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Neue Herausforderungen für die Gasbeschaffenheitsmessung - Regenerative Energien im Erdgasnetz

Rund 970 Mrd. kWh Energie wurden im vergangenen Jahr über das deutsche Erdgasnetz transportiert. Weitere 200 TWh können unterirdisch in bestehenden Gasspeichern gespeichert werden. Dank dieser hohen Transport- und Speicherkapazität kommt dem Erdgasnetz eine entscheidende Rolle beim Ausbau Erneuerbarer Energien zu: Sowohl Biogas als auch synthetisches Erdgas aus sogenannten Power-to-Gas-Anlagen können in das leistungsfähige Netz eingespeist werden und so fossile Brennstoffe ersetzen.

Linde bietet ein breites Sortiment an Kalibriergasen an, darunter auch Gasgemische für die Bestimmung von Biogas sowie synthetisch erzeugtem Erdgas aus Power-to-Gas-Anlagen.

Die Hersteller von Gasmess- und Regeltechnik haben Prozessgaschromatographen speziell für die amtliche fiskalische Energiemessung von Biogas entwickelt.

Im Mai 2014 erfolgte die Grundsteinlegung für den „Energiepark Mainz“, an dem auch die Linde Group beteiligt ist. Der dort hergestellte Wasserstoff soll in das Erdgasnetz eingespeist werden.

 

Doch mit diesen Entwicklungen gehen Schwankungen der Gasqualitäten einher, beispielsweise indem neue Gaskomponenten wie Sauerstoff und Wasserstoff eingespeist werden. Dies stellt zum einen Gasanwender in der Industrie vor Herausforderungen, deren Gasverwendungsprozesse auf bestimmte Gasbeschaffenheiten ausgerichtet sind. Zum anderen ergeben sich hieraus neue Anforderungen an die Gasbeschaffenheitsmessung.

Wichtiger Baustein bei der Energiewende

Das Power-to-Gas-Verfahren hat das Potenzial, ein wichtiger Baustein bei der Umsetzung der Energiewende zu werden. Denn die Technologie ermöglicht es, überschüssigen Strom aus Wind- und Solarenergie in Gas umzuwandeln. So kann der Strom im Erdgasnetz langfristig gespeichert und nutzbar gemacht werden. Die Umwandlung von Strom in Gas erfolgt, indem mittels Elektrolyse Wasserstoff erzeugt wird. Bei Bedarf findet in einem nachgeschalteten Schritt die sogenannte Methanisierung statt. Mit ihrer Hilfe wird aus Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffdioxid (CO2) bzw. Kohlenstoffmonoxid (CO) synthetisches Methan (CH4) erzeugt. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas.
In Deutschland sind bereits einige Power-to-Gas-Demonstrationsanlagen in Betrieb oder im Bau. Beispielsweise betreibt der Energiekonzern E.ON eine Anlage im brandenburgischen Falkenhagen, mit der überschüssige Windenergie als Wasserstoff in das Erdgasnetz eingespeist wird. Am 15. Mai 2014 erfolgte die Grundsteinlegung für den geplanten Energiepark in Mainz-Hechtsheim, an dem auch die Linde Group beteiligt ist.
Der dort hergestellte Wasserstoff soll in das Erdgasnetz eingespeist und darüber hinaus per Tankwagen zu Wasserstoff-Tankstellen geliefert werden. Einspeisungen von Wasserstoff im einstelligen Bereich gelten grundsätzlich als unkritisch, wenn eine gleichmäßige Durchmischung mit dem Erdgas gegeben ist. In der Regel darf Wasserstoff mit einem maximalen Volumenanteil von 5% dem vorhandenen Erdgas zugemischt werden. Bei vereinzelten Anwendungen sind nur 2% zulässig.
Während die Power-to-Gas-Technologie noch für den Einsatz im großen Umfang erprobt wird, sind Biogasanlagen bereits als Energiequelle etabliert. Laut Angaben der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) haben im Jahr 2013 130 Biogasanlagen auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas in das öffentliche Gasnetz eingespeist – insgesamt 80390 Nm3/h.  

Qualitätsanforderungen an Gase aus regenerativen Quellen

Um den Anteil an Erneuerbaren Energien am Energiemix zu fördern, hat die Politik für die Einspeisung von Gas aus regenerativen Quellen eine Reihe von Privilegien festgelegt. Diese Sonderregelungen für die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz finden sich in „Teil 6 Biogas“ der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV). Unter anderem erhalten die Betreiber entsprechender Anlagen einen vorrangigen Zugang zum Gasnetz. Voraussetzung für die Einspeisung von Biogas und synthetischem Erdgas ist jedoch die Einhaltung der grundlegenden technischen Anforderungen an Gase und deren Qualität.
Diese sind in den Arbeitsblättern des Deutschen Vereins des Gas- und Wärmefaches (DVGW) geregelt. So muss Biomethan die im Arbeitsblatt G 262 („Nutzung von Gasen aus regenerativen Quellen in der öffentlichen Gasversorgung“) vorgegebene stoffliche Zusammensetzung aufweisen. Das Arbeitsblatt G 260 („Gasbeschaffenheit“) trifft Regelungen zur Gasqualität im Netz. Das zur Einspeisung angebotene Biomethan muss bezogen auf die im Netz vor Ort vorhandene Gasfamilie den im Arbeitsblatt G 260 definierten Parametern genügen.

Neue Herausforderungen für die Gasverwendung und
Gasbeschaffenheitsmessung

Lange Zeit wurde fast ausschließlich fossiles Gas in das Erdgasnetz eingespeist. Dies hatte den Vorteil, dass die Gasqualität relativ konstant blieb. Die Einspeisung von Synthesegas, Biomethan und Wasserstoff in das Erdgasnetz führt nun dazu, dass die Zusammensetzung des gespeicherten Erdgases zunehmend stärkeren Schwankungen unterworfen ist – ein Trend, der durch einen liberalisierten, globalen Gashandel noch verstärkt wird.
Dies ist besonders für die industrielle Gasverwendung, beispielsweise bei Thermoprozessen oder der Anwendung in Motoren und Turbinen, relevant. Denn hier spielt die Beschaffenheit des Brenngases eine zentrale Rolle: In der Regel sind die Prozesse auf eine bestimmte Gasbeschaffenheit ausgelegt, die nur geringfügig variieren sollte. Kommt es zu größeren Abweichungen, kann dies die Prozessführung von Anlagen oder auch die Qualität wärmebehandelter Produkte erheblich beeinflussen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Gasbeschaffenheitsmessung von Erdgas noch weiter an Bedeutung. Doch auch sie steht angesichts der sich ändernden Gaszusammensetzungen vor neuen Herausforderungen.
Die Gasbeschaffenheit wird mit verschiedenen Brennwert- und Gasbeschaffenheitsmessgeräten wie Gaskalorimetern oder Prozessgaschromatographen analysiert. Gaskalorimeter messen lediglich den Brennwert eines Gases und kommen nur noch selten zum Einsatz. Sie werden mit Gasgemischen aus zwei oder drei Komponenten (Methan sowie Stickstoff, Ethan oder Wasserstoff) kalibriert. Prozessgaschromatographen sind in der Lage, detaillierte Aussagen über die Stoffzusammensetzung des Erdgases zu treffen, d.h. sie bestimmen neben Methan alle relevanten Gaskomponenten und müssen daher für jede zu messende Komponente kalibriert werden. Prozessgaschromatographen werden nicht nur zur exakten und kontinuierlichen Bestimmung der einzelnen Gaskomponenten eingesetzt, sondern auch für die eichrechtliche Abrechnungsmessung.

Besondere Herausforderungen an die
Gasbeschaffenheitsmessgeräte

Bisherige Prozessgaschromatographen sind für die Prüfung fossiler Gase konzipiert worden und damit für die Analytik von Biogasen nur bedingt geeignet. Denn regenerative Gase unterscheiden sich, aufgrund des Herstellungsprozesses, in ihrer Zusammensetzung von den fossilen Gasen – insbesondere durch ihren Wasserstoff- und Sauerstoffanteil. Viele Prozessgaschromatographen sind nicht in der Lage, den Wasserstoffanteil zu analysieren.
Inzwischen haben sich Hersteller von Gasmess- und Regeltechnik auf die neuen Anforderungen eingestellt. Sie bieten Prozessgaschromatographen an, die speziell für die amtliche fiskalische Energiemessung von Biogas entwickelt wurden. Diese Geräte sind in der Lage, neben Methan auch den Anteil an Wasserstoff des einzuspeisenden Gases zu bestimmen. Die Analytik von Gasen aus regenerativen Energien stellt dabei nicht nur besondere Herausforderungen an die Gasbeschaffenheitsmessgeräte. Auch die zu verwendenden Kalibriergasgemische für die Eichung und Kalibrierung von Prozessgaschromatographen zur Messung regenerativer Gase ändern sich. Der Sauerstoff- und Wasserstoffanteil dieser Gemische unterscheidet sich von den bisher eingesetzten Kalibriergasen.
Beste Referenzen – Kalibriergase für Prozessgaschromatographen
Geht es um die Einspeisung von Gas – egal ob aus fossiler oder regenerativer Herkunft – in das Erdgasnetz, werden geeichte Messgeräte benötigt. Die Eichung eines Gaskalorimeters oder Prozessgaschromatographen erfolgt durch einen Eichbeamten oder eine amtliche Prüfstelle. Hierzu wird das Gerät mit mehreren amtlich zertifizierten Eich-/Kalibriergasen beaufschlagt und geeicht bzw. kalibriert. Auch während der Eichgültigkeitsdauer muss das Messgerät mittels eines fest angeschlossenen, zertifizierten Eichgases regelmäßig geeicht werden. Die zertifizierten Eich- bzw. Kalibriergase dienen zur Darstellung und Weitergabe der Brennwerteinheit und der Stoffmengenanteile von Gasgemischen.
Die Details zur Zusammensetzung und Verwendung dieser Kalibriergase als amtlich zertifizierte Gasgemische schreibt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt vor (PTB-A 7.63, Mai 2011). Es werden drei Klassen von Kalibriergasen unterschieden:

  • Primärnormale (Kalibriergase 1. Ordnung),
  • Sekundärnormale (Kalibriergase 2. Ordnung),
  • Gebrauchsnormale (Kalibriergase 3. Ordnung).

Für die Eichung und Kalibrierung von Brennwert- und Gasbeschaffenheitsmessgeräten werden Gebrauchsnormale verwendet, die von einer staatlich anerkannten Prüfstelle amtlich zertifiziert sein müssen. Alle Kalibriergase bestehen aus dem Grundgas Methan und einer oder mehreren Beimengungen wie Stickstoff, Kohlendioxid oder – speziell für die Analytik von Biogas – Sauerstoff und Wasserstoff. Je nach Anwendung und Analysengerät kommen ganz unterschiedliche Gemische zum Einsatz. Das Spektrum reicht von binären Gemischen bis hin zu Gemischen aus 17 Komponenten. Die Gemische „11D“ und „11M“ sind die gängigsten Kalibriergase für die Bestimmung der Qualität fossilen Erdgases. Mit den Gasgemischen „9M“ und „9E“ stehen spezielle Kalibriergase für die Bestimmung von Biogas zur Verfügung. Neu hinzugekommen sind die Gemische „12E“ und „12M“, welche für Gasbeschaffenheitsmessungen von synthetisch erzeugtem Erdgas aus Power-to-Gas-Anlagen verwendet werden.
Die gravimetrische Herstellung der Kalibriergasgemische nach DIN ISO 6142 oder ISO Guide 34, das heißt das Abwiegen der einzelnen Komponenten mittels hochpräziser Waagen, erfordert äußerste Sorgfalt – und Zeit. „Dadurch kann der Herstellungsprozess mehrere Wochen dauern“, erklärt Dr. Simone Hahn, Werksleiterin bei Linde. Das Unternehmen produziert in seinem Spezialgaswerk in Unterschleißheim bei München das gesamte Spektrum an Kalibriergasen für die Erdgasbestimmung und ist als Prüf- und Kalibrierlabor nach DIN EN ISO/IEC 17025 sowie als Referenzmaterialhersteller nach ISO Guide 34 akkreditiert. „Damit sind wir in der Lage, die Kalibriergase mit einem DAkkS-Kalibrierschein oder als Referenzmaterialien herzustellen“, ergänzt Hans-Jürgen Schmid, Leiter des akkreditierten Prüf- und Kalibrierlabors. Da Kunden, die mit Erdgas handeln, die Gasgemische allerdings mit einem amtlichen Prüfschein benötigen, werden die Kalibriergase anschließend bei einer der drei in Deutschland amtlich zugelassenen Zertifizierstellen BEGA.tec, Open Grid Europe oder der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt nachzertifiziert (siehe Kasten). Ein Vorgang, der bis zu sechs Wochen in Anspruch nimmt. Erst dann kann das Kalibriergas an den Kunden ausgeliefert werden.
Um Engpässen beim Kunden vorzubeugen und sie von langfristiger Bevorratung zu entbinden, hat Linde daher den Service für Betreiber von geeichten Prozessgaschromatographen verbessert: Die am häufigsten nachgefragten Kalibriergase werden im Werk Unterschleißheim auf Vorrat produziert. Damit sind sie ab Lager verfügbar – zum Teil bereits inklusive des erforderlichen amtlichen Analysenzertifikats. Die Lieferzeiten, die bisher bis zu zwölf Wochen betrugen, können für die gängigen Gemische so erheblich reduziert werden.

Einhaltung der festgelegten Qualitätsstandards

Die Einspeisung von Gasen aus Erneuerbaren Energien in das Erdgasnetz kann einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende leisten. Technische Voraussetzung für die Speicherung dieser Gase ist jedoch die Einhaltung der festgelegten Qualitätsstandards. Um diese zu gewährleisten, ist eine neue Generation von Gasbeschaffenheitsmessgeräten notwendig, die auf die veränderte Zusammensetzung von regenerativ erzeugten Erdgasen ausgelegt sind und mit entsprechenden Kalibriergasen eine exakte Analytik der Gase aus regenerativen Quellen erlauben.

Kontakt: Linde AG, Geschäftsbereich Linde Gas, 85716 Unterschleißheim, Tel. 089 310015309, Fax 089 310015620, sabrina.adamczyk@de.linde-gas.com, www.linde-gas.com


Einfach logisch: Bezeichnung und Zertifizierung von Kalibrifrgasen
„9M“, „12E“ oder „H2-11K“: Die Bezeichnung von Kalibriergasen erfolgt mit einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen, der eine definierte Logik zugrunde liegt: Die Zahl gibt die Anzahl der Komponenten des Kalibriergasgemisches an. Die Buchstaben H und L verweisen auf einen hohen (H für high) bzw. niedrigen (L für low) Brennwert- bzw. Methangehalt. Die Buchstaben M, D und E sind die Initialen der Analysengerätehersteller Marquis, Daniel und Elster. Gasgemische mit diesen Buchstaben in der Bezeichnung sind speziell für Geräte dieser Hersteller konzipiert, allerdings können diese Gemische auch für Geräte anderer Hersteller zugelassen sein. Der Buchstabe P steht für Prüfgas. Eichgase für Bioerdgas erkennt man am Buchstaben B und betriebspunktnahe Kalibriergase tragen häufig den Buchstaben K für Komponente in ihrer Bezeichnung.
In Deutschland existieren drei staatlich anerkannte Prüfstellen für die Zertifizierung von Kalibriergasen: Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ist zur Herstellung bzw. Berechnung von Primärnormalen und Sekundärnormalen sowie zur Zertifizierung von Gebrauchsnormalen berechtigt. Die BEGA.tec und die Open Grid Europe sind für die Zertifizierung von Gebrauchsnormalen zugelassen. Bei der Auswahl der Zertifizierstelle gilt in der Regel, dass gängige Kalibriergase 3. Ordnung von der BEGA.tec oder der Open Grid Europe zertifiziert werden können und sollen und dass alle anderen Gemische von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zertifiziert werden.

 


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