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Mit Bäumen Wald retten

Holz aus Kurzumtriebsplantagen für eine energetische Nutzung.

 

 

W a l d erfüllt in Deutschland multifunktionale Aufgaben, indem er wirtschaftlichen Nutzen und be-deutende Leistungen für die Umwelt sowie für die Erholung der Menschen erbringt.H o l z ist bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Wald, die gleichermaßen mit positiven wirt-schaftlichen, sozialen sowie ökologischen Wirkungen verbunden ist, nach der Zeit unbegrenzt, nach dem Umfang aber für eine wirtschaftliche Nutzung nur begrenzt verfügbar. Das unterscheidet die Bereitstellung nachwachsender Rohstoffe wie Holz von der aller anderen mineralischen Rohstoffe.

Deutschland verfügt (nach Russland) über die größten H o l z v o r r ä t e Europas (etwa 340 Vorrats-festmeter pro Hektar). Seit etwa zwei Jahrzehnten werden diese Ressourcen zunehmend stofflich und energetisch genutzt. Schon heute ist Holz in Deutschland der bedeutendste nachwachsende Rohstoff. Zukünftig wird Holz im Rahmen einer ‚Rohstoffersatzwirtschaft‘ zusätzlich eine große Be-deutung für die Produktion von chemischen Grundstoffen erlangen.

Bei einer linearen Fortführung dieser aus ökologischen (u.a. Klimaschutz) und ökonomischen (v.a. Wertschöpfung) Gesichtspunkten sinnvollen Holznutzung aus dem Wald sowie durch zunehmende Wald-Nutzungsrestriktionen (u.a. Biodiversität, Naturschutz), ist in Deutschland ein Holzdefizit ab 2020 von etwa 20 … 30 Mio. Erntefestmetern pro Jahr zu erwarten. Dies beeinflusst die Wertschöpfung aus Holz und mindert den positiven Beitrag der Nutzung von Holz für die Energiewende. Ohne die Verwendung von Holz zum Bauen, Wohnen und Heizen hätte Deutschland eine um 13 % höhere Treibhausgasemission. Eine Tonne Holz speichert und substituiert 5,6 t CO2-Äquivalente. Holzproduk-te speichern jährlich 18 Mio. t CO2. Durch den Verzicht auf energieaufwändige Materialien (‚Material-Substitution‘) wird die Emission von 57 Mio. t CO2 vermieden und durch die energetische Nutzung von Holzprodukten, möglichst am Ende ihrer Lebensdauer, werden weitere 30 Mio. t CO2 eingespart. Durch die Nutzung von Holz ergibt sich in der Summe eine jährliche CO2-Reduzierung von 105 Mio. t.

Dies entspricht etwa vier Fünftel der aktuellen Gesamtleistung erneuerbaren Energien (Wind, Solar, Geothermie, Biomasse, Wasser).

Je nach Bewirtschaftungsintensität können in Deutschland jährlich 70 bis 80 Mio. m3 Derbholz genutzt werden. Nach der offiziellen Statistik wurden 2011 in Deutschland etwa 56 Mio. m³ Holz (‚Erntefest-meter‘) eingeschlagen; wissenschaftliche Berechnungen gehen jedoch von etwa 70 Mio. m3 aus. Demnach ist das jährlich nutzbare Rohholzpotenzial bereits heute zu ungefähr 90 % ausgeschöpft. Das jährlich nutzbare Waldrestholz (< 7 cm) wird unter den gegenwärtigen Bedingungen auf 10 bis 20 Mio. m3 geschätzt, wozu etwa 7,5 Mio. m3 Rinde kommen. Damit beträgt das gesamte Waldholz-potenzial pro Jahr etwa 100 Mio. m3. Während mit dem geernteten Derbholz auch die Rinde genutzt wird, ist das Waldrestholz-Potenzial erst zu etwa 10 Mio. m3 ausgeschöpft. Die Nutzungsreserven von Waldholz liegen dabei vor allem im kleinstrukturierten Privatwald.

Holz-Importe können kurzfristig den Holzmarkt entlasten. Langfristig werden heutige Holz-Exportländer jedoch verstärkt Bioenergie im eigenen Land nutzen.

Die Unternehmen des Forst-Holz-Clusters in Deutschland beschäftigen etwa eine Million Menschen, welche einen Umsatz von etwa 170 Mrd. € pro Jahr erwirtschaften (2007). Zur langfristigen Sicherung der Holzwirtschaft in Deutschland sollten daher vorhandene Strategien der Waldnutzung und Holzpro-duktion überprüft sowie neue Strategien einer effizienten Landnutzung entwickelt werden.

Kurzumtriebswirtschaft – eine neue Strategie für die Produktion und Bereitstellung von Holz für eine energetische Nutzung und eine Rohstoffersatzwirtschaft

Obwohl über eine kurzfristige Erschließung zusätzliche W a l d h o l z p o t e n z i a l e und über eine Steigerung der H o l z i m p o r t e sowie über langfristig wirkende Veränderungen der Waldbaustra-tegie begrenzt zusätzliche Mengen von Waldholz bereitgestellt werden können, ist das prognostizierte Holzdefizit allein über diese Wege nicht zu schließen. Demgegenüber können KUP einen entscheidenden Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten.

Trotz aller Bemühungen der vergangenen Jahre beträgt die Gesamtfläche des KUP-Anbaus nur etwa 5.000 ha. Eine ‚kritische Masse‘ zum Aufbau eines eigenen Energiepfades mit Holz aus KUP bedarf aber mindestens 50.000 bis 100.000 ha. Verschiedene Szenarien und Prognosen gehen von einem KUP-Flächenpotenzial von 100.000 bis 1 Mio. ha aus. In diesem Umfang könnten KUP einen erhebli-chen Beitrag zur Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung leisten. Außerdem würden sie der Rohstoffverknappung entgegenwirken und den durch weitere Nutzungsbeschränkungen verstärkten Druck auf das Waldholz-Aufkommen verringern. Selbst wenn die KUP-Fläche um jährlich 5.000 ha wüchse, bedürfte es mehr als 100 Jahre, um dieses Ziel zu erreichen. Dies zeigt, dass die genannten KUP-Flächenpotenziale nur mit außergewöhnlichen Anstrengungen der Akteure in Politik und Wirt-schaft erschlossen werden können. Der Aufbau regionaler Wärmeversorgungskonzepte auf der Basis regional erzeugter Hackschnitzel aus KUP erscheint hierbei als ein wichtiger ‚Meilenstein‘ für die Energiewende.

KUP erbringen bessere ökologische Leistungen gegenüber intensiv bewirtschafteten einjährigen landwirtschaftlichen Kulturen:

• extensiv bewirtschaftete Dauerkultur, höhere Biodiversität als intensiv bewirtschaftete Acker-kulturen, geringerer Bedarf an Spritzmitteln und mineralischer Düngung, Erosionsminderung, besserer Wasserrückhalt und -speicher, Humusanreicherung im Boden (unterirdischer Koh-lenstoffspeicher!), Verbesserung der Bodenbiologie und weiterer Bodenfunktionen;

• geringerer Bedarf an Pflanzenschutzmittel als in intensiven landwirtschaftlichen Ackerkultu-ren; für KUP bestehen zudem gute Perspektiven für die Zucht von Antagonisten von Schädlingen;

• geringer ‚carbon footprint‘ im Vergleich zu anderen Bioenergiepfaden, hohe Energieeffizienz (Verhältnis Energie-Output:Input ‚frei Feld‘ bei Pappel-KUP 60:1 im Vergleich zu Mais 10 bis 15:1 oder zu Raps 7:1), damit hohe CO2-Vermeidungsleistung bei geringen CO2-Vermeidungskosten;

• gutes Potenzial auch auf landwirtschaftlichen Standorten mit mäßiger Eignung für konventio-nelle Ackerkulturen;

• Möglichkeit des Anbaus auf Sonderstandorten (Bergbaufolgelandschaften, kontaminierte Flä-chen);

• Verbesserung des Landschaftsbildes in ‚ausgeräumten‘ Agrarlandschaften;

• Schließung regionaler Stoffkreisläufe durch Entwicklung dezentraler und regionaler Wärme-versorgungskonzepte mit Rückbringung der Holzasche auf die Flächen;

• Hohe, nicht ersetzbare Gemeinwohlleistungen für Gesundheit (Luftstaubfilter) und Klimaan-passung;

• Gutes Ertrags-Steigerungspotenzial, hohe Widerstandsfähigkeit gegen Pathogene und Dürre sowie eine große Vielfalt (Diversifizierung) an Klonen durch Züchtung und weitere pflanzen-bauliche Optimierung der noch jungen landwirtschaftlichen Form der Landbewirtschaftung auch unter Verzicht auf GVO.

Nach Einzelfallprüfung sollten Kurzumtriebsplantagen auch auf Grünlandflächen mit g e r i n g e m N a t u r s c h u t z w e r t angelegt werden können. Für die Flächenwahl sind entsprechende Krite-rien zu entwickeln. Die Folgen des Anbaus von KUP auf Grünlandstandorten sollten genauer untersucht werden (u.a. Entwicklung von Biodiversität, Kohlenstoffspeicherung etc.).

Auf geeigneten Standorten warten KUP zudem mit guten ökonomischen Ergebnissen auf:

• Unter derzeitigen Bedingungen zu Feldfrüchten vergleichbares oder besseres jährliches Be-triebsergebnis (KUP-Standdauer > 24 Jahre), beim Aufbau einer langfristigen Kooperation mit Abnehmern Sicherung einer stabilen Einkommenskomponente im landwirtschaftlichen Be-trieb, Entzerrung von Arbeitsspitzen im landwirtschaftlichen Betrieb sowie im Gegensatz zu Feldfrüchten kein Verkaufsdruck in Jahren schlechter Preise;

• Sicherung der Wertschöpfung in der Region.

Eine Kurzumtriebswirtschaft ist für Landwirte eine relativ neue Form der Land-Bewirtschaftung. Im Vergleich zu traditionellen einjährigen Kulturen schreckt der Landwirt vor der langfristigen Flächenbin-dung, die mit hohen Investitionen für aufwändige Pflanzmaßnahmen verbunden ist, zurück. Hinzu kommen weitere Hemmnisse für die Erweiterung der KUP-Fläche in Deutschland:

• wenig erkennbarer politischer Wille auf Bundes- und Landesebene, eine Kurzumtriebswirt-schaft zu entwickeln und zu fördern;

• Bedenken der Landwirte hinsichtlich eines langfristig sicheren Absatzes von KUP-Hackschnitzeln (Konkurrenzprodukt ‚Waldhackschnitzel‘, Problem Hackschnitzel-‚Trocknung‘ und -‚Lagerung‘, Strom: Wettbewerbsproblem, Wärme: Qualitätsproblem);

• landwirtschaftlichen Institutionen der Bundesländer schätzen die Wirtschaftlichkeit sehr hete-rogen ein und raten Landwirten kaum zu dieser Bewirtschaftung;

• die ökologischen Leistungen von KUP (bspw. hohe Energieeffizienz, hohe CO2-Vermeidungsleistung bei niedrigen Kosten, hohe Biodiversität, Erosionsschutz) werden weder wirtschaftlich noch kommunikativ honoriert, möglicherweise auch, um Nachteile konventio-neller Bioenergiepfade (z.B. Biogas und BtL) nicht hervorzuheben;

• Ansätze, die ökologischen Wirkungen von KUP auf Grünlandstandorten mit geringem Natur-schutzwert zu untersuchen bzw. zu etablieren werden (bisher) von politischer Seite nicht befördert, obwohl es hierbei um den Ersatz einer Dauerkultur durch eine andere geht, ohne den Dauerkultur-Status der Fläche in Frage zu stellen;

• es bestehen bei Landwirten ‚psychologische Barrieren‘ gegenüber Bäumen auf Ackerflächen;

• bei der Anlage von KUP besteht die Notwendigkeit, eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben zu be-achten, die es für einjährige landwirtschaftliche Kulturen in diesem Umfang nicht gibt;

• es gibt zu wenig öffentlich propagierte innovative Geschäftsmodelle für eine Kurzumtriebs-wirtschaft in Kombination mit einem langfristigen Absatz von KUP-Hackschnitzeln (Kooperation zwischen Produzent und Verbraucher);

• es mangelt an technisch ausgereiften Lösungen (‚Spezialtechnik‘) für eine kostengünstige Ernte, vor allem in kleinen und mittelgroßen landwirtschaftlichen Betrieben;

• es gibt eine Reihe biotischer und abiotischer Risiken für KUP, die bisher mangels ausreichen-der Erfahrung sowie angepasster Regulationsverfahren schwer einzuschätzen und zu beherrschen sind (Ausfallraten, Wildschäden, Pilz- und Insektenschäden, Ertragserwartung).

Diese Hemmnisse können durch politisches Handeln verringert und beseitigt werden:

• Schaffung zielgerichteter finanzieller Marktanreize auf europäischer Ebene sowie auf Bundes- und Landesebene zur Anlage und Bewirtschaftung von KUP;

• Spezifische KUP-Förderung innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur & Küsten-schutz (GAK) mit einem einmaligen Investitionskostenzuschuss und einer begrenzten Laufzeit;

• Verringerung der Anzahl juristischer und administrativer Regelungen und Hemmnisse für eine Anlage und Bewirtschaftung von KUP;

• Monetäre Bewertung ökosystemarer Dienstleistungen von KUP-Landnutzungssystemen;

• Förderung der Verwerter von KUP-Hackschnitzeln bzw. des Baus von mit Hackschnitzeln be-feuerten BHKW;

• Anerkennung von KUP als ökologische Vorrangflächen im Rahmen des geplanten GREENING-Programmes (GAP-Reform);

• Förderung und Stärkung regionaler Entwicklungen von ‚Leuchtturmkonzepten‘ für eine regio-nale Wärmeversorgung (‚Energiewende von unten‘);

• Förderung des Aufbaus regionaler Wertschöpfungsketten;

• Ausrichtung der Förderung auf KUP, da dieser ‚Energiepfad‘ wesentlich energieeffizienter als alle anderen Anbausysteme von Biomasse sind;

• Intensivierung des Wissenstransfers in die Praxis (landwirtschaftliche Unternehmen, Unter-nehmen der Energiewirtschaft, Behörden, Kommunen).

 


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