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Kühlen mit Verdunstungskälte

Die adiabate Kühlung kann eine Alternative zu Kompressionskälteanlagen sein. Ökologische und ökonomische Gründe sprechen dafür

Bild 1: Prinzip der adiabaten Kühlung in einem Kreislauf-Verbund-System mit integrierter Nach­erwärmung und Nachkühlung. Bild: SEW Systemtechnik für Energierecycling und Wärmeflussbegrenzung GmbH

Bild 2: Adiabater Kühlprozess mit direkter Wassereinspritzung und Gegenstrom-­Wärmeübertrager. Bild: Menerga GmbH

Bild 3: Adiabater Kühlprozess über WRG-System, Darstellung im h-x-Diagramm: Prozess 1 (blau): adiabate Befeuchtung und Abkühlung der Abluft; Prozess 2 (rot): Erwärmung der Abluft durch das WRG-System zur Fortluft; Prozess 2 (grün): Abkühlung der Außenluft durch das WRG-System zur Zuluft. Bild: EnergieAgentur.NRW

Bild 4: Beispiel einer Systemlösung. Bild: Klingenburg GmbH, Zahlen von EnergieAgentur.NRW eingefügt

Bild 5: Auslegungszustand Sommer, Darstellung in h-x-Diagramm. Bild: Klingenburg GmbH, Zahlen von EnergieAgentur.NRW eingefügt

Bild 6: Adiabater Kühlprozess bei der Zuluftrückführung mit Befeuchtung im Gegenstromprinzip. Bild: Kampmann GmbH, Zahlen von EnergieAgentur.NRW eingefügt

Bild 7: Adiabater Kühlprozess bei der Zuluftrückführung mit ­Befeuchtung im Gegenstromprinzip, Darstellung im h-x-Diagramm. Bild: Kampmann GmbH

 

Zur Bereitstellung von Kälte für die Raumklimatisierung dienen überwiegend elektrisch betriebene Kompressionskälteanlagen. Deren Einsatz ist aber mit hohen Energiekosten und CO2-Emissionen verbunden. Eine Alternative sind adiabate Kühlsysteme. Wir stellen die Technik, ihre Einsatzfelder und -grenzen vor.

Vor allem im Nichtwohnbereich, etwa in Bürogebäuden, Krankenhäusern oder Produktionshallen, können mittels adiabater Kühlung Energie und damit CO2-Emissionen eingespart werden. Das Prinzip ist simpel: Wasser wird verdunstet, dabei entsteht „Verdunstungskälte“. In der Klimatechnik wird die adiabate Kühlung so eingesetzt, dass der Luftstrom in einem raumlufttechnischen Gerät befeuchtet und damit abgekühlt wird. Nicht mit Wasser gesättigte Luft wird mit jedem Gramm Wasser, mit dem die Luft befeuchtet wird, um ca. 2,5 °C abgekühlt.
Es gibt grundsätzlich vier Möglichkeiten der Anwendung in raumlufttechnischen(RLT)-Anlagen:

1. Zuluftbefeuchtung
Bei der Zuluftbefeuchtung wird Außenluft über einen Befeuchter geleitet und dabei abgekühlt. Dabei muss beachtet werden, dass die Luft nicht beliebig stark befeuchtet werden kann, sondern vielmehr innerhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen sollte. Dieser liegt für normale Raumtemperaturen zwischen 20 und 22 °C bei 30 bis 65 % relativer Feuchte. Steigt die Raumtemperatur bis 26 °C, sollte die relative Feuchte 55 % nicht übersteigen. Die Erzeugung von Luftzuständen, die innerhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen, ist nur bei sehr trockenen, in Mitteleuropa eher selten anzutreffenden Außenluftzuständen möglich. Aus diesem Grund ist die direkte Zuluftbefeuchtung für die praktische Anwendung der adiabaten Kühlung in der Klimatechnik nur bedingt geeignet.

2. Abluftbefeuchtung mit ­Wärmerückgewinnung
Bei der Abluftbefeuchtung mit Wärmerückgewinnung (WRG) wird die Abluft zunächst befeuchtet und dadurch abgekühlt. Je nach Befeuchtertyp sind relative Feuchten bis zu 100 % möglich. Die abgekühlte Abluft wird über ein WRG-System geleitet, der Zuluftstrom dadurch abgekühlt.
Bei den verwendeten WRG-Systemen sollte beachtet werden, dass nur stoffdichte Systeme, in der Regel Plattenwärmeübertrager oder Kreislauf-Verbund-Systeme (KVS), zum Einsatz kommen, da sonst die Zuluftfeuchte durch die Übertragung der Feuchte aus der Abluft zu stark erhöht wird.
KVS haben den Vorteil, dass sie bei der räumlichen Trennung der Zu- und Abluftwege sowie auch für die Nachrüstung in bestehenden Klima- und Lüftungsanlagen eingesetzt werden können (Bild 1). Beim Einsatz von Hochleistungswärmeübertragern und -befeuchtern, die zu einer Übersättigung der Abluft führen, sind Abkühlungen der Außenluft zwischen 10 und 12 K (Kelvin) möglich.
Die adiabate Kühlung in Kombination mit Plattenwärmeübertragern setzt eine räumliche Nähe der Zu- und Abluft voraus. Hier gibt es die einfache Variante in der Kombination von Kreuzstromwärmeübertrager mit vorheriger Befeuchtung der Abluft. Bei diesem System wird eine Abkühlung der Zuluft bis zu 6 K erreicht. Eine effizientere Variante ist der Einsatz von Doppelplatten- bzw. Gegenstromwärmeübertragern mit integrierter Befeuchtung der Abluft (Bild 2). Bei diesem System erfolgen die Kühlung und Wärme­übertragung gleichzeitig in einem Bauteil. Das Wasser für die Verdunstungskühlung wird direkt in den Wärmeübertrager eingespritzt. Die Abluft wird hierdurch übersättigt, was zu einer Leistungssteigerung gegenüber dem getrennten Prozess von ca. 40 % führt und es werden Abkühlungen der Zuluft bis zu 12 K erreicht. Dieses Prinzip wird im h-x-Diagramm (Bild 3) verdeutlicht.

3. Zuluftbefeuchtung mit ­vorgeschalteter Lufttrocknung
Bei der Zuluftbefeuchtung hat man mit dem Problem der zu hohen Zuluftfeuchte zu tun, umgekehrt ist zudem die Wasseraufnahmefähigkeit der Außenluft bzw. der Abluft oft begrenzt, was den gewünschten Kühleffekt nur unzureichend gewährleistet. Dieses Problem wird umgangen, indem die Luft vor dem Eintritt in den Befeuchter aktiv getrocknet wird. Diese Art der Luftführung, d. h. die Trocknung und anschließende Befeuchtung des Luftstromes, wird unter dem Begriff DEC (desiccand evaporative cooling) beschrieben.
Die Luftentfeuchtung erfolgt über hygroskopische Medien, z. B. Zeolithe, Salze und Silikate, die auf einer Matrixstruktur aufgebracht werden (Sorptionskörper). Diese Medien entziehen den in der Luft enthaltenen Wasserdampf (Adsorption) und speichern ihn. Lufttrocknung ist thermodynamisch die Umkehrung des Befeuchtungsprozesses, d. h. es kommt bei der Entfeuchtung zur Erwärmung der Luft. Diese Temperaturerhöhung muss wieder rückgekühlt werden. Das kann aufgrund der hohen Temperaturen in den meisten Fällen sehr leicht mit Außen- oder Fortluft erfolgen. Nach der Rückkühlung wird der Zuluftstrom, wie bereits zuvor beschrieben, so lange adiabat befeuchtet, bis der gewünschte Luftzustand bezüglich relativer Feuchte und Temperatur erreicht ist.
Die Trocknungsmedien müssen auch wieder regeneriert (d. h. desorbiert) werden. Die Desorption erfolgt durch Aufheizen der Sorptionskörper, sodass das gespeicherte Wasser ausgetrieben wird. Die Desorptionstemperatur hängt stark vom verwendeten Sorptionsmittel ab und bewegt sich zwischen ca. 50 und mehreren 100 °C. Für die Klimatechnik bieten sich primär Sorptionsmedien mit geringen Regenerationstemperaturen an. Es kann z.B. mit Abwärme aus Blockheizkraftwerken, solarthermisch erzeugter Wärme oder Fernwärme, die in den Sommermonaten oft preisgünstig ist, regeneriert werden.
In den Bildern 4 und 5 wird dieser Prozess verdeutlicht: Die Außenluft mit 32 °C und 40 % relativer Feuchte (1) wird über den Sorptionsregenerator entfeuchtet, dabei allerdings auch erwärmt (2). Die Wärme wird der Luft im Wärmeregenerator wieder entzogen (3) und im Verdunstungskühler (Befeuchter) wird die gewünschte Zuluftkondition eingestellt (4). Damit dieser ganze Prozess auch funktioniert, muss die Abluft mit in den Prozess eingebunden werden. Dieser Prozess kann in den Bildern 6 und 7 ebenfalls verfolgt werden, deshalb soll darauf nicht näher eingegangen werden.

4. Zuluftrückführung und ­Befeuchtung im Gegenstromprinzip
Bei diesem Prinzip wird ein Teil der bereits im Wärmeübertrager gekühlten Luft wieder zurückgeführt. Dieser Luftstrom wird im Wärmeübertrager befeuchtet, sodass er sich abkühlt. Dabei kühlt sich die warme Außenluft ab. Nach einer Startphase stellt sich ein stabiles System ein und es sind Abkühlungen der Außen-/Zuluft bis zu 10 K möglich. Im Folgenden wird der Prozess erläutert und in den Bildern 6 und 7 verdeutlicht:
Die Außenluft (1) wird auf der Primärseite des Wärmeübertragers von 32 °C, 40 % relativer Feuchte auf 23 °C, 70 % relativer Feuchte gekühlt (2) und 2/3 der Außenluft wird als Zuluft in den Raum gebracht (3). 1/3 der Zuluft wird als Prozessluft (4) über die Sekundärseite des Wärmeübertragers geführt und befeuchtet. Da der Luftstrom auf der Sekundärseite nur 1/3 des Luftstroms auf der Primärseite beträgt, ist die Enthalpiedifferenz hier drei Mal so groß. Die Prozessluft hat 28 °C, 90 % relative Feuchte bei Austritt aus dem Wärmeübertrager (5). Die Abluft wird über einen Bypass geführt und vermischt sich mit der Prozessluft (6). Die Abluft hat die zweifache Menge der Prozessluft, sodass sich ein Mischpunkt von 27 °C, 64 % relativer Feuchte ergibt. Die vermisch­ten Luftströme werden dann Fortluft.

Betriebskosten im Vergleich – ein Rechenbeispiel
Die adiabate Kühlung ist allerdings sehr von den Feuchtezuständen der Außen- und damit auch indirekt der Abluft abhängig. An sehr schwül-warmen Sommertagen kann die gewünschte Kälteleistung von der adiabaten Kühlung oft nicht erbracht werden. Diese Wetterzustände sind allerdings im mitteleuropäischen Raum selten anzutreffen. Daher kann die Systemtechnik hierzulande durchaus als Alternative zur elektrisch betriebenen Kompressionskälteanlage angesehen werden. Nicht zuletzt sprechen auch die bereits erwähnten Energieeinsparungen dafür. Ein Rechenbeispiel soll das verdeutlichen:
Es soll ein Luftvolumenstrom von 10 000 m³/h mit 32 °C und 40 % relativer Feuchte um 10 °C abgekühlt werden. Bei der konventionellen Kühlung mittels Kompressionskälteanlage wird hierfür eine Kälteleis­tung von ca. 35 kW benötigt. Wenn die Kälteanlage eine COP von 5 ausweist, werden ca. 7 kW elektrischer Leistung benötigt. Bei einem Strompreis von 0,25 Euro/kWh ergibt das Kosten von 1,75 Euro pro Stunde.
Bei der adiabaten Kühlung werden für die gleiche Kälteleistung ca. 50 l Wasser benötigt und ca. 1 kW elektrische Pumpenleistung. Die kWh Strom kostet 0,25 Euro pro Stunde und das Wasser 0,1 Euro pro Stunde, bei Wasserkosten von 2 Euro pro m³. (Da das Wasser verdunstet, braucht hierfür keine Abwassergebühr entrichtet werden.) Das ergibt zusammen Kosten in Höhe von 0,35 Euro pro Stunde, was einer Einsparung von 80 % entspricht.

Schlussbetrachtung

Der große Vorteil der adiabaten Kühlung liegt in der Reduzierung der Betriebskos­ten. Betrachtet man die Gesamtkosten (Investition + Betriebs- und Wartungskos­ten), so können durch eine adiabate Kühlung die Kosten für die Klimatisierung bis auf ein Drittel der Kosten durch Kompressionskältemaschinen gesenkt werden. Die Abkühlung der Außenluft beträgt bis zu 12 °C. Damit können zwar bei hohen Außentemperaturen die Raumtemperaturen nicht immer auf den idealen Werten gehalten werden, aber der empfohlene Temperaturunterschied zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur von 6 °C ist in der Regel realisierbar. Werden feste Raumkonditionen verlangt, kann zusätzlich noch eine Kompressionskälteanlage mit integriert werden, die dann bei sehr hohen Außentemperaturen die adiabate Kühlung unterstützt.

Autor: Dipl.-Ing./MBA Matthias Kabus, ­Senior-Berater bei der EnergieAgentur.NRW

 


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