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Kontrollierte Wohnraumlüftung wird energetisch unterschätzt Vergleich mit „regenerativen“ Technologien zeigt Benachteiligung im EE-WärmeG

Die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung gilt im EE-WärmeG, dass seit nunmehr einem Jahr in Kraft ist, als Ersatzmaßnahme zur Nutzungspflicht von Regenerativen Energien. Während im Neubau von Einfamilienhäusern dem Gesetz bereits mit etwa 4 m² Kollektorfläche genüge getan werden kann, müssen für den Beitrag der Wärmerückgewinnung 50% des Heizwärmebedarfs nachgewiesen werden. Dies, obwohl die Rückgewinnung von Wärme aus der Abluft ein deutlich größeres Primärenergie-Einsparpotenzial hat, als die Solarthermie. Der Autor des Beitrages zeigt anhand von Vergleichsrechnungen die Wertigkeit der Wärmerückgewinnung auf und geht der Frage nach: Wie regenerativ ist Abluft?

 

Bild 1: Fensterlüftung und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG).

Die kontrollierte Wohnungslüftung ist heute im Neubau-Bereich aufgrund der Dichtheit der Gebäudehüllen eine zur Erhaltung der Raumluftqualitität fast unerlässliche Maßnahme geworden. Die Verkaufszahlen von KWL-Geräten in Deutschland zeichnen jedoch mit ca. 18.000 Geräten jährlich ein anderes Bild. Auch in der energetischen Modernisierung spielt sie noch eine untergeordnete Rolle. Dieser Zustand ist vor allem deshalb dringend zu korrigieren, da mit dieser Technologie erheblich mehr Energie eingespart werden kann, als mit den landläufig bekannten Energieeinspar-Technologien (Solar- und Wärmepumpenanlagen). Zudem wird damit – im Unterschied zu den anderen Technologien – die Raumluftqualität erheblich verbessert. Dieses Potenzial wird leider seitens der Bundesregierung nicht unterstützt. So fehlt es an Zuschuss-Fördermitteln für die Wärmerückgewinnungstechnologie. Obwohl die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ein hohes Maß an Primärenergie und damit CO2 einsparen hilft, wird die Abwärmenutzung im EE-WärmeG nicht als regenerative Technologie und damit als förderwürdig eingestuft.

Einsparpotenzial der Wärmerückgewinnung
Anders als bei der Fensterlüftung geht die Wärmeenergie der Raumluft bei der kontrollierten Wohnraumlüftung nicht verloren, sondern wird zu 60 bis 95% an die Frischluft übertragen (Bild 1). Der Wirkungsgrad der Abwärmenutzung wird ausgedrückt durch eff den effektiven Wärmebereitstellungsgrad. Dieser wird entweder nach Passivhauskriterien auf der Abluftseite gemessen oder aus dem DIBt-Messwert berechnet:


Die Frischluft erwärmt sich beispielsweise bei einem Wirkungsgrad der Abwärmenutzung von eff = 90% von 0°C auf 18°C und strömt vorgewärmt in den Raum. Eine Heizung ist natürlich weiterhin erforderlich, um die Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle sowie die weitere Aufheizung der Frischluft zu gewährleis­ten. Allerdings können mit dieser Technik ca. 30% an Heizkosten eingespart werden. Der Primärenergie-Verbrauch für Heizung und Trinkwarmwasser kann somit:
von –> 99 kWh/m²a (Brennwert-Gaskessel + Fensterlüftung) auf –> 66 kWh/m²a (Brennwert-Gaskessel + Wärmerückgewinnung inklusive Hilfsenergie – z.B. für Ventilatoren) gesenkt werden. Es ergeben sich ca. 33% Primärenergie-Einsparung gegenüber der Fensterlüftung (Bild 2). Das entspricht etwa der gleichen Einsparung, die mit der Erhöhung der Mindestanforderungen nach EnEV 2009 gegenüber EnEV 2007 angestrebt wurde.

Bild 2: Heizenergieeinsparung durch Wärmerückgewinnung bei unterschiedlichem Luftwechsel und unterschiedlicher Infiltration.

Eingesparter Luftwechsel bleibt unbeachtet
Bei der unkontrollierten Fensterlüftung ergibt sich im Mittel ein höherer Luftwechsel von 0,7 h-1 (Bild 2). Der reduzierte Luftwechsel der kontrollierten Lüftung (n) gegenüber Fensterlüftung in Höhe von 0,24 h-1 bewirkt keine Verschlechterung der Raumluftqualität. Im Gegenteil: Durch gezielt an bestimmten Punkten im Wohnraum eingebrachte und abgesaugte Luft sowie durch den kontinuierlichen Luftaustausch (24 h/d) – wird eine bessere Raumluftqualität mit Lüftungsanlage erzielt. [1]
Die o.g. Berechnung des Heizenergie-Beitrages durch Wärmerückgewinnung – insbesondere die energetische Auswirkung des eingesparten Luftwechsels (n = 0,24 h-1 d) – wird aber in der Regel in den üblichen Software-Berechnungsprogrammen zur EnEV nicht beachtet.
Getreu dem Motto: „Eingesparte Energie ist die sauberste Energie“ wird die Raumabluft durch das „Ablüften“ gar nicht erst zur regenerativen Umweltwärme, sondern wird mit der WRG-Technik direkt zurückgewonnen. Es ist daher umweltstrategisch häufig sinnvoller, Effizienzmaßnahmen vor die teilweise aufwendige Nutzung von Regenerativen Energien zu setzen.

Energie-Einsparpotenzial im Vergleich
Nachfolgend soll der Vergleich zu anderen regenerativen Technologien mithilfe der EnEV 2009 und DIN V 4701-10 hergestellt werden. Im Ranking verschiedener Heiztechnologien bezüglich Energieeffizienz bzw. CO2-Einsparpotential muss allerdings zunächst geklärt werden, in welcher Form die Heizenergie definiert ist:
Heizenergie – die im Raum ankommende Energie [kWh/m²a],
Endenergie – die an der Hausgrenze ankommende Energie, z.B. Gas, Öl, Strom … [kWh/m²a].
So ist es nicht dasselbe, ob an der Hausgrenze 1 kWh/m²a Gas bezogen wird oder 1 kWh/m²a Strom. Es bestehen große Unterschiede zwischen beiden bezüglich Energiepreis und ökonomisch-ökologischer Bewertung. Zu Recht, denn die Umwandlung von Gas in Strom in einem Gas-Kraftwerk ist mit hohen Verlusten behaftet, sodass aus 3kWh Gas nur 1 kWh Strom werden. Aus diesem Grund gibt es eine primärenergetische Bewertung (fP) der Endenergie (qE), mit der letztlich der Aufwand an Ursprungsenergie (Primärenergie - qP) ermittelt werden kann:
qP = fP · qE mit Primärenergiefaktor fP:
3 für Elektroenergie
1,1 für Gas, Öl, Kohle

Es soll nun ein Haus mit einem Gas-Brennwert-Heizkessel und einem Wärmedämmstandard (qh = 60 kWh/m²a Jahresheizwärmebedarf) betrachtet werden, der den EnEV 2009 Anforderungsniveau entspricht (Variante 1).
Um die verschiedenen „regenerativen“ Heiztechnologien primärenergetisch miteinander vergleichen zu können, wird in den Varianten jeweils eine andere Technologie eingesetzt, während der Dämmstandard und die Hausgröße (AN = 188 m² Nutzfläche nach EnEV = ca. 150 m² Wohnfläche) und sämtliche anderen relevanten Größen gleich bleiben (Bild 3).

Bild 3: Primärenergieverbrauch bei verschiedenen Techniken.

  • Variante 1: BW-Gaskessel + Fensterlüftung,
  • Variante 2: BW-Gaskessel + Solaranlage 7,5 m² Flachkollektor (gem. EEWärmeG: 4% von AN),
  • Variante 3: Erdwärmepumpe (JAZ = 3,3)
  • Variante 4: BW-Gaskessel + WRG-Anlage (eff = 90%).

Im Vergleich der 4 Varianten liegt die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG) bezüglich des Primärenergieverbrauchs am günstigsten – diese Technologie erreicht den höchsten Heizenergie-Einspareffekt (Bild 4).

Bild 4: Primäreenergieeinsparung verschiedener Techniken bezogen auf Brennwerttherme (Standardvariante 1).

Für den Einsatz einer Erdwärmepumpe (EWP) ist im EE-WärmeG als unterster Grenzwert eine Jahresarbeitszahl von JAZ = 3,8 (mit Trinkwarmwasserbereitung) gefordert, um als Erneuerbare Energie anerkannt zu werden. Allerdings muss hier angemerkt werden, dass bei umfangreichen Feldtests [2] im Mittel eine JAZ = 3,3 festgestellt wurde (für Heizung und Trinkwarmwasser).
Auch in Feldtests von 4 weiteren Einrichtungen (~120 Tests) wurden Werte von ~3,4 ermittelt. Dieser in der Praxis ermittelte Wert von JAZ = 3,3 ist in den Berechnungen für Bild 3 verwendet worden. Aber auch bei Berücksichtigung von JAZ = 3,8 spart die Erd-WP weniger Primärenergie ein als eine WRG-Anlage (mit eff = 90%).

Spezifische Investitionskosten
Natürlich sind moderne, energiesparende Heiztechnologien in der Regel mit Mehrkos­ten K gegenüber der Standardvariante verbunden. Interessant ist daher die Gegen­überstellung der Technologien, im Hinblick auf die spezifischen Investitionskosten, bezogen auf die eingesparte Primärenergiemenge (qP):



Der Technologievergleich zeigt, dass sich die geringsten spezifischen Investitionskos­ten für den Einsatz der Wärmerückgewinnung (WRG) in einer Lüftungsanlage ergeben (Bild 5).

Bild 5: spezifische Investkosten bezogen auf Primärenergieeinsparung qp.

Akzeptanz der Wärmerück­gewinnung im EE-WärmeG
Gemäß EE-WärmeG wird die Abwärmenutzung als Ersatzmaßnahme nur dann akzeptiert, wenn deren Anteil am gesamten Heizenergiebedarf (65,4kWh/m²a) gleich oder größer als 50% ist. Bild 7 zeigt, dass diese Bedingung bei sehr guten Wirkungsgraden (eff) des WRG-Gerätes bereits grenzwertig erreicht werden kann (50,4%).
Ein anderer Weg wäre, die Wärmedämmung so zu verbessern, dass sogar die Anforderungen der EnEV 2009 auf einen Jahresheizwärmebedarf qh < ca. 60 kWh/m²a unterschritten würde.
Je schlechter also der Wirkungsgrad eines WRG-Gerätes, umso höher ist der geforderte Dämmstandard und damit die Gesamt-Investitionskosten. Ansonsten wird die Wärmerückgewinnung als Ersatzmaßnahme im EE-WärmeG nicht akzeptiert. Möchte der Bauherr trotzdem eine Baugenehmigung für seinen Neubau erhalten, so muss er auf andere Erneuerbare Energien ausweichen. Dies allerdings mit deutlich geringerem Energieeinspareffekt (siehe Bild 3 und 4).

Bild 6: Lufttemperaturen bei Fensterlüftung und Wärmerückgewinnungsanlage.

Wärmerückgewinnung ein regenerativer Prozess
Regeneration (lateinisch) ist „Wiederauffrischung, Erneuerung“ und „in der Technik die Wiederherstellung bestimmter physikalischer oder chemischer Eigenschaften eines Stoffes. Im auf die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung übertragenen Sinne heißt das: Die Wärme der Raumluft (21°C ~ 5,9 Wh pro m³ Luft) wird nicht aus dem Fenster weggelüftet, sondern im Wärmerückgewinnungsgerät zurückgewonnen und an die Frischluft übertragen. Der alte Zustand wird also fast wieder hergestellt (Bild 6). Wenn man so will, erfolgt im Bilanzraum „Haus“ eine 2-fache Regeneration:
a) die physikalische (thermische) Regeneration –> Wärmerückgewinnung,
b) die chemische (stoffliche) Regeneration –> Luftaustausch, Lufterneuerung.
Durch Nutzung der Abwärme (zu einem Großteil, z.B. zu 90%) wird dieser Anteil zu Erneuerbarer Energie und trägt in Form warmer Zuluft (z.B. 18°C ^= 19 kWh/m²a) zur Hauserwärmung bei. Diese Hauswärme wird durch den fortwährenden Lüftungsprozess wieder zu Abluft, deren Energie zum Großteil durch die Wärmerückgewinnung wieder als warme Zuluft erneut dem Hause zugeführt wird. Dies ist ein sich ständig wiederholender Prozess (Bild 7 und 11).
Analysiert man die Abwärme eines Hauses mit Gas-Brennwert-Heizkessel nach ihrem energetischen Ursprung, so stellt man fest, dass ein großer Teil (38%) aus Regenerativer Energie stammt: vom WRG-Gerät zurückgeführte Energie, passive solare Gewinne (z.B. über Glasscheiben) und innere Gewinne (Bild 8). Der Anteil Regenerativer Energie in der Abluftwärme steigt in diesem Fall auf ca. 70%, wenn entgegen dem Beispiel im Bild 8 kein Gas-Brennwertkessel, sondern z.B. eine Erdwärmepumpe (Sole-Wasser) verwendet wird. Die Kopplung dieser zwei Technologien kommt in heutigen Neubauten relativ häufig vor. Außerdem steigt der regenerative Anteil in der Abluft, wenn ein Haus mit einem besseren Wärmedämmstandard errichtet wird, als ihn die EnEV 2009 vorschreibt. Der regenerative Anteil in der Abluft kann von 38 % auf 50 % gesteigert werden, wenn der Dämmstandard von qh 60 kWh/m²a (Bild 7) auf ~34 kWh/m²a gesenkt wird.

Bild 7: Energieanteil aus der Lüftungsanlage (Regenerative Energie) am Heizenergiebedarf nach EE-WärmeG.

Bezieht man diesen regenerativen Ener­gieanteil von 42 kWh/m²a (Bild 8 – rote Fläche Input) nur auf die Heizenergie ohne Trinkwarmwasser (91,2 kWh/m²a), so beträgt der regenerative Anteil


Verwendet man als Bezugsgröße den gesamten Wärmeenergiebedarf, also einschließlich des Trinkwarmwasser-Wärmebedarfs, so beträgt der regenerative Anteil immer noch 38%.

Bild 8: Anteil Regenerativer Energie in der Abluft: 46%.

Bewertung der Wärmerück­gewinnung nach DIN V 4701-10
Wie der restliche Energieanteil für die Deckung des Heizenergiebedarfes – also der Ausgleich der restlichen Lüftungswärmeverluste und der Transmissionsverluste – erfolgt, hängt von der gewählten Heizungstechnologie ab (Gas, Öl, Wärmepumpe usw.).
Auch die DIN V 4701-10 (Energetische Bewertung von heiz- und raumlufttechnischen Anlagen) geht davon aus, dass bei der Erzeugung von Wärme im Lüftungsstrang ein Beitrag aus der Abluft (Abwärmenutzung) resultiert – dieser Anteil aber logischerweise nicht der Primärenergie zugerechnet wird.
Dies geht auch aus DIN V 4701-10 (Tabelle 4.2-5) in Bild 9 hervor: Die Wärmerückgewinnung (WRG mit WÜT) wird hier als „Erzeuger“ bezeichnet; beim Verfahrensschritt 4 ist kein Eintrag für den Primärenergiefaktor fPi möglich, da keine Primärenergie zur Wärmeerzeugung (18°C warme Zuluft vom WRG-Gerät) erforderlich ist.
Lediglich ein geringer Hilfsenergie-Beitrag für beide Ventilatoren (z.B. 40W für ein 150-m²-Haus) ist erforderlich.
Genau dies ist das Prinzip bei der Wärmerückgewinnung: Es wird Wärme, die einmal erzeugt war, in Form von warmer Luft wieder verwendet. Die Energie wird erneuert wieder brauchbar gemacht – im sprichwörtlichen Sinne „regeneriert“. Die Abluft muss aus Gründen der Hygiene und Gesundheit nach draußen abgeführt werden – nicht jedoch die Wärme.

Bild 9: Verfahrensschritte zur Berechnung des Lüftungsbeitrages für den Heizwärmebedarf
durch WRG.

Fazit
Ebenso wie die Sonne jeden Tag Energie liefert, egal ob wir sie nutzbar machen oder nicht, fällt auch die Abwärme der Raumluft immer wieder neu an – ob wir ihre Energie nutzen oder nicht. Diese Abwärme-Energie zurückzuführen und erneut zu nutzen ist sinnvoll und energetisch wertvoll, egal wie der Gesetzgeber sie energetisch einstuft.
Darüber hinaus ist es für eine gute Raumluftqualität in dichten Gebäudehüllen unerlässlich, die Luft auszutauschen. Über die Fensterlüftung geschieht dies unkontrolliert und mit hohen Verlusten, sodass zunächst aufwendig nutzbar gemachte Regenerative Energien wie bei der Solarthermie oder einer Wärmepumpe am Ende doch „abgelüftet“ werden.
Der vorangestellte Vergleich mit Solarthermie und Wärmepumpen mit Erdwärmesonden zeigt, dass die Wärmerückgewinnung deutlich mehr Heizkosten einsparen hilft, wobei darüber hinaus die spezifischen Investitionskosten bei der kontrollierten Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung den geringsten Betrag ausweisen.

Literatur:
[1] Passivhaus-Protokollband 23: „Einfluss der Lüftungsstrategie auf die Schadstoffkonzentration und -ausbreitung im Raum“, S. 145-176, J. Schnieders: Lüftungsstrategien und Planungshinweise
[2] IKZ-Haustechnik 8/2008, S. 40-44

Autor: Dipl. –Ing. Eberhard Paul, Paul Wärmerückgewinnung GmbH, Reinsdorf

Bilder: Paul Wärmerückgewinnung GmbH, Reinsdorf

www.paul-lueftung.net

 


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