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Mit smarten Gebäuden Energie einsparen

Ein Blick auf den Markt mit seinen Technologien und Initiativen und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen

Nicht nur die Architektur dieses Hauses ist besonders, sondern auch das Innenleben. Das „smarthouse213“ der Familie Schmidt in Coburg ist ein Beispiel für die Vernetzung unterschiedlicher Funktionen mithilfe einer Gebäudeautomation auf KNX-Standard. Bild: Buderus

Zum hohen Wärmekomfort des „smarthouse213“ trägt das Heizsystem bei. Das Gasbrennwertgerät kommuniziert mit der Einzelraumregelung. Dadurch kann die Raumtemperatur genauer und energiesparender geregelt werden. Bild: Buderus

Hauseigentümer Matthias Schmid vor dem Homeserver im Erdgeschoss, der zentralen Bedienschnittstelle seines „smarthouse213“. Hier hat er den kompletten Überblick über sein Gebäude: Beleuchtung, Jalousien, Einzelraumregelung, Überwachungskameras, Trockner und Waschmaschine, Heizung, Warmwasserversorgung sowie Wohnraumlüftung. Bild: Buderus

Smart Home-Zentrale – Die Haussteuerung nach Maß ist weder Zukunftsmusik noch unbezahlbarer Luxus. RWE Smart Home zum Beispiel ermöglicht die individuelle Haussteuerung von elektrischen Geräten und Heizung. Bild: RWE

Der KNX-Energiesensor von Jung dient der Messung und Überwachung des Energieverbrauchs. Werte und Daten lassen sich über Monate speichern. Grafiken und Statistiken sorgen für eine übersichtliche und klare Darstellung. So erkennt der Anwender Einsparpotenziale und kann seinen Energieeinsatz entsprechend optimieren. Bild: Jung

Die Einzelraumregelung „Evohome“ von Honeywell stellt die Basis für Komfort, Kontrolle und Kosteneinsparung dar. Mittels einer App kann das System über das Smartphone, Tablet oder eine Smartwatch gesteuert werden. Bild: Honeywell

Energieeinsparung durch Raum- und Gebäudeautomation bezogen auf unterschiedliche Gewerke. Quelle: angelehnt an Knoll, P., Becker, M.: Energieeinsparpotenziale durch Elektroinstallationen, Studie der Hochschule Biberach

Lösungen für Smart Offices und große Gebäudekomplexe bietet die Gebäudemanagementplattform „Desigo CC“ von Siemens. Das System verspricht die Realisierung von Einsparpotenzialen, indem es verschiedene Funktionen und gebäudetechnische Gewerke miteinander verknüpft, regelt, steuert und überwacht. Bild: Siemens

Tabelle 1: Wesentliche Gewerke und Teilsysteme eines Smart Homes.

Tabelle 2: Initiativen und Plattformen für das Smart Home. Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

 

Smart Home ist zweifelsohne ein Baustein, um die klimapolitischen Ziele in Deutschland zu erreichen. Mit aufeinander abgestimmten Komponenten und einer übergeordneten Systemebene lassen sich die Betriebskosten von Häusern und Wohnungen senken. Die Ener­gieeinsparverordnung (EnEV) und der Energieausweis geben der Gebäudeautomation zudem einen neuen Stellenwert. Komfort und Sicherheit spielen neben der Energieeinsparung für die Interessenten an intelligenter Gebäudetechnik aber ebenfalls eine große Rolle.

Ein Markt mit vielen Möglichkeiten
Unter dem Begriff Smart Home verbergen sich die Gebäudeautomation, Haushaltsgeräte und Konsum- bzw. Unterhaltungselektronik in privaten Häusern, Eigentumswohnungen sowie Mietwohnungen. Einzelne Komponenten wie Sensoren und Aktoren werden dabei zu einem System vernetzt und bilden die Grundlage für eine umfassende Bedientechnik und optimale Steuerung. Das Vernetzen verschiedener Disziplinen der Haustechnik ermöglicht ein umfangreiches Einsatzspektrum der Steuerung in verschiedenen Gewerken. Zu nennen sind dabei im Wesentlichen Heizung, Lüftung/Klima, Sanitär, Elektrik, Beleuchtung, Beschattung, Überwachung, Zutritt, Notfall, Metering sowie Umwelt. Tabelle 1 zeigt Teilsysteme und Ansatzpunkte.
Danach sind die technischen Möglichkeiten mannigfach. Vieles, was noch nach Zukunftsmusik klingt, ist längst schon Realität. Doch der Markt kennzeichnet sich durch unterschiedliche Technologien und Systeme. Hierzulande gibt es erfreulicherweise eine Reihe von technisch guten Systemen sowohl für den Neubau als auch für die Nachrüstung.
Das technisch beste System gibt es aber nicht. Jedes hat seine Stärken und bevorzugten Einsatzgebiete. In der Tabelle 1 sind die verschiedenen Plattformen und Systeme hinsichtlich entscheidender Kriterien beurteilt. Problematisch ist derzeit noch die Interoperabilität: Die einzelnen Systeme sollten in der Lage sein, miteinander zu agieren. Doch das ist noch nicht immer für alle Anwendungen gegeben.
Eine detaillierte Beschreibung und Einschätzung der wichtigsten Initiativen und Plattformen für das Smart Home liefert die Broschüre „Smart Home 2 Market“, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie herausgegeben wurde (Bestellmöglichkeit: publikationen@bundesregierung.de, www.bmwi.de). Darin sind die in Tabelle 2 aufgeführten Allianzen genannt. Zusammenfassend lassen sich einige wichtige Punkte benennen. Hinsichtlich der technischen Entwicklung sind die Plattformen FRITZ! Box, Home Matic (eQ-3), KNX, Qivicon, RWE Smart Home und Revolv Hub am weitesten fortgeschritten. Dabei hat KNX heute den größten Marktanteil aller Smart-Home-Ansätze in Europa. Diese Initiative verfügt über die meis­te Anzahl an Anwendungen und erreicht eine Abdeckung aller Medien im privaten Haus.
Bei der Nutzerfreundlichkeit und Bedienbarkeit zeichnen sich besonders die Initiativen Develo, Home Kit, RWE Smart Home und The Thread Group aus. Devolo punktet nach dieser Einschätzung besonders in Bezug auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Besonders offen sind All Seen Alliance, Devolo, KNX, Open Internet Consortium und Revolv Hub. Dieses Kriterium erfasst die mögliche Partizipation und reicht von „closed shop“ über Lizenzierung bis bedingungslos offen. Die Initiativen KNX und Smart Home Paderborn weisen den höchsten Grad der Integration des Handwerks auf.

Anforderungen und Nutzen für die Akteure
Noch handelt es sich bei Smart Home um einen Nischenmarkt. Doch haben verschiedene Studien ein enormes Marktpotenzial für die kommenden Jahre ausgemacht. Wer sich hier frühzeitig qualifiziert, dürfte wie üblich einen Wettbewerbsvorsprung haben.
Doch nicht alles, was technisch machbar ist, nützt dem Kunden. Smart Home muss bezahlbar sein und sich vor allem an den individuellen Bedürfnissen der Hausbewohner ausrichten. Viel zu wenig werde darauf eingegangen, was der Kunde wirklich will und was er braucht, meinen Experten. Um Abhilfe zu schaffen, müssen Planer zunächst herausfinden, welche Funktionen dem Kunden wichtig sind und was das System insgesamt kosten darf. Davon ausgehend können Fachunternehmen dann geeignete Systeme vorstellen. Das Institut für Gebäudetechnologie (IGT) mit Sitz in Ottobrunn bietet Fachunternehmen dazu beispielsweise Fragebögen und Planungshilfen an.
Sicherheit, Komfort und wirtschaftliche Erwägungen sind die wesentlichen Determinanten potenzieller Kunden. Zur Steigerung der Sicherheit gehören beispielsweise Zugangs- und Schließsys­teme, Überwachungs- und Notfallfunktionen. Anforderungen wie einfache Beherrschbarkeit der Technologie steigern den persönlichen Komfort. Und niedrige Energiekosten erhöhen die Wirtschaftlichkeit.

Energieeffizienz im Fokus
In Deutschland liegt der Energiebedarf von Gebäuden bei rund 40 %. Hier liegen große Einsparpotenziale, vor allem in einer aufeinander abgestimmten Gebäudeautomation sowie in Maßnahmen an der Gebäudehülle und an der Anlagentechnik.
Die gesamte Energie für ein Gebäude umfasst die thermische Energie für Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung und Kühlung sowie die elektrische Energie für Beleuchtung und elektrische Verbraucher. Durch die Regelung und Abstimmung der verschiedenen Gewerke lässt sich eine bessere Energieeffizienz erzielen. Wie viel Einsparpotenzial durch welche Maßnahmen jedoch tatsächlich gegeben ist, lässt sich nur schwer beziffern. Zu sehr differenzieren die einzelnen Quellen und Untersuchungen. Prof. Michael Krödel vom IGT spricht von durchschnittlich 5 % für Privathaushalte. Wesentlich mehr Energieeinsparung sei bei Nichtwohngebäuden gegeben.
Größte Verbraucher und damit auch das größte Einsparpotenzial in privaten Haushalten dürfte bei der Gebäudeheizung liegen. Der Hauptansatzpunkt liegt im bedarfsgerechten Heizen. Ziel ist es, in den Räumen nur dann Wärme zur Verfügung zu stellen, wenn sie auch wirklich gebraucht wird. Smart Home-Lösungen können hier einen entscheidenden Beitrag leis­ten, um Vorgänge wie das Absenken der Temperaturen bei Abwesenheit oder beim Öffnen der Fenster zu automatisieren.
Das Nutzungsverhalten der Bewohner beeinflusst den Energieaufwand erheblich. Die Vernetzung und Automatisierung der eingebunden Komponenten stellt aber eine bedarfsgerechte Anpassung des Heizverhaltens sicher. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) hat eine Vergleichsrechnung zwischen einer Standard- und einer Einzelraumregelung angelegt. Das Ergebnis: Je nach Nutzungsprofil ergaben sich Einsparpotenziale von rund 17 % bei Familien, rund 21 % bei Senioren und rund 38 % bei Singles.
Zusätzliches Energieeinsparpotenzial bietet Smart Metering. Dem Kunden werden damit tageszeitaktuelle Energiepreise übermittelt. Ziel ist, bestimmte Energieverbraucher wie Wasch- oder Spülmaschine automatisiert nach dem Energiepreis zu steuern. Durch diese Maßnahmen soll der private Haushalt als Verbraucher und als Erzeuger (Photovoltaikanlagen) in die Netz- und Erzeugungssteuerung der EVU integriert werden. Eine derartige Vernetzung, das Smart Grid, optimiert das Gesamtsystem hinsichtlich Effizienz und Sicherheit.
Im erweiterten Sinne ist unter Smart Metering die Verbrauchsmessung von einzelnen Geräten durch den Kunden zu verstehen. Über die Darstellung von Verbrauchskurven auf dem PC kann er Einsparpotenziale erkennen. Sensibilisierung und Transparenz sorgen im Idealfall für ein energiesparendes Nutzerverhalten. Bis 2020 sollen Smart Meter eine Marktdurchdringung von 80 % in Europa erreicht haben.
Das Institut Borderstep ist Koordinator des Forschungsprojekts „Shape“, das sich mit dem Energiemanagement im mehrgeschossigen Wohnungsbau durch Heimvernetzung und Heimautomatisierung beschäftigt. Durch ein dezentrales Energiemanagement können demnach bis zu 30 % Heizenergie und bis zu 10 % Strom eingespart werden. Möglich würde dies durch den Einsatz von Gebäudeautomatisie-
rung kombiniert mit Smart Grid-Techniken.
Laut Borderstep ist das Energieeinsparpotenzial in Haushalten nicht so leicht zu mobilisieren, da zum einen wenig Kenntnis über den Verbrauch einzelner Geräte herrsche und zum anderen ein großer Teil der Immobilien und Wohnungen vermietet ist. Investitionen in Energieeffizienz müssten, wenn sie relevante Einsparpotenziale realisieren sollen, sowohl durch den Mieter als auch Vermieter erfolgen. An diesem Punkt setzt „Shape“ an. Das Projekt möchte technische Komponenten und Software entwickeln, die die Ener­gieverbraucher (Strom und Heizung) steuern und so viele kleine Energieeffizienz- und -speicherpotenziale insbesondere in Mietwohnungen realisieren. Dadurch wird eine Kopplung an Smart ­Grids (Smart Metering, Nahwärmenetze und Integration regenerativer Energiequellen etc.) möglich.

Fazit und Ausblick
Für eine breitere Entwicklung der Smart Home-Nachfrage scheinen die Faktoren Interoperabilität der Systeme und die Ausrichtung am Kundennutzen sowie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis relevant. Aber auch staatliche Anreize dürften eine Rolle spielen. Die Förderpolitik im Gebäudebereich zur Mobilisierung von Potenzialen zum Energiesparen darf sich nicht nur auf klassische Sanierungsmaßnahmen fokussieren, sondern verstärkt Energiemanagement mithilfe von Smart Home-Lösungen berücksichtigen. Denn das Nutzungsverhalten gibt den Ausschlag für den tatsächlichen Energieverbrauch eines Gebäudes. ?

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

 


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