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Ideales Bindeglied zwischen Strom- und Wärmemarkt - Interview mit Karl-Heinz Stawiarski vom BWP

Die Politik hat die Strompreise massiv nach oben getrieben. Die anstehende EEG-Reform wird nach derzeitigem Stand keine Linderung verschaffen, so der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. Der Branchenverband empfindet dies als ungerecht jenen Verbrauchern gegenüber, die sich mit einer elektrischen Wärmepumpe für ein besonders klimafreundliches Heizsystem entschieden haben. Als gezielt zu- und abschaltbarer Verbraucher bietet die Wärmepumpe zudem ein großes Potenzial für das Lastmanagement. Für die IKZ-ENERGY erklärt Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftsführer des BWP, nicht nur, warum die staatliche Preistreiberei die Energiewende und die Versorgungssicherheit gefährdet, sondern erläutert auch, wie wir mit „Power-to-Heat“ mehr Strom aus regenerativen Quellen nutzen und dabei unsere Netze dennoch stabil halten können.

Karlheinz Stawiarski, Geschäftsführer des BWP.

 

IKZ-Energy: Herr Stawiarski, warum gefährden steigende Strompreise die Energiewende?
Stawiarski: Für eine erfolgreiche Energiewende müssen wir den erneuerbaren Strom in den Wärmemarkt bekommen. Hier entstehen 40% aller CO2-Emissionen. Das ist ohne die Wärmepumpe nicht zu schaffen. Da die meisten Wärmepumpen aber mit Strom betrieben werden, ist die Preisentwicklung für unsere Kunden besonders spürbar. Das ist paradox: Über den Strompreis bestraft die Politik jene Verbraucher, die sich für eine besonders ökologische Heizung entschieden haben.

IKZ-Energy: Warum ist der Staat in Ihren Augen der Preistreiber?
Stawiarski: Nur ca. ein Drittel des Wärmepumpen-Strompreises wird vom Markt bestimmt. Der Rest sind Steuern, Abgaben und Umlagen. Deren Anteil hat sich in den letzten 15 Jahren auf 68% verdoppelt. Fossile Heizenergieträger haben eine viel geringere Last zu tragen, ihre Preise sind in geringerem Umfang gestiegen, obwohl sie klimaschädlicher sind. Darum kostet Wärmepumpen-Strom mittlerweile mehr als das Dreifache von Erdgas. Und das, obwohl eine Wärmepumpe bereits heute bis zu 50% weniger Primärenergie verbraucht und CO2 emittiert als ein fossiler Brennwertkessel.
IKZ-Energy: Und was hat das mit der Versorgungssicherheit zu tun?
Stawiarski: Einerseits geht es um die Vermeidung von Energieimporten. Deutschland importiert jährlich für fast 100 Mrd. Euro fossile Energieträger, häufig aus politisch unsicheren Krisenregionen. Wenn wir uns unabhängiger, z.B. von russischem Gas, machen wollen, sollten wir uns die Frage stellen, wie wir unseren Gasbedarf reduzieren können, anstatt nach neuen Lieferanten und Transportwegen zu suchen oder gar über Fracking zu diskutieren. Eine Sanierungswelle in den deutschen Heizungskellern wäre eine effektive Maßnahme, um unabhängiger von Importen zu werden. Ein anderer Aspekt ist die Stabilität der Stromnetze.

IKZ-Energy: Das müssen Sie mal genauer erklären.
Stawiarski: Durch den Ausbau erneuerbaren Stroms kommt es immer häufiger zu Stromüberschüssen. Wärmepumpen können als schalt- und regelbare Verbraucher helfen, diesen Strom in Form von thermischer Energie zu speichern und die Netze stabil zu halten. Überschüssigen Ökostrom so dem Wärmemarkt zuzuführen wäre auch viel effizienter als Batteriespeicher oder Power-to-Gas. Aufgrund der hohen Abgabenlast fehlen die Spielräume für lastvariable Tarife: die Energieversorger können so keine Geschäftsmodelle erarbeiten, um diesen Strom den Kunden zu attraktiven Konditionen anbieten zu können.

IKZ-ENERGY: Warum ist dieser „Überschussstrom“ überhaupt ein Problem?
Stawiarski: Das Phänomen ist Ausdruck einer massiven Schieflage, die durch die einseitige Fokussierung der Energiewende auf den Strommarkt entstanden ist: Um die Netze stabil zu halten, wenn Wind und Sonne mehr Strom liefern, als wir benötigen, werden Stromspitzen ins Ausland „verramscht“ oder Anlagen kurzerhand abgeschaltet. Das ist Verschwendung baren Geldes – schließlich zahlen Verbraucher auch für den nicht genutzten Ökostrom EEG-Umlage.

IKZ-Energy: Thermisch gespeicherte Ener­gie lässt sich aber nicht wieder verstromen. Viele sehen daher in Power-to-Gas die Speichertechnologie der Zukunft.
Stawiarski: Power-to-Gas hat sicher seine Berechtigung. Bei den einzelnen Arbeitsschritten entstehen allerdings große Verluste. Power-to-Heat hingegen ist äußerst effizient – mit Wärmepumpen lässt sich die eingesetzte Energie sogar vervielfachen, da Sie mit einer Einheit Strom 3 bis 4 Einheiten Wärme generieren. Würden in den kommenden Jahren veraltete Gas-Kessel durch Wärmepumpen ersetzt, könnte die freiwerdende Gasmenge – ohne jegliche Verluste – bei Engpässen zur Stromproduktion eingesetzt werden.

IKZ-Energy:
Wie viel Potenzial sehen Sie für das Lastmanagement bei diesem Zusammenspiel und welche Rahmenbedingungen sind dafür notwendig?
Stawiarski: Der BWP hat errechnet, dass Wärmepumpen in intelligenten Stromnetzen bis 2020 schaltbare Lasten in Höhe von mindestens 4600 MW zur Verfügung stellen könnten. Mit der einheitlichen „SG Ready“-Schnittstelle hat die Wärmepumpenbranche  2013 einen Standard etabliert, über den unsere Anlagen kommunizieren können. Was fehlt, sind rechtliche Rahmenbedingungen und flexible Heizstromtarife, die das Modell für Verbraucher interessant machen. Aktuell raubt die immense Steuer- und Abgabenlast jedoch den Spielraum für derartige Tarifmodelle.

IKZ-Energy: Wo sehen Sie sinnvolle Ansatzpunkte für eine Entlastung der Strompreise?
Stawiarski: Die einfachste Möglichkeit ist die Abschaffung der Stromsteuer. Unverständlich ist auch, warum auf Strom der volle Mehrwertsteuersatz erhoben wird, obwohl Energie eigentlich ein Grundbedürfnis ist. Bei Holzpellets beispielsweise gilt das bereits. Die Mehrwertsteuer wird übrigens auch auf die EEG-Umlage erhoben, sodass der Staat hier bei jeder Steigerung kräftig mitverdient. Natürlich stellt auch der Finanzierungsmechanismus des EEG eine Belastung für uns dar, obwohl wir natürlich für den Ausbau erneuerbaren Stroms sind. Wir wünschen uns daher, dass man fossile Energieträger in die Finanzierung mit einbezieht und einen Teil der EEG-Kosten in einen Altlastenfonds auslagert, wie von Ilse Aigner und Klaus Töpfer vorgeschlagen.

IKZ-Energy: Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Reformpläne von Energieminister Gabriel?
Stawiarski: Herr Gabriel war angetreten, die Kostendynamik bei den Strompreisen zu brechen. Dieses Ziel wird nicht erreicht, die Verbraucher sind eindeutig die Verlierer des Kompromisses der Bundesregierung mit Ländern, EU-Kommission und Industrie. Darüber hinaus gibt es bedenkliche Elemente, wie die Belastung des PV-Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage. Das gefährdet energiepolitisch sinnvolle Modelle, z.B. die Kombination PV+Wärmepumpe, ohne etwas zur Preissenkung beizutragen. Die Reform geht daher nicht in die richtige Richtung.

IKZ-Energy: Lohnt es sich vor diesem Hintergrund für Hausbesitzer denn überhaupt, in eine Wärmepumpe investieren?
Stawiarski: Natürlich. Generell gilt: Mit einer Wärmepumpe erschließt man sich eine nach menschlichem Ermessen unerschöpfliche Energiequelle auf dem eigenen Grundstück, mit der man sehr effizient und klimafreundlich heizen, kühlen und Warmwasser bereiten kann. Die Anlage steigert den Wert einer Immobilie nachhaltig und wird durch die wachsenden regenerativen Anteile im Strommix sozusagen „von alleine“ immer grüner. So emittiert eine Wärmepumpe bereits heute nur halb so viel CO2 wie eine Ölheizung, 2030 werden es nur noch 20% dessen sein. Wer noch mehr für die Umwelt tun will, kann mit einem Ökostromtarif heute schon vollkommen CO2-frei heizen. Oder man erzeugt den PV-Strom gleich selber.

IKZ-ENERGY: Herr Stawiarski, vielen Dank für das Gespräch.

 


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