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Multifunktionale Energiefassaden - Eine Symbiose aus Architektur und Energiegewinnung

Aufgrund der anhaltend steigenden Energiepreise, Ressourcenbegrenzung und zunehmenden Umweltbelastung nimmt das energieoptimierte Bauen (EnOB) sowie die nachhaltige Energieversorgung einen wachsenden Stellenwert ein. Die Frage, welche Rolle die Gebäudehülle und speziell die Fassaden bei der Energieversorgung übernehmen kann, rückt bei Architekten, Bauherrn und Fachplanern bereits in der Vorentwurfsphase zunehmend in den Mittelpunkt.

 

Fassadenintegrierter Kollektor „Ritter XL Solar“. Bild: Ritter Energie- und Umwelttechnik

Fassadensäulen-Gerät Typ „FVM“. Bild: LTG Aktiengesellschaft

„CPC Office-Fassade/System ­Wicona“. Bild: Hydro Building Systems

Fassadenbrüstungsgerät Typ „FSL“. Bild: Trox GmbH

 

Das Marktsegment für fassadenintegrierte Solarthermie, Heiz-, Kühl-, Wärmerückgewinnungs- sowie Be- und Entlüftungskomponenten verzeichnet eine steigende Nachfrage. Neben den gebäudeintegrierten PV-Fassaden (GIPV-Fassaden), siehe Artikel „Energetisch effizient und ästhetisch“ in der IKZ-ENERGY, Heft 1/2012, Seite 20 ff., werden zunehmend auch multifunktionale Fassaden mit dezentral und modular integrierten HKL-Technologien eingesetzt.
Im Bereich der architektonischen und gebäudetechnischen Konzeption von Verwaltungs- und anderen Objektbauten zeichnet sich zunehmend eine Trendwende über die architektonische Funktion hinaus zur ganzheitlichen Energie- und Klimakonzepten ab. Die Tendenzen gehen dazu über, die Investitions- und Betriebskosten zu senken und den Aufwand sowie die Raumkubatur der Energiezentralen, Durchbrüche und Schlitze für Energietrassen auf ein Minimum zu reduzieren.  
Fassadenintegrierte Solarsysteme (Solarthermie und Photovoltaik) sowie multifunktionale und dezentrale TGA-Modulkomponenten können ein architektonisch attraktives und zudem wirtschaftlich profitables Ergebnis bewirken. Die Multifunktionalität unterstreicht hierbei auch die Modernität der Architektur. Ziel muss es aber sein, die TGA-Komponenten nicht nur funktional effizient und konstruktiv richtig in die Gebäudehülle zu integrieren, sondern dass diese Bauteile auch ästhetisch wirksam in ein architektonisches Gesamtkonzept eingebunden werden.
An der Gebäudehülle angeordnete solartechnische Systeme bilden ein wichtiges Element des solaren Bauens und avancieren zwischenzeitlich zum Bestandteil energieeffizienter Gebäude. Die am Markt erhältlichen Systeme stehen für Effizienz wie auch für Eleganz. Zudem sehen etliche Architekten, Bauherren und Investoren die Investition als innovative Produkte an, wobei die Integration als ein Symbol für den technischen Fortschritt (Imagepflege) angesehen wird.

Gestaltungselemente mit fassadenintegrierter Solarthermie

Bei der gebäudeintegrierten Solarthermie (Flächen-, Vakuumröhren- oder CP-Kollektoren sowie Luftkollektoren) müssen, wie bereits zahlreiche Designerpreise verdeutlichen, neben den rein quantitativen Zielsetzungen auch qualitative Ansprüche erfüllt werden. Zur Integration von fassadenintegrierten Solarkollektoren bieten sich großflächige Büro- und Verwaltungs- sowie Industriegebäude, aber auch Mehrfamilienhäuser an.
Die Isolar-Energy Glas, Wolfhagen,  stellt mit der „Sonnenfassade“ eine Neuentwicklung in Form eines fassadenintegrierten Vollglassolarkollektors vor. Aus einem 3-fach-ISO wurde ein Isolierglas-Solarkollektor konstruiert, der in konventionellen Fassaden- und Fensterelemente montiert werden kann. Der Absorber wurde hierbei komplett in den ISO-Verbund integriert.
Der fassadenintegrierte Solarthermiekolletor „XL-Solar“ von Ritter Energie- und Umwelttechnik, Dettenhausen, sammelt das Sonnenlicht vor der Fassade und verschattet die angrenzenden Räume vor der direkten Sonneneinstrahlung. Ein in die Fassadenprofile integriertes Rohrsystem führt die gewonnene Solarwärme auf  kurzen Wegen dem Gebäude zur Brauchwarmwassererwärmung und zur Heizungsunterstützung zu.
Der von Hydro Building Systems, Ulm,  in Kooperation mit der Ritter Energie- und Umwelttechnik entwickelte Fassadenkollektor „CPC Office/System Wicona“ wurde als ästhetisch und konstruktiv integraler Bestandteil eines Bürofassadensystems („Wicona“) mit dem Designer Award der Intersolar 2010 ausgezeichnet. Die wichtigen technischen Aspekte wie visuelle Transparenz, gleichmäßige Raumausleuchtung, Wärmeschutz und Sonnenschutz werden in diesem Produkt kombiniert.
Der Fassadenkollektor „CPC Office/System Wicona“ stellt konstruktiv eine echte Systemintegration dar und ist modular auf große Fassaden adaptierbar. Er besitzt aufgrund der verwendeten CPC- Vakuumröhren eine sehr hohe Effizienz, wodurch die Kühllast der angrenzenden Räume reduziert wird.
Der Kollektor sammelt das Sonnenlicht vor der Fassade und schirmt die angrenzenden Räume vor direkter Sonneneinstrahlung ab. Aufgrund der geringen Wärmeverluste kann Solarwärme mit hoher Temperatur (60 bis  90°C) erzeugt werden, die dann über das in die Fassadenprofile integrierte Rohrsystem auf kurzen Wegen dem Gebäude zur Verfügung gestellt wird. Der solar erzeugte Wärmegewinn kann zur Brauchwarmwasser- und Heizungsunterstützung aber auch zur solaren Kühlung verwendet werden.
Ein geringer Anteil des Sonnenlichts dringt durch die Perforation des CPC-Reflektors ins Gebäude und ermöglicht eine gleichmäßige blendarme Raumausleuchtung sowie visuelle Transparenz für den Nutzer. Durch die geeignete Wahl der Perforation des Spiegels wird einerseits der für Bürogebäude wichtige Sonnenschutz, andererseits die hohe Effizienz des Kollektors sichergestellt.
Die hoch wärmegedämmte Glasfassade sorgt für geringen Energieverbrauch während der Heizperiode. Die zu öffnenden Fensterflügel der Fassade ermöglichen eine freie Belüftung und eine einfache Reinigung der Glasflächen.

Solarluftkollektorfassade

Bei den unterschiedlichen Systemvarianten von Solarthermieanlagen von Grammer Solar GmbH, Amberg, werden in der Regel Flachkollektoren und Hochleistungs-Vakuumröhrenkollektoren verwendet. Diese Kollektortypen verwenden ein Wasser-Glykol-Gemisch als Wärmeträgermedium. Weniger verbreitet sind dagegen die luftdurchströmten Kollektoren, die u.a. auch sehr effizient in der Raumluftvorwärmung verwendet werden. Der Raum wird bei luftgeführten Solaranlagen zusätzlich zur Wärme noch mit Außenluft versorgt, was den wohnhygienischen Ansprüchen und den Behaglichkeitskriterien entgegen kommt.
Eine besonders aussichtsreiche Anwendung der Solarluftkollektortechnik zeigt sich in den Hallenbädern, weil gerade in diesem Nutzungsbereich ein fast ganzjähriger Heizenergiebedarf bei gleichzeitig großen hygienisch erforderlichen Luftwechselraten erforderlich wird.
Solarluftkollektorenfassaden finden zahlreiche Anwendungen in Sporthallen, Lager- und Produktionshallen, Verkaufshallen aber auch in Bürogebäuden und Schulen.

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Fassaden- und fensterbrüstungsintegrierte RLT-Geräte

Die raumlufttechnischen Systeme zu dezentralisieren und in oder an die Fassade zu verlegen, bringt in vielen Projekten Vorteile für die Gestaltung, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit. Der Platzbedarf für Technikzentralen und Luftleitungen entfällt oder wird je nach Systemvariante drastisch reduziert. Dies hat einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzung des umbauten Raumes und damit auf die gesamte Gebäudeinvestition.
Bei den dezentralen Lüftungsgeräten wird die Außenluft durch einen Fassadenspalt angesaugt. Eine im Geräteunterteil direkt am Außenlufteintritt positionierte Absperrklappe mit Federrücklaufventil verschließt bei inaktivem Gerätezustand und Spannungsausfall die Außenluftöffnung. Nachdem die Außenluft mittels Feinstaubfilters gereinigt wurde, durchströmt sie einen mechanisch selbsttätigen Volumenstromregler, der den Außenvolumenstrom auf einen eingestellten Maximalwert limitiert. Danach durchströmt die Luft eine Wärmerückgewinnungskomponente. In Strömungsrichtung folgend ist ein Zuluftradialventilator angeordnet, der die Zuluft durch den Wärmeübertrager mit Heiz- und Kühlfunktion durch die bauseitige Brüstungsverkleidung quellluftartig in den Raum fördert. Die Abluft wird oberhalb des Gerätes durch die Brüstungsverkleidung abgesaugt, über einen Grobstaubfilter geführt und gereinigt. Danach durchströmt die Luft den Wärmeübertrager zur Rückgewinnung der Abwärme.
In energetisch sinnvollen Fällen, z.B. während der Übergangszeit sowie zum Vereisungsschutz, wird eine motorische Klappe geöffnet und die Wärmerückgewinnungeinheit umgangen. Der Fortluftventilator erzeugt die zur Luftförderung notwendige Druckdifferenz. Eine motorische Absperrklappe mit Federrücklaufantrieb verschließt bei inaktivem Gerätezustand und Spannungsausfall die Fortluftöffnung des Gerätes.
Das dezentrale Fassadenlüftungsgerät Typ „FLH“ von Emco, Lingen,  wurde aus energieeffizienten Gründen mit Wärmerückgewinnung entwickelt. Das „Emcovent“ arbeitet in vier Luftleistungsstufen, womit sich der erforderliche Außenluftanteil selbst bei stark genutzten Räumen, wie z.B. Klassenzimmern oder Schulungssälen, mit nur wenigen Geräten sicherstellen lässt. Die Außenluft wird direkt über die Fassade angesaugt und durch einen Kreuzstrom-Plattenwärmeübertrager (Wärmeübertragungs-Wirkungsgrad bis zu 60%) geführt. Die zwei in den  „Emcovent“ integrierten und regelungstechnisch gekoppelten EC-Radialventilatoren passen bei Druckschwankungen an der Fassade ihre Drehzahl an.
YIT Germany – Krantz, Aachen, Aachen  hat ein Lüftungsgerät für die Außenluftzufuhr von der Fassaden- bzw. Fensterbrüstung entwickelt, das alle Einbauten für die selbstständige Luftförderung-, Lufterwärmung und -kühlung, Wärmerückgewinnung sowie die Außen- und Fortluftanschlüsse und zugeordneten Luftklappen enthält. Das Gerät ist zudem mit einem Luftdurchlasssystem für vertikale Fassadenabschirmung und individuell einstellbarer Luftströmung zum fassadennahen  Arbeitsplatz ausgestattet sowie insbesondere für den Einsatz für Räume mit unterschiedlichen Nutzungsanforderungen geeignet.
Das RLT-Gerät vom Typ „FVM“ der LTG-Aktiengesellschaft, Stuttgart, bietet aufgrund der dezentralen Integration in die Fassadensäulen etliche Vorteile.

Für die Architektur ergeben sich Vorteile, wie

  • minimaler Platzbedarf zur Integration in einschaliger Fassade (Breite 400 mm, Tiefe 160 mm, Höhe 2680 mm),
  • freie Raumgestaltung und architektonische Gestaltung der Verkleidung.

Für den Bauherrn ergeben sich Vorteile, wie

  • maximales Mietflächenangebot,
  • niedrige Investitionskosten der Grundinstallation,
  • je nach Mieterwunsch (Nutzerwunsch) modulare Nachrüstbarkeit von statischer Heizung über Umluft-Fancools bis zur Klimaanlage,
  • niedrige Energiekosten durch hocheffiziente Antriebstechnologie und Wärmerückgewinnung,
  • individuelle Flexibilität der Nutzer,
  • hoher technischer Komfort und Nutzerakzeptanz, z.B. durch den Einsatz spezieller Luftfilter für Allergiker.

Für den Fachplaner ergeben sich die Vorteile, wie

  • sämtliche RLT-Funktionen sind in einem Gerät integriert (Außenluftversorgung; Abluft- und Außenluftfilter F7; Außenschalldämpfer; Heizen-Kühlen-Umluftbetrieb; Wärme- und Feuchterückgewinnung),
  • LON-fähige Regelung für optimalen Betrieb mit programmierbaren Nutzungsprofilen.

Als Alternative bieten sich die Fassadenbrüstungsgeräte vom Typ „Univent Typ FVS“ an. Beide Fassadensystemeinheiten, Fassadensäulengerät „Typ FVM“ und das Fensterbrüstungsgerät vom Typ „Univent FVS“ können von jedem Raum individuell geregelt werden.

Das Fassadenbrüstungsgerät vom Typ „FSL“ von TROX, Neukirchen-Vlyn, wurde als Zu- und Abluftgerät mit Sekundärluftfunktion mit folgenden Komponenten konzipiert:

  • Wärmerückgewinnung und quellluftartige Luftführung,
  • Wärmeübertragereinheit zum Kühlen und Heizen,
  • energieeffiziente Radialventilatoren mit Leistungsanpassung in drei Ventilatorstufen,
  • geregelter/begrenzter Außenluftstrom, unabhängig vom Winddruck,
  • Zu- und Abluftbetrieb, Sekundärluftbeimischung möglich,
  • Kühlleistung: bis 460 W; Heizleistung: bis 800 W.

Als Beitrag zur aktiven Energieerzeugung für Bürogebäude hat Schüco International, Bielefeld, parallel zur GIPV auch Systeme der multifunktionalen TGA-Fassadenintegration entwickelt. Die „E2-Integralfassaden“ werden mit integrierten Konzepten für Kühlung, Belüftung, Wärmenutzung und Klimatisierung ausgeführt.

Wirtschaftlichkeit

Für Neubauten sowie Sanierungs- bzw. Modernisierungskonzepte sollte bereits während der Vorplanung mithilfe von Simulationsprogrammen eine Evaluation (Bewertung) der unterschiedlichsten multifunktionalen TGA-Systemvarianten zur Fassadenintegration hinsichtlich der Investitionskosten und der Energieanalyse durchgeführt werden. Nur mit Unterstützung dieser Simulationsergebnisse lässt sich eine Aussage über die effektiven Energieeinspareffekte und letztlich auch die Amortisation der innovativen Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) erstellen.
Die Bereitstellung von Raumkubaturen für Energiezentralen, Energieversorgungsschächte und -trassenführungen sowie den damit verbundenen statischen, brandschutztechnischen und akustischen Problemen wirken einem energieoptimierten Bauen (EnOB) sicherlich negativ entgegen. Demgegenüber bieten multifunktionale und dezentrale TGA-Systemfindungen, insbesondere für Büro- und Verwaltungsgebäude, etliche Vorteile:

  • Gestaltungsfreiheit mit dezentraler Technikkonzeption,
  • Vermietbarkeit durch flexible Flächenaufteilung der Mietbereiche,
  • spezifizierte Energieabrechnung mit bedarfsgeführter, energieeffizienter Gebäudeautomation (Raumregelungen), etc.

Letztlich rechnet sich der Einsatz dezentraler TGA-Systeme allein aufgrund der minimierten Energie- und Betriebskosten sowie durch die kurze Amortisationszeit und optimierten Nutzungskomfort.

Autor:
Dipl.-Ing. Eric Theiß ist als freier Journalist mit den Themenschwerpunkten Technische Gebäudeausstattung (TGA) und rationelle Regenerativtechnologien tätig. 81369 München, dipl.ing.e.theiss@t-online.de

 


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