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Nach dem Stopp des MAP: Reaktionen aus der Branche

Es war wohl das wichtigste Förderinstrument für Erneuerbare Energien im Wärmebereich - das Marktanreizprogramm (MAP) der Bundesregierung. Durch direkte Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen gab es in vielen Fällen erst den Anstoß zum Umstieg auf eine regenerative Wärmeversorgung. Eine Entscheidungshilfe für Handwerk und Industrie gleichermaßen. Und nicht nur das.

 

Ein Vielfaches der Fördersumme kam in Form von privaten Investitionen dem heimischen Handwerk und Mittelstand und somit in Summe dem gesamten Land zugute. So haben die knapp 400 Mio. Euro MAP-Mittel, die im Jahr 2009 ausgereicht worden sind, Investitionen in Höhe von 3 Mrd. Euro ausgelöst. Doch trotz dieser Erfolgsgeschichte hat die Politik in Berlin in Form einer Haushaltssperre einen vorläufigen (oder vielleicht sogar endgültigen?) Schlussstrich unter das Marktanreizprogramm gezogen. Für Solarkollektoren, Biomasseheizungen und Wärmepumpen werden keine Investitionszuschüsse mehr gewährt (wir berichteten am 4. Mai unter ikz.de).

Bereits kurz nachdem die Bundesregierung den Förderstopp offiziell verkündet hatte, haben sich Branchenverbände mit spontanen Statements zu Wort gemeldet. Nachfolgend einige Auszüge.

Für den Zentralverband Sanitär Heizung Klima ist die Haushaltssperre für Marktanreizprogramm das falsche Signal zur falschen Zeit. "Der Sparbeschluss des Deutschen Bundestages kommt zur Unzeit. Wie schon so oft bei haushaltsabhängigen Förderprogrammen werden die Verbraucher jetzt erstmal mit Verunsicherung und Zurückhaltung reagieren", warnt Elmar Esser, der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. Nach Meinung der bundesweiten Interessenvertretung des SHK-Handwerks beschädigt der Förderstopp damit die nach wie vor geltenden Zielsetzungen der Bundesregierung zum Klimaschutz. "Wer zur selben Zeit Milliarden Euro für ein Griechenlandhilfegesetz frei gibt und ein erfolgreich funktionierendes Förderprogramm für den heimischen Wärmemarkt kippt, erweist der eigenen Klimapolitik eine Bärendienst", betont Esser. Um zukünftig modernisierungswilligen Hausbesitzern eine verlässliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen zu bieten, will der ZVSHK unlängst aufgestellte Forderung nach Einrichtung eines Effizienzfonds (siehe Infokasten) möglichst schnell umgesetzt sehen. "Die haushaltsbedingte Sperre der Fördermittel hat gezeigt: Wir müssen neue Wege gehen, um den Klimaschutz in Immobilien voranzubringen." Ein Anreizsystem, das sich zum Teil aus verwirklichten Energiekosteneinsparungen speisen könnte, wäre für den ZVSHK der erste wichtige Schritt in eine solche Richtung.

Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) sieht in der Entscheidung den "Angriff auf Erneuerbare Energien" weiter forciert. In einem Newsletter schreibt der Verband: "Nach den drohenden Kürzungen beim EEG wurde dem Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien (MAP) der Hahn abgedreht. Somit erweisen sich die Aussagen der Bundesregierung zum Klimaschutz mittlerweile immer deutlicher als reine Lippenbekenntnisse." Dass sich die zukunftsträchtigen Technologien dadurch verhindern lassen, glaubt die DGS nicht, doch verzögere sich der zwingend notwendige Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland durch diese, wohl auf kurzfristigem Denken basierende Entscheidung, unnötig.

"Rückschritt in die Vergangenheit"
Die Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft (VdZ) kritisiert die Beendigung des Marktanreizprogramms als Rückschritt in die Vergangenheit. "Diese Entscheidung ist für den gesamten Wärmemarkt aber auch für Verbraucher ein harter Schlag, weil ein über die Jahre hinweg bewährtes und sehr erfolgreiches Fördermittelkonzept abrupt gestoppt wird. Dringend notwendige private Investitionen in moderne umweltfreundliche Heizungsanlagen werden dadurch immens erschwert. Investitionen, die auch der sehr mittelständisch geprägten Heizungsbranche mit insgesamt ca. 50.000 Unternehmen und über 400.000 Arbeitsplätzen fehlen werden", kritisiert VdZ-Geschäftsführer Horst Eisenbeis den Entschluss durch das Bundesfinanzministerium.

Ähnlich beurteilt der Bundesverband Wärmepumpe den MAP-Stopp. Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftsführer des Verbands: "Wir kämpfen gegen den Sanierungsstau, wollen den schlafenden Riesen Wärme wecken. Statt diese Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen, wird der Riese jetzt ins künstliche Koma gelegt." Damit fehle insbesondere für die Sanierung - für die es nicht wie im Neubau eine Nutzungspflicht für Erneuerbare Wärme gebe - jegliches staatliche Instrument, um die Nutzung von regenerativen Heiztechnologien zu fördern. "Erneuerbare Energien sind ein Job- und Konjunkturmotor, ganz zu schweigen von den Steuergewinnen", so Stawiarski. "Wir können es uns gar nicht leisten, die Umstellung auf Erneuerbare Wärme zu verlangsamen. Und zwar nicht trotz, sondern gerade angesichts der Konjunkturkrise."

"Dem Klimaschutz wird der Hahn zugedreht"…

…mit diesen Worten kommentierte Franz Sedlmeier, Geschäftsführer des Europäischen Verbands der Energie- und Umweltschutzberater (EVEU) die Entscheidung der Politik. "Milliarden-Hilfen für Griechenland oder deutsche Großbanken sind kein Problem, aber für effiziente Klimaschutzprogramme ist kein Geld vorhanden", so Sedlmeier. Für die Bürger, den Mittelstand und die heimischen Handwerker sei diese Politik nur schwer nachzuvollziehen, denn "neben der Umwelt sind doch vor allem das heimische Handwerk und die  mittelständische Industrie von der Streichung der Fördergelder betroffen." Zum wiederholten Male habe sich die Bundesregierung für die großen Konzerne und Banken und gegen den Mittelstand entschieden.

Mit Unverständnis und scharfer Kritik reagiert die im BDH organisierte deutsche Heizungsindustrie auf die Aufkündigung des bisherigen schwarz-gelben Konsenses über die Förderungen der Erneuerbaren Energien im Wärmemarkt. "Durch den Förderstopp des Finanzministers werden nicht nur die Umweltpolitiker von FDP und CDU/CSU düpiert, sondern es werden auf einen Schlag Tausende von Arbeitsplätzen in unserer Branche gefährdet", kommentiert BDH-Präsident Klaus Jesse das Ende des Marktanreizprogramms für Erneuerbare Energien. In gutem Glauben, dass Schwarz/Gelb sein Wort hält, das Marktanreizprogramm fortzuführen, habe die im BDH organisierte Industrie enorm hohe Investitionen getätigt, um die Erneuerbaren Energien im Wärmemarkt stärker voranzutreiben. "Durch den einseitigen Beschluss des Finanzministers, die Haushaltssperre über 115 Millionen Euro zur Förderung von Solarwärmeanlagen, Wärmepumpen oder Holzpelletheizungen nicht aufzuheben, wird dieses positive Engagement ad absurdum geführt. Das schadet nicht nur den mittelständischen Unternehmen und dem Handwerk, sondern vor allem auch der Volkswirtschaft und nicht zuletzt dem Klimaschutz", betont Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des BDH. Als geradezu wettbewerbsverzerrend und inkohärent sieht der Verband zudem die gleichzeitig beschlossene 100-Millionen-Finanzspritze für die Photovoltaik-Industrie, die in diesem Jahr bereits über vier Milliarden an Subventionen erhält.

Bundesministerium der Finanzen antwortet

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums generiert jeder Fördereuro aus dem Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien annähernd acht Euro an Investitionen in moderne Heiztechnik. Vor diesem Hintergrund hat die IKZ-Redaktion das zuständige Ministerium der Finanzen über die Gründe für den Entscheid befragt. Die Antwort taugt allerdings eher als Hintergrundinformation. Da sie uns aber kurz vor Versand dieses Newsletters erreichte, war eine qualifizierte Nachfrage nicht mehr möglich. Nachfolgend der Wortlaut: "Weder das Bundesministerium für Finanzen (BMF) noch Minister Dr. Schäuble haben die Mittel für das Marktaneizprogramm gesperrt. Eine qualifizierte Sperre wird im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt vom Haushaltsauschuss (HHA) beschlossen. Vor Inanspruchnahme der gesperrten Mittel muss die Sperre entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung durch BMF aufgehoben werden. Bei qualifizierten Sperren ist hierzu die vorherige Zustimmung des HHA erforderlich. Die qualifizierte Sperre beim Titel "Förderung von Einzelmaßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien" - zu dem auch das Marktanreizprogramm zählt - wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2010 wegen der deutlich gesunkenen und unsicheren Einnahmen aus dem Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgebracht. An dieser Situation hat sich im bisherigen Verlauf des Jahres nichts geändert."

Ihre Meinung ist gefragt!

Soweit die Statements. Welche Meinung aber vertritt das SHK-Handwerk? Das möchten wir von Ihnen wissen. Wie wird der Markt auf die Entscheidung der Bundesregierung reagieren? Werden sich in Zukunft wieder nur Idealisten solche Systeme anschaffen (können)? Oder bröckeln vielleicht sogar die Preise für all jene Techniken, die vom MAP-Stopp betroffen sind? Schreiben Sie uns! Ihre Meinung erreicht uns unter: redaktion@strobel-verlag.de.

 


Hintergrund Effizienzfond
Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) hat sich unlängst für die Einrichtung eines Effizienzfonds ausgesprochen, aus dem zukünftig die finanziellen Mittel für wärme- und energiesparende Maßnahmen gewonnen werden sollen. Im Einzelnen sieht das Fondsmodell vor, sanierungswilligen Hausbesitzern ein Effizienzdarlehen zu gewähren. Ähnlich dem Bafög-Modell wären die Modernisierer verpflichtet, dieses Darlehen zurückzuzahlen. Dafür könnten sie einen Teil der eingesparten Energiekosten einsetzen. Die finanzielle Ausstattung des Effizienzfonds könnte sich laut ZVSHK aus verschiedenen Quellen speisen, unter anderem durch die jährlichen Einsparungen im Rahmen der EU-Richtlinie für Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen. Ihre Umsetzung in Deutschland vorausgesetzt, erwirke die Richtlinie eine jährliche Energiereduktion von einem Prozent. Umgerechnet auf den Energieverbrauch Deutschlands von 13.993 Petajoule und einem angenommenen Energiepreis von 0,06 Euro/kWh stünde pro Jahr eine Summe von rund 2,33 Mrd. Euro zur Verfügung. Auch sollten dem Effizienzfonds Anteile der abzuschöpfenden Gewinne aus der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke zufließen. Eine dritte Finanzierungssäule wäre die Einbindung der privaten Kredit und Versicherungswirtschaft, die einer solchen Beteiligung laut ZVSHK aufgeschlossen gegenüber stehe.

 


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