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Lüftung nach neuer Norm

DIN 1946-6 „Lüftung von Wohnungen“ als Entwurf erschienen

Bild 1: Marktentwicklung für Wohnungslüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung ohne Hochrechnung auf den Gesamtmarkt [1].

Bild 2: Systeme der Wohnungslüftung nach dem Entwurf der DIN 1946-6.

Tabelle 1: Filterklassen für Wohnungslüftungsanlagen nach E DIN 1946-6 aus [2].

 

Tabelle 2: Außenluftklassen nach DIN EN 16798-3 [3].

 

Seit Veröffentlichung der DIN 1946-6 hat sich die Norm zu einem entscheidenden Planungs- und Ausführungsinstrument für Wohnraumlüftungsgeräte und -anlagen entwickelt. Mit der Überarbeitung des Regelwerks (Erscheinungstermin Januar 2018) wird den bisherigen Erfahrungen sowie den technischen Weiterentwicklungen Rechnung getragen. Der Artikel zeigt einige wichtige Neuerungen der im Entwurf verfassten Norm auf.

Seit dem Erscheinen der DIN 1946-6 im Mai 2009 hat sich die DIN 1946-6 „Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung“ zu einem nicht mehr zu vernachlässigenden Planungsinstrument für den Wohnungsbau entwickelt. Das darin enthaltene Lüftungskonzept ist ein einfaches Verfahren, um die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (§ 6 EnEV) umzusetzen: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist“. Dieses Verfahren hat sich trotz anfänglicher Kritik im Markt etabliert. Nach mittlerweile über fünf Jahren war es an der Zeit, die Norm auf Basis der bisherigen Erfahrungen zu überarbeiten. Ziel war keine grundsätzliche Neugestaltung, sondern die Norm auf die aktuellen Randbedingungen und technischen Neuerungen anzupassen.

Markt für Wohnungslüftung
Der Markt für die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung (WRG) entwickelt sich weiterhin dynamisch. Dazu erlangen insbesondere raumweise Lüftungsgeräte eine größere Marktbedeutung (Bild 1). In der bisherigen Fassung der DIN 1946-6 waren raumweise Lüftungssysteme nur rudimentär als Einzelraumlösung behandelt. Zudem wurden nur wenig Hinweise für die Auslegung auch in Kombination mit anderen Systemlösungen (z. B. nach DIN 18017-3 „Lüftung von Bädern und Toi­lettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren“) gegeben.

Neue Struktur
Der Entwurf der Norm wurde neu strukturiert und in neun Abschnitte unterteilt, die sich wie folgt aufteilen:

  • Anwendungsbereich, normative Verweisungen, Begriffe, Abkürzungen und Symbole (Abschnitte 1, 2, 3),
  • Lüftungskonzept (Abschnitte 4, 5 und 6),
  • Freie Lüftung (Abschnitt 7),
  • Ventilatorgestützte Lüftung (Abschnitt 8) und der neue Abschnitt
  • Kombinierte Lüftungssysteme (Abschnitt 9).


Damit sind nun in den jeweiligen Abschnitten alle wesentlichen Aspekte dieser Systeme zusammengefasst.

Kombinierte Lüftungssysteme
Aufgrund der möglichen Vielfalt der kombinierten Systeme konnten nicht alle praktisch und theoretisch vorkommenden Möglichkeiten einzeln dargestellt werden. Stattdessen wurden allgemeine Vorgehensweisen definiert, wie die Systeme im Einzelfall ausgelegt werden müssen (Bild 2). Hierbei wird unterschieden in:

  • „Getrennte Lüftungsbereiche“ – bei denen davon auszugehen ist, dass geringe Wechselwirkungen zwischen den Systemen bestehen und deshalb die Auslegung nach den einzelnen ausgewählten Verfahren erfolgen kann.
    Beispiel: Schlafzimmer mit einem raumweisen Zu-/Abluftgerät und der Rest der Wohneinheit mit freier Lüftung oder jeder Raum mit einem eigenen Zu-/Abluftgerät.
  • „Überlagernde Lüftungsbereiche“ – bei denen davon auszugehen ist, dass Wechselwirkungen zwischen den Systemen bestehen. Beispiel: Lüftung eines fensterlosen Bades nach DIN 18017-3 und freier Lüftung oder alternierende Lüftungssysteme mit raumübergreifender Überströmung.
  • „Hybridlüftung“ mit zeitweise unterschiedlichen Lüftungssystemen. Beispiel: zeitweise Abschaltung einer Lüftungsanlage und Nutzung von thermischem Auftrieb im Schacht.


Diese Vorgehensweise erlaubt die notwendige Flexibilität für individuelle Lüftungsplanungen und erscheint als guter Kompromiss gegenüber einer zu engen und detaillierten regulatorischen Vorgabe. Wichtig ist: Die hier geschilderten Zusammenhänge sind für die Auslegung von Lüftungssystemen relevant. Die energetische Bewertung dieser Kombinationssys­teme und die energetische Auswirkung ihrer regeltechnischen Eigenschaften sind in der DIN 1946-6 nicht enthalten, sondern werden in der DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung“ beschrieben. Möglicherweise gibt es hier in der Konsequenz zur Auslegung auch Anpassungsbedarf.

Mindestaußenluftvolumenströme
Ebenfalls neu und detailliert gefasst wurde die Berechnung der notwendigen Außenluftvolumenströme für die Nutzungseinheiten. Die Berechnungsmethodik wurde gestrafft und auf die aktuelle Normenlage bei der Infiltrationsberechnung angepasst. Bei der Lüftung zum Feuchteschutz wurde zwischen geringer und hoher Belegung unterschieden. Dies spiegelt die zu erwartenden Feuchtelasten besser, womit aber auch zusätzliche Abstimmungen der am Bau Beteiligten nötig sind. Alle mit der Planung von Wohnungslüftungsanlagen beauftragten Personen sollten die aktuelle Entwurfsfassung gerade auch bei diesem Teilaspekt prüfen, ob die Verfahren und die Ergebnisse die Erwartung aus der Praxis auch erfüllen können.
Durch eine stärkere Berücksichtigung der Belegungsdichte hat auch die personenbezogene Festlegung des Außenluftvolumenstromes (30 m³/h pro Person) eine größere Wichtigkeit. Vor diesem Hintergrund gab es Diskussionen, ob eine raumweise Auslegung der Luftvolumenströme nach deren Nutzung und Belegung erfolgen soll. Allerdings wurde aufgrund der einfacheren Handhabung der bisherige Ansatz beibehalten.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass zwar die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme am notwendigen Feuchteschutz gemessen wird, aber die Auslegung einer ventilatorgestützten Lüftungsanlage entsprechend der DIN 1946-6 nach Nennlüftung erfolgen muss. Dies ist daher gerechtfertigt, da die Nutzer bei einer Lüftungsanlage nach DIN 1946-6 auch eine angemessene Raumluftqualität erwarten können und nicht nur eine Feuchteschutzlüftung, die eine angemessene Raumluftqualität ohne manuelle Unterstützung durch Fenster öffnen nicht erreichen könnte. Damit unterscheidet sich diese Auslegung z. B. von der Querlüftung mit Feuchtschutzlüftung (z. B. Fensterfalzlüfter), die klar die Fens­terlüftung im Fokus hat.

Hygienische Anforderungen
In Zusammenarbeit mit dem VDI wurde erstmalig sichergestellt, dass die hygienischen Anforderungen an Wohnungslüftungssysteme widerspruchsfrei zwischen DIN 1946-6 und VDI-Richtlinie 6022 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität“ geregelt sind. Grundsätzlich werden in der DIN 1946-6 die Hygieneanforderungen (H) empfohlen. Damit sind die planerischen, baulichen und betrieblichen Anforderungen zwischen den Regelwerken gleich gesetzt. Für den Fall, dass in einer Wohnungslüftungsanlage ein begründeter Verdacht auf mikrobiologische Hygienemängel auftritt, verweist die Norm auf die Verfahren der VDI-Richtlinie 6022.

Filterung und Außenluftqualität
Die DIN 1946-6 erlaubt aber auch Anlagen, die die bauaufsichtlichen (hygienischen) Mindestanforderungen an Wohnungslüftungsanlagen erfüllen (Anlagen mit Grundanforderung „G“ oder Systeme, bei denen eine Filterung nicht praxis­tauglich umgesetzt werden kann). Unterschiede ergeben sich hier insbesondere bei der Ausstattung mit Filtern. Im Entwurf der Norm werden die Mindestanforderungen an die Filterung noch parallel nach der DIN EN 779 „Partikel-Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik“ und der neuen ISO 16890 „Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik“ spezifiziert (Tabelle 1).
Neu ist auch, dass die Filterung je nach den vorherrschenden Außenluftqualitäten und den gewünschten Zuluftqualitäten individuell geplant werden kann. Bei schlechten Außenluftklassen (Outdoor Air Quality, kurz: ODA) der Stufe „ODA 2 (P)“ oder „ODA 3 (P)“ ist dies auf jeden Fall erforderlich (Tabelle 2). Die Verfahren sind in der DIN EN 16798-3 beschrieben [2]. In vielen Regionen sind entsprechende Messungen durch das Umweltbundesamt verfügbar.

Kellerlüftung

Der Entwurf des Beiblattes zur Kellerlüftung DIN 1946-6 Beiblatt 5 wurde in den Anhang der DIN 1946-6 integriert und wird damit zurückgezogen werden. Im informativen Anhang I werden nun auch Empfehlungen für die Auslegung von Lüftungsanlagen unter den besonderen Randbedingungen

  • Kellerräume gegeben:
  • Nutzung der Kellerräume,
  • Erdberührte Bauteile,
  • Sommerliche Feuchte,
  • Wechselwirkungen mit regionalen Aspekten der Radonbelastung (DIN SPEC 18117 erscheint in Kürze),
  • Auslegungschecklisten.


Besonders wichtig ist an dieser Stelle, dass natürlich zunächst die baulichen Maßnahmen Wärmeschutz und Abdichtung umgesetzt werden sollten und erst dann die lüftungstechnischen Maßnahmen, da sonst nicht immer eine widerspruchsfreie Auslegung möglich ist.

Wechselwirkung mit raumluftabhängigen Feuerstätten
Mit Ausgabedatum Juni 2017 sind die Beiblätter 3 und 4 zur DIN 1946-6 erschienen – „Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung: Gemeinsamer und nicht gemeinsamer Betrieb von Lüftungsgeräten und Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe:

  • Beiblatt 3 – Installationsregel und
  • Beiblatt 4 – Installationsbeispiele.


Darin werden die verordnungsrechtlichen Anforderungen dargelegt und Beispiele für Lösungsansätze gegeben. Der Entwurf der DIN 1946-6 berücksichtigt diese Randbedingungen.

Weitere Normenprojekte aus der Wohnungslüftung
Die Überarbeitung der DIN 1946-6 ist nicht das einzige Projekt, das in den nächs­ten Monaten und Jahren Veränderungen bringen wird.
Die DIN 18017 Teil 3 wird auf die neuen Randbedingungen der DIN 1946-6 angepasst werden. Erscheinen soll der Entwurf vorausichtlich im Frühjahr/Sommer 2018.
Die Berücksichtigung der europäischen Rahmenbedingungen verstärkt sich. So sind die Ecodesign-Verordnungen EU 1253/2014 und 1254/2014 schon seit 1. Januar 2016 wirksam, und in den nächs­ten Monaten wird die DIN EN 13142 „Lüftung von Gebäuden – Bauteile/Produkte für die Lüftung von Wohnungen – Geforderte und frei wählbare Leistungskenngrößen“ als harmonisierte Norm zur Umsetzung neu erscheinen. Im Schlepptau sind die Prüfnormen DIN EN 13141 Teile 4, 7 und 8 ebenfalls überarbeitet worden. Damit besteht automatisch auch Anpassungsbedarf bei der DIN 4719 „Lüftung von Wohnungen – Anforderungen, Leis­tungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten“. Hier wird eine Zusammenführung mit der EN 13142 geprüft.
Im europäischen Komitee für Normung – kurz CEN – haben die Arbeiten für eine europäische Systemnorm für die Wohnungslüftung begonnen. Die bisher wenig beachteten Normen DIN EN 15665 [4] und TR 14788 [5] sollen zu einer neuen Systemnorm zusammengeführt werden. Dies wird unmittelbar Auswirkungen auf die nationalen Festlegungen in der DIN 1946-6 haben. Die zu erwartenden Diskussionen um den Neuentwurf der DIN 1946-6 sind auch vor diesen Randbedingungen zu sehen. Nationale Normen können selten in ein konsensfähiges europäisches Dokument überführt werden. Deshalb ist eine starke Beteiligung deutscher Experten an den europäischen Arbeiten wünschenswert, damit wesentliche Errungenschaften nicht verloren gehen. Ein rein nationaler Weg ist schon aus Gründen der Produktanforderungen (Ecodesign, Bauproduktenverordung, EPBD) kaum mehr möglich.

Literatur:
[1]    BDH/FGK Statistik für Wohnungslüftung
[2]    FGK-STATUS-REPORT 44: Luftfilter für die Raumlufttechnik – ISO 16890 und EN 779
[3]    DIN EN 16798-3:2017-11 Energetische Bewertung von Gebäuden – Lüftung von Gebäuden – Teil 3: Lüftung von Nichtwohngebäuden – Leistungsanforderungen an Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme (Module M5-1, M5-4)
[4]    DIN EN 15665:2009-07 Lüftung von Gebäuden – Bestimmung von Leistungskriterien für Lüftungssysteme in Wohngebäuden
[5]    DIN-Fachbericht CEN/TR 14788:2006-10 Lüftung von Gebäuden – Ausführung und Bemessung der Lüftungssysteme von Wohnungen

Autor: Claus Händel, Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK)

 


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