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Jahresarbeitszahl, COP & Co. Teil 1: Was Fachplaner und Heizungsbauer über Effizienz-Kennwerte von Wärmepumpen wissen sollten

Die Nutzung von Umweltwärme mithilfe der Wärmepumpe gewinnt zunehmend an Bedeutung. Mit der Anzahl installierter Wärmepumpen wird allerdings auch die Forderung von Kunden und Anlagenbetreibern nach mehr Energiekosten-Transparenz laut. Will die Wärmepumpenbranche weiter wachsen, so müssen Hersteller und Anbieter einen Weg finden, den energetischen Vorteil von Wärmepumpen gegenüber Kunden glaubhaft darzustellen. Keine einfache Aufgabe, zumal die Berechnung der Jahresarbeitszahl (JAZ) nach VDI 4650 sicher keine Grundlage für unlängst geforderte Effizienzgarantien sein kann. Der Erste Teil dieser Artikelserie zeigt zunächst auf, wo die Unterschiede zwischen Leistungszahl, Arbeitszahl sowie gemessenen und berechneten Kennwerten liegen und wie diese zu beurteilen sind.

Bild 1: Prüfstandsmessung: Der COP einer Wärmepumpe wird bei normierten und konstanten Randbedingungen gemessen.

 

Egal ob Niedertemperatur- oder Brennwertkessel, Solarkollektor, Pelletheizkessel oder Mini-BHKW. Eines haben alle Wärmeerzeuger gemeinsam. Sie werden an ihrem Wirkungsgrad gemessen, um dem Kunden zu zeigen wie effizient sie arbeiten und oftmals auch, um eine Förderfähigkeit nachweisen zu können.

Das gilt natürlich auch für die immer häufiger in Neubauten und Modernisierungen zum Einsatz kommenden Wärmepumpen. Alle Hersteller beschäftigen sich daher mit Prüfstandsmessungen, um die Effizienz der Aggregate transparent machen zu können. Woran erkennt man aber nun die Güte einer Wärmepumpe? Und reicht dieser Kennwert aus, um Rückschlüsse auf den Betrieb in konkreten Bau- oder Modernisierungsvorhaben ziehen zu können? Welcher Wert gibt Aufschluss über die Förderfähigkeit einer Wärmepumpe?
Mit diesen und weiteren praktischen Fragen beschäftigt sich unsere Artikelserie zu Effizienzangaben bei Wärmepumpen, die mit einer Betrachtung der Grundlagen um Leistungszahlen und -koeffizienten startet.

Bild 2: Relativer COP in Abhangigkeit der senkenseitigen Temperaturspreizung. Bild: Wärmepumpen-Testzentrum WPZ, Buchs, Schweiz

DEFINITION DER LEISTUNGSZAHL
Die Leistungszahl Epsilon ist ein Maß für den Wirkungsgrad von Wärmepumpen. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis der abgegebenen Heizleistung zur eingesetzten elektrischen Antriebsleistung für den Verdichter in einem bestimmten Betriebspunkt.
Der "Coefficient Of Performance" - kurz COP genannt - ist identisch mit dem im deutschen Sprachraum verwendeten Begriff der Leistungszahl.

Um eine Vergleichbarkeit mit Wärmepumpen-COPs anderer Hersteller zu ermöglichen, sind allerdings standardisierte Betriebspunkte für Wärmequellen- und Nutzungsanlagen erforderlich, wie sie in der DIN EN 14511 "Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern für die Raumbeheizung und Kühlung" festgelegt sind.
Ein Beispiel: Für Sole/Wasser-Wärmepumpen ist das Wertepaar B0/W35 in Bezug zur Leistungszahl gebräuchlich. Darin bedeutet:

  • B0    = Brine (engl. für Sole) 0 °C in der Wärmequelle
  • W35    = Wasser 35 °C Vorlauf in der Heizungsanlage


Die Leistungszahl oder der COP spiegelt damit zunächst die Güte bzw. die Effizienz eines Wärmepumpen-Aggregats wider.


In Verbindung mit der klaren Definition von Betriebsparametern kann die Leistungszahl zum Vergleich von Wärmepumpen herangezogen werden. Allerdings können COP bzw. Leistungszahl nur zur Beurteilung der Qualität des Aggregates selbst dienen, da die tatsächlichen Betriebsbedingungen eines Heizsystems darin nicht abgebildet werden.

ZWEI NORMEN FÜR EINEN COP?
Darüber hinaus finden sich in den aktuellen Herstellerunterlagen oftmals COP-Werte, die nach unterschiedlichen DIN-Normen ermittelt worden sind. Hierbei ist grundsätzlich zwischen der DIN EN 255-2 und der DIN EN 14511-3 zu unterscheiden.
Im Geltungsbereich der inzwischen abgelösten DIN EN 255 lagen "Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern - Heizen". Teil 2 dieser Norm regelte die Prüfungen und Anforderungen an die Kennzeichnung von Geräten für die Raumheizung.
Darin wird die Heizleistung, die Leistungsaufnahme und die Leistungszahl als Momentanwert bei einem definierten Betriebszustand ermittelt. In der Norm werden auch die anteiligen Leistungsaufnahmen von Ventilatoren, Wasser- und Solepumpen berücksichtigt. Bei Wärmepumpen mit Abtauvorgang - also bei Luft/Wasser Wärmepumpen - wird dieser in der Leistungsmessung mit berücksichtigt.

Nachfolger der DIN EN 255 ist die DIN EN 14511 "Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern für die Raumheizung und -kühlung".
Im Teil 2 dieser Norm werden die Prüfbedingungen und im Teil 3 die Prüfverfahren geregelt. Diese Norm legt u.a. die Bedingungen für die Prüfung von Luft/Wasser-, Wasser/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen fest.
Beide Normen unterscheiden sich grundsätzlich nach den Randbedingungen für die Ermittlung des COP. So enthält die DIN EN 14511-3 andere Temperaturpaare und Spreizungen auf Wärmequellen- und senkenseite. Tabelle 1 zeigt die Unterschiede im Überblick.
In der neuen Norm DIN EN 14511 wurde unter anderem festgelegt, dass die Temperaturspreizung zwischen Heizungsvorlauf und -rücklauf von 10 K auf 5 K reduziert wird.

EINFLUSS DER TEMPERATURSPREIZUNG AUF DEN COP
Bei unterschiedlicher Temperaturspreizung mit unterschiedlicher mittlerer Kondensationstemperatur ändert sich der COP stark. Vergleichmessungen am Schweizer Wärmepumpentestzentrum Buchs mit alter und neuer Norm-Spreizung haben ergeben, dass die Leistungszahlen nach neuer Norm etwa 6 % geringer gegenüber der veralteten DIN EN 255 sind.
Das Wärmepumpentestzentrum ging auch der Frage nach, wie sich die Leistungszahl der Wärmepumpe ändert, wenn sich die Temperaturspreizung, aber nicht die mittlere Kondensationstemperatur, ändert. In Bild 2 ist die relative Änderung der Leistungszahl in Abhängigkeit der senkenseitigen Temperaturspreizung bei gleicher mittlerer Kondensationstemperatur ersichtlich [1]. Wärmepumpen sind demnach bei Spreizungen von 10 K auf der Wärmesenkenseite am effizientesten zu betreiben.

Heizleistungen, Leistungsaufnahmen und der COP werden nach definierten Betriebszuständen ermittelt. Durch die klare Definition der Messung können die Werte nach Norm verglichen werden. Ein Vergleich mit Werten, die mit der alten Norm DIN EN 255 ermittelt wurden, ist allerdings nicht möglich.

DEFINITION DER JAHRESARBEITSZAHL
Was nützt aber nun die genaue Kenntnis des COP einer Wärmepumpe, wenn sich damit keine Aussage über den Energieverbrauch für den Antrieb der Wärmepumpe treffen lässt. Bislang wurden ja ausschließlich konstante Betriebsverhältnisse, wie sie nur auf dem Prüfstand herrschen, betrachtet. Wie aber verhält es sich mit der Effizienz einer Wärmepumpe im Jahresverlauf - also bei unterschiedlichen Heizlasten und Temperaturen auf Wärmequellen- und Wärmesenkenseite?
Eine Antwort auf diese Frage liefert die Arbeitszahl beta. Sie gibt das Verhältnis der gelieferten Heizenergie zur aufgebrachten elektrischen Energie über einen definierten Zeitraum wieder. Wird für den Bemessungszeitraum ein Jahr ausgewählt, so spricht man von der Jahresarbeitszahl (JAZ).



Eine für Kunden und Betreiber von Wärmepumpenanlage auf den ersten Blick recht einfach zu ermittelnde Kennziffer, denn sie kann aus dem am Stromzähler abgelesenen Stromverbrauch für die zugeführte elektrische Arbeit (Verdichter, Wärmequellenpumpe) und der am Wärmemengenzähler ablesbaren gelieferten Wärmeenergie der Wärmepumpe ermittelt werden.

Bild 3: Die Homepage des Bundesverbandes Wärmepumpen e. V. stellt ein Online-Tool zur Berechnung der Jahresarbeitszahl nach dem Kurzverfahren der VDI-Richtlinie 4650 zur Verfügung (www.wärmepumpe.de).

In der Praxis müssen allerdings Einbauort und Messverfahren für die abgegebenen Wärmemengen sowie die Zuordnung aller, für den Wärmepumpenbetrieb relevanten, Stromverbraucher richtig umgesetzt werden, um nicht am Ende Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Problematik der messtechnischen Ermittlung von JAZ wird im 2. Teil dieser Artikelserie näher beleuchtet.

Die Jahresarbeitszahl JAZ kann als Anlagennutzungsgrad verstanden werden. Sie eignet sich damit zur energetischen Bewertung der Gesamtanlage.

JAHRESARBEITSZAHLEN BERECHNEN
Im Jahresgang ändern sich witterungsabhängig die Wärmesenkentemperaturen, unter denen die Wärmepumpe arbeiten muss. Auch die gesamte Auslegung eines Wärmepumpen-Heizungssystems hat großen Einfluss auf dessen Effizienz. Darüber hinaus schwankt die von der Wärmepumpe abgegebene Wärmeleistung sehr stark durch Änderung der Wärmequellentemperatur.
Will man die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe im Vorfeld - beispielsweise für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen - ermitteln, so müssen diese und eine Vielzahl weiterer Faktoren in die Berechnung mit einfließen.
Mit der VDI-Richtlinie 4650 Teil 1: "Berechnung von Wärmepumpen" wurde im März 2009 die Überarbeitung zur Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen, zur Raumheizung und Warmwasserbereitung herausgegeben. Die Richtlinie wurde als einfach zu handhabendes, aber genügend genaues Verfahren zur Berechnung der energetischen Effektivität erstellt, das alle technisch bedeutenden Einflussgrößen berücksichtigt. Sie gilt für elektrisch angetriebene Wärmepumpenanlagen bis zu einem Nutzwärmestrom von 100 kW. Als Wärmequellen werden Grundwasser, Erdreich und Luft betrachtet. Die bereitgestellte Wärme wird an eine Warmwasser-Zentralheizung abgegeben.
Grundlage der Berechnung bilden neben einigen Korrekturfaktoren die Leistungszahlen nach den Normen DIN EN 255 bzw. DIN EN 14511.
Die VDI 4650 wird in dem Erneuerbaren Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) und im Marktanreizprogramm 2010 als Berechnungsgrundlage herangezogen. Auf der Homepage des Bundesverband Wärmepumpen e.V. (BWP) ist ein Programm zur Berechnung der JAZ nach VDI 4650 hinterlegt. Alle namhaften Hersteller haben dort ihre Wärmepumpentypen hinterlegt.
Das mit dem Softwaretool ermittelte Ergebnis für die Jahresarbeitszahl stellt einen normativen Vergleichswert dar, der vorgegebene Betriebsbedingungen berücksichtigt. Wie stark die Jahresarbeitszahl in der Praxis von dem - mithilfe der VDI-Richtlinie 4650 ermittelten - Kennwert abweichen können, zeigt das nachfolgende Berechnungsbeispiel:

EINFLUSS VERÄNDERTER RANDBEDINGUNGEN AUF DIE JAHRESARBEITSZAHL
Am Beispiel einer Sole/Wasser-Wärmepumpe mit 9,2 kW Heizleistung wurde die JAZ anhand der Wärmepumpen Kalkulations- und Planungssoftware "WPopt" ermittelt. Dabei wurden die folgenden Randbedingungen zugrunde gelegt:

  • Eine Fußbodenheizung mit Systemtemperaturen von 35/28°C.
  • Ein Jahres-Heizwärmebedarf von 10.428 kWh/a.
  • Ein Wärmebedarf für Trinkwasserbereitung von 2747kWh/a
  • Ein täglicher Warmwasserbedarf (48°C) von150 l.
  • Ein Wärmepumpen-Stromverbrauch von 3129 kWh/a.


Unter diesen Randbedingungen ergab sich eine JAZ von 4,21.

Bild 4: Einfluss - gegenüber der Planung - veränderter Randbedingungen auf die Jahresarbeitszahl einer Sole/Wasser-Wärmepumpe. Bild: Enertech GmbH / WPsoft GbR

In Bild 4 sind für verschiedene Einflussfaktoren, wie Nutzerverhalten, Abweichungen vom Konzept sowie von der Gebäudehülle, die errechneten Abweichungen von der rechnerisch ermittelten JAZ dargestellt.
Dabei fällt grundsätzlich auf, dass das Nutzerverhalten einen großen Einfluss sowohl auf den Stromverbrauch der Wärmepumpe, als auch auf dessen Jahresarbeitszahl hat.
So sinkt die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe von 4,21 auf 3,54 ab, sobald die Entnahme des Warmwassers nicht mit geplanten 48°C, sondern unter Einsatz des Heizstabes mit 60°C erfolgt.
Aber auch Änderungen im Beheizungskonzept können die geplante Jahresarbeitszahl im Nachhinein stark beeinflussen. Wird beispielsweise ein Kombipufferspeicher zur Warmwasserbereitung ständig auf 55°C aufgeheizt, fällt die geplante Jahresarbeitszahl von 4,21 deutlich auf 2,5 ab. Der Stromverbrauch steigt damit um 68% an.
Anhand dieser Berechnungen wird deutlich, dass eine rechnerisch prognostizierte Jahresarbeitszahl aufgrund der vor genannten Einflussfaktoren stark von der in der Praxis tatsächlich erreichten Jahresarbeitszahl abweichen kann. Von Effizienzgarantien für Jahresarbeitszahlen gegenüber Kunden, ohne genaue Vereinbarung nachprüfbarer Randbedingungen, wie z.B. dem Warmwasserverbrauch, sollten Wärmepumpeninstallateure daher absehen.

Eine gute Jahresarbeitszahl ist kein Garant für einen niedrigen Stromverbrauch. Jahresarbeitszahl und Stromverbrauch der Wärmepumpe sind nicht linear aneinander gekoppelt.


Im 2. und letzten Teil der Artikelserie geht es um die Problematik messtechnisch ermittelter Jahresarbeitszahlen sowie der Gegenüberstellung gemessener und berechneter Jahresarbeitszahlen.

Literatur:
[1] WPZ - Bulletin, Ausgabe 02-2009, Informationsblatt des Wärmepumpen-Testzentrums Buchs, Schweiz

Autor: Dipl.-Ing. Stefan Sobotta, Leiter Systemtechnik, Enertech GmbH Division Giersch, Hemer

www.giersch.de
www.waermepumpe.de

 


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