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„Klare Linie mit etwas Schmusekurs“

Chefs wünschen sich motivierte und engagierte Mitarbeiter. Aber welchen Führungsstil anwenden? Prof. Dr. Michael Bernecker gibt Denkanstöße

„Mitarbeiter erwarten ein Mehr an Kommunikation als früher – und zwar wertschätzende Kommunikation“, sagt Prof. Dr. Michael Bernecker vom Deutschen Institut für Marketing. Bild: AdobeStock – Firma V

Prof. Dr. Michael Bernecker ist Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing. Bild: DIM

 

Mitarbeiter stellen das wichtigste Kapital eines jeden Handwerksbetriebs dar. Deshalb ist ihre Motivation wichtig. Jeder Chef wünscht sich engagierte Angestellte, die nicht allein Dienst nach Vorschrift verrichten. Aber welcher Führungsstil ist geeignet, damit Motivation und folglich auch Produktivität steigen? Denkanstöße gibt Prof. Dr. Michael Bernecker, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing (DIM) in Köln.

IKZ-Haustechnik: Welchen Führungsstil empfehlen Sie Geschäftsführern von Handwerksbetrieben? Klare Linie oder Schmusekurs?
Dr. Michael Bernecker: Das ist eine spannende Frage. Aber: Leider gibt es keine einfache Antwort darauf. Man kann nicht einen Führungsstil für alle Handwerksbetriebe Deutschlands empfehlen. Wichtiger ist eher: Welcher Führungsstil passt zu mir als Geschäftsführer? Und welcher Ton, Umgang, Ansatz passt zu unserem Betrieb, den Mitarbeitern und der Situation? Entscheidend für alle Führungskräfte ist: Mitarbeiter erwarten eine klare, auf Dialog ausgerichtete und motivierende Kommunikation. Um auf Ihre Ausgangsthese zurückzukommen: Eine klare Linie mit etwas Schmusekurs ist sicherlich besser als Befehl und Gehorsam oder Larifari.

IKZ-Haustechnik: Wie lässt sich die Teamarbeit optimieren?
Dr. Michael Bernecker: Teams sind immer nur so effizient, wie es die Rahmenbedingungen zulassen, und dies ist eine der wesentlichen Aufgaben eines Geschäftsführers oder der Führungskraft. Die Rahmenbedingungen sind: klare Ziele (Was haben wir zu tun?), klare Aufgabenverteilung (Wer macht was?), klare Verantwortlichkeiten (Wer trägt wofür die Verantwortung?), klare Regeln (Wie wollen wir zusammenarbeiten?), klare Kommunikation (strukturiert und passend). Eigentlich banal. Aber wenn diese Punkte nicht passen, dann gibt es Optimierungsbedarf. Gleichzeitig muss man bei jedem Teammitglied klären, ob die Bereitschaft und die Fähigkeiten vorliegen, um zusammenzuarbeiten. Stimmt die Chemie im Team? Da Teams ein lebender Organismus sind, bleibt die Arbeit spannend und hört nie auf.

IKZ-Haustechnik: Mitunter gerät Teamarbeit an seine Grenzen, wenn z. B. nur noch über Arbeit gesprochen wird, anstatt sie zu erledigen. Was tun, wenn E-Mails, WhatsApp-Gruppen oder Meetings mehr Arbeit schaffen, als dienlich ist?
Dr. Michael Bernecker: Ich bin ein Fan des Begriffs Wirksamkeit. Jeder einzelne Mitarbeiter muss sich diese Frage stellen: Ist das, was ich gerade mache, wirklich nötig für die Erfüllung meiner Ziele bzw. meines Auftrages/Jobs? Aus der Marketingsicht kommt die Frage hinzu: Bringt das, was ich gerade mache, dem Kunden einen Mehrwert? Und natürlich aus der Sicht des Unternehmens: Verdienen wir damit Geld? Mit diesen Leitfragen reduziert sich der unnötige Aufwand sehr deutlich. Zudem sollte man Kommunikationsregeln aufstellen, so lässt sich der Kommunikations-Overkill eingrenzen.

IKZ-Haustechnik: Welche Rolle spielt die richtige Zusammensetzung eines Teams?
Dr. Michael Bernecker: Eine wichtige! Konkret sollte man die Fragen stellen: Wen benötige ich fachlich im Team, wen benötige ich an den notwendigen Schnittstellen und wen benötige ich vielleicht auch nicht? Ein Team sollte natürlich zusammen „passen“. D. h., die beiden Mitarbeiter, die schon seit fünf Jahren nicht mehr miteinander sprechen, sollten besser nicht in dasselbe Team gesteckt werden. Gleichzeitig sollte man sich aber auch immer vor Augen führen, dass Teammitglieder „nur“ zusammenarbeiten sollen und nicht heiraten müssen. Alle im Team sollten eines beherzigen: Behandle deine Teammitglieder so, wie du selbst behandelt werden möchtest, und verliere niemals den Respekt und die Achtung vor deinen Kollegen. Mit diesem Leitsatz haben Sie die meisten Probleme im Team im Griff.

IKZ-Haustechnik: Warum sollten Mitarbeiter offen über Probleme sprechen?
Dr. Michael Bernecker: Naja, sollten Mitarbeiter das wirklich tun? Ich möchte nur über Probleme diskutieren, die ich auch lösen kann. Vielfach bringen Mitarbeiter Probleme mit zur Arbeit, die dort nichts zu suchen haben. Wenn Probleme angesprochen werden, dann sollte sich jeder Mitarbeiter genau überlegen, in welchem Rahmen dies sinnvoll ist und auf welche Art und Weise die Problem­auseinandersetzung erfolgen soll. Dabei sollte niemand vergessen: Job ist Job. Im Betrieb hat der Mitarbeiter im Rahmen seines Arbeitsvertrages eine Funktion zu erfüllen. Es heißt ja auch Mitarbeiter (mitarbeiten) und nicht Angestellter (anstellen). Gerade im Mittelstand benötigen wir eine lösungsorientierte Kultur. Manchmal ist der Satz „Nein, danke, behalte dein Problem, ich möchte es nicht haben“ die richtige Antwort.

IKZ-Haustechnik: Müssen Chefs permanent für ihre Mitarbeiter erreichbar sein?
Dr. Michael Bernecker: Definitiv nein! Mitarbeiter, die mitarbeiten, sollten im Rahmen ihrer Kompetenzen autonom handeln können. Natürlich kann man als Chef der Meinung sein, dass man alles freigeben, begutachten und kommentieren muss, was Mitarbeiter machen, aber das ist nicht zielführend. Ein moderner Chef coacht, leitet an und entwickelt seine Mitarbeiter. Alles andere gehört in die Mottenkiste. Ich bin selbst „Chef“ von 20 festangestellten und 50 freien Mitarbeitern. Ich bin ansprechbar und erreichbar, wenn es wichtig ist, ansonsten versuche ich mich ersetzbar zu machen. Mein Unternehmen muss auch ohne mich funktionieren können. Auch ich habe dies erst lernen müssen – aber es geht tatsächlich.

IKZ-Haustechnik:
Steigern motivierte Mitarbeiter die Produktivität?
Dr. Michael Bernecker: Prinzipiell ja. Daher sollte man auch darauf achten, dass die Mitarbeiter nicht nur ihren Job machen, sondern auch Spaß daran haben. Natürlich wird man nicht jeden Mitarbeiter oder jede Mitarbeiterin dazu bekommen, für den Job zu brennen, aber es gibt noch etwas zwischen hochmotiviert und innerlich gekündigt. Es gibt genügend Studien, die den Zusammenhang zwischen Motivation und Produktivität beweisen. Im Umkehrschluss sollte sich jeder Unternehmer fragen: Warum sollte ein Mitarbeiter bei mir arbeiten? Wegen des Geldes, wegen der Aufgabe, weil er muss, oder vielleicht doch, weil es Spaß macht?

IKZ-Haustechnik: Reicht ein Lob, damit Mitarbeiter engagiert ihrer Arbeit nachgehen?
Dr. Michael Bernecker: Sie kennen ja den alten Satz „Nicht geschrien ist gelobt“. Wer noch so denkt, gehört in die Mottenkiste und hat in der Freien Wirtschaft nichts mehr zu suchen. Allerdings ist Lob aus meiner Sicht nicht mehr der richtige Begriff. Einen Hund kann man loben: „Hast Du fein gemacht“. Mitarbeiter aber sollten ein ordentliches Feedback erhalten und dazu gehört auch eine verbale Anerkennung ihrer Leistung. Wann haben Sie sich bei Ihren Mitarbeitern das letzte Mal bedankt? Gestern? Oder nur einmal im Jahr vor der Weihnachtsfeier?

IKZ-Haustechnik: Was sind „Motivationskiller“?
Dr. Michael Bernecker: Es gibt eine Vielzahl von Motivationskillern, die von Person zu Person variieren. Einige Punkte führen jedoch für die meisten Mitarbeiter gleichermaßen schnell zu Frustration, Ablehnung und im Extremfall zur inneren und äußeren Kündigung. Im Einzelnen sind das:

  • Mangelhafte Kommunikation: 2019 ist nicht 1980. Mitarbeiter erwarten ein Mehr an Kommunikation als früher – und zwar wertschätzende Kommunikation.
  • Negative Kommunikation: Kleinliche, besserwisserische Chefs sind allen ein Gräuel. Positive, wertschätzende Kommunikation beginnt mit „Danke“ und „Bitte“.
  • Unfaire Behandlung und Bezahlung: Mitarbeiter kündigen heutzutage schon wegen Kleinigkeiten. Seien Sie fair und behandeln Sie Ihr Team gleich. Wenn ein Mitarbeiter merkt, dass er 30 % weniger verdient als der Kollege, dann ist er demotiviert.   
  • Permanenter Druck: Natürlich wünscht man sich Höchstleistung vom Team, aber die Mitarbeiter brauchen auch Ruhephasen. Eine permanente Sechs-Tage-Woche ohne das Auszahlen von Überstunden und das ohne die Aussicht, dass sich diese Situation mal ändert, frustriert Mitarbeiter. Ausgleich tut auch gut.
  • Mikromanagement: Ein Chef, der auch kleinste Details bestimmt, frustriert und demotiviert seine Mitarbeiter.

Es gibt sicherlich noch viele weitere Faktoren.

IKZ-Haustechnik: Sollten Mitarbeitergespräche stattfinden und wenn ja, in welchem zeitlichen Abstand?
Dr. Michael Bernecker: Das klassische Personalgespräch einmal im Jahr ist eigentlich völlig out. Was soll das? Das ganze Jahr über gibt es kein Gespräch und einmal im Jahr wird gesprochen? Das führt nur zu Frustration. Ich gehe davon aus, dass folgende Personalgespräche stattfinden:

  1. Tägliche, direkte Gespräche direkt im und am Projekt. Diese Gespräche sind Arbeitsgespräche inklusive Feedback und Coaching-Funktion.
  2. Wöchentliche oder monatliche Projektgespräche, die wiederum neben dem fachlichen Part zum Feedback und Coaching dienen.
  3. Entwicklungsgespräche bei Bedarf (Ende der Ausbildung, Umstrukturierung / Weiterentwicklung) inklusive Entwicklungsplan und Positionsbestimmung. Durch diesen Ansatz sollte ein kontinuierlicher Austausch mit dem Team stattfinden.


IKZ-Haustechnik: In unserer Serie „IKZ vor Ort“ besuchen wir Handwerksbetriebe in ganz Deutschland. Geschäftsführer berichten uns, dass ein gutes Betriebsklima maßgebend sei, um Mitarbeiter langfristig zu binden. SHK-Unternehmen ermöglichen mittlerweile Vorteile zur Absicherung der Gesundheitsfürsorge, finanzieren interne wie externe Fortbildungen oder organisieren Events (Ausflüge, Freizeitveranstaltungen, etc.). Der richtige Weg?
Dr. Michael Bernecker: Meines Erachtens ist das der einzige Weg, um als mittelständischer Betrieb überhaupt noch zurecht zu kommen. Es gibt zwei Schlüsselfaktoren für die Mitarbeiterbindung: Hard Facts (Gehalt, Urlaubstage, …) und Soft Facts (Atmosphäre, Identität, Spaß, …). Oder salopp formuliert: Sie können Mitarbeiter schlecht bezahlen, nur dann müssen Sie diese gut behandeln. Schlecht bezahlen und schlecht behandeln funktioniert nicht mehr.

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