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Mehr als ein Molekül aus Sauerstoff und Wasserstoff

Eine kleine Wissenschaft für sich: die Aufbereitung des Füll- und Ergänzungswassers für Heizungsanlagen. Herstellerlösungen aber machen die Anwendung leicht

Schnittbild einer „Purotap micro“-Entsalzungspatrone von Elysator. Die Einwegpatrone mit Farbumschlagharz filtert alle schädlichen Inhaltsstoffe aus dem Füllwasser und zeigt durch einen Farbwechsel beim Harz den Verbrauch an. Bild: Elysator

Die „AQA therm HWG“ von BWT dient zum Be- und Nachfüllen von Heizungsanlagen mit aufbereitetem (enthärtetem/salzarmem) Wasser nach VDI 2035 Blatt 1 sowie zum Erfassen der notwendigen Spül-, Füll- und Nachfüllmengen. Bild: BWT

Mit dem „Füll-Caddy 3200“ von SYR lassen sich große Heizungsanlagen mit vollentsalztem Wasser befüllen. Alle Bestandteile für eine normgerechte Befüllung sind vorhanden, u.  a. eine „Füllcombi BA Euro“ mit integriertem Systemtrenner BA und Druckminderer und das „AnschlussCenter 3200“ mit digitaler Kapazitätskontrolle. Bild: SYR

Die „Geno-therm Armatur Komfort“ von Grünbeck ermöglicht die einfache Erstbefüllung und Nachspeisung von Heizungsanlagen. Gegenüber der „Basic“-Ausführung verfügt die „Komfort“ zusätzlich über eine LF-Messzelle zur Überwachung der Kartuschen- bzw. Patronenkapazität. Bild: Grünbeck

Die Heizungsbefüllstation „PT-IB 20“ von Perma-trade speist bei fallendem Anlagendruck automatisch entmineralisiertes Wasser nach. Gleichzeitig wird die Wasserhärte bzw. Leitfähigkeit erkannt und die Kapazität der Entmineralisierungseinheit überwacht. Bild: perma-trade

Die Befüllstation „profi mobil plus“ von Magnetic schafft bis zu 1500 l vollentsalztes Wasser pro Stunde. Mit ihr lassen sich jegliche Arten von Heizungsanlagen befüllen. Bild: Magnetic

Zwei Baueinheiten vereint das „Füllkombi BA Center Plus“ von Caleffi: Es erfüllt als Aufbereitungs- und Füllsystem sowie als Reinigungssystem (Schlammabscheider mit Magnet) alle Anforderungen aus Normen und Richtlinien an das wärme­übertragende Medium von geschlossenen Heizungsanlagen. Bild: Caleffi

„HARDY JUN.“ ist das einzige 3-in-1-System am Markt, welches enthärten, entsalzen oder filtern kann. Es eignet sich sowohl zur Befüllung als auch zur Nachspeisung von Kleinanlagen mit VDI-2035-konformem Wasser. Bild: Hannemann Wassertechnik

Neben der „Fillsoft“-Enthärtungsanlage zum Schutz vor Steinbildung setzen Fachhandwerker auf das Prinzip der Vollentsalzung durch „Fillsoft Zero“. Sie übernimmt auch den geforderten Korrosionsschutz. Bild: Reflex

 

Dass Heizungsfüll- und -ergänzungswasser in aller Regel aufbereitet werden muss, dürfte bekannt sein. Denn das Trinkwasser enthält als „Kesselspeisewasser“ Bestandteile, die im wärmeübertragenden Medium einer Heizungsanlage schädlich sein können, da sie Kalkablagerungen und Korrosion verursachen. Das kann zu Funktionsstörungen, Reduzierung des Wärmeübergangs, ja bis hin zum Versagen von Systemkomponenten führen. Es gibt zwei grundlegende Arten von Heizungswasseraufbereitung: die Enthärtung und die Entsalzung. Beide haben ihre ganz spezifischen Einsatzgebiete.

Heizkessel moderner Prägung sind hochgezüchtete High-Tech-Produkte, die unter allen Betriebsbedingungen energieeffizient und störungsfrei ihre Wärmeleistung über ihren gesamten Lebenszyklus zur Verfügung stellen müssen. Aber: Zu spezifisch sind die durch neue Werkstoffe und Anlagenbedingungen definierten Anforderungen an das Heizungswasser, als dass Trinkwasser dort etwas zu suchen hätte. Aufgrund der immer moderneren Bauweise und Konstruktion von Heizgeräten reagieren insbesondere die Wärmeerzeuger sensibel auf hartes und korrosives Füllwasser, gerade die Werkstoffe Aluminium und Edelstahl reagieren allergisch darauf.
Ein Problem stellt auch der heute gängige Materialmix dar. Während früher ein Heizsystem hauptsächlich in Stahl ausgeführt wurde, kommen heute oft moderne Verbindungstechniken in Aluminium-, Kupfer-, Edelstahl- und Kunststoffwerkstoffen zum Einsatz. Bei Letzterem spielt der permanente Eintrag von Sauerstoff eine tragende Rolle bezüglich Korrosion und Verschlammen. Tatsache ist, dass in sauerstoffarmem Heizungswasser die Wahrscheinlichkeit für Korrosionsschäden geringer ist. In der VDI 2035 heißt es dazu: „Ein ständiger Sauerstoffeintrag ist zu vermeiden.“
Wie Schäden in Warmwasser-Heizungsanlagen vorgebeugt werden kann, regelt die VDI-Richtlinie 2035. Teil 1 behandelt die Vermeidung von Steinbildung (Kalk), Teil 2 die Vermeidung von Korrosionsschäden. Ergo müssen alle schädlichen Stoffe eliminiert werden, insbesondere die Kationen und Anionen, besser bekannt als Salze. Hauptstörfaktoren sind Belagbildung und Korrosion. Bei der Belagbildung ist die Verkalkung des Wärmeübertragers und der Anlagenkomponenten gemeint. Die Korrosion geht meist mit einem Verschlammen der Anlage einher, was sogar zum Durchbruch von Kesselkörpern und Leitungen führen kann. Beeinflusst wird dies hauptsächlich von

  • der elektrischen Leitfähigkeit (gelöste Ionen oder auch Salze),
  • vom Sauerstoffgehalt und
  • vom pH-Wert.

Alle im Wasser gelösten Stoffe sind Ionen, auch als „Salze” bekannt. Unterschieden wird in „Kationen” mit positiver Ladung und in „Anionen” mit negativer Ladung. Beide haben unterschiedliche Auswirkungen im Wasserhaushalt.
Zu den Kationen zählen Calcium und Magnesium (die sogenannten Härtebildner) sowie Natrium, Kalium, Mangan, Eisen und Ammonium. Anionen sind Chlorid, Sulfat, Nitrat (die sogenannten korrosiven Salze). Auch gebundene Kohlensäure (CO3), Nitrit, Fluorid etc. sind ­Anionen. Calcium und Magnesium werden mit dem Kationentauscher entfernt. Diese Stoffe sind hauptsächlich für die Belagbildung, beispielsweise an Wärme­übertragern, verantwortlich, wenn im Zuge des Aufheizens die gebundene Kohlensäure ausgetrieben und damit das Kalk/Kohlesäure-Gleichgewicht gestört wird.
Je nach Region hat Trinkwasser eine andere Zusammensetzung und andere Eigenschaften. Abhängig vom Härtegrad, dem pH-Wert und der elektrischen Leitfähigkeit des Trinkwassers kann unter Umständen sogar auf die Wasseraufbereitung verzichtet werden. Von besonderer Bedeutung ist die Berechnung des zulässigen Härtegrades. Er ist im Verhältnis zum Füll- und Ergänzungswasser zu bestimmen. Meistens kann die Gesamthärte (in °dH) über ein Diagramm ermittelt werden. Dieses zeigt, ob Maßnahmen zur Wasseraufbereitung erforderlich sind. Über der Kurve ist das Wasser aufzubereiten, darunter nicht. In der VDI 2035 (Blatt 1) heißt es beispielsweise: „Um die Steinbildung zu quantifizieren, ist das Ergebnis der Wasseranalyse, z. B. beim Wasserversorgungsunternehmen (WVU), zu erfragen.“ Der Leitfähigkeitswert des Trinkwassers ist ebenfalls in der Analyse des WVU zu finden. Zur genaueren Beurteilung der Steinbildung werden die Werte für die Konzentration an Calcium, die Säurekapazität sowie die Füll- und Ergänzungswassermengen benötigt.
Eine vereinfachte Beurteilung ist auch allein anhand der Parameter „Summe Erdalkalien“ und „Gesamthärte“ zulässig und empfehlenswert. Die Gesamthärte ist die Summe der Konzentration an Calcium- und Magnesiumionen im Füll- und Ergänzungswasser. Formel und Richtwerte sind Bestandteil der VDI 2035. Liegt die Analyse des Füll- und Ergänzungswassers über dem Richtwert der Tabelle, ist vorzugsweise zu enthärten oder es müssen andere Maßnahmen eingeleitet werden.
Der Sauerstoffgehalt kann nur bedingt beeinflusst werden, dafür gibt es technische Lösungen. Jedoch helfen eine sorgfältige Ausführung des Anlagensystems und die richtige Auslegung des so wichtigen Ausdehnungsgefäßes. Der pH-Wert stellt sich infolge der Eigenalkalisierung meist von selbst ein, muss aber einmal im Jahr überprüft werden.
Es gib also viele Gründe, Kesselspeisewasser als wichtige, eigenständige Komponente einer Heizungsanlage zu behandeln. Dafür gibt es exakte Vorgaben der Kessel- und Komponentenhersteller (wie Hocheffizienzpumpen) was die Beschaffenheit (Qualität) des wärmeübertragenden Mediums anbelangt. Die spezifischen Anforderungen für ihre Geräte definieren die Hersteller in der Montageanleitung mit Erläuterungen und Vorgaben ihrer Grenzwerte.

Zwei Methoden für Wasseraufbereitung
Wie eingangs erwähnt, sind zwei Möglichkeiten der Wasseraufbereitung heute üblich: die Enthärtung und die Entsalzung.

Enthärtung
Bei der Enthärtung wird Kationenharz verwendet. Hierbei werden Calcium und Magnesium gegen das bei höheren Temperaturen besser lösliche Natrium ausgetauscht. Ein Verkalken des Wärme­übertragers wird somit verhindert. Jedoch bleibt die elektrische Leitfähigkeit unverändert erhalten, da die Ionenbilanz nicht verändert wird. Das Korrosionspotenzial bleibt bestehen. Zur Vorbeugung von Korrosion kann daher zusätzlich eine chemische Behandlung mit Inhibitoren erforderlich sein, was aber die Leitfähigkeit negativ beeinflussen kann.

Vollentsalzung
Bei der Vollentsalzung (Demineralisierung) werden neben den Härtebildnern (Calcium und Magnesium) auch Natrium und die korrosiven Salze entfernt (Chlorid, Sulfat, Nitrat) und die gebundene Kohlensäure. Das Ergebnis ist eine „Nullionenbilanz”, mit einer geringen elektrischen Leitfähigkeit, da das Mischbettharz mit Wasserstoffionen beladen ist. Alle Kat­ionen werden gegen Wasserstoffionen (H+) und alle Anionen gegen Hydroxidionen (OH-) ausgetauscht. Da die elektrische Leitfähigkeit hierbei gegen null geht, wird auch das Korrosionspotenzial deutlich reduziert. Eine Metallionenwanderung aus der Metalloberfläche wird durch den Isolator (Wasser) weitestgehend verhindert.

Vorgaben der Komponentenhersteller
Aber ob Wasserenthärtung oder Wasserent­salzung: Die Herstellervorgaben der Wärmeerzeuger müssen unbedingt beachtet werden. Aus diesem Grund ist in geschlossen Heiz-, aber auch Kühlkreisläufen eine niedrige elektrische Leitfähigkeit anzustreben. Selbst einige Hersteller von Hocheffizienz-Umwälzpumpen erwarten, dass das Heizungswasser den Vorgaben der VDI 2035 entspricht. Wird also eine alte Pumpe gegen eine neue ausgetauscht, muss auch die Qualität des Heizungswassers stimmen.
Die Anbieter von Aufbereitungs- und Füllgeräten haben viele Lösungen entwickelt, um für alle Anlagengrößen aufbereitetes Heizungswasser einzuspeisen. Selbst einige Heizungshersteller bieten solche Lösungen mittlerweile an. Zu beachten ist: Das Vorschalten einer Füllkombination ist nach DIN EN 1717 bei der Befüllung zwingend notwendig. Wird mobil erstbefüllt, ist zur Nachspeisung ein Nachfüll- und Aufbereitungssys­tem – inkl. Systemtrenner – einzubauen.

Parameter im Umfeld müssen stimmen
Sauberes Heizungswasser ist Grundvoraussetzung für den effizienten und langlebigen Betrieb einer Heizungsanlage. Doch es hat einige natürliche Feinde: Sauerstoff, Schlamm- und Sandpartikel sowie kleine, eisenhaltige Schwebstoffe. Es liegt in der Natur der Sache, dass Heizungsanlagen nur mit „gesunden Kreisläufen“ unter optimalen Bedingungen arbeiten können. Kommt es zu Verunreinigungen – oder ändert sich die Zusammensetzung des Mediums – sind Störungen vorprogrammiert. Gleichzeitig nimmt die Leis­tung ab, im schlimmsten Fall droht sogar der Anlageninfarkt.
Je nach Konzentration und Größe können Verunreinigungen die Funktion der Anlage erheblich beeinträchtigen. Eine erste Filterung übernehmen die obligatorischen Systemtrenner, die mit einem Schmutzfänger ausgestattet sind. Schnell­entlüfter sind bauseits vom Kesselhersteller installiert. Meistens aber leider ohne zusätzliche Lufteintrittssperre, die bei Unterdruck verhindert, das Luft angesaugt wird. Daneben empfiehlt es sich grundsätzlich, Mikroblasen- und Schlammabscheider in die Anlage zu integrieren. Noch mehr Sicherheit bieten Schlammabscheider mit magnetischer Wirkung, da sie auch ferromagnetische Verunreinigungen, das sogenannte Magnetit, abscheiden. Dem Heizungsbauer obliegt es, die passenden Reinigungsorgane für eine Heizungsanlage vorzusehen, mit denen sich die „natürlichen Feinde“ des Mediums abscheiden lassen.

SHK-Betrieb und TGA-Fachplaner in der Pflicht
Um sich vor Haftungsansprüchen schützen zu können, muss das Heizungswasser den Vorgaben der Komponentenhersteller und der VDI 2035 entsprechen. Doch nicht gut damit. Der Betreiber ist zwar für den ordnungsgemäßen Zustand des Heizungswassers verantwortlich, aber: Selbst der VDI geht davon aus, dass der Betreiber als Laie dieser Pflicht nicht allein gerecht werden kann. Deshalb müssen sowohl der Fachplaner als auch der SHK-Betrieb den Betreiber entsprechend beratend unterstützen.
Das hat auch einen rechtlichen Hintergrund, da im Gewährleistungsfall der ordnungsgemäße Zustand des Wassers geprüft wird. Tatsächlich hat der Installateur zur eigenen Sicherheit als Anlagenersteller – und auch für den Betreiber – eine Dokumentationspflicht mit dem Führen eines Anlagenbuches. Es dokumentiert, welche Maßnahmen erforderlich sind, bzw. durchgeführt wurden. Dazu muss Füll- und Ergänzungswasser hinsichtlich seiner Gesamthärte, des pH-Werts und seiner Leitfähigkeit kontinuierlich gemessen werden. Die Ergebnisse sind in das Anlagenbuch einzutragen, genauso die nachgefüllten Mengen an Ergänzungswasser. Das Anlagenbuch fasst alle wichtigen Parameter beider Richtlinienteile praktisch zusammen.

Zusammenfassung
Fachhandwerker und Fachplaner sind beim Thema aufbereitetes Heizungswasser umfangreich in der Pflicht. Die Praxis zeigt, dass sie gut beraten sind, wenn sie den Empfehlungen der einschlägigen Normen und Richtlinien folgen, da sie die allgemein anerkannten Regeln der Technik und die Arbeitsgrundlage darstellen. Wie elektrische Leitfähigkeit, Sauerstoff, pH-Wert und Wasserhärte die Beschaffenheit des Kesselspeisewassers beeinflussen, dafür bedarf es einiger chemischer Grundkenntnisse. Doch wer sich an die Regeln hält, dürfte bei der Entschlüsselung des Heizungswasser-Codes keine großen Probleme haben.
Erster Schritt: Beim örtlichen Wasserversorger die Wasseranalyse besorgen.
Zweiter Schritt: Intensives Lesen der Montage- und Bedienungsanleitung. Bei Unklarheiten sollte man sich mit dem Heizungshersteller in Verbindung setzen. Abweichungen können zum Verlust von Ansprüchen führen.
Dritter Schritt: Der Betreiber ist über seine Pflichten und die Notwendigkeit zur Einhaltung der Vorgaben zur Heizungswasseraufbereitung aufzuklären. So lassen sich auch die Mehrkosten besser darstellen. Wünscht der Betreiber der Heizungsanlage, aus welchen Gründen auch immer, keine Heizungswasseraufbereitung, sollte sich der SHK-Betrieb dies schriftlich bestätigen lassen als Beweismittel im Garantie- oder Gewährleistungsfall.
Vierter Schritt: Führen eines Anlagenbuches. Das komplexe Hightech-Produkt Heizungsanlage bedingt eine nutzerorientierte Dokumentation aller Arbeiten und Vorgänge. Es dient auch als Nachweis,
wenn es bei Schadensfällen zu Auseinandersetzungen zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Hersteller kommt.

Autor: Dietmar Stump, freier Journalist mit Pressebüro

 


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