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Klare Regelung zur Hygiene in RLT-Anlagen

Hygiene-Inspektionen gemäß Neuerungen zur VDI-Richtlinie 6022

Mikrobiologische Untersuchungen. Mit der VDI 6022 gilt hier seit Januar 2018 ein schärferes Augenmerk zur Bestimmung von Gesamtkoloniezahl, Legionellen, Pseudomonaden sowie Pilzen und Hefen.

Anlagenschema und hygienische Bewertung. Ein wichtiger Punkt für die Hygieneinspektion ist die Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen.

Die VDI 6022 schreibt im Blatt 1.3 ­verschiedene Reinigungsverfahren vor. Diese können je nach Objekt entweder Trocken-, Nass-, Dampf-, Saug- oder Strahlverfahren sein.

Jörg Schönfelder, Geschäftsführender ­Gesellschafter der Gesec Hygiene + ­Instandhaltung GmbH & Co. KG.

 

Zum 1. Januar 2018 erschien die Neufassung der VDI-Richtlinie 6022 Blatt 1 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Hygieneanforderungen an ­raumlufttechnische Anlagen und Geräte (VDI-­Lüftungsregeln)“ sowie Blatt 6 „Luftbefeuchtung über dezentrale Geräte – Hygiene in Planung, Bau, Betrieb und Instandsetzung“. Die Regelwerke ­haben einige grundlegende und zum Teil auch ­weitreichende Änderungen für die Durchführung der Hygieneinspektionen mit sich gebracht, die hier in einigen Punkten aufgezeigt werden.

Galt das bisherige Augenmerk vor allem den Schritten während der Hygienein­spektion, so fordert die VDI 6022 Blatt 1.1 nun bereits verpflichtende Handlungen vor Durchführung der Inspektion. Hierbei müssen Betreiber und Instandhaltungspersonal beachten, dass zwingend eine Gefährdungsbeurteilung für die zu behandelnde RLT-Anlage erstellt werden muss. Dazu müssen alle Elemente der in Anhang B gelisteten Gefährdungsbereiche überprüft und ausführlich dokumentiert werden. Als notwendige Qualifikation zur Erstellung einer solchen Gefährdungsbeurteilung muss der Sachkundenachweis der Kategorie A vorliegen. Klares Ziel: der Schutz des Instandhaltungspersonals. Bei der Hygiene-Erstinspektion muss sogar noch einen Schritt weiter gegangen werden. Hier wird eine sogenannte Hersteller- und Planererklärung gefordert, die letztlich als Ergebnis in die Hygiene-Erst­inspektion miteinfließt und als Bestätigung gilt, dass alle verbauten Komponenten die Forderungen der VDI 6022 erfüllen. Ein Vordruck dieser Erklärung findet sich als Anhang zur Norm.

Zur Inspektion
Bei Hygieneinspektionen legt die Richtlinie die Abstände abhängig von der Art der RLT-Anlage fest. Hierbei gilt: Anlagen ohne Befeuchter müssen alle drei Jahre inspiziert werden, Anlagen mit Befeuchter alle zwei Jahre. Die Inspektion besteht weiterhin aus den bekannten vier Teilen „Erweiterte Sichtprüfung“, „Mikrobiologische Untersuchungen“, „Konstruktive Beurteilung“ sowie „Dokumentation“.

Erweiterte Sichtprüfung und ­konstruktive Beurteilung
Der Abschnitt „Erweiterte Sichtprüfung“ blieb von den Regelwerksänderungen weitestgehend unberührt. Wie in der letzten Fassung, beinhaltet dieser Punkt die Besichtigung der RLT-Anlage hinsichtlich offensichtlicher Hygienemängel, wie z. B. Verschmutzungen, Rostbildung oder Kalkablagerungen. Für die zu inspizierenden Stellen sind in der Richtlinie für jedes Bauteil der RLT-Anlage alle Elemente aufgeführt. Dazu gehören die Außen- und Fortluftdurchlässe, die Kammerzentralen und Gerätegehäuse, Luftfilter, Luftbefeuchter, Heiz- und Kühlregister, Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung, Ventilatoren, Luftleitungen, Schalldämpfer, alle Luftdurchlässe sowie der Kühlturm. Neu ist, dass nun ebenfalls eine verpflichtende optische Staubdichtemessung durchzuführen ist.

Mikrobiologische Untersuchungen – umfangreich und differenziert
Bei den mikrobiologischen Untersuchungen gilt seit Januar 2018 ein schärferes Augenmerk. Diese Untersuchungen gelten der Bestimmung von Gesamtkoloniezahl, Legionellen, Pseudomonaden sowie Pilzen und Hefen. Es soll damit festgestellt werden, ob die RLT-Anlage mikrobiologisch kontaminiert ist und die angesaugte Außenluft negativ beeinträchtigt. Untersucht werden sowohl die durch die Anlage strömende Luft, die Außenluft, das Umlaufwasser von Luftbefeuchteranlagen und Rückkühlwasser. Die Probennahme hat hier mit sogenannten Dip-Slides zu erfolgen. Mittels Abklatschplatten werden Oberflächenproben entnommen. War es bisher üblich, dass die Oberflächenproben auf Basis von Casein-Sojamehl-Pepton (CASO) Agarplatten genommen wurden, so fordert die VDI 6022 nun explizit, dass Oberflächenkeim- und Luftkeimuntersuchungen mit Selektivnährmedien zur Auswertung von Gesamtkeimzahlen und Schimmelpilzen durchgeführt werden. Gängige Nährmedien sind hier die erwähnten CASO-Agarplatten zur Bestimmung von Bakterien oder Agars aus Malzextrakten zur Bestimmung von Schimmelpilzen. Die Addition der kultivierten Koloniebildenden Einheiten (KBEs) beider Nährböden ergibt letztlich das Resultat des Probenpunktes, welches mit den festgelegten Grenzwerten verglichen wird. Eine obligatorische Differenzierung der Schimmelpilze in den Abklatsch- und Luftkeimproben bis auf Ebene der Art ist seit Januar 2018 verpflichtend. Ebenfalls ist die bisher optionale vergleichende Luftkeimuntersuchung verpflichtend geworden. Die Anzahl der Messstellen wird hierbei durch den Sachkundigen festgelegt. An schwer zugänglichen Stellen (z. B. Wärmeregister) müssen seit Neufassung der VDI 6022 Proben mittels Abstrich entnommen werden. Die Differenzierung der Schimmelpilze ist hier ebenfalls verpflichtend.

Dokumentation
Ein wichtiger Punkt für die Hygieneinspektion ist die Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen. Alle wesentlichen Aspekte (technische Daten der RLT-Anlage, erweiterte Sichtprüfung, konstruktive Beurteilung und mikrobiologische Untersuchungsergebnisse) sollten hier nochmals zusammengefasst werden. Ebenfalls sollte die Dokumentation eine aussagekräftige Fotodokumentation sowie Handlungsempfehlungen umfassen.

Anforderungen an sonstige Beteiligte
Grundsätzlich sollte die Auswertung der mikrobiologischen Proben durch ein drittes, unabhängiges Prüflabor durchgeführt werden. Die VDI 6022 empfiehlt hierbei, dass das Prüflabor nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert ist, da nur so sichergestellt werden kann, dass die Auswertung nach standardisierten Prozessen erfolgt und somit ein verlässliches Ergebnis gewährleistet werden kann. Aufgrund der nun geforderten Schimmelpilzdifferenzierung ist darauf zu achten, dass Labore eine Zulassung nach
§ 44 Infektionsschutz-Gesetz (IfsG) besitzen.

Was tun, wenn eine RLT-Anlage die Anforderungen nicht erfüllt?
Bei der Feststellung eines kritischen Befundes ist ein Hygieniker oder eine Person vergleichbarer Qualifikation einzuschalten. Dieser muss in Zusammenarbeit mit dem Betreiber und einem Interessenvertreter des Nutzers (z. B. Betriebsarzt) einen Maßnahmenplan zur Beseitigung der Mängel festlegen. Wie zuvor erwähnt, sollte jeder seriöse Dienstleister bereits in seiner Dokumentation etwaige Handlungsempfehlungen zur Mängelbeseitigung abgeben.
Durch Hygieniker und Fachpersonal wird ein Handlungsplan erstellt. Die VDI 6022 schreibt im Blatt 1.3 verschiedene Reinigungsverfahren vor. Diese können je nach Objekt entweder Trocken-, Nass-, Dampf-, Saug- oder Strahlverfahren sein. Je nach technischen und baulichen Anforderungen kann eine Reinigung entweder mittels technischen Geräts oder auch manuell durchgeführt werden. Zur Ermittlung des entsprechenden Verfahrens ist eine Ortsbegehung absolut notwendig, da ggf. auch Reinigungs- und Revisionsöffnungen in die Lüftungskanäle eingebracht werden müssen.

Fazit
Aus hygienischer Sicht ist die Weiterentwicklung der VDI 6022 als positiv zu bewerten, da die Anforderungen an Hygiene-Inspektionen und den hygienischen Zustand einer RLT-Anlage auf ein angemessenes Niveau angehoben wurden. Gerade die verpflichtenden Luftmessungen und die Schimmelpilzdifferenzierung erlauben eine wesentlich fundiertere Aussage über den Hygienezustand der Anlage als es bisher der Fall war.

Empfehlung
Die Neufassung der Richtlinie brachte erhebliche Änderungen mit sich und hat den Umfang einer Hygieneinspektion nach Vorgaben der Richtlinie deutlich vergrößert. Insbesondere die erweiterte Probennahme sowie die aufwendigere Labordiagnostik zwingen seriöse Marktteilnehmer dazu, ihre bisherigen Preise deutlich nach oben zu korrigieren. Bevor eine Hygieneinspektion beauftragt wird, sollte sich der Auftraggeber genau über den Anbieter informieren. Ein Qualitätsmerkmal zeigen Mitgliedschaften bei Verbänden, wie z. B. dem Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) oder dem Deutschen Fachverband für Luft- und Wasserhygiene e. V. (DFLW)

Bilder: Gesec Hygiene + Instandhaltung

www.gesa.de

 

Nachgefragt
IKZ-HAUSTECHNIK: Der VDI hat in der Neufassung der VDI 6022 seine Anforderungen deutlich erhöht. Was sind die aus Ihrer Sicht gravierendsten Änderungen?
Jörg Schönfelder: Aus unserer Sicht zählt zu den wichtigsten Änderungen, dass nun explizit die Differenzierung von Schimmelpilzen gefordert wird, da somit qualifizierte Aussagen getroffen werden können, ob von der betroffenen Raumluftanlage gesundheitliche Gefahren ausgehen. Hinzu kommt, dass die vergleichende Luftkeimmessung nun verpflichtend ist, da nur so eine ganzheitliche Einschätzung des Hygienezustandes möglich ist. In der neuen Fassung gibt die VDI 6022 im Streitfall den Anlagenbetreibern eine noch größere Rechtssicherheit, jedoch nur unter der Prämisse, dass die Hygieneinspektion nach allen Vorgaben der Norm und den Richtlinien der Fachverbände durchgeführt wurde.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was passiert mit Anlagen, die vor dem Stichtag 1. Januar 2018 erbaut wurden? Müssen diese auf den aktuellen Stand gebracht werden?
Jörg Schönfelder: In der VDI 6022 kennt man den Begriff der „Bestandsanlage“. Dies bedeutet, dass aus konstruktiver Sicht alle Anlagen, die vor diesem Stichtag erbaut wurden, vor baulichen Veränderungen, die durch die neue Richtlinie gefordert werden, geschützt sind. Es gilt jedoch weiterhin, dass bei Anlagen, die vor dem 1. Januar 2018 erbaut wurden, weiterhin die konstruktiven Anforderungen erfüllt werden müssen, die zu dem damaligen Zeitpunkt gefordert wurden. Aus hygienischer Sicht ist es jedoch sinnvoll, wenn baulich möglich, Raumluftanlagen so umzurüsten, dass die der aktuellen VDI 6022 entsprechen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Vorteile bringt eine verpflichtende Luftkeimmessung und worauf sollte dabei geachtet werden?
Jörg Schönfelder: Wie bereits erwähnt, erlaubt die vergleichende Luftkeimmessung die ganzheitliche Betrachtung des Hygienezustandes einer RLT-Anlage. Dies bedeutet, dass so auch Hygienemängel in Luftleitungen und explizit auch an Zuluftleitungen identifiziert werden können. Es muss einem jedoch klar sein, dass bei sehr schlechten Außenluftwerten die Werte der Zuluft tendenziell negativ ausfallen. Dies ist auch kein Wunder, da eine gewöhnliche RLT-Anlage aus schlechter Außenluft keine Spitzen-Zuluftqualität machen kann.
Generell ist darauf zu achten, dass ausreichend Messpunkte für die Luftkeimsammlung gewählt werden. Dies bedeutet: Sollten verschiedene Anlagen verschiedene Außenluftansaugungen haben, so müssen die Außenluftproben auch an diesen Ansaugungen genommen werden. Ebenfalls sollten innerhalb des Gebäudes repräsentative Punkte gewählt werden. In der Praxis bedeutet dies: Versorgt eine Anlage z. B. zwei Räume, die in komplett unterschiedlichen Gebäudeteilen liegen, so sollten aufgrund der großen Distanz auch in beiden Räumen Luftkeimproben genommen werden. Wir hätten uns aus fachlicher Sicht gewünscht, dass für Luftkeimproben verbindliche Grenzwerte (analog zu den Oberflächenkeimuntersuchungen) festgelegt werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf empfiehlt es sich, bei der Suche eines seriösen Anbieters für die Prüfung zu achten?
Jörg Schönfelder: Ein Indiz für einen seriösen Anbieter ist z. B., dass dieser Mitglied in einem der großen Fachverbände ist. Ebenfalls sollte sichergestellt sein, dass der Anbieter über Servicetechniker mit dem entsprechenden Sachkundenachweis verfügt. Zudem kann man stutzig werden, wenn ein vermeintlich sehr günstiges Angebot erstellt wird. Die seriösen Anbieter unterscheiden sich preislich in einem geringen Spektrum. Sollten nun Angebote vorliegen, welche die 50-Euro-Grenze nicht überschreiten, empfiehlt sich, Vorsicht walten zu lassen, da zu diesem Preis nicht einmal die Laborkosten gedeckt sind.

 


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