Werbung

Klau am Bau - Diebstähle auf Baustellen haben Konjunktur

Durch Diebstähle auf Baustellen entstehen Handwerksbetrieben jährlich erhebliche Schäden. Rohre, Waschbecken, Heizkörper bis hin zu kompletten Heizkraftanlagen - geklaut wird alles - am Tag wie bei Nacht. Für selbstständige Handwerker und kleinere Handwerksbetriebe kann das existenzbedrohend sein. Denn nicht immer tritt eine Versicherung für den Schaden ein, und obendrein kann eine Verkettung der vielen Umstände die Baustelle für Stunden oder gar Tage lahmlegen. Wie dramatisch ist die Lage? Wer haftet und welche Präventionsmaßnahmen gibt es?

Willi Gobbers, Geschäftsführer der Gobbers Haustechnik GmbH, hat einige Fälle von Diebstahl zu beklagen. Das erfolgreiche Traditionsunternehmen bietet mit über 60 Mitarbeitern ein breites Leistungsspektrum an. Bild: Gobbers

Der Auftraggeber hat dafür Sorge zu tragen, dass eine Baustelle ausreichend gegen den Zutritt Unbefugter gesichert ist. Bild: Florentine/pixelio.de

Nächtliche Beleuchtung kann Einbrecher abschrecken. Bild: Bernd Kasper/pixelio.de

Überwachungskameras auf Baustellen können Diebe abschrecken und bei der Aufklärung von Taten helfen. Bild: Dieter Schütz pixelio.de

Eine Möglichkeit zum Schutz vor Dieben: ein abschließbarer Baustellencontainer. Bild: Rainer Sturm/pixelio.de

Diebstähle in 2012 aus überwiegend unbezogenen Neu- und Rohbauten, Baubuden und Baustellen aufgeschlüsselt nach Bundesländern. Quelle: Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter

Eine Möglichkeit der Prävention ist, das angelieferte Material sofort zu installieren und mit dem Baukörper fest zu verbinden. Leider ist das nicht immer zu realisieren. Bild: DKI

 

Willi Gobbers ist Geschäftsführer der Gobbers Haustechnik GmbH, einem Handwerksbetrieb in dritter Generation in Krefeld. Seit vielen Jahren führt er erfolgreich das Geschäft. Die Leistungen reichen von Bädern und Sanitärtechnik über Heizungs- und Solaranlagen sowie Energieberatung bis hin zur Wasseraufbereitung. Als der Firmenchef an einem Morgen im Januar 2011 den Anruf einer seiner Auftraggeber erhält, kann er kaum glauben, was der Bauherr ihm berichtet. Eine Wärmepumpe, die in den nächsten Tagen eingebaut werden sollte, war gestohlen worden. Die Diebe kamen nachts. Über das Baugerüst drangen sie in den ersten Stock ins Gebäude ein und verschafften sich Zutritt zum verschlossenen Technikraum im Erdgeschoss. Wie die Diebe die schwere Wärmepumpe inklusive Puffer- und Warmwasserspeicher genau über diesen Weg wieder abtransportierten, ist Gobbers bis heute ein Rätsel. Ebenso, warum niemand in der ruhigen Wohngegend etwas bemerkte.

Nach Wochen erhielt der Handwerker ein Schreiben von der Polizei: Der Fall sei eingestellt, die Täter nicht zu ermitteln. Weil die Wärmepumpe noch nicht mit dem Gebäude verbunden war, musste er haften. Der Schaden: 12 500 Euro. Kein Pappenstiel - selbst für einen so großen Handwerksbetrieb wie Gobbers. "Es kam zu baulichen Verzögerungen. Jeder weiß, das ist Alltag auf einer Baustelle. Deshalb traf die Wärmepumpe früher ein als wir sie einbauen konnten. Das war unser Pech", sagt Gobbers.

Zahlreiche Fälle - geringe Aufklärungsrate

So wie ihm geht es vielen Handwerkern und Baufirmen in Deutschland. Das Bundeskriminalamt beziffert den Schaden auf Baustellen für 2012 auf rund 68,5 Mio. Euro, in 2011 auf nahe 76,4 Mio. Euro. Insgesamt handele es sich bundesweit im vergangenen Jahr um 33 150 registrierte Fälle von Diebstahl auf Baustellen. Nicht immer geht der Wert der gestohlenen Beute gleich in die Tausende. Teuer für die Unternehmen sind oft die Folgen. Denn wenn morgens einige Mitarbeiter auf eine Baustelle kommen, um z. B. Rohre zu verlegen, diese aber über Nacht gestohlen wurden, dann entsteht der eigentliche Schaden erst: Die Arbeit ruht und Mitarbeiter müssen erst für Ersatz des Diebesguts sorgen.
Die Aufklärungsrate liegt bundesweit nach Angaben der Polizei bei durchschnittlichen 12,5%. Die Chancen sind also gering, wieder an sein Eigentum zu gelangen. Denn meist fehlen Zeugen und Angaben zur Tatzeit. Nicht selten wird der Diebstahl erst nach Tagen bemerkt. Aber Dr. Knuth Thiel, Sicherheitsexperte der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg, weiß, dass es für die Polizei schwierig ist. "Es handelt sich nicht nur um Gelegenheitsdiebe, sondern auch um organisierte Banden, die äußerst professionell vorgehen." Und die betroffenen Unternehmer könnten selten helfen, etwa wenn es um die Gerätenummer eines Bohrhammers gehe.
Ursache für den Diebstahl von Rohren, Fittings u.a. seien die rasant gestiegenen Rohstoffpreise, sagen Experten. Denn die Preise von Metallen steigen seit Jahren, weshalb sich Kupferrohre und ähnliches Klaugut bei Altmetallhändlern schnell in bare Münze umwandeln lassen.

Präventive Maßnahmen

Doch es gibt eine ganze Reihe vorbeugender Maßnahmen, die den Langfingern das Geschäft vermasseln, sagt die Polizei. Häufig herrsche der Irrglaube, Sicherungen brächten sowieso nichts. "Wir machen aber die Erfahrung, dass Täter an Sicherheitstechniken wie Einbruchmeldeanlagen oder mechanische Sicherungen häufig scheitern", sagt Andreas Mayer, Geschäftsführer der Zentralen Geschäftsstelle der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Ganz allgemein gälte, dass Einbrecher häufig nicht gut ausge
rüstete Profis, sondern Gelegenheitstäter wären, für die eine sichtbare Sicherungstechnik einfach eine längere "Arbeitszeit" und damit ein größeres Risiko bedeute, entdeckt zu werden. Wichtige Maßnahmen seien außerdem nächtliche Beleuchtung, hochwertiges Werkzeug und Materialien nicht ungesichert herumliegen zu lassen und die Baustelle per Video oder qualifizierten Sicherheitskräften überwachen zu lassen. Für letzteres fehlt allerdings häufig das Geld. Denn wegen des hohen Wettbewerbs können Handwerker solche Preise in der Regel nicht an Kunden weitergeben.
Beliebt ist außerdem der Klau am helllichten Tag. Auch davon kann Gobbers berichten. Vor einigen Jahren stahlen ihm Diebe auf einer Großbaustelle Edelstahl-Rohrfittings im Wert von 10 000 Euro - während sich gut 100 Arbeiter auf der Baustelle befanden. "Kurioserweise die Baustelle einer Bank", sagt er, doch irgendwie mag der gebeutelte Handwerker nicht richtig darüber schmunzeln. Auch hier konnten die Diebe nicht gefasst werden. "Wenn sich täglich so viele Arbeiter auf einer Baustelle tummeln, geht schnell der Überblick verloren und die Kontrolle, wer wirklich dort hingehört und wer nicht", sagt Gobbers.
Videoüberwachung kann nach Aussage der Polizei Täter abschrecken und ihr wichtige Informationen zur Täterverfolgung liefern. Die Polizei berät, wie ein Handwerker sich generell schützen kann. Die Beratungsstellen helfen, gemeinsam mit dem Handwerker präventive Maßnahmen zu entwickeln und gegebenenfalls auch vor Ort Schwachstellen zu ermitteln. Die IHK Brandenburg hat in Zusammenarbeit mit der Polizei Checklisten veröffentlicht, die Unternehmen bei der Eigenvorsorge helfen. Diese behandeln z. B. Themen wie konkrete Prüfpunkte zur Sicherheit von Gelände und Gebäuden, zur Sicherung einzelner abgestellter Baumaschinen sowie das richtige Verhalten nach dem Diebstahl.

Bauleistungsversicherungen schützen nur bedingt

Wie der Fall Gobbers jedoch zeigt, schützen auch manchmal die besten Präventivmaßnahmen nicht vor Einbrechern. Vor den finanziellen Folgen von unvorhergesehenen Beschädigungen, Zerstörungen und unter gewissen Voraussetzungen auch bei Diebstahl kann aber eine sogenannte Bauleistungsversicherung schützen. Der Auftraggeber, also der Bauherr, schließt diese Versicherung ab. Mitversichert sind alle vom Bauherrn beauftragten Unternehmen und Subunternehmen, also auch SHK-Handwerker. Die Police ist allerdings nicht lückenlos: Das Versicherungsunternehmen ersetzt gestohlene Sachen jedoch nur, wenn diese bereits fest mit dem Gebäude verbunden sind.
Sollte der Auftraggeber keine Bauleistungsversicherung für das gesamte Objekt abschließen, können Handwerker ihre eigenen Leistungen über eine individuelle Deckung sichern, sagt die Gothaer Finanzholding AG. Dies ist jedoch nicht bei jeder Versicherungsgesellschaft möglich. Bei vielen Versicherern geschieht dies durch Rahmenverträge, bei denen zum Beispiel quartalsweise aktuelle Bauprojekte zu melden sind. Um Risiken für noch nicht verbautes Material zu minimieren raten Experten des HDI, Gegenstände in verschlossenen Kellerräumen, z.B. hinter einer gesicherten Stahl-Baustellentür oder in einem verschließbaren Materialcontainer aufzubewahren. Eine andere Möglichkeit sei die Verarbeitung von Baumaterialien direkt vom Lkw, also ohne Zwischenlagerung auf der Baustelle. Zumindest Werkzeuge und Materialien, die auf Baustellen gesichert lagern, können über eine sogenannte Geschäftsinhaltsversicherung geschützt werden. Dabei gelten allerdings oft nur sehr geringere Maximalentschädigungen.
Die Prämie der Bauleistungsversicherung, die vom Bauherrn zu zahlen ist, richtet sich in erster Linie nach dem Baurisiko, der Bausumme und den Mitversicherungen von weiteren Deckungen wie Feuer. Im Grundsatz, so der HDI, reguliert die Versicherung solche Schäden, für die ein Versicherungsschutz vereinbart wurde. Doch genau hier liegt nach Gobbers Erfahrungen auch die Krux. Denn Unterschiede und Vertragsbedingungen, die der Bauherr mit dem Versicherungsunternehmen individuell ausgehandelt hat, sagt er, kennt er nicht. Auch nicht die Höhe der Selbstbeteiligung, die im Zweifelsfall dann auf seine Kosten geht. Außerdem hätte er zurzeit wieder ein Problem auf einer Baustelle. Dort sind ihm bereits mehrfach schon installierte Rohre entwendet worden. Nun hat er Ärger mit dem Versicherer wegen des Nachweises. Dieser sollte fotografisch dokumentiert sein, so die Gesellschaft. "Ein Heidenaufwand, den wir kaum leisten können, für jede kleine Maßnahme", ärgert er sich.

Fazit

Im Zweifelsfall ist also geraten, sich frühzeitig bei seinen Auftraggebern über die Vertragsbedingungen zu informieren, damit unliebsame Überraschungen im Schadensfall ausbleiben. Wie der Fall Gobbers zeigt, können auch Präventionsmaßnahmen manchmal nicht helfen. Dennoch sollte man den Ratschlägen der Polizei Folge leisten. So lassen sich Schäden zumindest begrenzen und die Anzahl der Diebstähle verringern.


Die Polizei rät

Ein Auszug aus den Tipps:

Denken Sie an eine Einfriedung (Bauzaun).
Sorgen Sie nachts für ausreichende Beleuchtung.
Nutzen Sie, wo möglich, mechanische Sicherungen.
Lassen Sie keine hochwertigen Gegenstände (Werkzeug, Material etc.) unverschlossen auf der Baustelle zurück oder herumliegen.
Lassen Sie evt. eine Videoüberwachung installieren. Diese hat eine abschreckende Wirkung und hilft der Polizei bei der Täterverfolgung.
Kooperieren Sie ggf. mit qualifizierten Wach- und Sicherheitsunternehmen.
Professionelle Informationen und Tipps erhalten Sie bei den bundesweiten (Kriminal-) Polizeilichen Beratungsstellen. Experten der Polizei stellen - ggf. auch vor Ort - Schwachstellen fest und machen Sicherheitsvorschläge.

Die Adresse Ihrer Beratungsstelle finden Sie unter . Weitere Informationen gibt es auch unter . Unterlässt sich außerdem eine Broschüre inklusive Checklisten zu Sicherungsmaßnahmen herunterladen.


Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

Bild: Helios Ventilatoren

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: