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Mangelhafte Bauüberwachung kann Verjährungsfrist verlängern!

Ein Webinar der IKZ-ACADEMY zeigt am 30. Juni die vielseitigen, enormen Haftungsrisiken der Objektüberwachung auf und wie diese verhindert werden können. Ein Novum: Fragen können bereits vor Webinarbeginn gestellt werden!

Bild: Fotolia/Robert Kneschke

Verstärkte Überwachung von „schwachen“ Handwerkern. Gemäß einem Urteil des BGH gilt der Grundsatz: je schwächer der Handwerker, desto stärker die Überwachungspflicht. Hier empfiehlt sich für Planer ggf. Bedenken anzumelden, bevor eine Beauftragung solcher Handwerker durch den Bauherrn stattfindet. (AdobeStock/Kadmy)

Arbeitet der Planer lediglich als Bauüberwacher, so ist er nach hier vertretener Auffassung auch verpflichtet, die Ausführungsplanung eines anderen Planers auf Umsetzbarkeit zu überprüfen. (IKZ)

 

In den Jahren 2019 bis März 2020 wurden zum Thema Bauüberwachung in Deutschland 35 Urteile durch Oberlandesgerichte gefällt. Allein diese enorme Zahl zeigt, wie viel Uneinigkeiten auf heimischen Baustellen entstehen. So wundert es nicht, dass die Objektüberwachung auch das haftungsträchtigste Thema rund um die Bauabwicklung ist. Ein Webinar klärt auf.

Wie viel Objektüberwachung1) ist notwendig? Welche Tätigkeiten müssen überwacht bzw. kontrolliert werden? Und wie muss man sich Verhalten, um nicht in die Gefahr einer verlängerten Verjährungsfrist von bis zu 30 Jahren zu geraten? Diese und viele weitere Fragen tauchen spätestens dann auf, wenn im Bauablauf Fehler passieren und gerichtliche Auseinandersetzungen drohen. Nachfolgend ein erster Überblick zur Rechtslage. Zudem zeigt am 30. Juni 2020 ein Webinar zum Thema detailliert Praxissituationen auf, die Antworten auf diese und weitere Fragen geben (siehe Kasten Webinar).

Grundsätzliches

Sowohl im Leistungsbild „Objektplanung“ als auch im Leistungsbild „technische Ausrüstung“ der HOAI ist die Bauüberwachung mit den Grundleistungen „a“ und „k“ von insgesamt 16 Grundleistungen zu diesen Leistungsphasen abgebildet.

In der Grundleistung „k“ der Leistungsphase 8 geht es im Wesentlichen um die Abnahme. Während der Objektplaner nach seinen Pflichten die Abnahme der Bauleistungen zu organisieren hat, hat der TGA-Planer hier lediglich bei der fachtechnischen Abnahme seines Leistungsteils mitzuwirken. Die Grundleistung „a“ aus der Leistungsphase 8 ist für Objekt- und TGA-Planer fast identisch. Inhalt dieser Grundleistung ist: Überwachen der Ausführung des Objektes auf Übereinstimmung mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung oder Zustimmung, den Verträgen mit den ausführenden Unternehmen, den Ausführungsunterlagen, den Montage- und Werkstattplänen, den einschlägigen Vorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Nun könnte der informierte Leser an dieser Stelle einwenden, dass die HOAI und letztlich die dazugehörigen Anlagen nur dazu dienen sollen, das Honorar des Objekt- oder TGA-Planers zu ermitteln. In der Tat richtet sich die Haftung des Planers im Rahmen der Bauüberwachung nicht nach der HOAI, sondern nach den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Vertragsbeteiligten im Planungsbereich in aller Regel zur Festlegung der Leistungspflichten des Planers auf die HOAI beziehen und diese mehr oder weniger zum Leistungsinhalt – auf vertraglicher Grundlage – machen. Damit wird dann auch der Leistungsinhalt der Grundleistung „a“ aus der Leistungsphase 8 zum Vertragsinhalt.

Zudem hat die höchstrichterliche Rechtsprechung im Rahmen der Ermittlung der vom Planer geschuldeten Teilleistungserfolge festgelegt, dass eine ordnungsgemäß durchgeführte Bauüberwachung wesentlich für das Entstehen einer mangelfreien Bauleistung ist. Damit schuldet ein Planer selbst dann eine ordnungsgemäß durchgeführte Bauüberwachung, wenn der Vertrag ohne Bezug auf die HOAI geschlossen worden ist.

In der Neuregelung des § 650 p BGB, der zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurde diese Rechtsprechung aufgegriffen.

Weniger Honorar heißt nicht weniger Leistung

Im Übrigen muss auch mit einem anderen großen Branchenirrtum aufgeräumt werden. Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich keinesfalls nach der Höhe des vereinbarten Honorars (OLG Oldenburg, IBR 2007, 380). Damit kann dem Planer an dieser Stelle nur empfohlen werden, für die Leis tung Bauüberwachung in jedem Falle ein auskömmliches Honorar zu vereinbaren.

Umfang der Überwachungspflicht

Der Umfang des vom Planers in dieser Leis tungsphase zu erbringenden Tätigkeiten ist anspruchsvoll. Insbesondere die Anforderungen der einschlägigen Rechtsprechung im Rahmen von Haftungsprozessen sind hoch und müssen im Einzelfall beachtet werden.

Im Rahmen des Webinars am 30. Juni wird vor diesem Hintergrund auch gezielt auf den Haftungsumfang eingegangen. Dabei werden u. a. Fehleinschätzungen der Branche aufgezeigt, die immer wieder in Prozessen vorgetragen werden. Ein Beispiel zeigt das Thema handwerkliche Selbstverständlichkeiten, mit der Frage: Muss der Planer im Rahmen der Bauüberwachung diese auch überwachen? Dazu nachfolgend ein kurzer Einblick in die Thematik.

Handwerkliche Selbstverständlichkeiten

Der Jurist definiert handwerkliche Selbstverständlichkeiten als allgemein übliche, gängige und einfache Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann.

Der Bauüberwacher darf sich hier bis zu einem gewissen Grade auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen (OLG Düsseldorf, BauR 2013, 489). In dieser Aussage steht allerdings auch die Formulierung „...zu einem gewissen Grade…“. Dies ist – wie die Formulierung „im Zweifel“ – eine juristische Hintertür, mit der auch für handwerkliche Selbstverständlichkeiten letztlich wieder eine Bauüberwachung gefordert wird.

Die Juristen formulieren das dann so: Bei einfachen, gängigen Tätigkeiten werden deshalb (wenige) Stichproben (z. B. hinsichtlich der Materialauswahl – OLG Schleswig, IBR 2011, 530) während der Bauausführung und eine Kontrolle an deren Ende im Zweifel ausreichen (Kammergericht, IBR 2016, 22). Auch hier darf man wieder die zwei Worte „im Zweifel“ mitlesen. Das OLG Schleswig hat festgelegt, dass die Ausführung handwerklicher Selbstverständlichkeiten „anlassbezogen“ zu überprüfen ist (OLG Schleswig, IBR 2011, 530).

Praxisbeispiel

Eine Entscheidung des OLG Brandenburg vom 24. Oktober 2019 liefert dazu ein prägnantes Beispiel. Ein SHK-Unternehmen hatte für eine Schulturnhalle die gesamte Trinkwasserinstallation zu errichten. Nach Fertigstellung und Abnahme kam es zu erheblichen Undichtigkeiten an dieser Installation. Sachverständig wurde festgestellt, dass sogenannte interkristalline Korrosion dafür verantwortlich war. Zurückzuführen war dies darauf, dass das vom Installateur zu verwendende Edelstahlrohr im Rahmen der Verarbeitungsphase einer Wärmewirkung ausgesetzt worden ist (die Rohrleitungen wurden geflext). Des Weiteren seien auch bei der Errichtung der Trinkwasserleitungen und Herstellung der Pressverbindungen ungeeignete Presswerkzeuge verwendet und bei den Pressvorgängen im Bereich der Form- und Verbindungsstücke handwerkliche Ausführungsfehler begangen worden.

Der mit der Bauüberwachung betraute Planer hatte diese Mängel im Rahmen der Bauüberwachung nicht festgestellt. Er wurde vom OLG Brandenburg für diese Mängel haftbar gemacht. Interessant sind die vom Gericht zur Bauüberwachung aufgestellten Leitsätze:

 

Webinar: Mangelfreie Bauüberwachung – Oder bis zu 30 Jahre Verjährungsfrist?

Wie viel Bauüberwachung ist notwendig? Welche Tätigkeiten müssen kontrolliert werden? Wo drohen rechtliche Konsequenzen und wie lassen sie sich vermeiden? Und wie muss man sich Verhalten, um nicht in die Gefahr einer verlängerten Verjährungsfrist von bis zu 30 Jahren zu geraten?

Diese und weitere Fragen beantwortet ein Webinar der IKZ-ACADEMY in Kooperation mit dem Baurechtsspezialisten RA Thomas Herrig. Dazu wird die neueste Rechtsprechung zum Thema Umfang der Überwachungspflichten des Planers erläutert und auch die Frage geklärt, inwieweit handwerkliche Selbstverständlichkeiten zu überwachen sind. Unter Berücksichtigung der Regelungen im neuen Bauvertragsrecht werden zudem Hinweise zur Vertragsgestaltung und Haftungsbegrenzung gegeben. Darüber hinaus erfolgt eine Darstellung der für den Planer wichtigen Neuregelungen aus dem Bauvertragsrecht im Bereich der gesamtschuldnerischen Haftung.

Das einstündige Webinar findet statt am 30. Juni um 16 Uhr. Die Kosten betragen 49,- Euro, zzgl. MwSt. IKZ-select-Premium-Mitglieder können kostenfrei teilnehmen. Zudem können Fragen nach Anmeldung bereits vor Webinarbeginn per E-Mail gestellt werden, die dann im Rahmen der Veranstaltung aufgegriffen und geklärt werden.

  • Der Planer muss die Bauarbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Er ist jedoch nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten.
  • Nur bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Planer zur erhöhten Aufmerksamkeit und zu einer intensiven Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
  • Einfache und gängige Tätigkeit (handwerkliche Selbstverständlichkeiten), die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, sind zumindest stichprobenhaft zu überwachen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein hohes Mangelrisiko besteht (OLG Brandenburg, Urteil vom 24. Oktober 2019 – 12 U 47/19).

Das OLG Brandenburg hat sich hier auf Grundsätze gestützt, die der Bundesgerichtshof bereits in mehreren Urteilen aufgestellt hat. Zudem hat das Gericht im Hinblick auf die Errichtung einer Trinkwasserinstallation ein hohes Mangelrisiko angenommen und deshalb den Planer zu einer erhöhten Bauüberwachung verpflichtet gesehen. Er hätte zumindest durch stichprobenartige Kontrollen feststellen können, dass aufgrund der Verfärbung an den Edelstahlrohren die Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigt gewesen sein kann. Mithin hätte der Planer wenigstens durch stichprobenartige Kontrollen prüfen müssen, inwieweit von dem ausführenden Unternehmen Verarbeitungsfehler verursacht wurden.

Klassische Bauüberwachung

Für die klassische Form der Bauüberwachung gilt, dass der Planer wichtige Bauabschnitte, von denen das Gelingen des Werkes abhängt, persönlich oder durch einen Erfüllungsgehilfen unmittelbar zu überwachen oder sich sofort nach der Ausführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit zu überzeugen hat (BGH, BauR 2000, 1513). Je höher die Qualitätsanforderungen an das Baumaterial und an die Bauausführung sind, desto größer ist auch das Maß an Überwachung, das der Planer aufbringen muss. Arbeitet der Planer lediglich als Bauüberwacher, so ist er nach hier vertretener Auffassung auch verpflichtet, die Ausführungsplanung eines anderen Planers auf Umsetzbarkeit zu überprüfen.

Ausblick: Im angekündigten Webinar zum Thema werden u. a. auch Urteile aus der Rechtsprechung aufgezeigt, die als schwierige bzw. gefährliche Arbeiten angesehen werden und vom Planer besonders beobachtet und überprüft werden müssen.

Überwachung der „schwachen Handwerker“

In der Branche gibt es zahlreiche weitverbreitete Fehlvorstellungen, die schwerwiegende rechtliche und letztlich auch finanzielle Folgen haben können. Viele Planer vertreten beispielsweise die Auffassung, dass die Sorgfaltspflichten des mit der Bauaufsicht beauftragten Planers gemindert sind, wenn die ausgeschriebenen Arbeiten vom Bauherrn selbst vergeben werden und dieser damit die Verantwortung für schlechte Unternehmer übernehme. Das ist unzutreffend. Hier gilt der Merksatz: je schwächer der Handwerker, desto stärker die Überwachungspflicht. Dieser Grundsatz ist dem Urteil des BGH vom 9. November 2000 – VII ZR 362/99 – entnehmbar: Beauftragt der Auftraggeber entgegen dem Rat des Planers einen unzuverlässigen/nicht ausreichend fachkundigen Unternehmer, so kann hierin ein Mitverschulden des Auftraggebers liegen, wenn es infolge dieser Umstände zu einem Schaden kommt (BGH, Urteil 11. März 1999 – VII ZR 465/97). Richtig wäre also, beim Auftraggeber gegen die Beauftragung eines unzuverlässigen Bauunternehmers klassische Bedenken anzumelden.

Ansonsten hat der Planer bei der Beauftragung eines nicht ausreichend leistungsfähigen/zuverlässigen Unternehmers seitens des Auftraggebers – auch ohne zusätzlichen Vergütungsanspruch – eine erweiterte Objektüberwachungsverpflichtung (BGH, BauR 78, 60).

Unzureichende Bauüberwachung: Bis zu 30 Jahre Verjährungsfrist!

In Bezug auf ein Urteil des OLG München (31. Juli 2015 – 13 U 1818/13 Bau) muss der Planer auf eine unzureichende Bauüberwachung hinweisen. Das OLG München hat entschieden, dass ein Planer, der wesentliche (bauüberwachungspflichtige) Arbeiten nicht eng überwacht, seine Pflicht im Rahmen der Bauüberwachung verletzt. Hat der Planer in diesen Fällen nur Stichproben gemacht, obwohl er die Bedeutung der Arbeiten kennt, handelt er arglistig, wenn er den Auftraggeber hierauf nicht hinweist. Die Folge davon ist, dass für die Arglisthaftung nicht die 5-jährige Frist des § 634a BGB, sondern die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 199, 634a Abs. 3 BGB) gilt. Das kann dann im Einzelfall bis zu einer 30-jährigen Verjährungsfrist führen.

Ausblick: Die mögliche Folge einer verlängerten Verjährungsfrist ist auch Gegenstand des Webinars. Erfahren Sie hier im Gesamtdialog weitere Aspekte der Vermeidung bzw. vorbeugenden Maßnahmen.

Zwischenfazit

Nach Vorgenanntem steht fest, dass es sich bei der Bauüberwachung um eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit handelt. Der Bauüberwacher schuldet das mangelfreie Entstehen des Bauwerks. Die Intensität der Überwachung der jeweiligen Arbeiten ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles. Und der Bauüberwacher hat zu beachten, dass er das Entstehen von Mängeln vermeiden muss. Um eine weitgehend rechtssichere Bauüberwachung durchführen zu können, stehen dem Planer verschiedene Mittel, z. B. die Gefährdungsbeurteilung und die Bedenkenanzeige, neben weiteren Maßnahmen zur Verfügung.

Tipp der Redaktion: Informieren Sie sich umfassend über die Notwendigkeiten und Maßnahmen zur rechtssicheren Bauüberwachung im Webinar „Mangelfreie Bauüberwachung – Oder bis zu 30 Jahre Verjährungsfrist?“, das vom Autor dieses Artikels am 30. Juni 2020 mit der IKZ-ACADEMY durchgeführt wird (siehe Kasten Webinar).

Autor: RA Thomas Herrig, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

 


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