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Lüftungsanlagen - ein Muss, aber keine Alleskönner

Qualitativ hochwertige Lüftungsanlagen sind ein Bestandteil moderner Gebäudekonzepte. Sie halten Schimmel, Schadstoffe und üble Gerüche aus Lebensräumen fern. Alle hygienischen Probleme können sie aber nicht lösen. Mit konsequenter Qualitätssicherung verhindern Fachbetriebe, dass die Anlagen selbst zur Belastung für die Innenraumluft werden.

TVOC (total volatile organic compounds/Summe der flüchtigen organischen Stoffe) stehen bei der Betrachtung von Schadstoffen in der Innenraumluft gemeinsam mit anderen Stoffgruppen im Fokus. Experten der Kommission Innenraumhygiene (IRK) beim Umweltbundesamt haben eindeutige Empfehlungen veröffentlicht, die Baubeteiligten im Reklamationsfall spätestens vor Gericht begegnen werden. Die Aussagen sind eindeutig: Bei höheren VOC-Gehalten ist eine Nutzung nur zeitlich eingeschränkt oder überhaupt nicht möglich.

Die Durchschnittskonzentrationen häufiger Luftschadstoffe in der ­Außen- und Innenluft zeigen die Notwendigkeit wohngesunder Baukonzepte und den Einsatz qualitativ hochwertiger Lüftungsanlagen.

In nahezu luftdichten Gebäuden werden Schadstoffe nicht mehr durch Fugen weggelüftet. Der Einsatz von emissionsarmen Baustoffen und ihre korrekte Verarbeitung ist Voraussetzung für wohngesunde Lebensräume. Eine Lüftungsanlage sorgt für den Austausch betriebsbedingter Belas­tungen wie CO<sb>2<sb>, Gerüche und Luftfeuchte.

 

Dass Lüftungsanlagen immer öfter ihren Weg aus Großobjekten und Bürogebäuden in Einfamilienhäuser und öffentliche Gebäude finden werden, war spätestens mit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung 2009 klar. Schon für das Einfamilienhaus als kleinste Einheit sieht das Referenzgebäude der EnEV eine einfache Abluftanlage vor. Insofern handelt der Staat als Verordnungsgeber konsequent, schreibt er doch im gleichen Text hohe Standards für die Gebäudedichtheit vor. Dass die gebaute Realität diesem Willen hinterherhinkt, und viele Neubauten trotzdem ohne Lüftungsanlage erstellt werden, ist keine Eigenart der Haustechnik. Auch beim Thema Gebäudedämmung zum Beispiel erreichen die realisierten Dämmstärken erst nach und nach den vorgesehenen Umfang. Lüftungsanlagen, ob mit oder ohne Wärmerückgewinnung, ob zentral oder dezentral, werden in Zukunft zur Standardausstattung von Gebäuden gehören, gleich welcher Größe und Nutzung. Umso intensiver gilt es jetzt zu informieren und zu handeln, damit Fehler bei der Planung und der baulichen Ausführung nicht zum neuen Handlungsfeld für Sachverständige und Gerichte werden.
Eine gut geplante und gebaute Lüftungsanlage trägt viel zu einem behaglichen und wohngesunden Innenraumklima bei. Insofern bieten sich für die qualitätsorientierten Fachbetriebe gute Chancen auf lukrative Geschäfte, die der Innenraumhygiene eine verstärke Aufmerksamkeit widmen. Gemeinsam mit den entsprechenden Ingenieurdienstleistungen sorgen sie für die sichere Umsetzung von nachhaltigen und wohngesunden Projekten, wie sie von vielen Zertifizierungssystemen (DGNB, LEED, Minergie Eco, Sentinel-Haus Institut und anderen) gefordert werden. Gemeinsam mit Architekten und Planern stehen sie dabei vor ganz neuen Herausforderungen, um die wohngesundheitlichen Standards, die zunehmend von den Investoren erwartet werden, sicher und mit vertraglicher Garantie zu erreichen. Eine inhaltlich und juristisch klar definierte Ausschreibungsgestaltung macht hier eine sorgfältige Auswahl der Baustoffe und Haustechnikkomponenten ebenso erforderlich wie die Wahl der richtigen Fachunternehmen.

Schadstoffe vermeiden statt weglüften
Leider existiert in Deutschland im Gegensatz zur Außenluft (TA Luft) für die Qualität der Innenraumluft kein gesetzlicher oder per Verordnung festgelegter Standard. Auf absehbare Zeit ist ein solcher auch nicht in Sicht. Gleichwohl geben staatliche Behörden (Umweltbundesamt) und andere Organisationen (Weltgesundheitsorganisation WHO etc.) Empfehlungen, die in Verbindung mit entsprechenden richterlichen Entscheidungen durchaus normative Wirkung entfalten. Dies gilt auch für zahlreiche bestehende und im Entstehen befindliche DIN Normen oder VDI-Richtlinien, in denen sich vielfältige Hinweise auf eine gute Innenraumluftqualität oder Gerüche (VDI 4302) finden. Vor dem Hintergrund zunehmend dichter Gebäude rücken dabei neben den Emissionen aus dem Betrieb des Gebäudes auch solche Schadstoffe in den Blick, die aus Bau- und Hilfsstoffen ausgasen oder von außen in das Gebäude eindringen. VOC, Formaldehyd, Weichmacher und das in einigen Regionen verstärkt aus dem Boden eindringende, Krebs verursachende Gas Radon sind nur einige Beispiele. Was früher durch Gebäudeundichtigkeiten zu einem beachtlichen Anteil „automatisch“ weggelüftet wurde, reichert sich durch den verringerten Luftwechsel nun in der Innenraumluft an und kann zu Unverträglichkeiten, Unwohlsein, Allergien und anderen Krankheiten führen. Deshalb sollten Schadstoffe erst gar nicht den Weg in das Gebäude finden. Dazu können Planer und Handwerker geprüft emissionsarme Baustoffe auswählen, sich von Fachleuten schulen lassen und eine konsequente wohngesundheitliche Qualitätskontrolle in Form von Raumluftmessungen durch einen unabhängigen Sachverständigen in den Bauablauf integrieren. Dass dies auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgreich möglich ist, zeigen zahlreiche realisierte Beispiele in den unterschiedlichsten Gebäudekategorien und Bauweisen. So muss einer raumlufttechnischen Anlage erst gar nicht die Aufgabe übertragen werden, erhöhte Schadstoffbelastungen aus Baustoffen abzuführen. Das ist erstaunlicherweise auch nicht in jedem Fall gewährleistet. Wie die Schweizer LIWOTEV-Studie an neu errichteten Qualitätsgebäuden gezeigt hat, kann der Betrieb von Lüftungsanlagen auch dazu führen, dass die Raumluftbelastung mit Schadstoffen (z.B. flüchtigen organischen Stoffen (VOC)) steigt. Die Ursachen für dieses Phänomen sind noch nicht abschließend erforscht. Eine Erklärung könnte sein, dass die Lüftungsanlage mit Schadstoffen belastete Luft aus Bauteilen heraus in die Innenraumluft befördert (Anmerkung der Redaktion: Die Studie ist im Internet unter www.raumlufthygiene.ch/download/LIWOTEV-Schlussbericht.pdf zu finden).
Selbstverständlich kann eine Lüftungsanlage durch die Sicherstellung eines bestimmten, regelmäßigen Luftwechsels auch zu einem schnelleren Abbau von Schadstoffkonzentrationen in der Innenraumluft beitragen, ihr primärer Sinn und Zweck sollte dies aber nicht sein. Vielmehr sollten sich die Auslegung und der Betrieb auf die Abführung von Kohlendioxid (CO2), Feuchte und Gerüchen beschränken. Dabei sind die Voraussetzungen für die Einhaltung der thermischen Behaglichkeit ebenso zu berücksichtigen wie die Vermeidung zu hoher Strömungsgeschwindigkeiten. Dazu sollte der für den hygienisch notwendigen Luftaustausch erforderliche Luftvolumenstrom für den Normalbetrieb pro Raum messtechnisch eingestellt werden. Um den individuellen Anforderungen der Nutzer gerecht zu werden, muss sich der Luftvolumenstrom für jede Nutzungseinheit getrennt in mindestens drei Stufen einstellen lassen. Im Weiteren sind umfangreiche Anforderungen an Schallschutz, Filtereinsatz und -tausch, Dichtigkeit, Revisionsmöglichkeit, Planung und Ausführung zu gewährleisten, die den Umfang dieses Beitrags sprengen würden.

Kohlendioxid zu wenig beachtet
Wie bei fast allen Substanzen gilt auch für Kohlendioxid, „dass die Dosis das Gift macht“. Schon ab 1000 ppm CO2 treten durch parallel vorhandene Spurengase erfahrungsgemäß bei den ersten Nutzern Müdigkeitserscheinungen und Konzentrationsstörungen auf. In intensiv genutzten Räumen wie Klassenzimmern, Kindertagesstätten oder Konferenzräumen sind CO2-Konzentrationen von mehr als 3000 ppm nicht ungewöhnlich. Die sprichwörtlich „­dicke“ Luft deutet auf mangelnde Lüftung hin, ist aber auch Indikator für weitere Schadstoffquellen. Sprich, stimmt der CO2-Gehalt nicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch andere Schadstoffe verstärkt in der Raumluft enthalten sind. Per Kohlendioxid-Sensor gesteuerte Lüftungsanlagen sind technisch realisierbar, werden aber noch zu selten eingebaut, vor allem in den oben genannten Gebäudetypen. Dies mag auch an den Vorgaben der VDI 6022 liegen, die in diesem Bereich aus hygienischer Sicht deutlich zu hohe Werte für Kohlendioxid vorsieht. In der praktischen Umsetzung sollte deshalb besser die DIN EN 13779 verwendet werden. (siehe Textkasten „Klassifizierung von Luftqualitäten“). Noch weiter geht die DIN 15251. Sie benennt bei Gebäuden mit hohen Erwartungen bei einer durchschnittlichen Belastung der Außenluft in Großstädten sogar einen Wert in Höhe von cirka 750 ppm als Mittel und 800 ppm als Höchstwert!

Hygiene sicherstellen
Durch ein sorgfältiges Qualitätsmanagement, das sowohl die Verarbeiter wie die Baustoffauswahl und die notwendige Haustechnik einschließt, wird eine gute Innenraumluft sichergestellt. Diese soll durch die Lüftungsanlage nicht negativ beeinflusst werden. Laut VDI 6022 sind regelmäßige Hygieneinspektionen vorgeschrieben, deren Auftakt eine Erstinspektion vor Abnahme des Gebäudes ist. Auch wenn es für den ein oder anderen Fachbetrieb als Eingriff in seine Kompetenz aussehen mag: Eine Durchführung der Inspektion durch unabhängige Sachverständige ist zu befürworten. Diese sind dem Bauherrn als Auftraggeber verpflichtet und können losgelöst von wirtschaftlichen oder haftungsrechtlichen Aspekten prüfen und dokumentieren. Die Erstinspektion sowie die regelmäßigen Folgeinspektionen sind nach VDI 6022 Blatt 1 vorzunehmen. Für kleinere Komfortlüftungen mit einem maximalen Fördervolumen von 500 m³/min ist der dort vorgesehene Aufwand aber zu hoch. Hier bieten spezialisierte Hygieneingenieure eine vereinfachte Inspektion an, die statt der Beprobung der Oberflächen in der Lüftungsanlage und den Verteilerkanälen auf Schimmel und Bakterien eine Messung der Außenluft, der Zuluft und des Zulufteintritts in den Innenraum auf Keime sowie die Partikelanzahl in verschiedenen Größen vorsieht. Wann in diesem Fall Reinigungs- oder Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, lässt sich leider nicht in absoluten Zahlen definieren, da die Qualität der Außenluft und die Strömungsgeschwindigkeit zu abweichenden Resultaten führen.

Leistungen vertraglich fixieren
Wie beim Thema Innenraumhygiene allgemein sollte auch die technische und innenraumklimatische Leistung der Lüftungsanlage vertraglich fixiert werden, und zwar über das „ein Stück Komfortlüftung“ hinaus. Dieses Vorgehen klärt bereits im Vorfeld berechtigte und unberechtigte Erwartungen des Investors bzw. des Bauherren und dient der Rechtssicherheit für beide Seiten. Die wachsende Aufmerksamkeit von Investoren und Nutzern für Probleme der Innenraumhygiene hat hier zu zahlreichen Gerichts­entscheidungen geführt, deren Zahl in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen wird. Auch die Entwicklung von Richtlinien zur sicheren Bestimmung von Gerüchen (VDI 4302, AGÖF-Leitfaden für Gerüche im Innenraum) wird dieses Konfliktfeld zusätzlich in den Fokus rücken. Nicht zuletzt sind (eventuell von einem Fachanwalt überprüfte) Vertragsaussagen ein gewichtiges Marketinginstrument, das, richtig eingesetzt, Installationsbetrieben mit wohngesundheitlicher Ausrichtung den Zukunftsmarkt Wohngesundheit erschließt.

Autor: Peter Bachmann, Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter des Sentinel-Haus Instituts in Freiburg im Breisgau.

Bilder: Sentinel-Haus Institut

www.sentinel-haus.eu

 


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