Neue Traummaße
AMK. Eine neu vorgestellte Ergonomiestudie bringt es ans Licht: Küchen dürfen gern etwas höher sein. Als neues Referenzmaß zur Ermittlung der Küchentraummaße gilt nun die Elle des Nutzers.
In der Küche wird immer häufiger gelebt, gefeiert und gewohnt, doch allen Trends zum Trotz wird hier nach wie gekocht, gebrutzelt und gegart. Die Küche ist und bleibt auch ein Arbeitsraum, dessen Planung funktionale und ergonomische Aspekte zu berücksichtigen hat – sofern der Nutzer nachhaltig Freude daran haben soll. Seit Gründung des Verbandes sorgt sich die Arbeitsgemeinschaft Die moderne Küche (AMK) um Grundlagenforschung für die Küchenbranche und setzt damit auch international Standards. Aktivitäten, die unter anderem 1991 in einer Ergonomiestudie gipfelten. Deren Erkenntnisse sind nach wie vor federführend für die Serienproduktion von Küchen sowie für die moderne Küchenplanung. Unter anderem hat diese Studie den „Siegeszug der Vollauszüge in Unterschränken eingeläutet“, erinnerte AMK-Geschäftsführer Frank Hüther im Rahmen einer Pressekonferenz.
Doch alle wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen sich früher oder später der Aktualität stellen. Was stimmt noch von den einstigen Erkenntnissen, was müsste neu gemessen, eingeordent und definiert werden? So wurden Prof. Dr. Ralph Bruder und sein Team von der Technischen Universität (TU) Darmstadt mit einer Aktualisierung der Studie aus dem Jahr 1991 beauftragt. Die Ergebnisse lassen sich auf „höher, tiefer, breiter“ reduzieren. Oder etwas ausführlicher: Die Arbeitshöhe darf im Vergleich zu den bisher geltenden Grundsätzen gern etwas angehoben werden, und bei den Arbeitsflächen gelten die Traummaße 90 x 60 cm mit dem Zusatz „gern breiter, gern tiefer“. „Mit einer Arbeitsflächenhöhe zwischen 90 und 95 cm ist man meist auf der sicheren Seite“, betonte Prof. Dr. Bruder.
AMK-ergonoMeter
Abgeschworen haben die Forscher dem Ideal der Körperlänge als ausschließliches Referenzmaß bei der Ermittlung der idealen Arbeitsflächenhöhe. Stattdessen gilt nun die Ellenbogenhöhe als Maß der Dinge. Um diese exakt zu ermitteln, wurde vom AMK ein Messgerät namens ergonoMeter entwickelt und nun als Prototyp vorgestellt. Damit lässt sich die individuell passende Arbeitsflächenhöhe fix und fachmännisch ermitteln. Der ergonoMeter besteht aus eloxiertem Aluminium, steht fest und sicher auf einer massiven Bodenplatte und kann so frei im Raum positioniert werden. Steht im Verlauf einer Küchenplanung das Thema „Arbeitshöhe“ an, braucht sich der Kunde nur neben die Messsäule zu stellen, der Küchenplaner schiebt den Messfühler bis zum Ellenbogen des Küchenkäufers hoch und kann dann auf einer Skala die optimale Arbeitshöhe für die verschiedenen Arbeitsbereiche direkt und für den Kunden nachvollziehbar ablesen.
Da nicht alle Menschen gleich groß sind und selten ein Mensch allein in der Küche arbeitet, verweisen die Messwerte praktischerweise gleich auf einen gesunden Kompromiss, also in welchem Rahmen sich die Arbeitsflächenhöhe für den jeweils vermessenen Küchennutzer bewegen sollte. Im Zweifel gelte: „Wer am meisten kocht, bestimmt.“
Bis zum Spätsommer soll der AMK-ergonoMeter für Küchenhändler bestellbar sein. Damit steht das Gerät am Tag der Küche im September flächendeckend zur Verfügung. Die Kosten dafür seien noch nicht abschließend kalkuliert, doch laut AMK-Geschäftsführer Frank Hüther soll sich der Preis etwa um 100 Euro bewegen. Mit dieser Planungs- und Verkaufshilfe könne der Küchenplaner Kompetenz und Qualität dokumentieren, so Hüther.
Sensibler Rücken
Unter dem Grundsatz einer gesunden Lebensführung hat die aktuelle Forschungsarbeit alle bekannten Parameter auf den Prüfstand gestellt. Dabei habe den Forschern insbesondere die Rücken der Küchennutzer am Herzen gelegen. Rund ein Drittel aller Bundesbürger habe zurzeit akut Rückenschmerzen, 70% wenigstens einmal pro Jahr. „Eine ergonomisch richtige Arbeitshöhe ist daher für viele Menschen mit Rückenbeschwerden eine Entlastung und wirksame Hilfe im Alltag“, sagte Frank Hüther. Und Prof. Dr. Bruder ergänzte: „Um Beschwerden und Schäden im Bereich der Wirbelsäule vorzubeugen, sollten häufige und/oder langandauernde gebeugte Arbeitshaltungen vermieden werden, und um eine Entlastung durch den Wechsel der Körperhaltung zu erreichen, sollte in der Küche neben den Steharbeitsflächen auch eine höhenverstellbare bzw. niedrigere Arbeitsfläche für sitzende Arbeitshaltungen eingeplant werden.
AMK Küchenstandards
Was eine fachgerechte Küchenplanung ausmacht, hat die AMK anhand von 15 Aspekten dokumentiert. Zu verstehen seien diese als Zielvorstellung, an der sich der Küchenplaner bei der Kundenberatung und der Endkunde beim Küchenkauf orientieren kann.
- Ergonomische Arbeitshöhen in den Arbeitsbereichen Kochen, Spülen, Vorbereiten
- Funktionsorientierter Arbeitsablauf mit einer empfohlenen Mindestarbeitsfläche zwischen Kochfeld und Spüle von 90 cm sowie die Planung von Arbeitszonen unter Beachtung von Rechts-Links-Händigkeit
- Vollauszüge
- Anschlagdämpfung bei Auszügen und Schranktüren
- Elektrische Öffnungsunterstützung
- Zugriffsfreundlicher Schrankinnenraum (Hochschränke, Unterschränke, Eckschränke, Innenorganisation)
- Lift- bzw. Klappenoberschränke
- Funktionsgerechte Spüle
- Systematische Abfalltrennung
- Hoch eingebaute Elektrogeräte
- Ressourcenschonende Elektrogeräte
- Schallreduzierte Elektrogeräte
- Kochen mit Induktion
- Kühlen mit Klimazonen
- Energieeffizientes Lichtkonzept
Guter Umsatz, schlechter Ertrag
Die deutsche Küchenindustrie hat im vergangenen Jahr 9,1 Mrd. Euro umgesetzt. 5,46 Mrd. Euro davon wurden im Inland erwirtschaftet, 3,63 Mrd. Euro entfielen auf Exporte. Der Exportanteil am Gesamtumsatz betrug damit knapp 40%. Unverändert sind 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Herstellern von Küchenmöbeln, Elektro-/Einbaugeräten, Spülen und Zubehör beschäftigt. Diese Kennzahlen teilte AMK-Sprecher Roland Hagenbucher auf der Wirtschaftspressekonferenz des Verbandes in Köln mit.
Der auf Exporte entfallende Teil der Umsätze der Küchenindustrie erhöhte sich demnach im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr um 4%. Das Inland konnte sogar um 5,2% zulegen. Mit dem Wachstum im Umsatz sei allerdings eine spürbare Erhöhung der Rohstoff- und Materialkosten einhergegangen, sodass die Ertragssituation in vielen Unternehmen wenig befriedigend sei.
Mehr hochwertige Küchen
Laut Friedemann Stöckle, bei der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) für Küchen und Hausgeräte zuständig, liegen hochwertige Küchen im Trend. Der Inlandsmarkt für Küchen habe sich im Jahr 2010 mit 6,6% im Wert deutlich positiv entwickelt. Auch mengenmäßig habe sich eine positive Entwicklung von 6,8% gezeigt. „Vor allem im hochpreisigen Segment über 8000 Euro konnten die Umsätze über die letzten Jahre hinweg kontinuierlich zulegen“, sagte Friedemann Stöckle und ergänzte: „Dieser Trend zeigt sich besonders in den Einrichtungshäusern und bei den Küchenspezialisten.“ Diese beiden Vertriebskanäle zusammen genommen verzeichneten einen Anstieg im Durchschnittspreis auf nun 6540 Euro. Im Vergleich zum Jahr 2005 konnte der Durchschnittspreis damit um fast 900 Euro zulegen.
Getrieben wird dieser Trend durch hochwertige Küchen in Lackausführung, aber auch die Oberflächen Acryl und Glas konnten zulegen, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. Gleichzeitig gewinnen melaminharzbeschichtete Küchen, die in der Vergangenheit eher in den unteren Preisklassen vertreten waren, auch in den mittleren bzw. oberen Preisklassen zunehmend an Bedeutung. Mehr als ein Drittel der Küchen wurden im Jahr 2010 mit einer glänzenden Front verkauft.
Bei Einbaugeräten ist weiterhin ein Trend zu hochwertigen Produkten feststellbar: Ein Drittel aller in Westeuropa verkauften Kochflächen sei bereits mit Induktionstechnologie ausgestattet. Durchschnittlich betrachtet werden Induktionskochfelder aufgrund der größeren Mengen immer günstiger, wobei laut Roland Hagenbucher jedoch große Unterschiede bei der Ausstattung bestehen. Und entsprechend bei der Preisgestaltung.
Ein weiterer Wachstumsmotor seien energieeffiziente Hausgeräte. Deutschland sei führend bei energieeffizienten Geräten: „Gemäß neuem EU-Label ist bereits jeder vierte Einbauspüler und zwei Drittel aller Einbau-Kühlgeräte besser als A klassifiziert. In Westeuropa liegt der entsprechende Anteil erst bei 16% bzw. 56%.“ Am Beispiel Deutschland zeige sich, dass vergleichbare Einbau-Kühlgeräte mit A++ im Preis ein Drittel über Geräten mit A+ liegen. Gleiches gelte für Einbauspüler mit A+++ im Vergleich zu A+. Der ungebrochene Trend zur offenen Küche spiegele sich zudem im Absatz der Inselessen wider. In Deutschland wurden in 2010 erstmals über 50.000 Inselessen abgesetzt.