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Keine Wende im Heizungskeller - Fossile Heizungen bleiben Standard

Betrachtet man den Zubau an Heizkesseln der letzten Jahre, so ist man sich über alle Interessengruppen hinweg einig, dass nach wie vor zu viele veraltete Wärmeerzeuger in bundesdeutschen Heizungskellern ihr Dasein fristen.

Fossile Heizungen bleiben Standard. Bild: BDH / DGS

Beheizungsstruktur des Wohnungsbestandes. Bild: BDEW/Statista

Gesamtbestand Wärmeerzeuger. Bild: BDH

 

Die aktuellen Zahlen: 2010 waren 10,1% aller Ölfeuerungsanlagen älter als 27 Jahre, 5,8% gar schon mehr als 31 Jahre alt. Bei raumluftabhängigen Gasfeuerungsanlagen lagen die Zahlen bei 5,6% und 2,1%. Vier Jahre später sind es bei Öl mittlerweile 18,7 und 7,5%, bei Gas 12,6 und 4,0%. Dass es inzwischen viele Heizungsoldtimer auf deutlich mehr als 35 Jahre bringen, selbst 55 Jahre alte Oldtimer rußen munter vor sich hin, zeigt diese Statistik dabei noch nicht mal auf. Sieht man sich im Vergleich die Zubauzahlen an, ist zwar ein Aufwärts­trend erkennbar, aber auch dass man sich immer noch auf niedrigem Niveau bewegt. Der überwiegende Anteil der Neuanlagen geht in den Bestand, lediglich knapp 150000 entfallen auf den Neubau.
Auch das Handwerk sieht großen Handlungsbedarf, da von den zurzeit etwa 20,7 Mio. Heizungsanlagen mit zentralen Wärmeerzeugern knapp 70% nicht dem Stand der Technik entsprechen. Bei einer Austauschrate von unter 3% arbeiten gerade einmal 17% effizient und nutzen Erneuerbare Energien. Leider werden die meis­ten Kessel, das ist eine Hauptproblematik, nicht aus ökonomischen oder gar ökologischen Gründen ausgetauscht, sondern schlichtweg weil das Altgerät schlapp macht. Man spricht in dem Zuge von der erzwungenen Modernisierung oder auch von Notkäufen. Das ist eine der Ursachen für die zu geringe Anzahl an Biomasseheizkesseln, aber hierzu später mehr.
So heizt Deutschland auch 2015 weitgehend fossil. Pelletheizungen sind zwar längst nichts Exotisches mehr, dennoch war die Marktentwicklung der vergangenen Jahre verhalten. 2010 wurden 3,6% aller Wärmeerzeuger mit nachwachsenden Rohstoffen beschickt, bis 2014 stieg ihr Anteil auf 4,3%. Diese Zahlen lassen allerdings den aktuellen Rückgang nicht erkennen: Obwohl von Januar bis August 2015 der Gesamtmarkt für Wärmeerzeuger um 6% stieg, wurden in dieser Zeit 18% weniger Biomassekessel verkauft als im Vorjahreszeitraum. Scheitholzkessel erlebten einen Einbruch von 13%, bei Pellets waren es 19% und bei Hackschnitzel-Heizungen 36% weniger. Die Konjunktur­umfrage Nachwachsende Rohstoffe von C.A.R.M.E.N. e.V. bestätigt, dass der Abwärtstrend bei Unternehmen der Teilbranchen feste Biomasse, Biogas, Biogene Treibstoffe und stoffliche Nutzung nach wie vor anhält.
Verschiedene Statistiken zeigen, dass Erneuerbare Energien für die Wärmebereitstellung eine immer geringere Rolle spielen. Im „Spitzenjahrgang“ 2008 betrug der Anteil der jährlichen „Investitionsfälle mit Einkopplung von EE“ noch außerordentliche 45%, danach sank die Quote nahezu kontinuierlich. Für 2015 schätzt der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) den Anteil der Erneuerbaren – bezogen auf alle Investitionsfälle – auf nur noch 19%. Das Investitionsvolumen ging im gleichen Zeitraum von rund 280000 Euro auf rund 135000 Euro zurück.
Auf dem Markt für Scheitholzkessel könnten die Verkaufszahlen 2016 möglicherweise ansteigen, da ab Januar 2017 für neu errichtete Anlagen strengere Emissionsanforderungen gelten. Einen ähnlichen Effekt gab es 2014, als die Grenzwerte für Pellet- und Hackschnitzelkessel gesenkt wurden Allerdings ist zu befürchten, dass es sich dabei nur um Strohfeuer im wahrsten Sinn des Wortes handelt.

Sinkende Betriebskosten dank günstiger Energie

Laut dem Wärmemonitor Deutschland 2014 ging der Heizenergiebedarf in Mehrfamilienhäusern im Jahr 2014 witterungsbereinigt um etwa 3,4 kWh/m2 Wohnfläche zurück. Durch energetische Modernisierungsmaßnahmen lag er somit um 2,7% unterhalb des Vorjahrs. Die Heizkosten fielen im gleichen Zeitraum von 11,14 Euro/m2 Wohnfläche auf 9,85 Euro/m2, was einem Rückgang von mehr als 11% entspricht. Die Zahlen belegen, dass diese Kostenreduktion vor allem durch die Entwicklung des Einkaufspreises für fossile Energie begründet ist. Diese Entwicklung lindert zweifellos den Leidensdruck, der dazu führen könnte, dass Heizungen aufgrund hoher Betriebskosten ausgetauscht werden.
Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des BDH, stellt fest: „Der Absatz von Technologien zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt verlief 2014 und 2015 alles andere als zufriedenstellend.“ Als Grund nennt er unter anderem den niedrigen Ölpreis, der zunehmend auch den Erdgaspreis nach unten drücke. Dieser Entwicklung ist es seiner Ansicht nach auch geschuldet, dass Systeme, die Effizienz und Erneuerbare Energien koppeln, von Inves­toren als vermeintlich weniger wirtschaftlich eingeschätzt werden.

Investitionskosten bremsen Bereitschaft zum Wechsel
Kommt beim Austausch des Wärmeerzeugers eine neue Technik bzw. ein anderer Brennstoff zum Einsatz, so steigen die Investitionskosten bisweilen deutlich. Dabei muss der Wärmeerzeuger gar nicht der größte Kostentreiber sein. Für die Brennstofflagerung, eine automatische Brennstoff-Zuführung, Kaminsanierungen aber auch für zusätzliche Speicher bis hin zu neuen Heizkörpern sind oftmals erhebliche zusätzliche Investitionen erforderlich.
Dass hohe Investitionssummen die Bereitschaft zum Umstieg auf Bioenergie hemmen und durch die niedrigeren Verbrauchs- bzw. Brennstoffkosten nur bedingt kompensiert werden können, bestätigt auch Dr.-Ing. Andreas Schütte, Geschäftsführer der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR). Er weist zudem darauf hin, dass die seit Jahresbeginn geltenden Emissionsanforderungen der 1. BImSchV und damit verbundene Aufwendungen für die Abgasnachbehandlung von Holzheizungen ebenfalls kostenseitig zu Buche schlagen.
Solche Randbedingungen lassen einen Umstieg nicht gerade attraktiv erscheinen. Speziell Vermieter geben neben den Investitionskosten und dem Platzbedarf auch häufig den höheren Wartungsaufwand als Grund ihres geringen Interesses an energetischer Modernisierung im Allgemeinen und die Umstellung auf Erneuerbare Energien im Besonderen an.
Für wirtschaftliches Heizen mit Biomasse bieten aber gerade Gebäude mit hohem Wärmebedarf die besseren Voraussetzungen. Das Heizen mit Biomasse ist gerade bei Gebäuden mit hohem Wärmebedarf besonders  wirtschaftlich. Biomasse-Heizkessel tun sich umso schwerer, mit der Marktkonkurrenz mitzuhalten, je kleiner die benötigte Leistung ist. Folglich kommen bei Hackschnitzel- und Scheitholzkesseln vor allem größere Geräte zum Einsatz. Mittlerweile sind Scheitholzkessel zwar auch im kleinen Leistungsbereich (15 bis 20 kW) und auch Hackschnitzelheizungen mit 25 kW erhältlich, sie wurden aber vor allem als Zusatz-Kessel zu bestehenden Systemen konzipiert.
Grundsätzlich kommt auch das Niedrigenergiehaus als Einsatzgebiet für Biomasse-Heizungen infrage, im Neubau ist aber die Wärmepumpe sehr dominant. Speziell Luft-Wärmepumpen bestechen mit niedrigen Investitionskosten. Zwar sind auch kleine Brennwertaggregate in der Anschaffung meist günstig, bei den Servicekosten liegen die Vorteile sicherlich aufseiten der Wärmepumpe.
Martin Bentele, Geschäftsführer des deutschen Energieholz und Pellet-Verbands e.V. (DEPV), gibt zu bedenken, dass gegen die gegenwärtig niedrigen Verbrauchskosten beim Heizen mit fossilen Brennstoffen in Kombination mit der Unkenntnis über die Betriebskosten beim Einsatz Erneuerbarer Energien nur schwer anzukommen ist – immerhin waren Pellets trotz des niedrigen Mineralölpreises im November 2015 gut 10% günstiger als Heizöl, bei Erdgas waren es etwa 30%.
Derzeit geht man beim DEPV von rund einer Million Holzheizungen in Deutschland aus, etwa ein Drittel dieser Anlagen wird mit Pellets beschickt. Genau genommen wurden in den letzten Jahren nur in diesem Segment neue Kundenkreise erschlossen, denn nach wie vor spielt es für die Betreiber eine große Rolle, ob sie die Möglichkeit haben, günstig an Brennholz zu kommen.
Die Folge: Am Nutzerprofil der Biomasseheizkessel verändert sich nur wenig – auch nicht im Umfang. Nach wie vor kommen Hackschnitzel- und Scheitholzkessel vor allem im ländlichen und gewerblichen Bereich zum Einsatz. Bezogen auf den Heizwert sind Holzhackschnitzel in der Regel der günstigste Holzbrennstoff. Der Knackpunkt ist hier aber meist der notwendige bauliche Aufwand. Deshalb sind sie – wie Scheitholzkessel – in Einfamilienhäusern eher selten anzutreffen.
Beim Kachelofen sieht das natürlich anders aus, er ist durchaus beliebt bei den Bauherren, wird aber nur selten als Zentralheizung eingebaut. Ähnlich einem Kaminofen wird er eher für die Gemütlichkeit angefeuert. Auch im Sonnenhaus mit großzügig ausgelegter Solarthermieanlage ist der scheitholzbefeuerte Einzelofen nicht die Hauptheizquelle. Hier kommt er meist zum Einsatz, wenn gegen Ende der Heizperiode der Wärmevorrat im Solarspeicher schwindet.

Vorzieheffekte durch die Ökodesign-Richtlinie

Seit dem 26. September 2015 tragen Heizgeräte ein Energielabel. Für einige Heizsysteme sollte dies das Aus bedeuten, seit diesem Zeitpunkt sind sie offiziell nicht mehr erhältlich. Ganz so strikt ist die Angelegenheit jedoch nicht geregelt. Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums erklärte, dass die Produktanforderungen der EU-Ökodesign-Richtlinie zwar zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens für das erstmalige Inverkehrbringen eines Produkts im Binnenmarkt gelten, dass aber betroffene Produkte, die den Anforderungen nicht entsprechen, weiterhin verkauft werden dürfen, wenn sie vor Inkrafttreten der jeweiligen Anforderungen bereits in Verkehr gebracht worden sind. Das betrifft z.B. Lagerbestände im Handel.
Unabhängig davon wurde das Ziel, dass künftig nur noch Geräte mit hoher Effizienz zum Einsatz kommen, ausgebremst. So war im vergangenen Jahr bis zum Inkrafttreten der ErP-Richtlinie ein starker Zuwachs an Niedertemperatur-Heizsystemen zu registrieren. Während der Absatz von Gas-Brennwertkesseln um 4% stieg, gab es bei der Öl-Niedertemperatur-Technik mit 33% einen regelrechten Boom zu vermelden. Der Kunde freute sich, die Investitionskosten konnten niedrig gehalten werden. Das Modell „Kessel raus/Kessel rein“ war günstig und ließ sich schnell realisieren. Auch wenn solch eine Entscheidung weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll war, wurde sie von so manchem Handwerker bevorzugt angeboten. Leider wurde nur von wenigen Installateuren ein Wechsel des Brennstoffs offensiv empfohlen, denn ...

Knackpunkt Handwerk

In den vergangenen Jahren waren Installateure sehr gut ausgelastet, was offensichtlich auch nicht zu einer intensiveren Akquise animiert. Abgesehen davon, ob das SHK-Handwerk überhaupt genügend Kapazitäten für eine deutlich höhere Sanierungsquote hat. In vielen Fällen kommt der SHK-Fachhandwerker nur als Servicetechniker mit dem Kunden in Kontakt. Er kümmert sich um die Wartung bestehender Anlagen und wird bei Notfällen gerufen. Das wiederum führt zu einer anderen Problematik: Die meisten Kessel werden nicht aus ökonomischen oder gar ökologischen Gründen ausgetauscht, sondern schlichtweg weil das Altgerät ausfällt.
Wenn sich der Heizkessel im ungünstigsten Moment verabschiedet, kommt es oft zur sogenannten erzwungenen Modernisierung. Wird es draußen besonders kalt, muss der Brenner seine ganze Leistungsfähigkeit abrufen. Ist er schon angeschlagen, kann es genau dann zum Totalausfall kommen mit der Folge, dass die Wohnung rasch abkühlt und schnelle Abhilfe vonnöten ist. Kommt der Heizungsnotdienst zu dem Ergebnis, dass nun ein Kesseltausch ansteht, muss schnell gehandelt werden, sodass die Gelegenheit nur in den seltensten Fällen für einen Brennstoffwechsel genutzt wird. Es bleibt also fast alles beim Alten. Der Niedertemperaturkessel wird durch ein neues Gerät der gleichen Bauart ersetzt, das Brennwertgerät gegen ein moderneres seiner Art ausgetauscht.
Das hat fatale Folgen. Durch den Einbau des neuen Heizkessels verzögert sich die Chance auf einen Wechsel zu Erneuerbaren Energien für 20 Jahre oder länger. Selbst wenn eine Heizung mit deutlich niedrigerem Verbrauch eingebaut wurde, ist man in Sachen Wärmewende keinen Schritt vorangekommen, ganz im Gegenteil: Eine schleppende Nachfrage nach erneuerbaren Wärmesystemen bremst die Innovationskraft, zu geringe Stückzahlen blockieren die Entwicklung neuer Produkte. Die Zyklen der Weiterentwicklung werden länger, was letztendlich dazu führt, dass die Preise zukunftsweisender Technik meist über denen konventioneller Produkte liegen, anstatt durch steigende Stückzahlen zu fallen.

Gesetzgebung und Anreize für den Umstieg

Etliche Heizungsbetreiber erhalten erst dann eine kompetente Beratung, wenn sie schon entschieden haben, etwas zu verändern. Erst dann kommt der Energieberater zum Zug. Das ist einer der Gründe dafür, dass die durchaus guten Förderbedingungen nur wenig bekannt sind.
Was nutzt es, ein Marktanreizprogramm (MAP) finanziell aufzustocken und inhaltlich auszuweiten, wenn es zu wenig beworben wird. Viele Investitionswillige erfahren vom MAP, wenn sie ohnehin etwas unternehmen möchten. Seit die neue MAP-Richtlinie gilt, sind die Antragszahlen um etwa 25% gestiegen. Der Zuwachs geht aber vor allem auf das Konto neu eingeführter Förderbereiche, z.B. für kleine Trinkwassersolaranlagen und Wärmepumpen im Neubau. Eine Trendwende ist nicht zu erkennen.
Die Arbeitsgruppe Holzwärme im Fachverband Holzenergie äußerte sich wenig zuversichtlich: „Seit über zwei Jahren kündigt die Bundesregierung eine Wärmestrategie an, gekommen ist bislang jedoch nichts. Es sind keine Maßnahmen aktuell umgesetzt, die eine wirkliche Energiewende fördern. Das Marktanreizprogramm (MAP) und verschiedene Programme auf Landes-ebene wirken positiv, aber nicht stark genug.“ Nicht nur dort beklagt man, dass die Möglichkeit zur steuerlichen Absetzbarkeit für Vermieter politisch nicht vorankommt. Zudem fehlt eine Nutzungspflicht erneuerbarer Wärme im Bestand, wie sie in Baden-Württemberg schon länger gilt.

Ausweg Information

Die Aufmerksamkeit auf eine nachhaltige Wärmeversorgung zu lenken ist eine Aufgabe, welche die Energieberater allein nicht stemmen können. Es bedarf einer breiten Aufklärung, um aus dieser verzwackten Situation herauszukommen. Schornsteinfeger und Installateure sollten sich, gerade wenn sie auch als Energieberater auftreten, offensiv für die Erneuerung überalterter Heizkessel einsetzen, um die Wärmewende voranzubringen. Sind sie keine ausgewiesene Energieberater, sollten sie zumindest eng mit diesen zusammenarbeiten.
In der Politik gibt es durchaus Ansätze, die zur Wärmewende beitragen. Leider ist man aber aufseiten des BMWi mit der aktuellen Situation bereits zufrieden. Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin, die Energiewende befinde sich auch „im Heizungskeller“ auf einem guten Weg. So konnte der Anteil Erneuerbarer Energien am End­energieverbrauch für Wärme und Kälte in den letzten Jahren von 8,5% im Jahr 2008 auf 12,2% im Jahr 2014 gesteigert werden. Aktuelle Prognosen gingen davon aus, dass das Ziel des EEWärmeG von 14% bis zum Jahr 2020 sogar übertroffen werden könnte. Darüber hinaus wies sie auf die Novelle des MAP und die im NAPE enthaltenen Maßnahmen hin. Auf weitere Impulse aus dieser Richtung zu hoffen, ist wenig erfolgversprechend.
Es gilt vielmehr, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen. So hofft Martin Bentele vom DEPV, dass Maßnahmen wie das Altanlagen-Labeling, das ab diesem Jahr wirken soll, den Verbraucher dauerhaft für den schlechten Zustand seiner alten Ölheizung sensibilisieren könnte. Zudem geht Bentele davon aus, dass die Zuschüsse für EE-Heizungen, die sich derzeit auf fast ein Drittel der Investitionskosten summieren können, mittelfristig wirksam werden, wenn hierfür entsprechende Kommunikationsmaßnahmen ergriffen werden.
Das beginnt schon bei der Lobbyarbeit des Industrieverbands BDH, in dem auch die meisten Hersteller von Biomasse-Heizkesseln vertreten sind. Diese müsste vielschichtiger werden und nicht vor allem Austausch veralteter Heizkessel und den Einsatz neuer effizienter Brennwertkessel propagieren. Aber auch die Politik lenkt noch zu wenig. Die Fortentwicklung der Förderkonditionen für Heizungsanlagen, die Erneuerbare Energien nutzen, ist zu wenig. Weniger Ausnahmetatbestände für Altgeräte, größere Anreize für „CO2-reduziertes Heizen“ wären denkbare Strategien.
Eine Aufklärung über die Konsequenzen eines Einsatzes fossiler Energieträgern muss auf breiter Ebene erfolgen. Ein Bündnis für eine regenerative Wärmewende ist überfällig.

Autor: Matthias Hüttmann


Wann muss der Heizkessel stillgelegt werden?
Für Abgasverluste bei Gas- und Ölfeuerstätten sind vom Gesetzgeber Toleranzwerte vorgegeben. Diese richten sich nach dem verwandten Brennstoff und der Brennerbauart. Die Messintervalle sind unterschiedlich. Werden die Werte überschritten, erfolgt eine Beanstandung des Abgasverlustes durch den Schornsteinfeger, jedoch keine Stilllegung der Heizungsanlage. Vielmehr ist folgender Verfahrensablauf vorgesehen:

  • Wartung / Überprüfung / Einstellung durch ein Fachunternehmen.
  • Austausch / Erneuerung Brenner / Heizkessel nach dem Stand der Technik.
  • Nachmessung innerhalb von 6 Wochen durch den Schornsteinfeger.
  • Fällt die Nachmessung negativ aus, so wird die zuständige Behörde informiert.
  • Anschreiben des Eigentümers vonseiten der Behörde mit der Bitte um Stellungnahme.

Durch die Novellierung der 1. BImSchV hat sich das Überwachungsintervall entscheidend geändert. Bei Anlagen, deren Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung 12 Jahre und weniger zurückliegt, wird nicht mehr jährlich, sondern alle drei Jahre gemessen. Bei Anlagen, deren Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung mehr als 12 Jahre zurückliegt, wird nun jedes zweite Jahr geprüft. Messpflichtige Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe sind statt jährlich nur alle zwei Jahre zu überwachen.
Die aktuelle EnEV schreibt vor, Gas- und Ölheizungen, die älter als  30 Jahre sind, bis spätestens 2015 auszutauschen. Heizkessel, die vor dem 1. Januar 1985 eingebaut oder aufgestellt worden sind, dürfen ab 2015 nicht mehr betrieben werden. Allerdings gibt es viele Ausnahmen. So werden vorerst nur sogenannte Konstanttemperaturheizkessel erfasst. Auch Hauseigentümer, die seit mindestens Februar 2002 in Häusern mit 30 Jahre alten Heizungen wohnen, sind von der neuen Austauschpflicht ihrer Anlagen ausgenommen.
Fazit: Heizkessel werden nur sehr selten stillgelegt.


Fragen und Antworten
Eine Spurensuche: Im Zusammenhang mit diesem Artikel wurden unterschiedliche Institutionen um eine Stellungnahme gebeten, wir hatten folgende Fragen gestellt:

  • Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Hemmnisse, weshalb schreitet hier die Energiewende (weg von fossilen Energieerzeugern) nur so schleppend voran?
  • Wie denken Sie wird sich der Markt zukünftig entwickeln?
  • Welche aktuellen Maßnahmen werden sich positiv auswirken?

Zusammenfassung der Antworten:


1. Martin Bentele
Deutscher Energieholz und Pellet-Verband e.V. (DEPV), www.depv.de

Momentane Verhinderungsgründe:

  • Gegenwärtige niedrige fossile Verbrauchskosten und Unkenntnis der erneuerbaren Betriebskosten.
  • Die Energiewende ist am Heizungsmarkt für den Betreiber immer mit einer relativ hohen Investition verbunden.
  • Der Heizungsmarkt stagniert generell.
  • Erneuerbare Heizsysteme sind von der Anschaffung her teurer als Gas- oder Ölheizung.
  • Hervorragende Förderbedingungen sind wenig bekannt.
  • Verbraucher sind wegen der Fragen zusätzlicher Effizienzmaßnahmen verunsichert.
  • Fossile Brennwertheizung gilt in weiten Kreisen heute schon als gute Lösung.
  • Gezielte Beratungsdienstleistung für Heizungstausch nicht immer optimal.
  • Verwirrende Vielzahl aktueller gesetzlicher Maßnahmen.

Marktentwicklung:
Schwer zu sagen, kaum realistisch prognostizierbare Bedingungen.

Positive Maßnahmen:
Gegenwärtig fast ein Drittel der Investitionen in eine erneuerbare Heizung werden bezuschusst.
Mit Maßnahmen wie dem Altanlagenlabelling könnte der Verbraucher dauerhaft über den schlechten Zustand seiner alten Ölheizung sensibilisiert werden.


2. Dr. Beate Braams
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, www.bmwi.de 

Positive Maßnahmen:
Vielzahl von Maßnahmen sind im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) verankert:

  • Die Förderbedingungen im CO2-Gebäudesanierungsprogramm wurden auch für die Erneuerung der Heizungsanlage verbessert.
  • Das neue „Anreizprogramm Energieeffizienz“ ergänzt und verstärkt die bestehende Förderlandschaft sinnvoll.
  • Verbraucher erhalten Impulse für einen Heizungsaustausch durch Heizungslabel für Altanlagen.
  • Vor-Ort-Energie- und Sanierungsberatung.
  • Die Energieeffizienzstrategie Gebäude, die zeitnah beschlossen werden soll, hat als zentrales Thema die Kombination aus dem verstärkten Einsatz von EE für die Wärmeerzeugung und eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz.

Marktentwicklung:
Die Energiewende befindet sich auch „im Heizungskeller“ auf einem guten Weg: Der Anteil EE am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte konnte in den letzten Jahren von 8,5% im Jahr 2008 auf 12,2% im Jahr 2014 gesteigert werden. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass das Ziel des EEWärmeG von 14% bis zum Jahr 2020 sogar übertroffen werden könnte. Das MAP wurde fortentwickelt und wesentlich verbessert. Die Novelle hat bislang zu einem deutlichen Anstieg der Antragszahlen geführt und den Zubau erneuerbarer Wärmeerzeuger spürbar beschleunigt. Gerade für Privatpersonen, Freiberufler und Unternehmen wird dort der Einbau von Biomasseheizungen gefördert.


3. Andreas Lücke
MA, Bundesverband der Deutschen  Heizungsindustrie e.V. (BDH), www.bdh-koeln.de

Momentane Verhinderungsgründe:

  • Unter anderem der niedrige Ölpreis. bzw. Erdgaspreis.
  • Systeme, die Effizienz und Erneuerbare Energien koppeln, werden als vermeintlich weniger wirtschaftlich eingeschätzt.
  • Der Markt für den monovalenten Austausch alter, ineffizienter Wärmeerzeuger hin zu hocheffizienter Brennwerttechnik entwickelt sich recht dynamisch. Dies ist keine negative Entwicklung, „weg von fossiler Energie“ ist kontraproduktiv und einseitig. Durch Austausch veralteter Heizkessel und Einsatz neuer effizienter Brennwertkessel erzielt man Einsparungen von 20 bis 30%. Weg von fossilen Energieerzeugern suggeriert, dass bivalente Systeme, die EE einkoppeln, ohne fossile Brennstoffe auskommen.

Marktentwicklung:
Der zukünftige Markt durfte sich in 2016 analog zu 2015 entwickeln. Eine berechtigte Hoffnung besteht darin, dass das im März 2015 deutlich attraktiver gestaltete Marktanreizprogramm (MAP) in 2016 eine positive Wirkung auf die Erneuerbaren Energien entfalten wird.

Fazit:

Anstelle einer Polarisierung fossiler gegen EE setzt der BDH auf die Doppelstrategie aus Energieeffizienz und EE. Damit kommt der Ressourcen- und Klimaschutz deutlich weiter, als einseitige und unrealistische Modernisierungsstrategien es bewirken können.


4. Niels Alter, Franz Bruckner
Fachverband Holzenergie, Arbeitsgruppe Holzwärme, www.bioenergie.de

Momentane Verhinderungsgründe:

  • Verunsicherung der Verbraucher.
  • Noch immer hoher Beratungs- und Informationsbedarf.
  • Unvorbereitete Hauseigentuümer bei plötzlichem Ausfall.
  • Überangebot an Möglichkeiten und Ratschlägen seitens der Installateure.
  • Fehlende Wärmenetzanschlüsse in beinahe allen Kommunen.
  • Verunsicherung durch Diskussionen um die Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit.
  • Feinstaub und Inkrafttreten der Stufe 2 der 1. BImSchV.
  • Im Vergleich zu fossilen Heizungssystem hoher Investitionsbedarf.
  • Keine ausreichenden Möglichkeiten, die Investitionskosten auf die Miete umzulegen oder steuerlich wirksam abzuschreiben.

Marktentwicklung:
Ohne stärkere finanzielle Anreize, ggf. verbunden mit steigenden fossilen Preisen, wird die Marktentwicklung auch weiterhin nicht das notwendige Tempo erreichen

Positive Maßnahmen:

Die seit über zwei Jahren angekündigte Wärmestrategie der Bundesregierung gibt es nicht. Das Marktanreizprogramm und verschiedene Programme auf Landesebene wirken positiv, aber nicht stark genug. Angebracht wäre eher ein Verbot wie in Dänemark. Die Möglichkeit zur steuerlichen Absetzbarkeit für Vermieter kommt politisch nicht voran. Es fehlt eine Nutzungspflicht erneuerbarer Wärme im Bestand.


5. Dr.-Ing. Andreas Schütte
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., www.fnr.de

Momentane Verhinderungsgründe:

  • Die Investitionskosten für Erneuerbare Wärme, insbesondere für Bioenergie, sind vergleichsweise hoch.
  • Die Brennstoffpreise für fossile Brennstoffe tendieren vergleichsweise niedrig.
  • Wohneigentumsaspekt: Vermieter-Mieter-Dilemma.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: fordern und fördern.

Marktentwicklung:
Aufgrund günstiger fossiler Brennstoffe kurzfristig nur eine begrenzte wirtschaftliche Motivation für eine Energieträgerumstellung auf erneuerbare Wärme. Mögliche Chancen liegen im Regelungsbereich des EEWärmeG, beim MAP und bei steuerlichen Anreizen. Für Biomasseanlagen (Festbrennstoffe) haben Hersteller und Forschungseinrichtungen verbesserte Kessel und nachrüstbare Staubfilter entwickelt und zur Marktreife gebracht.
Pelletheizungen und teils auch Hackschnitzelkessel können die für neu errichtete Anlagen deutlich strengeren Emissionsanforderungen einhalten. Für Scheitholzkessel gelten die strengeren Anforderungen erst ab Januar 2017. Im ländlichen Raum bleiben Scheitholz- und Hackschnitzelkessel damit auch künftig eine interessante Option.

Positive Maßnahmen:

Vor allem das Marktanreizprogramm des BMWi bietet gewisse Anreize für Bauherren, sich für erneuerbare Lösungen im Wärmebereich zu entscheiden.

 


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