Monitoring von solarthermischen Großanlagen
Über 20 Jahre stabile Erträge sind von drei Faktoren abhängig
Thermische Solaranlagen werden häufig nur zu Beginn ihres Betriebs detailliert analysiert. Die meisten Langzeituntersuchungen stützen sich entweder auf Einzelanalysen oder auf Laborverfahren zur beschleunigten Alterung. Vor diesem Hintergrund wurde das vom BMWi geförderte Forschungsprojekt „Langzeitstudie zum Betrieb und zur Leistungsfähigkeit großer Solaranlagen aus dem Solarthermie-2000 und Solarthermie2000plus Programm“ durchgeführt. Der folgende Beitrag stellt die zentralen Erkenntnisse vor.
Mehr als drei Viertel der in den beiden Programmen geförderten 76 Anlagen sind mittlerweile über 10 Jahre in Betrieb.
Unter den zehn am Monitoring teilnehmenden Anlagen waren sechs zur Trinkwarmwassererwärmung, eine zur Netzeinspeisung sowie drei Anlagen zur Trinkwarmwasser- plus Zirkulationserwärmung. Die Anlagen verteilen sich auf folgende Objekte: vier Krankenhäuser, drei Wohngebäude/-gebiete, zwei Pflegeheime und ein öffentliches Schwimmbad. Die Auswahl bildet in etwa den Querschnitt über alle Anlagen des Solarthermie2000(plus)-Programms ab.
Bei diesen Anlagen wurden Anlagenbesichtigungen durchgeführt. Das Projekt umfasste außerdem eine Betreiberbefragung zu allen Anlagen und für die ausgewählten Anlagen mit Betriebszeiten über 10 Jahren ein einjähriges Monitoring mittels der bereits eingebauten Messtechnik. Die Ergebnisse geben Antworten auf Fragen nach Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und langfristigem Ertrag von großen thermischen Solaranlagen.
Resultate der Anlagenbesichtigungen
Optisch waren die Kollektorfelder bei den meisten Anlagen in einem dem Alter entsprechenden guten Zustand. Eine festsitzende Verschmutzung auf dem unteren Teil der Glasabdeckung wurde bei zwei Anlagen und eine großflächige Verschmutzung bei einer Anlage festgestellt. Leichte Beschädigungen an der Verrohrung und der Isolierung kamen ebenfalls vereinzelt vor. An der konventionellen Technik waren oft kleinere Fehler feststellbar, wie defekte Ventile und Pumpen, bis hin zum bislang unerkannten Komplettausfall eines ganzen Entladekreises.
Derartige betriebsbeeinträchtigende Fehler betrafen vor allem drei Anlagen. Die anderen wiesen nur leichte Unzulänglichkeiten oder überhaupt keine Fehler auf. Ein direkter Zusammenhang zwischen Anlagenzustand und regelmäßiger Wartung konnte nicht gezogen werden, da sowohl fehlerfreie Anlagen als auch zwei der drei Anlagen mit den größeren Fehlern regelmäßig gewartet werden.
Ergebnisse des Anlagenmonitorings
Nach Anlagenbegehung und der Überprüfung sowie Instandsetzung der Messtechnik wurde die Funktion der Solaranlagen ausgewertet und überwacht. Zwei Anlagen liefen völlig fehlerfrei. In den anderen acht Anlagen traten Fehlfunktionen auf. Die meisten Fehler betrafen den Entladekreis: Fünfmal war es ein technischer Defekt (defekte Pumpe, Membranausdehnungsgefäß, etc.) und dreimal waren es ungünstig eingestellte Entladeregelungen oder fehlende Sensoren, die zu schlechtem Entladeverhalten führten. Am zweithäufigsten führten Undichtigkeiten am Kollektorkreis (z. B. Entlüfter, Verschraubungen) und dem damit einhergehenden Druckabfall zu Ertragseinbußen und Betriebsausfällen.
Hausgemachte Leistungseinbußen
Betrachtet man die Jahres-Einzelwerte allgemein, so zeigt die Hälfte der zehn Anlagen nach dem dritten Betriebsjahr einen Abwärtstrend im Solarertrag und Nutzungsgrad. Ein Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Ende der intensiven Anlagenbetreuung im Rahmen der ST2000(plus)-Projekte ist naheliegend.
Fazit aus diesen Langzeitbetrachtungen ist, dass gravierende Leistungseinbußen an den Solaranlagen dann entstanden, wenn unsachgemäße Umbauten vorgenommen wurden, Lasten wegfielen oder nennenswerte Alterungserscheinungen und Betriebsfehler nicht erkannt oder nach Erkennung nicht behoben wurden.
Kaum Alterungserscheinungen
Um bei Langzeitbetrachtungen den Einfluss von Nutzlast und Witterung auf den Solarertrag rechnerisch zu eliminieren, wurde bei drei Anlagen für das Monitoringjahr 2015/16 nochmals die Garantierechnung nach dem im ST2000-Programm entwickelten Verfahren durchgeführt [1], [2]. Dabei erfolgt eine Simulation für die Anlage mit den gemessenen Klima- und Lastprofilen als Input sowie den technischen Daten der Anlage (Kollektorkenngrößen laut Hersteller, Speichervolumina, etc.).
Zwei der drei untersuchten Anlagen erzielen für 2015/16 sehr gute Ergebnisse von 96 % (19 Jahre alt) und 102 % (20 Jahre alt). Die dritte zufriedenstellende 85 % (14 Jahre alt). Noch interessanter als die absoluten Werte ist der Vergleich mit dem ersten Betriebsjahr. Bei zwei Anlagen ist das Ergebnis nach 19 bzw. 20 Betriebsjahren gleich hoch bzw. etwas besser. Bei einer der Anlagen verschlechtert es sich nach 14 Jahren von 90 % auf 85 %. Fazit dieser Betrachtung: Bei den analysierten drei Anlagen spielt ein Leistungsabfall aufgrund von Alterungserscheinungen keine bzw. eine untergeordnete Rolle.
Schwankende Wartungsqualität
Eine regelmäßige Wartung einer Anlage bedeutet nicht automatisch einen technisch optimalen Zustand und hohe Solarerträge. So erreichte eine ungewartete Anlage in 19 Jahren Betrieb trotzdem 91 % des Ertrages im ersten Betriebsjahr. Umgekehrt finden an zwei der ertragsschwächsten Anlagen im Monitoring jährlich Wartungen durch eine Fachfirma statt. Ein Grund könnte das Fehlen einer einheitlichen Wartungs-/Inspektionsprozedur sein. Neben einzelnen Herstellern hat aber der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) ein Informationsblatt [3] zu diesem Thema herausgegeben.
Zuverlässige Solartechnik
Im Gesamtergebnis zeigt das Projekt, dass Solaranlagen technisch in der Lage sind, 20 Jahre und länger einen konstant hohen Solarertrag zu liefern. Es konnte insbesondere die Zuverlässigkeit, hohe Haltbarkeit und das dauerhafte Leistungsvermögen von Solarkollektoren gezeigt werden. Analog zu den Erfahrungen aus dem ST2000-Programm wurde die eher konventionelle Technik als ein neuralgischer Punkt bestätigt, dem man Aufmerksamkeit widmen sollte. Grundsätzlich bedarf es für einen langfristig guten Betrieb und damit dauerhaft hohen Solarertrag vor allem zwei Dinge: Einen interessierten Betreiber/Techniker und eine Systemüberwachung zur frühzeitigen Fehlererkennung und Ertragskontrolle, oder alternativ eine qualitativ hochwertige, möglichst gezielte Wartung [4].
Literatur:
[1] Abschlussbericht zum Projekt 032 9601 Q gefördert mit Mitteln des BMU, Teil 3: Organisationsstruktur und Ergebnisstatistik, R. Croy, M. Mies, U. Rehrmann und H. Wirth, Februar 2011.
[2] VDI-Richtlinie 2169, 10.2012: Funktionskontrolle und Ertragsbewertung an solarthermischen Anlagen.
[3] Informationsblatt Nr. 44: Thermische Solaranlagen – Dokumentation von Übergabe und Inspektion, Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e. V., März 2011.
[4] Praktischer Betrieb solarthermischer Systeme zur Brauchwassererwärmung im Geschosswohnungsbau, Holger Müller, Christoph Trinkl, Wilfried Zörner, Hochschule Ingolstadt, 22. Symposium Thermische Solarenergie, 9.-11. Mai 2012 in Kloster Banz, Bad Staffelstein
Autoren: Mario Adam, Jonas Gottschald,
Fabian Ille, Hans Peter Wirth
Hochschule Düsseldorf, ZIES
http://zies.hs-duesseldorf.de
Bilder/Grafiken/Tabellen: Hochschule Düsseldorf, ZIES
Solarerträge und ihre Bewertung
Die Tabelle zeigt für alle zehn Anlagen den gemessenen und über die Betriebszeit der jeweiligen Anlage gemittelten jährlichen Solarertrag („im Mittel“), den gemessenen Solarertrag im ersten Betriebsjahr („1. Jahr“) und den Quotienten aus beiden Werten („Relation“). Sechs Anlagen erreichen relative Werte von über 90 %. Die beiden „Best-Case“-Anlagen übertreffen mit Mittelwerten von 106 % und 110 % sogar den Ertragswert im 1. Jahr über mehrere Jahre. Eine der beiden Anlagen wird von einem Stadtwerk betrieben, welches auf eine konsequente Überwachung und optimalen Betrieb achtet.
Achillesferse Beladewärmeübertrager
Der Vergleich der Wärmeübertragerleistung bei Inbetriebnahme mit Daten aus 2016 zeigt, dass der Kollektorkreis einer besonderen Aufmerksamkeit bei der Wartung bedarf. Denn in acht von zehn Fällen hat der Beladewärmeübertrager seit Inbetriebnahme hauptsächlich aufgrund von Verschmutzung an Leistungsfähigkeit eingebüßt. Das ist erkennbar an einem über die Jahre hinweg sinkenden kA-Wert bzw. an einer steigenden logarithmischen Temperaturdifferenz bei gleichen übertragenen Leistungen und Volumenströmen. Beim Entladekreis verhielt es sich anders. Hier gab es nur vereinzelt Wartungsbedarf an den Komponenten, dafür aber häufigere Unzulänglichkeiten in der Regelung.
Erträge über den Verlauf der Jahre
Die Grafik zeigt für drei der zehn Anlagen den Verlauf der „Relationen“ ab Betriebsbeginn bis heute, in denen sich neben Alterungserscheinungen auch Änderungen der Nutzlasten und der Witterung, Reparaturen, Umbauten etc. widerspiegeln. Neben der „Best-Case“-Anlage laufen zwei weitere Anlagen durchgängig gut. Der „typische Anlagenverlauf“ steht repräsentativ für sechs der zehn Anlagen, bei denen der Solarertrag über die Jahre unter Schwankungen, z. B. aufgrund von Laständerungen, etwas abnimmt. Die Schwankungen entstanden in der Regel durch schleichend auftretende Betriebsfehler (z. B. Druckabfall im Kollektorkreis) mit anschließender Reparatur. Die „Worst-Case“-Anlage weist nach dem vierten Betriebsjahr nahezu durchgängig zurückgehende Anlagenerträge auf, u. a. aufgrund einer Umbaumaßnahme (Ausbau des Vorwärmspeichers) und einer stark gesunkenen Auslastung.