Werbung

Kein Hexenwerk: über 3-D-Modelle und BIM

IT-Werkzeuge für integrale Planung und nachhaltiges Bauen

Die Möglichkeit, u. a. Termine und Kosten besonders bei komplexen Projekten sicherer handhaben zu können, wird BIM auch in Deutschland beflügeln. Bild: BRZ

„Bei BIM handelt es sich weniger um eine Software als um eine Methode und eine neue Form der Zusammenarbeit“, sagt Johannes Lunz, Geschäftsführer von BRZ Deutschland (Unternehmen für Organisation und Bauinformatik). Bild: BRZ

Auf dem Markt stehen zahlreiche IT-Lösungen rund um BIM bereit. So bietet z. B. der ETU-Planer dem TGA-Planer Unterstützung bei Neubauprojekten ebenso wie in der Sanierung. Bild: Hottgenroth/ETU.

BIM ermöglicht allen Beteiligten simultanen Zugriff auf die Gebäudedaten sowie Wissensaustausch während des gesamten Lebenszyklus der Immobilie. Bild: ATP Planungs- und Beteiligungs AG.

Für Dirk Schaper, Geschäftsführer Hochtief ViCon, ist der ganzheitliche Ansatz mit BIM bereits Tagesgeschäft. Bild: buildingSMART

Gründungsmitglieder der Plattform „planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“. Bild: buildingSMART

 

Durch die zunehmende Technisierung von Gebäuden in den vergangenen Jahren hat sich insbesondere für Ingenieure und Architekten das Aufgabengebiet erweitert und erfordert eine Auseinandersetzung mit neuen Technologien. Mittlerweile bestimmen die installierten Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung, wie zur Beheizung, Belüftung, Beleuchtung oder gar zum Sonnenschutz, die Funktionalität von Gebäuden wesentlich. Die dadurch gestiegene Komplexität von Bauprojekten, einhergehend mit Anforderungen an kürzere Planungs- und Ausführungszeiträume, fordert ein Umdenken bei allen an Planung und Bau Beteiligten, um Störungen des Planungs- und Bauablaufs zu vermeiden und Bauzeitenverzögerungen sowie Kostenerhöhungen – insbesondere durch Nachträge – vorzubeugen. Um die Planungs- und Bauprozesse effizienter und fehlerresistenter zu gestalten, werden zunehmend BIM-Lösungen eingesetzt.

Die Planung und Errichtung eines Gebäudes erfolgen üblicherweise in Gewerken. Die Anforderungen sind jedoch in vielen Punkten gewerkeübergreifend. Folglich müssen sie auch übergeordnet definiert, diskutiert und erfüllt werden. Für den Einsatz der IT wachsen damit die Anforderungen. Im Fokus stehen dabei Programme, die über die 3-D-Funktion hinaus auch „Building Information Modeling“-Daten (BIM-Daten) generieren und verarbeiten können.

Planungs-Tools: Die Qual der Wahl
Welche Herangehensweise empfiehlt sich, wenn ein neues Werkzeug zur TGA-Planung beschafft werden soll? Zielführend ist es nach aller Erfahrung, möglichst einen Nutzer zu befragen. Dabei sollte keineswegs im Vordergrund stehen, dass dieser mit einer bestimmten Software arbeitet – wichtiger ist, dass er dem eigenen Nutzerprofil möglichst nahe kommt: dass die Branche stimmt, die Aufgabenstellung ähnlich ist, auch die Firmengröße spielt eine Rolle.
Die Komplexität der technischen Gebäudeausrüstung macht es heute praktisch unmöglich, dass ein einzelner Planer alle Gewerke beherrscht. Im Normalfall haben sich in einem größeren Planungsbüro Spezialisten herausgebildet, die für ein bestimmtes Projekt parallel die Gewerke durchplanen. Oder man setzt projektspezifisch Teams aus freien Planern zusammen. Transparenz und Kommunikation innerhalb des Planungs-Teams ist dann das A und O für den Projekterfolg.

BIM und Lebenszyklus
BIM verbindet die Architektur mit der Gebäudetechnik sowie der Projektsteuerung. Dahinter steckt die Idee, den Lebenszyklus von Gebäuden in den Vordergrund zu rücken – da rund 80 % der Gesamtkos­ten beim Betreiben und Instandhalten eines Bauwerks anfallen, während das Bauen nur etwa 20 % beansprucht.
Auf dem 18. buildingSMART Forum am 13. November 2014 in Berlin waren sich Teilnehmer wie Referenten einig in der Einschätzung: Die Branche muss sich auf einen Kulturwechsel einstellen! „Wir können nicht mehr so linear unterwegs sein wie bisher“, betonte Christian Brensing, Geschäftsführer der CBE, der das Forum moderierte. Damit rückte er den interdisziplinären Austausch von Daten und Wissen und den damit verbundenen Kulturwechsel gleich zu Beginn in den Mittelpunkt. Für Dirk Schaper, Geschäftsführer Hochtief ViCon, ist der ganzheitliche Ansatz mit BIM Tagesgeschäft. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit und die Informationstiefe, die durch BIM generiert werde, biete der Bauwirtschaft große Chancen, neue Geschäftsmodelle und Mehrwert – ausdrücklich auch für Planer und Architekten. „Es handelt sich weniger um eine Software“, erklärt Johannes Lunz Geschäftsführer von BRZ Deutschland, „als um eine Methode und eine neue Form der Zusammenarbeit.“
Beim 5. BRZ-Mittelstandsforum, das Ende November 2014 in Hamburg stattfand, drehte sich ebenfalls alles um BIM. Auch wenn unter den Referenten viele Aspekte teilweise kontrovers diskutiert wurden, waren sich im Ratschlag an die Forumsteilnehmer letztendlich alle einig: „Fangen Sie mit BIM an, am besten heute noch!“

Brüssel schreibt BIM vor
Am 15. Januar 2014 empfahl das Europäische Parlament, das Vergaberecht der Europäischen Union zu modernisieren, indem der Einsatz von computergestützten Methoden wie BIM zur Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen und Ausschreibungen empfohlen wird.
Die Verabschiedung der Richtlinie für das EU-Vergaberecht bedeutet, dass bis 2016 alle 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Nutzung von BIM bei der Realisierung von öffentlich finanzierten Bau- und Infrastrukturprojekten fördern sollen und diese genauer spezifizieren sowie verpflichtend anordnen können. Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Finnland und Norwegen schreiben die Nutzung von BIM bei öffentlich finanzierten Bauvorhaben bereits vor. Gemäß einem 2012 erschienenen Bericht der europäischen Kommission konnten öffentliche Einrichtungen, die eine digitale BIM-Lösung implementiert haben, zwischen 5 und 20 % einsparen. Das Gesamtvolumen des europäischen Ausschreibungsmarkts wird auf mehr als 2 Bio. Euro geschätzt. Eine Kostenminderung um 5 % würde demnach eine Ersparnis von 100 Mrd. Euro pro Jahr bedeuten.
Auch in Deutschland ist die Politik angesichts mehrerer aus dem Ruder gelaufener Großprojekte wie dem Berliner Flughafen, der Elbphilharmonie in Hamburg und des Stuttgarter Bahnhofsneubaus inzwischen auf das Thema BIM aufmerksam geworden. Verkehrsminister Alexander Dobrindt lässt bei vier demnächst beginnenden Pilotprojekten untersuchen, wie viel Potenzial in der digitalen Planungsmethode steckt.
Je komplexer ein Bauvorhaben ist, desto größer wird der Nutzen von BIM, zeigt sich die in Innsbruck ansässige ATP Planungs- und Beteiligungs AG überzeugt. Dazu ergeben sich insbesondere folgende Vorteile:

  • Vernetzung aller Planungskomponenten,
  • Minimierung von Schnittstellenverlusten,
  • Integration von Massen, Terminen, Kos­ten,
  • multidimensionale Visualisierungen und Simulationen,
  • kein Informationsverlust durch Wechsel zwischen grafischen und alphanumerischen Systemen,
  • Reduktion der Kosten aufgrund geringerer Claim Management-Aktivitäten.

Auszug von Lösungen verschiedener Anbieter
Auf dem Markt stehen zahlreiche IT-Lösungen rund um BIM bereit. Angesichts immer „smarter“ werdender Gebäude wachsen die Gewerke der klassischen TGA-Planung und die Elektrotechnik weiter zusammen. Zudem verfügen die einzelnen Fachbereichsplaner und Baubeteiligten eines Projekts keineswegs immer über einheitliche Planungslösungen nur eines Anbieters. Nachfolgend Beispiele von IT-Lösungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Data Design System bietet mit seiner gewerkeübergreifenden Lösung „DDS-CAD“ einen Funktionsumfang, der laut Herstellerangaben die gesamte Bandbreite der TGA- und der gebäudebezogenen elektrotechnischen Fachplanung abdeckt. Zudem schaffe sie mit ihrer bereits nach neuestem Standard zertifizierten IFC-Schnittstelle die Grundlage für den reibungslosen BIM-Datenaustausch mit anderen Fachbereichsplanern und Baubeteiligten – auch plattformübergreifend. Planungsbüros und Planer in ausführenden Betrieben, die in beiden Fachbereichen ihre Leistungen anbieten und sich darüber hinaus bereits in unternehmensübergreifenden BIM-Projekt-Teams engagieren, kommt dies zugute.
  • Die Autodesk Building Design Suite Premium umfasst u. a. „AutoCAD“ sowie „Revit“, sodass dem Anwender entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung, der Planungsphase oder der Projektanforderungen das passende CAD-Werkzeug zur Verfügung steht.
  • Mit dem „ETU-Planer“ von Hottgenroth/ETU hat der TGA-Ingenieur ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem er zeit- und kosteneffizient seine Simulations- und Planungsaufgaben erledigen kann. Zentrale Bedeutung habe die BIM-Fähigkeit der Software, betont der Anbieter. So lässt sich der ETU-Planer als Komplettlösung oder auch als Insellösung einsetzen. Schnittstellentechniken – wie IFC (3-D), DWG/DXF, PDF und Bilddateien (mit Aufmaß-Funktionen) ermöglichen auf verschiedensten Wegen den reibungslosen und einheitlichen Im- und Export von Planungsunterlagen. Wichtig: Der ETU-Planer ist eine Mehrplatzlösung und für die Nutzung im Netzwerk ausgelegt.
  • liNear betont, dass für eine ganzheitliche informationstechnische Betrachtung eines Gebäudes Produktinformationen in ausreichender Detailtiefe für das Gebäudemodell und die Berechnungen vorliegen müssen. Umfangreiche Produktbibliotheken und Datensätze mit 3-D-Modellen für Kessel, Pumpen, Armaturen, Rohrleitungssysteme u. v. m. von namhaften Herstellern werden regelmäßig in Kooperation mit der Industrie aktualisiert und stehen zur direkten Verwendung in der Planung zum Download bereit.
  • Mit den multidisziplinären BIM-Lösungen von Bentley Systems können Projektteams praktisch jedes beliebige Bauprojekt simulieren. Die beteiligten Kompetenzbereiche lassen sich nahtlos integrieren, und die Zusammenarbeit an Projekten werde beschleunigt, so der Anbieter.
  • Mensch und Maschine (MuM) offeriert die Software „MagiCAD“ des finnischen Softwarehauses Progman Oy. „MagiCAD“ ergänzt Autodesk Revit um Funktionen für die Haustechnikplanung und vor allem um reale Produkte führender Hersteller. Die Bibliothek umfasst über 1 Mio. 3-D-Produktmodelle, die sämtliche Abmessungen und umfassende technische Daten für digitale Gebäudemodelle enthalten. Der Anbieter bezeichnet „MagiCAD“ als marktführende TGA-Planungssoftware in Nordeuropa; sie zähle mit mehr als 15 000 Lizenzen in 45 Ländern europaweit zu den meistgenutzten BIM-Lösungen in der Gebäudetechnik.


Fazit: Hat Bill Gates die BIM-Philosophie vorausgesehen? Das ihm zugeschriebene Zitat „How you gather, manage, and use information will determine whether you win or lose“ („Wie Sie Informationen sammeln, verwalten und benutzen wird darüber entscheiden, ob Sie gewinnen oder verlieren“) hat nichts an Aktualität verloren.

Autor: Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Bittermann, freier Journalist, Lambsheim

Statt „Bauen Digital“ jetzt „planen-bauen 4.0“

Führende Verbände und Institutionen aus dem Bereich Planen, Bauen und Betreiben von Bauwerken haben am 20. Februar dieses Jahres die „planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“ gegründet. Ursprünglich sollte die von Staat und Wirtschaft unterstützte Initiative „Bauen Digital“ heißen. Aus namensrechtlichen Gründen musste der neue Name gewählt werden – der Zusatz „4.0“ schafft die gedankliche Nähe zur Initiative Industrie 4.0.
Wesentliches Ziel ist es, das Building Information Modeling (BIM) voranzutragen. Dabei sollen die Gegebenheiten des deutschen Marktes und dessen hohe Ausdifferenzierung beru?cksichtigt werden.
Die Initiatoren – der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Verband Beratender Ingenieure, buildingSMART sowie die Bundesvereinigung Bauwirtschaft, die Bundesarchitektenkammer und die Bundesingenieurkammer – betonen, dass weitere interessierte Unternehmen und Bundesorganisationen eingeladen sind, der Gesellschaft beizutreten.

Open BIM – unabhängige Teamarbeit

„Open BIM“ bezeichnet eine spezielle Methode des Planens, Bauens und Bewirtschaftens von Bauwerken mithilfe von BIM. Hierbei werden offene Standards für den Austausch der Bauwerksdaten verwendet; das zugrundeliegende Austauschformat ist IFC.
Open BIM ermöglicht eine plattformunabhängige Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen: Alle Disziplinen (Architekten, Fachplaner, Facilitymanager, ausführende Fachbetriebe etc.) können die für ihren jeweiligen Fachbereich am besten geeignete Softwarelösung mit IFC-Schnittstelle einsetzen. Aufgrund dieser Schnittstelle können bereits vorhandene relevante Daten ausgetauscht und in jeder Disziplin ohne Neueingabe durchgehend verwendet werden. Daher ist es in Open-BIM-Projekten unnötig, eine einzige gemeinsame Softwareplattform festzulegen, um eine reibungslose Zusammenarbeit sicherzustellen.
Um die Verwendung dieser Open-BIM-Methodik im Baubereich zu fördern und voranzubringen, haben sich verschiedene Softwarehersteller unterschiedlicher Teildisziplinen zu einer Initiative zusammengefunden. Diese trägt denselben Namen wie die Methode, die sie unterstützt: Open BIM.

buildingSMART zertifiziert IFC für Open-BIM-Planungsansatz

buildingSMART ist eine Organisation, die den Open-BIM-Planungsansatz propagiert und vorantreibt. Zur Umsetzung zertifiziert buildingSMART Softwarelösungen, die eine IFC-Schnittstelle nutzen und sich den Anforderungen der Organisation stellen. Im Bereich MEP (Mechanical, Electrical, Plumbing) – dies entspricht dem TGA-Bereich – wurden von der Organisation erste Softwarelösungen zertifiziert. Derzeit sind dies „DDS-CAD“ von Data Design System, „nova“ von Trimble/Plancal und „Revit MEP“ von Autodesk (siehe: www.buildingsmart.org/compliance/certified-software

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: