Materialermüdung von Solarmodulen voraussagen
Schneelasten, Temperaturschwankungen und Windböen: Solarmodule sind diversen Umwelteinflüssen ausgesetzt, die über Jahre das Material ermüden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM entwickelten ein Verfahren, mit dem sich die Auswirkungen dieser Einflüsse berechnen lassen. Ihr Simulationsmodell soll vorhersagen, wann das Material bricht oder sich ablöst.
Modulhersteller gewähren ihren Kunden bis zu 25 Jahre Garantie, doch sie können selbst nicht immer verlässliche Angaben über die Lebensdauer der Module machen. Bevor Photovoltaikpanele zugelassen werden, müssen sie bestimmte Normen erfüllen. Dazu werden die Module in verschiedenen Versuchen hohen Temperaturen oder starken mechanischen Belastungen ausgesetzt. „Diese Ergebnisse sagen aber lediglich etwas über die Robustheit eines fabrikneuen Exemplars gegenüber kurzzeitigen extremen Belastungen aus“, erklärt der Wissenschaftler Alexander Fromm vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg. Für die tatsächliche Lebensdauer seien dagegen alterungsbedingte Effekte, wie Materialermüdungen, relevant, die erst im Laufe der Zeit aufträten.
Fromm arbeitet im Bundesumweltministerium geförderten Projekt „Zuverlässigkeit von PV-Modulen II“ an einem neuen Verfahren, mit dem sich die Lebensdauer von Solarmodulen prognostizieren lässt: „Bei unserem zweigleisigen Prinzip kombinieren wir reale Messdaten mit einer numerischen Simulation.“ Dazu untersucht er zunächst in einem Feldtest, wie sich mechanische Belastungen auf die Anlage auswirken. Schneelasten, Temperaturschwankungen und Windböen erzeugen in den Modulen mechanische Spannungen. Das ermüdet das Material. Das Einbettmaterial aus Kunststoff und die Zellverbinder, die die Solarzellen miteinander verknüpfen, sind besonders anfällig. „Das ist, als würde man eine Büroklammer immer auf und ab biegen. Irgendwann bricht sie“, sagt Fromm.
Brise bewirkt Schwingungen im Modul
Die Fraunhofer Forscher statteten ein komplettes Solarmodul mit Sensoren aus, um die Einflüsse auf das Material zu erfassen. Bei der Auswertung stellten sie fest, dass schon leichter Wind ausreicht, um im Modul eine Schwingung zu erzeugen. Diese Schwingung ist ausgeprägter, je höher die Umgebungstemperatur ist. Darüber hinaus erhöht sich im Laufe der Zeit die Schwingungsfrequenz, da das Kunststoffmaterial durch UV-Strahlung steifer und spröder wird. „Die spannende Frage ist nun, wie sich diese Einflüsse langfristig auf die Lebensdauer der Komponenten auswirken. An dieser Stelle kommt unser Simulationsmodell ins Spiel“, erklärt Alexander Fromm.
Dazu wird für das Solarmodul ein detailliertes 3D-Simulationsmodell erstellt. Auf Basis der Messergebnisse aus dem Feldtest lässt sich dann mit numerischen Berechnungen ableiten, wie umweltbedingte Einflüsse langfristig auf die Modulkomponenten wirken und welche mechanischen Spannungen im Material auftreten. „Wir haben anhand der Simulation beispielsweise herausgefunden, dass die UV-bedingte Versprödung eine weitaus größere Rolle bei der Materialermüdung spielt als bislang angenommen“, sagt Fromm. Um die Lebensdauer eines Moduls vorhersagen zu können, kombinieren die Forscher die Messwerte aus dem Feldversuch mit bekannten Festigkeits-Kennwerten der entsprechenden Materialien. Zusammengenommen sagen diese Zahlen aus, ab welcher Belastung das Material voraussichtlich bricht oder sich ablöst.
Geometrie und Material verbessern
Um optimale und zuverlässige Prognosen zu erstellen, benötigen die Entwickler möglichst detaillierte Materialkenndaten und Informationen zur Geometrie des Moduls, das getestet werden soll. Anhand ihrer Berechnungen können die Forscher dann nicht nur Aussagen zur voraussichtlichen Lebensdauer treffen. Es lassen sich auch Verbesserungspotenziale hinsichtlich Geometrie und Material aufzeigen oder die Auswirkungen von unterschiedlichen Materialien auf die mechanischen Spannungen im Modul vorhersagen. (BINE)