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KontrollmechanismenEinzelraumtemperaturregelung von Flächenheizungen: Nur eine gesetzliche Forderung oder eine sinnvolle Komponente?

Bereits in der Wärmeschutzverordnung von 1995 wurde der Einsatz von Einzelraumtemperaturregelungen auch bei Flächenheizungen erstmals gefordert. Vielfach wurde übersehen, dass nach dieser Verordnung auch die Nachrüstung von seinerzeit bestehenden Anlagen bis Ende 1997 gefordert war. Diese Forderung nach selbsttätig wirkenden Regeleinrichtungen zur raumweisen Temperaturregelung (Einzelraumtemperaturregelung), bzw. deren Nachrüstung wurde auch in die derzeit gültige Energieeinsparverordnung von 2009 mit übernommen und ist daher eine gesetzliche Forderung. Somit dürfte heute eigentlich keine Flächenheizung mehr ohne Einzelraumtemperaturregelung betrieben werden. Die Praxis sieht jedoch häufig ganz anders aus.

Bild 1: PMV- und PPD-Index.

 

Thermische Behaglichkeit
Der Wunsch nach einer wohligen Umgebungstemperatur ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Über die Jahrhunderte entwickelten sich die Beheizungsarten vom offenen Lagerfeuer bis hin zu den Hightech-Heizungssystemen unserer Tage. In der Vergangenheit lag das Hauptaugenmerk hauptsächlich auf der reinen Raumbeheizung. Erst in den frühen 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die ersten umfangreichen Untersuchungen zum Thema thermische Behaglichkeit durchgeführt.
Der Grad für die thermische Behaglichkeit lässt sich nach ISO 7730 ermitteln und beinhaltet folgende Einflussgrößen:
• Aktivitätsgrad,
• Wärmeleitwiderstand der Kleidung,
• Raumlufttemperatur,
• Mittlere Strahlungstemperatur der Raumumschließungsflächen,
• Luftgeschwindigkeit,
• Luftfeuchte.

Daraus wird zunächst ein PMV-Index (PMV= predicted mean vote  / erwartete durchschnittliche Empfindung) ermittelt und dann dem PPD-Index (PPD= predicted percentage of dissatisfied / erwartete durchschnittliche Unzufriedenheitsrate) zugeordnet. Der PMV-Indexwert ist dimensionslos und darf nicht mit einer Temperaturdifferenz verwechselt werden. Bild 1 zeigt, dass selbst bei optimalen Verhältnissen immer ein gewisser Grad an unzufriedenen Personen erhalten bleibt.
Da diese Berechnungen sehr komplex sind und Einflussgrößen wie Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte in der reinen Heizungstechnik kaum beeinflusst werden können, werden diese Indexwerte hauptsächlich bei der Auslegung von Klima- und Lüftungsanlagen oder bei Bereichen mit sehr hohen Behaglichkeitsanforderungen verwendet. Für die Auslegung von Heizungsanlagen und Konzeption von Regelungen wird vereinfacht die sogenannte operative Temperatur berücksichtigt. Hierbei handelt es sich um einen Mittelwert zwischen Raumlufttemperatur und der Strahlungstemperatur der raumseitigen Bauteiloberflächen. Da nur bei Räumen mit sehr gut gedämmten Außenflächen die operative Temperatur in allen Bereichen annähernd gleich ist, wird normalerweise der Einfachheit halber mit einer Mitteltemperatur aller Flächen im Raum gerechnet:



Vielfach wird außer Acht gelassen, dass die operative Temperatur mit dem Auftraggeber vereinbart wird (und nicht die Raumlufttemperatur). Unter Umständen kann die Raumlufttemperatur um einige Grad höher liegen als die gewünschte operative Temperatur. Vereinfacht lässt sich sagen, je schlechter die Außenbauteile gedämmt sind und je höher deren Flächenanteil ist, desto höher liegt die Raumlufttemperatur über der operativen Temperatur.

Anforderungen des Nutzers
Die Zufriedenheit des Nutzers in Bezug auf die thermische Behaglichkeit ist ein sehr komplexes Thema und von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Während grundlegende Maßnahmen noch in der Konzeptions- und Ausführungsphase der Heizungsanlage getroffen werden können, so ist es nach der Fertigstellung nur noch möglich, durch die Veränderung der Raumtemperatur den individuellen Bedürfnissen des Nutzers Rechnung zu tragen.

Funktion einer Einzelraumregelung
Wie ein Thermostatventil bei Heizkörpern, dient auch die Einzelraumtemperaturregelung bei Flächenheizungen dazu, die Leistungsabgabe zu verändern. Hierzu wird bei einer Unterschreitung der Solltemperatur, z. B. bei einer Abkühlung des Raumes durch Lüften, die Wassermenge in den Heizkreisen erhöht. Umgekehrt wird bei einer Erwärmung des Raumes über die gewünschte Solltemperatur die Wassermenge und damit die Leistungsabgabe des Heizkreises verringert. Die Erwärmung des Raumes kann z. B. durch Sonneneinstrahlung oder durch Wärmeabgabe von elektrischen Geräten und Menschen erfolgen.
Entscheidend für die thermische Behaglichkeit des Nutzers ist die sogenannte Regelgüte des Systems. Darunter versteht man die Abweichung der Raumtemperatur vom gewünschten Sollwert. Basis für eine akzeptable Regelgüte sind neben einer passenden Konzeption der Gesamtanlage auch Kriterien wie witterungsabhängige Systemtemperatur und ein hydraulischer Abgleich der Gesamtanlage und der einzelnen Heizkreise. Diese Vorgaben haben jedoch nur globalen Einfluss auf die Regelgüte. Da einzelne Räume auch unterschiedliche Nutzeranforderungen sowie unterschiedliche Wärmelasten und Wärmegewinne haben, ist jeder Raum einzeln zu regeln.

Arten von Einzelraumregelungen
Bei Einzelraumregelungen für Flächenheizungen unterscheidet man zwischen elektrischen und thermostatischen sowie zwischen zentralen und dezentralen Regelungen.

Elektrische Regelungen
Bei elektrischen oder elektronischen Regelungen erfolgt die Einstellung des Sollwertes an einem Raumthermostaten. Das Öffnen oder Schließen des jeweiligen Heizkreises wird am Heizkreisverteiler durch ein elektrisches Stellglied auf das Ventil übertragen und so der Wasserdurchfluss geregelt. Die Kommunikation zwischen Raumthermostaten und Stellantrieb kann über ein Kabel oder per Funk erfolgen. Folgende Reglerarten werden in Deutschland für Warmwasser-Flächenheizungen am häufigsten verwendet:

Bild 2: Raumthermostat: Proportional-Regler mit 2-Punktverhalten.

Bimetall-Raumthermostat (Bild 2)
Hier öffnet oder schließt ein Bimetall durch thermische Verformung einen Kontakt. Es handelt sich um einen Proportional-Regler mit einem 2-Punktverhalten. Als Stellglied wird in der Regel ein elektrothermischer Stellantrieb verwendet. Bei diesem wird mit Strom ein Dehnstoffelement erwärmt, das die Längenänderung in Ventilhub umsetzt.
Um durch die Regelverzögerung der Flächenheizung und die Hubzeit des Stellantriebes (ca. 3 Minuten) zu kompensieren und ein Über- oder Unterschwingen der Raumtemperatur zu vermeiden, wird meist ein zusätzlich beheizter Widerstand als thermische Rückführung eingesetzt. Ein Nachteil von Proportional-Reglern ist die bleibende Regelabweichung zwischen Soll- und Ist-Temperatur. Durch die vielen Einflussfaktoren bei der Raumtemperaturregelung ist sie jedoch akzeptabel.

Bild 3: Elektronischer Raumthermostat.

Elektronischer Raumthermostat (Bild 3)
Auch hierbei handelt es sich häufig um Regler mit einem TRIAC Ausgang, bei denen das Schaltsignal elektronisch generiert wird. Hierdurch ist es auch möglich, durch spezielle Programmierung ein Proportional-Integral ähnliches Regelverhalten (PI-Regler) zu erzeugen. Sie integrieren die Abweichungen vom Sollwert und verschieben die Reglerkennlinie exakt auf den Sollwert. Im Gegensatz zum P-Regler hat der PI-Regler keine bleibende Regelabweichung.
Um zusätzlich noch die Nachteile in der Regelgüte durch das Auf/Zu-Verhalten zu minimieren, wird häufig die sogenannte Puls-Weiten-Modulation (PWM) eingesetzt. Durch gezieltes Ein- und Ausschalten über einen bestimmten Zeitraum wird ein quasi-stetiges Verhalten simuliert. Die elektronischen 2-Punkt Regler setzen sich immer mehr durch, da sie eine höhere Regelgüte als P-Regler besitzen und zudem mit den preiswerten elektrothermischen Stellantrieben betrieben werden können.
Weiterhin werden auch stetige elektronische Regler, z. B. in der Gebäudeleittechnik (GLT), eingesetzt. Hierbei wird die Größe des Stellsignals in Abhängigkeit der Abweichung zwischen Soll- und Istwert ermittelt. Als Stellglieder kommen hier Elektromotoren, die auch ein teilweises Öffnen des Ventils ermöglichen. Theoretisch bietet diese Art der Regelung die genaueste Regelgüte. Doch kann sie ihre Vorteile nur in Verbindung mit exakter Planung und Justierung ausspielen.

Bild 4: Drahtlose Raumtemperaturregelung, hier der im Raum sitzende Thermostat.

Funk-Raumthermostat (Bild 4)
Alternativ zu den drahtgebundenen Lösungen gibt es Funk-Raumtemperaturregelungen. Sie bieten sich z. B. für die Nachrüstung bestehender Heizungsanlagen an, weil Stemm- und Maurerarbeiten für das Verlegen von Kabeln entfallen.
Eine Funkregelung besteht normalerweise aus zwei Komponenten: einem Raumthermostaten als Sender und einer Schaltleiste zum Anschluss der Stellantriebe als Empfänger. Bei den gebräuchlichen Funkregelungen sendet der Raumthermostat bei geringen Temperaturabweichungen ca. alle 10 Minuten einen codierten Funkimpuls an den Empfänger, der diesen in ein Steuersignal für die Stellantriebe umsetzt. Bei größeren Temperaturabweichungen zwischen Soll- und Ist-Temperatur werden die Zykluszeiten entsprechend verkürzt, um eine gute Regelgüte zu gewährleisten.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Funkwellen sind nicht zu erwarten. Die Sendeleistung liegt bei etwa nur 2 mW (Milliwatt). Zum Vergleich: Die Sendeleistung von W-LAN-Routern liegt bei ca. 100 mW (als Dauerleistung).
Entscheidend bei der Planung von Funkregelungen ist die Reichweite zwischen Sender und Empfänger. Maßgeblich für eine sichere Verbindung ist die Beschaffenheit der Wand- und Deckenbauteile. Je mehr Metall verbaut ist, desto höher ist die Abschirmung. In den meisten Fällen ist die Verbindung völlig unkritisch, doch kann es bei speziellen Anforderungen notwendig sein, eine vorherige Reichweitenmessung durchzuführen.

Bild 5: Thermostatischer Regler.

Thermostatische Regelung (Bild 5)
Thermostatische Regler sind Proportionalregler mit einer bleibenden Regelabweichung. Die Regelung erfolgt dezentral über Thermostatventile. Sie sitzen beispielsweise in Unterputzkästen direkt im Raum und regeln den Wasserdurchfluss über einen Thermostatkopf. Die Ausdehnung eines mit Wachs oder Gas gefüllten Dehnstoffelementes wird auf das Ventilunterteil übertragen und in den entsprechenden Hub umgesetzt.
Einen Spezialfall stellt die Rücklauftemperaturbegrenzung (Return-Temperature-Limiter, RTL-Ventil) dar. Bei diesem Ventil wird mittels Thermoelement die Rücklauftemperatur des jeweiligen Heizkreises gemessen. Der Grundgedanke ist der, dass keine Wärmeanforderung vorliegt, wenn die Rücklauftemperatur über dem eingestellten Sollwert liegt. Bei niedrigerer Rücklauftemperatur geht man davon aus, dass der Raum Wärme benötigt.
Ferner werden diese Ventile als Temperaturbegrenzer in Anlagen mit Vorlauftemperaturen über 50 °C eingesetzt. Da aber bei diesem Ventil die Führungsgröße nicht die Raumtemperatur ist, kann hier nicht von einer Raumtemperaturregelung gesprochen werden. Um diesen Nachteil zu vermeiden, werden Kombiventile angeboten, die sowohl einen Fühler für die Raumtemperatur sowie einen für die Temperaturbegrenzung besitzen.

Bild 6: Raumtemperaturabweichung bei Änderung der Heizlast.

Vergleich unterschiedlicher Regelsysteme
Welchen Einfluss die unterschiedlichen Reglungsarten auf die Raumtemperatur und damit auf die Regelgüte haben können, wird aus an Temperaturkurven in Bild 6 und Bild 7 deutlich. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden die Versuche in einer Prüfkammer durchgeführt. Für die Ermittlung der Abweichung verschiedener Regler bei 20 °C Solltemperatur wurde ein Tagesgang simuliert, bei dem zwischen 8:00 und 10:00 Uhr und zwischen 14:00 und 16:00 Uhr die Heizlast um 20 % angehoben wurde. Die Vorlauftemperatur des Systems lag bei 37 °C.



Bild 7: Minimale und maximale Raumtemperaturabweichung.

Folgende Regelsysteme wurden verwendet:
• Bimetallregler (2-Punkt mit thermischer Rückführung) und elektrothermischer Stellantrieb,
• elektronischer Regler mit Pulsweitenmodulation und elektrothermischer Stellantrieb,
• elektronischer Regler (stetig) und elektrischer Stellantrieb 0 - 10 V,
• thermostatischer Regler,
• Rücklauftemperaturbegrenzer (RTL-Ventil),
• ungeregelte Flächenheizung.

Die Temperaturverläufe (Bilder 6 und 7) zeigen, dass die Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Temperatur bei den klassischen Einzelraumtemperaturregelungen recht gering sind. Die Gesamtabweichung bei dem RTL-Ventil von 2,5 K und bei dem ungeregelten System von 3,3 K ist dahingegen nicht mehr akzeptabel.

Sonstige Einflüsse auf Regelgüte
Unabhängig von der Wichtigkeit einer Einzelraumregelung darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch andere anlagenspezifische Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf die Regelgüte und damit auf die thermische Behaglichkeit haben. Die aufgezeigten Temperaturverläufe wurden unter standardisierten Bedingungen ermittelt, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Da jedes Gebäude individuell ist und andere Grundlagenparameter besitzt, dürfen auch die nachfolgenden Punkte bei der Konzeption nicht vernachlässigt werden:
• auf die Heizlast abgestimmte Planung der Heizungsanlage,
• Temperatur der Raumumschließungsflächen,
• abgestimmte Systemtemperatur des Heizungssystems,
• hydraulischer Abgleich,
• auf das Heizungssystem abgestimmte Absenkzeiten und –temperaturen.

Fazit
Abgesehen davon, dass eine Einzelraumregelung in Neu- und Bestandsanlagen gemäß EnEV 2009 installiert, bzw. nachgerüs­tet werden muss und ein Fehlen einen Mangel an der Heizungsanlage darstellt, zeigt sich, dass ohne eine Einzelraumregelung keine zufriedenstellende Leistungsanpassung der Flächenheizung möglich ist. Fehlt eine Einzelraumtemperaturregelung, wird die grundsätzlich hohe thermische Behaglichkeit einer Flächenheizung gleich wieder zunichte gemacht. Des Weiteren fehlt dem Nutzer die Möglichkeit, seine Wunschraumtemperatur schnell und einfach seinen Bedürfnissen anzupassen. Welche Art der Einzelraumtemperatur dabei verwendet wird, ist maßgeblich von den baulichen Gegebenheiten abhängig und dabei fast sekundär, da alle eine recht genaue Temperaturanpassung zulassen.
Auch das Nachrüsten von Bestandsanlagen rechnet sich zurzeit für die Eigentümer, da die Kosten für das Nachrüsten mit bis zu 25 % von der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau, Förderprogramm Nr. 431) gefördert werden.

Autor: Olaf Kloetzel, Produktmanager für Fußbodenheizung bei Rettig Germany GmbH (Marke Purmo)

Bilder: Rettig Germany GmbH

www.purmo.de

 


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