Luft/Wasser-Wärmepumpen: Erschließung hoher Leistungen mit Wärmekollektoren
In Deutschland steht die Technologie noch am Anfang, andere Länder sind weiter. Bei der Auslegung sind wichtige Planungsschritte zu beachten
Die Nachfrage für Installationen von Großwärmepumpen steigt stetig. Als Wärmequellen stehen bisher hauptsächlich industrielle Abwärme, Erdwärme aus Sonden und Kollektoren sowie Wasser aus Flüssen und Seen zur Verfügung. Bei diesen Quellen sind die Erschließungskosten und die Genehmigungsverfahren oft kosten- und zeitintensiv, nicht überall kann eine Umsetzung erfolgen. Im Gegensatz hierzu ist die Wärmequelle Luft überall unendlich verfügbar, die Nutzung ist genehmigungsfrei und die Erschließung ist problemlos möglich. Der Gastbeitrag von Lars Keller gibt wichtige Informationen für die Umsetzung von Großprojekten mit Wärmekollektoren, damit diese fehlerfrei und nachhaltig realisiert werden können.
Wärmekollektoren sind dem SHK-Fachmann in der Regel als Erdkollektoren oder als Sonnenkollektoren bekannt. Dieser Fachbegriffzählt jedoch auch für Luftwärmeübertrager. Die Geräte sind aus der Kälte- und Klimatechnik als sogenannte Rückkühler vertraut. Wird jedoch Luft als Wärmequelle genutzt und die Energie auf einen Wärmeträger (Sole-/Glykol-Wassergemisch) oder Kältemittel (meist CO2 oder NH3) übertragen, so wird von Wärmekollektoren gesprochen. Diese Wärmekollektoren können als Wärmequelle für Wasser/Wasser-Wärmepumpen genutzt werden. Dabei kann die bauliche Ausführung als vertikaler oder horizontaler Wärmetauscherblock („Tischgerät“) oder als V-Gerät erfolgen. Im Vergleich zu Rückkühlern, die erwärmte Luft (dichtebedingt nach oben strebend) ausblasen, gibt es einiges zu beachten, um einen effi- zienten Betrieb sicherzustellen. Besonders eine Luft-Rezirkulation ist zu vermeiden.
Im kleineren Leistungsbereich bis ca. 120 kW werden häufig kubische Wärmekollektoren eingesetzt (Bild 1). Die Vorteile liegen bei dieser Ausführung in der kompakten Bauform, in der serienmäßig erhältlichen Ansaug- und Ausblashauben sowie in den beheizbaren Kondensatwannen. Dies ermöglicht eine effektivere Abtauung.
Aufstellung von Wärmekollektoren
Abhängig vom Bebauungsgebiet sind die erlaubten Richtwerte für die Schallemission zu beachten. Diese liegen seit Jahren häufig deutlich unter den Richtwerten der TA-Lärm und betreffen nicht nur Wohn- und Mischgebiete, sondern auch Industriebetriebe. Niedrige Schallemissionen werden durch langsam drehende Ventilatoren, bauseitige Schalldämmeinhausungen und Abstand zum maßgeblichen Immissionsort erreicht. Es empfiehlt sich grundsätzlich, die Geräte auf die geforderten Schallvorgaben auszulegen und von aufwändigen Einhausungen abzusehen.
Bei horizontalen Wärmekollektoren wird zwischen saugenden (Luftförderung von unten nach oben) und drückenden (Luft förderung von oben nach unten) Ventilatoren zum Wärmeübertragerpaket unterschieden. Durch eine Strömungssimulation (CFD-Analyse) kann festgestellt werden, welchen maßgeblichen Einfluss Gebäude, Windrichtung und Windgeschwindigkeit auf die Rezirkulation haben. Die Aufstellung und Anordnung der Geräte sind stets projektspezifisch zu betrachten, auch was die Luft richtung der Ventilatoren betrifft.
Eine überwiegend geringere Rezirkulation ergibt sich, wenn Gebäude und Hindernisse parallel zur Hauptwindrichtung oder hinter dem Verdampferfeld (wenn die Abluft d arüber/seitlich weg strömen kann) angeordnet sind (Bild 3). Besteht die Möglichkeit einer freien Aufstellung ohne Beeinflussung durch Bauwerke oder Hindernisse, dann kann durch eine Beaufschlagung der Längsseite eine Reduzierung der Rezirkulation und Turbulenzen erreicht werden (Bild 4). Bei Hauptwindrichtung von der Stirnseite wird die abgekühlte Luft teilweise erneut angesaugt. Bei großen Kollektorfeldern ist eine Lücke zwischen den einzelnen Feldern als nachteilig zu beurteilen, da auch hier eine erneute Ansaugung mit niedrigeren Temperaturniveau erfolgt. Dies kann konstruktiv mit einer Verkleidung umgesetzt oder praktischerweise mit Errichtung eines Montage- Wartungsganges für erleichterten Zugang kombiniert werden (Bild 5). Im Winterbetrieb kann bei saugenden Ventilatoren einer Vereisung oder Schneeablagerung auf den Lüft ern über ein smartes Regelverhalten gegengewirkt werden. Bei drückender Konfiguration sind die Ventilatoren hiervon weniger betroffen.
Auslegung und Abtauung
Um die Wärmequelle Luft effizient erschließen zu können, sind große Wärmeübertragerflächen notwendig, damit die Differenz zwischen Luft temperatur und Wärmeträgeraustrittstemperatur (sogenannte Grädigkeit) gering bleibt. Beispielsweise erbringt ein Gerät mit -10 °C/-5 °C Soletemperatur bei -2 °C/80 % rel.F. Luft eintritt (dT = 3 K) 150 kW Leistung; bei einem dT = 5 K hat dasselbe Gerät +40 % mehr Leistung.
Beim Lamellenabstand ist auf mindestens ≥ 4.0 mm zu achten. Kleinere Abstände erlauben zwar eine deutlich kompaktere und preisgünstigere Bauweise, jedoch führt dies zu zeitlich enger aufeinanderfolgenden Abtauintervallen. Bei einer Frostdicke von ~ 0,5 mm, die in etwa eine Minderleistung von -25 % bedingt, wird der Abtauprozess empfohlen. Dieser Prozess kann durch Sensoren (Differenzdruck, Eisdicke, etc.) oder intelligente Algorithmen ausgelöst werden. Neben der klassischen Heißgasabtauung bieten sich bei Wärmeträger-beaufschlagten Geräten folgende Abtauvarianten:
- Luftabtauung – nur bei Lufttemperaturen ≥ 6 °C sinnvoll
- Elektroabtauung – nicht empfohlen, hohe elektrische Anschlussleistungen nötig
- Warmsoleabtauung – Vorhaltung der Abtauenergie durch Pufferspeicher möglich.
Nachfolgend wird ein 150-kW-Gerät betrachtet, um die notwendige Abtauleistung zu berechnen: Während der Abtauung steht das Gerät als Wärmekollektor nicht zur Verfügung, entsprechend hat die Abtauung mit hoher Leistung und kurzer Abtaudauer zu erfolgen. Wird beispielsweise ein Medium mit 40 °C in das Paket geschickt, kühlt dieses auf 20 °C ab. Bei einer Abtaudauer von 20 Minuten beträgt die Abtauleistung bei einem Volumenstrom von 13,5 m3/h = 270 kW. Hierfür könnte ein Pufferspeicher mit 5 m3 und einem Abtauintervall von 9 h vorgesehen werden. Eine Abführung vom Kondensat ist während des Abtauvorganges zu berücksichtigen. Nun könnte die Aussage getroffen werden, dass es nicht effektiv sei, 150 kW Wärmequellenleistung zu erzeugen, wenn 270 kW als Abtauleistung benötigt werden. Es lohnt der Blick auf die Energiemengen. Der Wärmertrag beläuft sich auf 1300 kWh (8,66 h x 150 kW), die eingesetzte Abtauenergie schlägt mit 90 kWh (0,33 h x 270 kW) zu buche. Somit wird eine deutlich positive Energiebilanz erreicht.
Einsatz in Deutschland und Europa
In Deutschland stehen wir bei der Umsetzung dieser Systeme noch ziemlich am Anfang. Großprojekte sind in der Planungsphase. Als Wärmeträger wird hauptsächlich ein Glykol-Wassergemisch eingesetzt, welches den Verdampfer einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe beaufschlagt. Die Dänen sind hier schon einen Schritt weiter. Zahlreiche Großprojekte im Megawattbereich sind seit Jahren in Betrieb. Zum Einsatz kommen hierfür überwiegend Wärmekollektoren mit Kältemittel als Direktverdampfer. Natürliche Kältemittel wie NH3, Propan und CO2 sind dort an der Tagesordnung. Darüber hinaus bieten Luftwärmekollektoren eine bivalente Nutzung: Im Sommer sowohl als Rückkühler, CO2-Gaskühler/-Verflüssiger, als auch zur Regeneration bei z. B. Erdsonden. Hierdurch können Anlagenkonzepte technisch und im Invest deutlich optimiert werden.
Autor: Lars Keller
Dipl. Ing. (FH),
Referent für die
VDI 4645 Wärmepumpenanlagen,
Freier Autor