die Abnahmefiktion immer dann greift, wenn der Unternehmer (Auftragnehmer) den Besteller (Auftraggeber) nach Vollendung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von Mängeln verweigert hat. Die fiktive Abnahme tritt also ein, wenn der Besteller sich entweder überhaupt nicht zu dem Abnahmeverlangen äußert oder wenn er die Abnahme ohne Benennung von Mängeln verweigert. Dem Besteller obliegt es bei der Abnahmeverweigerung allerdings nicht, alle Mängel anzugeben oder die Mängel im Detail darzulegen. Es genügt, wenn er beispielsweise dem Unternehmer mitteilt, wo das Werk aus seiner Sicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Weitere Mängel, die der Besteller zunächst nicht angegeben hat, können gleichwohl bei der anschließenden Bewertung der Abnahmereife berücksichtigt werden. Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage führt ein Schweigen oder Nichtbenennen von Mängeln auch dann zur fiktiven Abnahme, wenn wesentliche Mängel vorhanden sind.

Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme
Speziell für Bauverträge wird die neue Regelung zur fiktiven Abnahme in § 640, Abs. 2, BGB durch § 650 f BGB ergänzt, der in Absatz 1 eine Regelung zur Zustandsfeststellung für den Fall enthält, dass die Abnahme verweigert wird und in Absatz 2 in Ergänzung zu § 644 eine Regelung zur Gefahrtragung trifft.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Parteien eines Werkvertrages häufig über die Abnahmereife des vom Unternehmer erstellten Werkes streiten. Dann besteht oft das Bedürfnis, den Zustand des Werkes zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens zu dokumentieren, damit in einem möglichen späteren Prozess diesbezügliche Feststellungen eine Grundlage bilden können. Insbesondere, wenn der Besteller das Werk ohne vorherige Abnahme in Benutzung genommen hat, entstehen bei einer späteren Abnahme häufig Unsicherheiten darüber, ob dann festgestellte Mängel aus dem Verantwortungsbereich des Bestellers oder dem des Unternehmers stammen. Künftig kann der Unternehmer vom Besteller (Auftraggeber) verlangen, an einer Feststellung des Zustandes des Werkes mitzuwirken. Aber auch eine einseitige Zustandsfeststellung ist möglich und löst grundsätzlich die in § 644 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen aus.
Diese Zustandsfeststellung soll nicht die Abnahme ersetzen und hat auch keine sonstigen Ausschlusswirkungen, sie dient – entsprechend ihrer Bezeichnung – lediglich der Dokumentation des Zustands des Werkes, um späterem Streit vorzubeugen.

Kündigung bei unterlassener Mitwirkung
Sowohl Planer als auch ausführende Firmen sind sich der Bedeutung der Mitwirkungsverpflichtung des Bestellers selten bewusst. Mitwirkungsverpflichtungen werden deshalb auch nur in Ausnahmefällen eingefordert. Die Neufassung des § 643 BGB soll die Möglichkeit erleichtern, den Vertrag wegen unterlassener Mitwirkungshandlung seitens des Auftragnehmers zu kündigen. Voraussetzung ist jetzt nur noch, dass dem Auftraggeber zur Nachholung der Mitwirkungshandlung eine angemessene Frist gesetzt worden ist. Wird die Mitwirkungshandlung dann nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen, kann der Unternehmer (Auftragnehmer) den Vertrag kündigen. Eine vorausgehende Kündigungsandrohung ist nicht mehr erforderlich.

Kündigung aus wichtigem Grund
Bei der Regelung, dass der Besteller bis zur Vollendung des Werkes den Vertrag jederzeit kündigen kann (§ 649 BGB, künftig § 648 BGB) soll es verbleiben. Neu eingeführt wird der § 648 a BGB, wonach beide Vertragsparteien das Recht haben, einen Werkvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach Satz 2 vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages bis zur Vollendung des Werkes nicht zugemutet werden kann. Da die Vorschrift keine einzelnen Kündigungstatbestände normiert, wird die Frage, ob eine der Vertragsparteien einen wichtigen Grund zur Kündigung heranziehen kann, auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beantworten sein.

Bauvertrag (§ 650 a BGB)
Wie schon beschrieben, enthält das BGB in der bisherigen Fassung keine Definition, was unter einem Bauvertrag, insbesondere in Abgrenzung zum sogenannten einfachen Werkvertrag, zu verstehen ist. Die auf der bisherigen Rechtsprechung aufbauende Definition in der Gesetzesvorschrift soll hier Abhilfe schaffen. Danach soll ein Bauvertrag als ein Vertrag über die Herstellung, Wiederherstellung oder dem Umbau eines Bauwerkes, einer Außenanlage oder eines Teils davon angesehen werden.
Durch § 650 a, Abs. 2, BGB wird geregelt, wann ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerkes als Bauvertrag im Sinne der neuen Vorschriften anzusehen ist. Dies soll nur dann der Fall sein, wenn das Werk für die Konstruktion oder den bestimmungsgemäßen Bestand des Bauwerkes von wesentlicher Bedeutung ist und die angebrachten oder eingebauten Teile mit dem Bauwerk fest verbunden werden.

Anordnungsrecht des Bestellers
Das neue Werkvertragsrecht sieht vor, dass dem Auftraggeber ein Anordnungsrecht zustehen soll, wie es bisher nur in § 1, Abs. 3 und 4, VOB/B enthalten ist. Damit soll der Bauvertrag an die Baupraxis angepasst werden. Dieses Anordnungsrecht unterscheidet zwischen einer Anordnung, mit der der Auftraggeber eine Änderung des vereinbarten Werkerfolges erreichen will und der Anordnung von Leistungen, die zur Erreichung des vereinbarten Werk­erfolges notwendig sind.
Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zur Änderung des vereinbarten Werk­erfolges soll dem Auftraggeber allerdings nicht uneingeschränkt zustehen. Abs. 2, Satz 1, legt fest, dass der Unternehmer eine solche Anordnung nur ausführen muss, wenn ihm dies zuzumuten ist. Dieses Zumutbarkeitskriterium kann beispielsweise die technischen Möglichkeiten, die Ausstattung des Betriebs und die Qualifikation des Unternehmens betreffen, aber auch betriebsinterne Vorgänge. Bei der Abwägung, welche Leistungen für den Unternehmer zumutbar sind, sind die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen und müssen in einem ausgewogenen Verhältnis in die Bewertung einfließen.
Ein Beispiel für das Anordnungsrecht des Bestellers: Ein Auftraggeber will im Rahmen des Anordnungsrechtes einen hydraulischen Abgleich für die gesamte von ihm beauftragte Heizungsanlage, wobei der hydraulische Abgleich im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt ist. In diesem Fall kann der Auftraggeber die Leistung gegenüber dem Unternehmen einseitig anordnen, weil der hydraulische Abgleich für die ordnungsgemäße Funktion der Heizungsanlage unbedingt erforderlich ist.
Anordnungen des Auftraggebers nach Abs. 1, Nr. 1, die die Art der Ausführung der Bauleistung und die Bauzeit betreffen (Satz 3), sollen nur unter äußerst engen Voraussetzungen möglich sein, da es sich hierbei um besonders tiefe Eingriffe in die unternehmerische Freiheit handelt. Für derartige Anordnungen müssen schwerwiegende Gründe vorliegen und bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen müssen die Interessen des Auftraggebers an der Anordnung deutlich überwiegen. Diese Einschränkung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die einschlägige Rechtsprechung Anordnungen des Auftraggebers im Hinblick auf zeitliche Abläufe immer sehr kritisch gesehen hat.
Entsteht bei einer Anordnung zur Änderung des vereinbarten Werkerfolges (Abs. 1, Nr. 1) Streit über die Zumutbarkeit der Anordnung, legt Abs. 3 fest, dass der Unternehmer die Anordnung erst dann ausführen muss, wenn sich die Parteien über die Zumutbarkeit geeinigt haben oder eine Entscheidung in einem Streitbeilegungsverfahren vorliegt.

Vergütungsanpassung bei Anordnungen durch den Auftraggeber
§ 650 c BGB wird Vorgaben enthalten, die den Anspruch des Unternehmers zur Berechnung der Mehr- oder Mindervergütung bei Anordnungen des Auftraggebers regeln. Grundlage der Berechnung soll eine korrekte und nachvollziehbare Kalkulation des Unternehmers sein.
Um die Abrechnung praktikabel zu gestalten, wird dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnet, zur Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Kos­tenansätze einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückzugreifen. Ergänzend greift eine widerlegliche Vermutung, dass die in dieser Urkalkulation enthaltenen Preis- und Kostenansätze den tatsächlich erforderlichen Kosten entsprechen und hinsichtlich der Zuschläge weiterhin angemessen sind. Hinsichtlich eines Zuschlags für allgemeine Geschäftskosten wird vermutet, dass er weiterhin zutreffend ist.
Der Unternehmer kann die Kosten auch auf andere Weise schlüssig darlegen, wenn keine Urkalkulation existiert, bzw. diesem keine plausiblen Angaben zur Höhe der tatsächlich erforderlichen Kos­ten vorliegen, oder wenn er nach den tatsächlich erforderlichen Kosten abrechnen will. Für den Unternehmer ergibt sich also ein Wahlrecht, ob er die „Nachträge“ auf Basis seiner ursprünglichen Kalkulation oder nach den tatsächlich erforderlichen Kosten abrechnen will.

Formvorschriften bezüglich Kündigung des Bauvertrages
Die Neuregelung des § 650 g BGB legt fest, dass jedwede Kündigung eines Bauvertrages der Schriftform (mit Unterschrift) bedarf. Eine Kündigung in Textform (z. B. per E-Mail) reicht nicht aus; damit würde der angestrebte Schutzzweck nicht erreicht.

Baubeschreibung
Gemäß § 650 i BGB ist künftig der Unternehmer verpflichtet, vor Vertragsschluss eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen, die den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. Die Baubeschreibung soll die wesentlichen Eigen­schaften des angebotenen Werks in klarer und verständlicher Weise darstellen. Dabei soll die Baubeschreibung auch verbindliche Angaben zur Bauzeit enthalten.
Die Pflicht zur Baubeschreibung soll nur dann entfallen, wenn der Bauherr oder ein von ihm Beauftragter, beispielsweise ein Architekt, die wesentlichen Planungsvorgaben für das Bauprojekt macht.

Verbraucherbauvertrag
Um den Verbraucherschutz weiter zu stärken, hat der Gesetzgeber den sogenannten Verbraucherbauvertrag im BGB geregelt (§ 650 h). Erfasst sind von dieser Vertragsart Verträge über den Bau von neuen Gebäuden oder Umbaumaßnahmen, die mit dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind. Regelungsbedarf bestand, weil diese Verträge bisher vom sogenannten Verbraucherwiderrufsrecht nicht erfasst waren.

Widerrufsrecht für Verbraucherbauverträge
Mit § 650 k BGB wird für Verbraucherbauverträge ein gesetzliches Widerrufsrecht mit einer Dauer von 14 Tagen eingeführt. Mithin wird es nach Umsetzung der Baurechtsreform erforderlich, dass die Unternehmer sich bei Verbraucherbauverträgen auf eine ordnungsgemäße Belehrung des Vertragspartners einstellen und insbesondere die geltende Widerrufsfrist auch beachten.

Höhe und Sicherung von Abschlagszahlungen
Mit § 650 l BGB soll der Verbraucherschutz weiter gestärkt werden. Für den Fall, dass der Unternehmer von dem Verbraucher Abschlagszahlungen nach § 632 a BGB verlangt, ist vorgesehen, dass die vom Unternehmer verlangten Zahlungen 90 % der vereinbarten Vergütung einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen nicht übersteigen dürfen. Mit dieser Regelung soll dem Risiko versteckter Vorleistungen in Form von überhöhten Abschlagszahlungen begegnet werden.

Erstellung und Herausgabe von Unterlagen
Im Rahmen von Verbraucherbauverträgen wird in § 650 m BGB nunmehr die Verpflichtung des Unternehmers zur Erstellung und Herausgabe von Unterlagen über das Bauwerk geregelt. Eine diesbezügliche Auseinandersetzung war oft Gegenstand von entsprechenden Rechtsstreitigkeiten. Vertragliche Regelungen zu diesem Punkt fehlten in den Verträgen häufig. Die Gerichte waren bei der Frage, in welchem Umfang der Unternehmer baurelevante Unterlagen an den Auftraggeber herauszugeben hatte, zurückhaltend. Dem will der Gesetzgeber jetzt Rechnung tragen, da die aktuellen Bauvorhaben immer komplexer und anspruchsvoller werden und ein Bauherr deshalb in mehrfacher Hinsicht darauf angewiesen ist, genaue Kenntnisse über die der Konstruktion zugrunde liegende Planung zu erhalten.

Ausblick
Der zweite und abschließende Teil der Artikelserie (in IKZ-HAUSTECHNIK 4/2017) wird sich dem Architekten- und Ingenieurvertrag widmen. Hierfür hat der Gesetzgeber erstmalig spezielle Vorschriften in das BGB aufgenommen.

Autor: Thomas Herrig, Rechtsanwalt und ­Notar, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Berlin

 

 

Nachgefragt

IKZ-HAUSTECHNIK: Die geplante Reform des Bauvertragsrechts beinhaltet zahlreiche Neuerungen und Änderungen. Welche Punkte sind aus Ihrer Sicht positiv für das Handwerk zu werten?
Thomas Herrig: Als positiv werte ich zunächst, dass der Gesetzgeber nach langem Warten überhaupt tätig geworden ist und das Bauwerkvertragsrecht der Praxis und der aktuellen Rechtsprechung angepasst hat. Einer der wichtigsten Punkte der Reform dürfte eine Neuregelung betreffen, die eher Auswirkungen im Kaufvertragsrecht hat. Dort soll nämlich bei dem Kauf von Bauprodukten der Umfang der Gewährleistung auch die Ein- und Ausbaukosten für Bauprodukte erfassen. Allerding ist hier noch nicht ganz geklärt, wie die praktische Umsetzung erfolgen soll. Als weiterer Punkt ist auch die Neuregelung der fiktiven Abnahme für das Handwerk von erheblicher Bedeutung. Oft wird in Bauverträgen die Form der fiktiven Abnahme nach VOB ausgeschlossen, sodass dann auf der Grundlage des BGB-Werkvertrages die einzige Möglichkeit bleibt, um eine (fiktive) Abnahme herbeizuführen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und umgekehrt, welche Punkte sind für die Auftragnehmer eher als Nachteil zu sehen?
Thomas Herrig: Die Umsetzung des neuen Bauvertragsrechtes in die Praxis dürfte für das Handwerk mit erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden sein. Man wird sich von einigen liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden und sich mit den rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit zukünftig näher befassen müssen. Das muss aber nicht immer ein Nachteil sein, weil man dadurch in die Lage versetzt ist, noch einmal zu prüfen, was genau Gegenstand der Tätigkeit ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Zentralverband des deutschen Baugewerbes hat Anfang November 2016 eine Forderung an den Gesetzgeber gestellt, dass Bauvertragsrecht zunächst zurückzustellen und nur die Themen Aus- und Einbaukosten sowie die Punkte zum Verbraucherschutz zu beschließen. Wie bewerten Sie diese Forderung?
Thomas Herrig: Es ist nicht direkt nachvollziehbar, warum sich der Zentralverband des deutschen Baugewerbes doch recht vehement gegen die Bauvertragsreform wehrt. Immerhin möchte der Gesetzgeber eine an die Bedürfnisse der Baubranche angepasste Flexibilisierung des doch sonst recht starren Werkvertragsrechtes erreichen. Dies soll z. B. durch das bisher im Werkvertragsrecht nicht enthaltene Anordnungsrecht des Auftraggebers geschehen. Und dies kennt eigentlich jeder Handwerker schon aus VOB-Verträgen. Bis zu einem gewissen Grad kann ich die Bedenken des Verbands jedoch verstehen, da die Realisierung des aus dem Anordnungsrecht des Auftraggebers resultierenden Nachtragsanspruches doch recht umständlich geregelt ist. Wenn es bei der bisherigen Regelung bleibt, wird wohl die einschlägige Rechtsprechung helfen müssen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was sollten Handwerksbetriebe vor dem Hintergrund des zu erwartenden Verbraucherwiderrufsrecht beachten, wenn es dann so umgesetzt wird?
Thomas Herrig: Für Umbau und Sanierung im handwerklichen Bereich gilt das Widerrufsrecht – in Abhängigkeit „wo“ und „wie“ der Vertrag abgeschlossen wird – sowieso bereits seit dem 13. Juni 2014. Die Baurechtsreform erstreckt dieses Widerrufsrecht nunmehr auch auf die Errichtung neuer Gebäude bzw. auf die sogenannte Totalsanierung.
Zum Thema Verbraucherwiderrufsrecht ist dem Handwerk die Empfehlung zu geben, dass dieser Punkt generell berücksichtigt werden sollte. Wenn das bereits geschieht, dann führt die Baurechtsreform hier zu keinem bürokratischen Mehraufwand, weil Verbraucher dann bei jeder Form einer Baumaßnahme über das bestehende Widerrufsrecht belehrt werden müssen.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: