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Intelligentes Energiemanagement in kleinräumigen Inselnetzen - Gedanken und Vorschläge zur dezentralen Energieversorung

Bei dem von der Bundesregierung verfügten Umstieg auf die zunehmende Verwendung regenerativer Energien, kurz Energiewende genannt, ist nach vorliegender Planung die Durchführung aufwändiger und damit sehr kostenträchtiger und zeitaufwändiger infrastruktureller Maßnahmen vorgesehen. Diese betreffen insbesondere den Ausbau des öffentlichen Stromnetzes und die Neuerrichtung fossiler Großkraftwerke.

Bild 1: Struktur von Inselnetzen mit netzgekoppeltem Betrieb und teilweise zeitlich verlagertem Verbrauch.

Bild 2: Struktur von Inselnetzen mit temporär netzgekoppeltem Betrieb und integriertem Stromspeicher.

Bild 3: Struktur von Inselnetzen mit integriertem Stromspeicher und separater Speisung verlagerbarer Großverbraucher.

Bild 4: Struktur von Inselnetzen mit integrierter Stromquelle und Stromspeicher.

 

Diese für erforderlich gehaltenen zentralen Maßnahmen könnten jedoch durch die möglichst weitgreifende Einrichtung dezentralisierter Stromversorgungsnetze wesentlich reduziert werden. Einen erheblichen Beitrag dazu könnten insbesondere kleinräumige Insellösungen auf der Basis von Wohneinheiten, Hotels, kleinen Gewerbebetrieben und ähnlichen Clustern mit intelligentem Energiemanagement leisten. Die Wirksamkeit dieser Mikrolösungen basiert auf der Ausschöpfung der Möglichkeiten der Verbrauchsverlagerung, der Verwendung eigener Stromspeicher und ggf. der Integration natürlicher Stromquellen [1], [2].

Die hierzu unterbreiteten Vorschläge werden gestützt durch die seit Januar 2010 geltende Verpflichtung der Netzversorger, bei Neuanlagen anstelle der bisherigen analogen Stromzähler neue Messgeräte in Gestalt sog. Smart Meters einzusetzen. Bei diesen Endgeräten handelt es sich um digitale Zähler, mittels derer der aktuelle Energiefluss exakt gemessen wird und die über ein integriertes Modem zur Ankopplung an das Festnetz verfügen. Damit besteht eine bidirektional nutzbare Kommunikationsverbindung zum jeweiligen Netzbetreiber, über die dem individuellen Stromkunden vielfältige Informationen bereitgestellt werden. Dazu zählen Angaben zur aktuellen Netzbelastung, über wechselnde Tarifangebote u.a. In umgekehrter Richtung werden dem Netzversorger insbesondere Daten zur Abrechnung des jeweiligen Strombezugs mitgeteilt.

Somit bestehen nun auch Voraussetzungen für die Einführung eines intelligenten Energiemanagements in den Inselnetzen. Zu den Aufgaben eines Managers zählen die Kontrolle der Energieflüsse, Verwaltung und Verkopplung der internen Energiequellen und -senken, die An- und Abkopplung an das öffentliche Stromnetz u.a. m. Dazu sind vom Manager situations-abhängige Entscheidungen zu treffen und in geeignete Steuerhandlungen umzusetzen. Hierbei kann es zu hohen funktionellen Anforderungen kommen, sodass zu Recht von Steuerungen mit Merkmalen der Intelligenz gesprochen wird.

Im Prinzip könnte der Mensch der Energiemanager seines eigenen Inselnetzes sein, indem er auf der Grundlage der ihm zugänglichen Bedarfs- und Angebotsinformationen die mehr oder weniger optimalen Entscheidungen über die in der jeweiligen Situation geeigneten Maßnahmen trifft.

Unsere Intention zielt hingegen auf eine hochautomatisierte Lösung des Energiemanagements ab. Der Grund dafür besteht darin, dass der Mensch durch die Einrichtung solcher Insellösungen nicht zusätzlich belastet werden soll. Eine solche Verlagerung des Managements wird sicherlich auch die Bereitschaft der Stromkunden zur Einrichtung von Insellösungen in ihrer Wohneinheit fördern.

Im Weiteren befassen wir uns daher mit kleinräumigen Insellösungen, die ausschließlich von automatisierten Energiemanagern gesteuert werden. Dennoch sollen auch Schnittstellen für den bedarfsweisen Dialog mit dem Menschen vorhanden sein. Ein solcher externer Zugang erscheint notwendig zur Durchführung von Aufgaben, wie der Installation, Fehlersuche oder Umprogrammierung durch eine Fachfirma. Auch der fachfremde Nutzer der Anlage sollte die Möglichkeit haben, sich über die aktuelle Energiesituation oder den Stand seiner Rechnung zu informieren bzw. womöglich gar, um manuelle Eingriffe vorzunehmen.

Der Begriff des Intelligenten Energiemanagers wird in der Literatur vielfach benutzt, zumeist ohne jedoch Genaueres darüber auszusagen. Unsere Absicht ist es hingegen, zur Aufhellung seiner Funktion beizutragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Funktion des Managers wesentlich von der bei der Einrichtung eines Inselnetzes auf Mikroebene verfolgten Zielstellung und damit von dessen technischer Ausstattung,  bestimmt wird. Dementsprechend werden wir im Folgenden vier typische Konfigurationen solcher Micro Grids mit unterschiedlicher Zielstellung definieren, deren jeweilige Ausstattung anhand einer Grafik beschreiben und die Funktionsweise des zugehörigen Automatisierten Energiemanagers erläutern.

Micro Grid I

Bei diesem Beispiel handelt es sich um ein Inselnetz einfachster Art, dessen Hauptmerkmal ein dauerhafter netzgekoppelter Betrieb ist. Die Struktur dieser Konfiguration ist in Bild 1 dargestellt.

Das Ziel der hier vorgestellten Lösung besteht in der Entlastung des öffentlichen Stromnetzes durch Verlagerung des internen Verbrauchs. Dies darf jedoch im Inselnetz nicht zu Einschränkungen in der Versorgung mit Elektroenergie führen.

ementsprechend werden wir zwischen Verbrauchern unterscheiden, die zeitgerecht beliefert werden müssen und solchen, deren Betrieb ohne merkliche Einbuße in günstigere Bezugszeiten verlagert werden kann. Zu den Verbrauchern, die zeitgerecht beliefert werden müssen, zählen die Beleuchtung, Kochstellen, Audio- und Videogeräte, Computer und mancherlei Kleingeräte in Küche und Haushalt. Diese Bedarfsträger werden summarisch nichtverlagerbare Verbraucher nvV genannt. Ihre Speisung aus dem öffentlichen Netz muss ohne Rücksicht auf den aktuell gültigen Tarif t gewährleistet sein. Zu den verlagerbaren Verbrauchern vV zählen hingegen Großkonsumenten, wie Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler sowie die Lithium-Ionen-Batterien ggf. vorhandener E-Bikes und E-Mobiles.

Die Akkumulatoren der Elektrofahrzeuge werden dabei nicht – wie gelegentlich vorgeschlagen – als temporäre Stromspeicher, sondern als Verbraucher genutzt. Der Betrieb solcher verlagerbarer Verbraucher kann zumeist problemlos in Zeiten geringer Stromnachfrage, also in die Nachtstunden, verlagert werden, wobei dann vergünstigte Tarife gelten. Denn laut Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) § 21 b sind die Stromanbieter gehalten, wenigstens einen Tarif anzubieten, der „einen Anreiz zur Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs“ bietet. Somit erbringt die Lösung nicht nur einen Nutzen für die Netzbetreiber wegen der gleichmäßigeren Auslastung ihrer Netze und Kraftwerksanlagen, sondern es profitieren auch die Stromkunden von den oft wesentlich günstigeren Nachttarifen.

Die unterschiedliche Handhabung der Verbrauchergruppen führt nun zu gewissen Konsequenzen, insbesondere bei den verlagerbaren Verbrauchern. Diese müssen nunmehr ihre Versorgungsansprüche in Form von Bedienaufträgen ai, i=1(1) n, beim Automatisierten Energiemanager AEM anmelden. Der AEM verwaltet dann die eingegangenen Bedarfsmeldungen, indem er diese beispielsweise unter dem Gesichtspunkt der Reihenfolge, Priorität oder des Energiebedarfs in eine Warteschlange einordnet.

Unter ständiger Auswertung des aktuellen Stromtarifs t bestimmt der AEM den Zeitpunkt für die Stromspeisung der verlagerbaren Verbraucher vV. Dabei werden die Bedienaufträge der Reihe nach abgearbeitet, indem Stellbefehle – in Bild 1 symbolisch durch die Schalter Si; i=1(1)n, angedeutet – an die einzelnen Großgeräte ausgegeben werden. Dazu müssen diese über geeignete Schaltglieder (mehrpolige Schütze, Relais oder elektronische Leistungsschalter) für den Netzanschluss verfügen. Nach Ablauf des jeweiligen Wasch-, Geschirrspül- oder Batterieladezyklus senden die Geräte Fertigmeldungen fi, i=1(1)n an den AEM, worauf dieser den Anschluss des nächsten angemeldeten Großverbrauchers an das Netz veranlasst.

 Der bezogene Energiefluss e wird mittels des Strombezugszählers SBZ fortlaufend erfasst, mit den Energiekosten k verrechnet und an den Netzbetreiber zur Abrechnung übermittelt. Dazu bieten die bereits verfügbaren Smart Meters Gerätelösungen, in denen die Funktionen des SBZ und AEM miteinander verschmolzen sind.

Der hier beschriebene netzgekoppelte Betrieb mit zwei unterschiedlichen Tarifen hat einen Vorläufer in Gestalt der Nachtspeicherheizungen. Dort bestand keine Kommunikationsverbindung zum Versorger. Stattdessen wurden gesonderte (analoge) Zähler für den Tag- und Nachttarif verwendet, die auch einzeln abgerechnet wurden. Die begünstigte Versorgung des verlagerbaren Großverbrauchers besorgte ein von einer Zeitschaltuhr betätigter Schalter.

Micro Grid II

Wesentliches Element der hier betrachteten Konfiguration ist der in das Inselnetz integrierte Stromspeicher SS. Damit ergibt sich eine Struktur gemäß Bild 2.

Die Ausrüstung kleinräumiger Inselnetze mit einem eigenen Stromspeicher führt gesamtheitlich zur Bildung eines virtuellen Speichers u.U. beträchtlicher Kapazität. Damit bieten sich weitreichende Möglichkeiten zum Ausgleich von Bedarfsschwankungen wie auch der Fluktuationen des zunehmend aus regenerativen Quellen bezogenen Stroms.

Das Grundprinzip der Speichernutzung ist simpel. Der Akkumulator SS wird bei Stromüberschuss im öffentlichen Netz geladen (Schalter S1 in Stellung EIN), während die gepufferte Energie in Zeiten hoher Belastung des öffentlichen Netzes zum Eigenverbrauch genutzt wird (Schalter S2 in Stellung EIN). Während des Speicherbetriebs wird das Inselnetz vom öffentlichen Netz abgekoppelt. Kommt es dabei zur Erschöpfung der Speicherladung, so wird die Netzkopplung wieder hergestellt (Schalter S3 in Stellung EIN) und von dort her Strom bezogen. Somit wird eine beständige Versorgung der internen Verbraucher gewährleistet.

Da der Betrieb von Akkumulatoren eine Gleichspannung erfordert, sind beiderseits des Stromspeichers SS Wechselrichter WR vorzusehen, welche eine Wandlung zwischen den Stromarten Wechsel- und Gleichstrom bzw. umgekehrt sowie eine Anpassung an die unterschiedlichen Strompegel vornehmen. Für den betrachteten Zweck werden zumeist Wechselrichter mit 3-phasiger Einspeisung eingesetzt.

Der AEM erhält wiederum über das Kommunikationsnetz auf direktem oder auch indirekten Weg – ggf. in Form variierender Tarifangebote t – Informationen über die aktuelle Netzbelastung sowie vom Ladezustandssensor LS Kenntnis über den vorliegenden Energiezustand z des Stromspeichers. Auf dieser Grundlage werden dann die Entscheidungen bezüglich der Betätigung der Schalter S1 – S3 getroffen. An Hand des vom Strombezugszähler SBZ ermittelten Verbrauchs e und des jeweils geltenden Tarifs t werden dann die laufenden Kosten k des aus dem Netz bezogenen Stroms errechnet und diese Beträge über das Kommunikationsnetz dem Netzbetreiber zur Rechnungslegung mitgeteilt.

Die Einrichtung integrierter Stromspeicher in kleinräumigen Inselnetzen ist sowohl für den Netzanbieter, als auch die Energiekunden vorteilhaft. Der Vorzug für den Netzbetreiber besteht in der gleichmäßigeren Auslastung seiner Infrastruktur. Dies ermöglicht u.U. beträchtliche Einsparungen gegenüber dem vorgesehenen Ausbau des Stromnetzes und der vorzuhaltenden Regelleistung. Der Nutzen für die Eigentümer der Inselnetze besteht in finanziellen Vergünstigungen, da ein Teil des verbrauchten Stroms tariflich begünstigt bezogen wird. Die auf Seiten des öffentlichen Stromnetzes erzielten Einsparungen sollten von den Betreibern in fairer Weise an ihre Kunden durch Reduktion der Strombezugskosten weitergegeben werden. Ein weiterer Nutzen für die Besitzer kleinräumiger Inselnetze ergibt sich aus der erhöhten Versorgungssicherheit, da Netzausfälle nunmehr zumindest kurzfristig durch die Umschaltung auf Speicherbetrieb überbrückt werden können.

Micro Grid III

Der hier betrachtete Typ eines Inselnetzes ist eine Kombination aus dem Einsatz eines eigenen Stromspeichers SS und dem verlagerten Betrieb von Großverbrauchern vV in die Nachtstunden, also einer Mischung der Konfigurationen gemäß den vorherigen Abschnitten. Die entsprechende Struktur des Inselnetzes wird durch Bild 3 wiedergegeben.

Der AEM hat in dieser Konfiguration zwei Aufgaben unabhängig voneinander zu erfüllen. Die erste Aufgabe betrifft die Versorgung der nichtverlagerbaren Verbraucher nvV in Verbindung mit einer optimalen Nutzung des Stromspeichers SS. Die entsprechende Anordnung dafür ist dem oberen Teil von Bild 3 zu entnehmen. Der AEM überprüft fortlaufend das Tarifangebot t und den Speicherzustand z des Stromspeichers und entscheidet durch sachgerechte Ausgabe einzelner Stellsignale S1, S2 oder S3 über die optimale Ladung oder Entladung des Speichers SS, die Versorgung der nichtverlagerbaren Verbraucher nvV oder bedarfsweise auch über einen Strombezug aus dem öffentlichen Netz. Die entsprechende Funktion des Managers AEM wurde bereits im Abschnitt „Micro Grid II“ erläutert.

Die zweite Aufgabe des AEMs besteht in der zeitversetzten Steuerung der Speisung der vorhandenen Großverbraucher vV zu den vergünstigten Konditionen des Strombezugs und ist nebenläufig zu erfüllen. Auch diese Funktion wurde vorstehend bereits erläutert (Abschnitt „Micro Grid I“). In diesem Fall wertet der AEM die Tarifangebote t sowie die Bedarfs- und Fertigmeldungen, ai und fi, i=1(1)n, aus und entscheidet durch Ausgabe entsprechender Stellbefehle über die Betätigung der Schaltglieder S1, S2, S3, Si, i = 1(1)n. Die jeweils verbrauchte Energie e wird mit dem geltenden Tarif t verrechnet und an den Netzbetreiber zu Abrechnungszwecken übertragen.

Die Kombination des Einsatzes eigener Stromspeicher mit einem temporären Netzbetrieb zur Speisung verlagerbarer Verbraucher ist durchaus vorteilhaft, da der Stromspeicher nunmehr nur noch für die Versorgung der nichtverlagerbaren Verbraucher zuständig ist. Dementsprechend ergibt sich die Möglichkeit, die benötigte Kapazität des vorgesehenen Stromspeichers zu verringern. Auf diese Weise lassen sich u.U. wesentliche Investitionskosten bei den Batterien einsparen.

Micro Grid IV

Die hier vorgestellte Inselnetzlösung unterscheidet sich von den zuvor behandelten Fällen durch die Integration einer eigenen regenerativen Stromquelle, vorzugsweise in Gestalt einer PV-Anlage vergleichsweise bescheidener Leistung. Damit eröffnet sich für die Betreiber solcher Inselnetze die Möglichkeit, den eigenerzeugten Strom auch selbst zu verbrauchen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der aus Solarkollektoren erzeugte Strom vor allem tageszeitlich bedingten Fluktuationen unterliegt. Ist die Stromerzeugung mangelhaft, so wird die fehlende Energie nun vorzugsweise aus dem Stromspeicher gedeckt. Die Einrichtung von eigener Stromquelle und eigenem Stromspeicher ermöglicht somit, das Inselnetz über weite Strecken vom öffentlichen Stromnetz abzukoppeln und sich somit weitgehend autark mit Energie zu versorgen.

Die Möglichkeit einer Kopplung des Inselnetzes mit dem öffentlichen Netz soll weiterhin erhalten bleiben. Diese Verbindung kann einerseits genutzt werden, um den Überschuss an selbsterzeugtem Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen. Solche Einspeisungen werden entsprechend der geltenden Einspeisevergütung honoriert und lohnen sich trotz der mittlerweile reduzierten Sätze immer noch. In manchen Fällen wird die PV-Anlage sogar bewusst überdimensioniert, um möglichst große Strommengen zu erzeugen und auf diese Weise eine Rendite zu erwirtschaften. Zum anderen kann Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden, wenn in extremen Wetterlagen der Strombedarf weder aus der eigenen Solaranlage noch aus dem Speicher gedeckt werden kann.

Das prinzipiell mögliche, zu Zwecken des Strombezugs jedoch eher selten benutzte Zusammenspiel von Inselnetz und öffentlichem Netz bietet doppelte Versorgungssicherheit. Zum einen wirken sich Störungen im öffentlichen Netz nicht auf das Inselnetz aus, weil beide Netze überwiegend nicht miteinander gekoppelt sind oder auf Eigenversorgung aus der Batterie umgeschaltet werden kann. Andererseits können Störungen im Inselnetz durch den Strombezug aus dem öffentlichen Netz überbrückt werden.

Die hier betrachtete Strukturlösung eines Inselnetzes mit integrierter PV-Anlage und Stromspeicher wird in Bild 4 veranschaulicht.

Wie ersichtlich, enthält die Anordnung die PV-Anlage PV als neue Komponente. Bereits bekannte Elemente sind der Stromspeicher SS, Verbraucher V, Wechselrichter WR, Strombedarfszähler SBZ, Ladungssensor LS und Automatischen Energiemanager AEM. Hinzu gekommen sind diverse Sensoren zur Erfassung der Energieflüsse, wie der Stromerzeugungszähler PEZ, Stromverbrauchszähler VBZ und der Stromrückspeisezähler SRZ.

Der Funktionsumfang des Automatischen Energiemanagers AEM wird sich nun wesentlich erweitern, wie folgende grobe Funktionsbeschreibung zeigt.

Um so lange wie möglich netzunabhängig zu sein, wird der in der PV-Anlage PV erzeugte Strom in erster Linie für die Ladung der Batterie SS genutzt, was eine entsprechende Betätigung des Schalters S1 erforderlich macht. Der Stromfluss zur Batterie erfolgt dabei auf Gleichspannungsniveau. Der bei Überschreitung des zulässigen Ladestroms verbleibende Reststrom wird zur Eigenversorgung der Verbraucher V genutzt. Wird anhand des Signals z die Vollladung der Batterie angezeigt, so steht der insgesamt erzeugte Strom zur Verfügung. Dieser wird zunächst zur Versorgung der Verbraucher eingesetzt (Aktivierung von S2), wozu eine Umsetzung des Gleichstroms auf Wechselstromniveau unter Verwendung eines Wechselrichters WR erforderlich ist. Besteht bei vollgeladenem Speicher SS und Bedienung sämtlicher Verbraucher V immer noch ein Stromüberschuss, so wird dieser unter Inanspruchnahme der staatlichen Förderung gewinnbringend in das öffentliche Netz eingespeist (Aktivierung von S4). Die Abrechnung dieses Anteils erfolgt gesondert unter Verwendung des Stromrückspeisezählers SRZ.

Bei ungenügender Eigenstromerzeugung kehrt sich die Funktionsweise des Automatischen Energiemanagers AEM um. Zunächst wird versucht, den Strombedarf der Verbraucher V aus dem Speichervermögen von SS zu decken (Aktivierung von S3). Der entnommene Gleichstrom muss dazu mittels des Wechselrichters WR in den im Inselnetz gebräuchlichen Wechselstrom von 230 V umgewandelt werden. Hat sich die gespeicherte Energie erschöpft, so bleibt nur noch der Strombezug aus dem öffentlichen Netz (Aktivierung von S5). Dieser Energieanteil wird vom Strombezugszähler SBZ für Abrechnungszwecke erfasst.

Als zusätzliche Möglichkeit wird die Ladung des entleerten Speichers SS mittels verbilligten Nachtstroms aus dem Öffentlichen Stromnetz vorgesehen. Diese Zusatzfunktion erinnert an die bereits im Abschnitt „Micro Grid I“ behandelte Speichernutzung. Damit soll die Versorgung der Verbraucher vor allem bei langdauerndem Mangel an selbst erzeugtem Strom, etwa bei ungünstiger Wetterlage, gesichert werden. Die Speicheranschaltung durch den AEM durch Aktivierung von S6 wird bei Feststellung des Leerstandes des Speichers SS (Signal z) und günstigem Nachttarif t vorgenommen. Zur Anpassung des üblichen Wechselstroms an den für die Speicherladung benötigten Gleichstroms ist wiederum ein Wechselrichter WR zwischenzuschalten.

Für die Realisierung von Smart Grids werden mittlerweise von den Produktherstellern gerätetechnische Lösungen unterschiedlicher Art und Leistungsfähigkeit offeriert. Dazu zählen am unteren Ende der Skala die beispielsweise von den Netzbetreibern e.on und RWE angebotenen Smart Meters zur Realisierung energiesparender Inselnetze einfacher Art. Das derzeitige Angebot an komplexeren Gerätelösungen kann der in [4], [5] gegebenen Übersicht entnommen werden. Eine Gerätegruppe bilden die sog. Datenlogger. Diese bieten eine komfortable Informationsverwaltung, -präsentation und -analyse aller im Inselnetz erzeugten und verbrauchten Energien und deren Kosten. Für den Dialog mit dem Menschen verfügen diese Informationseinrichtungen über Schnittstellen, die eine verbindungsorientierte Ankopplung des eigenen Laptops bzw. – drahtlos – eines Smartphones oder Tablets ermöglichen. Die Übersicht verweist auch auf eine Gerätelösung, die eine optimale Eigennutzung des selbst erzeugten Solarstroms ermöglichen soll und somit möglicherweise unseren Vorstellungen nahe kommt. Andere Angebote bieten wiederum neben einer vollständigen Anlagenüberwachung auch eine Solarstromprognose, ermöglichen eine Bildleistungsregelung oder gewährleisten einen Überspannungsschutz bei Gewittern.

Das hier betrachtete Szenario mit eigener Stromversorgung aus einer PV-Anlage kann noch in verschiedener Weise modifiziert werden. Zum einen stehen in-zwischen Wechselrichter der benötigten Leistungsklasse im Angebot, welche bidirektional betreibbar sind. Bei deren Einsatz würden gegenüber Bild 4 Einsparungen hinsichtlich der Anzahl der benötigten Wechselrichter und Stromzähler ergeben.

Auch das Vorhandensein einer Kommunikationsverbindung zum Netzbetreiber ist nicht zwingend notwendig [6]. Verlagerbare Verbraucher können in verbrauchsarmen Zeiten auch über einen separaten Ausgang gespeist werden, nachdem jedoch der Stromspeicher voll geladen und der in den Nachtstunden meist sehr geringe Eigenstromverbrauch abgedeckt ist.

Die zur Eigenstromerzeugung bisher ausschließlich vorgesehene PV-Anlage kann noch durch eine Kleinwindkraftanlage ergänzt werden. Derartige regenerative Stromquellen sind bereits seit längerem für Anwendungen auf Yachten und Wohnmobilen im Angebot. Inzwischen sind solche Energiequellen auch für höhere Leistungen und stationäre Einsatzfälle verfügbar [7], [8]. Die Nutzung von Kleinwindkraftanlagen als zusätzliche natürliche Energiequelle bietet den Vorteil, dass diese besonders in windreichen Gebieten auch während der Nachtstunden und an trüben Tagen Strom liefern können. Damit können die vor allem tageszeitlichen Fluktuationen des von Solaranlagen gelieferten Stroms einigermaßen ausgeglichen werden. Wegen der nun gleichmäßigeren Eigenstromerzeugung würde sich auch der Kapazitätsbedarf des Stromspeichers reduzieren, sodass sich die Investitionskosten für die Kleinwindkraftanlage in etwa ausgleichen würden.

Vom Micro Grid zum Mini Grid

Die vorstehend beschriebenen Konfigurationen betreffen intelligent gesteuerte kleinräumige Inselnetze (Micro Grids), die der Versorgung singulärer Wohneinheiten, insbesondere in Form von Einfamilien- und Reihenhäusern sowie kleinen Gewerbebetrieben, dienen. Die hier vorgestellten Varianten können als Kernlösungen verstanden werden, die sich problemlos auch auf größere Einheiten übertragen lassen. Zu dieser erweiterten Zielgruppe gehören dann Einheiten in Form von Wohnanlagen, Siedlungen, Hochhäusern, Hotels, größeren Gewerbebetrieben u.a.m. In solchen Verbünden sind dann die einzelnen Wohneinheiten versorgungsmäßig in größeren Inselnetzen zusammengeschlossen, die nun Mini Grids genannt werden.

Für die Umsetzung in größerem Rahmen kommen vor allem Inselnetzstrukturen mit eigenem Stromspeicher (Micro Grid II) und solche mit eigenem Stromspeicher und eigener Stromquelle (Micro Grid IV) in Betracht. Die benötigte Gerätetechnik würde dann in kleinen Energiewarten untergebracht. Die Implementierung des AEG ist hier nur einmalig erforderlich. Daher ist dann der Kostenfaktor nicht mehr von entscheidender Bedeutung, sodass hier funktionell leistungsfähigere, intelligente Lösungen gewählt werden können. Wichtig ist auch das Vorhandensein geeigneter Schnittstellen für den Informationsaustausch mit dem Bediener. Die den Wohneinheiten eigentlich zugehörigen Stromspeicher würde man dann auch – wahrscheinlich in veränderter Form – in einem eigens dafür ausgestatteten Batterieraum gemeinschaftlich unterbringen.

Bei Umsetzung von Lösungen mit eigener regenerativer Stromerzeugung entsprechend Micro Grid IV eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten bezüglich der Integration dieser Stromquellen in die Gebäudearchitektur. Dies gilt einerseits für die Solarmodule, die sich auf verschiedene Weise geschickt in die Fassadengestaltung eingliedern lassen. Weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere auf Hochhäusern, bieten sich auch für die Integration von Windkraftanlagen. Als Windgeneratoren kommen nicht nur die aus der Freiluftaufstellung bekannten meist dreiflügligen Windräder mit horizontaler Rotorachse in Kleinausführung in Betracht [6]. Zumindest optisch recht ansprechend sind auch die wirkungsvoll in die Gebäudestruktur integrierbaren Vertikalrotoren vom Typ VAWT (Vertical Axis Wind Turbine). Hier gibt es eine große Vielfalt an Vorschlägen, welche sich in die Gruppen der Widerstandsläufer (Hauptvertreter: Savonius-Rotor) und Auftriebsläufer (Hauptvertreter: Darrieus-Rotor)  untergliedern lassen [9]. Besonders attraktiv sind die Ausführungen in Helix-, Schneebesen- und H-Form, welche den Architekten interessante Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

Literatur:

  1. Weller, W.: Vorschläge für eine energieautarke Stromselbstversorgung. IKZ-ENERGY 4/5/2013, S. 24-28
  2. N., N.: Zukunftstrend: intelligente Stromnetze. IKZ-ENERGY Spezial-Ausgabe 1/2012, S. 32-34
  3. N., N.: Der Stromzähler wird intelligent. www.eon.com
  4. Wiemann.: Selbst erzeugten Strom speichern und rund um die Uhr nutzen. IKZ-ENERGY 8/ 2012, S. 24
  5. Theiß, E.: Ein wachsendes Marktsegment zur Optimierung des Eigenstromverbrauchs. IKZ-ENERGY 4/5/ 2013, S. 30-34
  6. www.pro-umwelt.de/windgenerator-c-65.html
  7. www.q3-energie.de
  8. N., N.: Eigener Windstrom ab 0,9 m/s.
  9. Wikipedia Windturbine


Autor: Der Berufsweg des Autors Wolfgang Weller führte über Tätigkeiten in der automatisierungstechnischen Industrie, in der Forschung, als Dozent am Higher Institute for Electronics (Ägypten), Honorarlehrkraft an der Universität Rostock zu langjährigem Wirken an der Humboldt-Universität zu Berlin als Professor für Technische Kybernetik. Zu den Arbeitsschwerpunkten der letzten Jahre zählte neben der Erarbeitung intelligenter Verkehrslösungen, vor allem die Entwicklung von Konzepten auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien.

Bilder: Autor

KONTAKT: BITWeller@t-online.de, Tel.: 030 4858640

 


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