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Hygienische Wasserqualität bis an die Zapfstelle

Das Einhalten von Installationsregeln in Vorwänden macht den entscheidenden Unterschied

Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf maximal 30 Sek. nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Trinkwassers kalt 25 °C nicht übersteigen und die Temperatur des Trinkwassers warm muss mindestens 55 °C erreichen.

Zeichnung der Versuchswand. Die Ziffer „1“ zeigt die Entnahmestelle in Form von einer Aufputz-Armatur, rechts thermisch entkoppelt und links ohne Entkopplung.

Der neue Versuchsaufbau soll klären, inwieweit u. a. getrennte Schächte für kalt- und warm­gehenden Leitungen den Erwärmungsprozess weiter entschleunigen können.

Beim Betrieb der unteren Rohrinstallationen zeigt die Aufnahme nach 15 Stunden deutlich einen zu hohen Temperaturbereich von > 25 °C. Zudem ist eine Temperaturschichtung in der Vorwand erkennbar.

Klar zu erkennen: Der entstehende Wärmestrom sorgt bei Wandarmaturen, die direkt an Wandscheiben angeschlossen sind, für Temperaturbereiche bis zu 40 °C und erwärmt so den Kaltwasseranschluss.

Die Auswirkungen einer thermischen Trennung zwischen Steigestrangschacht und Vorwand sowie einer getrennten Installation von kalt- und warmgehenden Leitungen. Die Temperatur bleibt im Bereich der Kaltwasserleitung (unten) unterhalb der Vorgabe von 25 °C.

Anhaltswerte für zu erwartende mittlere Schachttemperaturen.

Konvektive Wärmeübertragung bezogen auf die gängigsten Rohrdimensionen.

Timo Kirchhoff, Leiter Produktmanagement bei der Gebr. Kemper GmbH + Co. KG.

 

In Risikoinstallationen (z. B. Krankenhäusern oder Seniorenheimen) bestehen erhöhte hygienische Anforderungen an das Trinkwasser. Um diese umzusetzen, wird z. B. in der Stockwerksinstallation/Nasszelle ein Zirkulationskreis aufgebaut, der allerdings durch die vergrößerten wärmeabgebenden Flächen für einen zusätzlichen Wärmeeintrag in die Vorwandinstallation sorgt. Die hierdurch entstehenden Umgebungslufttemperaturen können eine Erwärmung des Kaltwassers auf unzulässige Temperaturbereiche von > 25 °C verantworten. Eine steigende Anzahl kontaminierter Trinkwasser-Installationen lässt die Suche nach neuen Installationstechniken immer mehr in den Fokus rücken. Dieser Aufgabe hat sich die FH Münster im Auftrag des Herstellers Kemper gestellt.

Die Trinkwasserqualität gilt hierzulande als wertvolles Gut. Auch die einzelnen Regelwerke zielen darauf ab, den hohen Standard zu halten. So fordert beispielsweise die DIN 1988-200 generell und ohne Berücksichtigung der Art der Entnahmestelle nach maximal 30 Sek. eine Temperatur des Warmwassers von mindestens 55 °C und eine Temperatur des Kaltwassers von maximal 25 °C, um einem Wachstum von Legionellen entgegenzuwirken. Gerade diese Forderung ist stark abhängig von verschiedensten Faktoren – so das Resultat des Forschungsprojekts der FH Münster unter der Leitung von Prof. Dr. Carsten Bäcker, Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann und Projektingenieur Stefan Brodale, dessen Ergebnisse Ende 2017 der IKZ-HAUSTECHNIK vorgestellt wurden.

Zahlreiche Stellgrößen führen zum Ziel
Kernfrage der Versuchsreihe war es, inwieweit planerische Maßnahmen die Wege der Wärmeübertragung auf Kaltwasserleitungen beeinflusst bzw. unterbrechen können. Zu diesem Zweck wurde eine Installationswand konstruiert, die mit einer regelkonformen Standard-Installation vergleichbar ist. Innerhalb dieser Vorwand ist ein Steigestrang aus zwei Heizungsleitungen (Vor- und Rücklauf), jeweils eine Warm- und Kaltwasserleitung sowie eine Zirkulation montiert worden. Die Dämmstärke betrug bei allen verlegten Rohrleitungen 100 %. Insgesamt wurden 30 Fühler in dem Versuchs­aufbau eingesetzt. Um auch visuell die Ergebnisse zu untermauern, entschlossen sich die Experten zudem, Thermografieaufnahmen während der einzelnen Versuche zu machen, in denen sie verschiedene Armaturen installiert und mindes­tens 15 Std. betrieben haben.
Die Ergebnisse waren selbst für die Beteiligten eine Überraschung. Zwar war zu erwarten, dass sich die Kaltwassertemperatur in den Rohrleitungen der Umgebungstemperatur in der Vorwand und damit der des Raumes anpassen würde. Allerdings nicht, welche gravierende Rolle die Anordnung der anderen Leitungen dabei spielt. „Wir haben herausgefunden, dass das Verkeimungsproblem vor allem auftritt, wenn die Warm- und Kaltwasserleitung sowie die Zirkulationsleitung im Hohlraum der Vorwand zu eng beieinanderliegen“, berichtet Prof. Bäcker. „Durch das Luftvolumen und den zu geringen Abstand greift die Hitze der Warmwasserleitung nämlich auf die Kaltwasserleitung über.“ Bei einer mittleren Umgebungstemperatur in der Vorwand von 27 °C und bei gemeinsamer Verlegung aller Leitungen in Bodennähe zeigten die Messungen des Kaltwasserstrangs (DN 15/DN 12) in Stagnationszeiten eine Aufheizzeit von nur einer Stunde auf Wassertemperaturen > 25 °C. Weiteres Ergebnis: Zusätzlich kommt es auf die Art der Armatur und der Installation an – bei Wandarmaturen tritt das Problem beispielsweise häufiger auf als bei Standarmaturen. Ursächlich scheinen hier die Anschlussschläuche bei Standarmaturen zu sein. Zwar erwärmen sie sich auch, ein Wärmeübergang auf die Armatur ist jedoch selten. Entgegen der in der Praxis weit verbreiteten Meinung spielt die Dämmstoffstärke der Rohrleitungen grundsätzlich nur eine untergeordnete Rolle, wie Brodale von der FH Münster erklärt.

Die Praxis muss umdenken
Richtet man seinen Blick auf die derzeit gängige Installationspraxis, so fallen häufig die in Schächten und Vorwänden dicht beieinander liegenden kalt- und warmgehenden Leitungen auf. „An dieser Stelle ist ein Umdenken gefragt, um speziell bei Risikoinstallationen (z. B. Seniorenheimen oder Krankenhäusern) die regelkonformen Vorgaben der Temperaturbereiche einzuhalten“, so die Meinung von Timo Kirchhoff, Leiter Produktmanagement, und Stefan Pohl, Leiter Marketing aus dem Hause Kemper,  die das Projekt begleiten. Sofern künftig das kalte Trinkwasser auch nach Stagnationsphasen Temperaturen < 25 °C aufweisen soll, dürfen die Leitungen nur noch in Installationsräumen mit Umgebungstemperaturen < 25 °C und getrennt von Warmwasserleitungen installiert werden. Die Leitungen sollten laut Ergebnis des Versuchs mit genug räumlichem Abstand verlegt werden, mindestens ein Meter wird gefordert. „Wir verlegten die Leitungen nicht parallel, sondern die Warmwasserleitung oberhalb der Armatur und die Kaltwasserleitung unter ihr – so steigt die sich erwärmende Luft rund um die Warmwasserleitung nach oben und hat keinen Einfluss auf die Kaltwasserleitung“, fasst Brodale zusammen. Dieses Prinzip hat das Forschungsteam in seinen messtechnischen Untersuchungen auch für die gängigen Installationsarten wie die T-Stück-Installation, das Durchschleifen und die Ringinstallation bestätigen können. Ist eine solche Installationsweise nicht möglich, kann die Temperatur des kalten Trinkwassers in Stagnationsphasen nur durch zusätzliche Maßnahmen, z. B. durch temperaturgeführte Hygienespülungen, unter der Grenztemperatur gehalten werden.
Ein weiteres Problem sehen die Experten der Fachhochschule bei der Wärmeübertragung an Entnahmearmaturen, wenn die Warmwasserzirkulation bis unmittelbar an die Entnahmestellen geführt wird. In diesem Fall kommen häufig Doppelwandscheiben zum Einsatz, welche die Durchströmung und die Temperaturhaltung bis an die Wandscheibe erlauben. Dies ist aus hygienischer Sicht geboten und entspricht auch den strengen Anforderungen des Robert-Koch-Instituts (RKI-Richtlinie), die das Vermeiden von langen Stichleitungen einfordern. Durch den Einsatz von Doppelwandscheiben auf der Warmwasserseite werden jedoch die Gesetze der Wärmeübertragung missachtet. Denn bei Wandarmaturen, die direkt an Wandscheiben angeschlossen sind, besteht dadurch ein Temperaturgefälle zwischen der Warmwasserleitung und der Entnahmearmatur. Das hat zur Folge, dass der entstehende Wärmestrom für Temperaturbereiche bis zu 40 °C innerhalb der Entnahmearmatur sorgt und sogar eine Erwärmung des Kaltwasseranschlusses festzustellen ist. Thermisch trennende Bauteile, z.B. der Kemper „ThermoTrenner“ zum Anschluss von Wandarmaturen, lösen dieses Problem, indem sie eine Erwärmung der Entnahmearmatur verhindern, ohne Bereiche stagnierenden Wassers zu produzieren. Dadurch gleichen sich nach Entnahmevorgängen die Temperaturen der Armaturenmaterialien als auch des Restwassers in der Armatur den Temperaturen der Umgebungsluft des Raumes an.
Doch nicht nur das Verhalten verschiedener Installationsmöglichkeiten der Rohrleitungen wurde untersucht, sondern auch die Auswirkungen einer thermischen Trennung zwischen Steigestrangschacht und Vorwand fokussierte das Forschungsteam. Um den Erwärmungsprozess weiter zu entschleunigen und die Umgebungstemperaturen der Vorwand-Installation unter der kritischen Marke von < 25 °C zu halten, entschied man sich dafür, eine „WEDI“-Platte (Polystyrol-Hartschaum-Platte mit zementärer Oberfläche) zwischen den beiden Zonen zu montieren. Das Ergebnis: Nach 16 Std. Betriebszeit der Zirkulation erwärmte sich die Umgebungstemperatur innerhalb der Vorwand lediglich auf eine mittlere Raumtemperatur von ca. 24 °C. Somit ist auch die Kaltwassertemperatur ausreichend geschützt.

Weitere Untersuchungen folgen
Es ist zu erwarten, dass sich die Raumtemperatur innerhalb einer Vorwand und damit die Aufheizzeiten des Kaltwassers weiter reduzieren lassen, beispielsweise durch getrennte Schächte für kalt- und warmgehende Leitungen. Diese und weitere Annahmen werden aktuell in einem neuen Versuchsstand untersucht. Ihre Methodik, beeinflussende Faktoren und weitere Ergebnisse möchte das Forschungsteam um Bäcker und Brodale am 14. Februar 2018 beim 18. Sanitärtechnischen Symposium auf dem Steinfurter Campus der FH Münster vorstellen.

www.kemper-olpe.de
www.fh-muenster.de


 

Nachgefragt
IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Kirchhoff, wie kam es dazu, ein solches Forschungsprojekt mit der FH Münster einzugehen?
Timo Kirchhoff: Viele Jahre wurden kalte und warme Trinkwasserleitungen in Schlitzen massiver Wände verlegt. Kaltwasserleitungen wurden so nur unwesentlich mit Wärmelasten beaufschlagt. Heute werden Trinkwasserleitungen aus guten Gründen fast ausschließlich in den Hohlräumen sogenannter Installationsvorwände frei verlegt. Für die Trinkwasserhygiene ist das eine negative Entwicklung, denn damit werden die Kaltwasserleitungen wesentlich höheren Umgebungslufttemperaturen ausgesetzt. Diese sorgen für „lauwarme Temperaturbereiche“ im Kaltwasser und fördern so das Wachstum von Mikroorganismen. Wer Kemper kennt, der weiß, dass wir Probleme nicht nur erkennen, sondern auch ökonomische und vollumfängliche Lösungen anbieten wollen. Somit lag es nahe, dass wir gemeinsam mit unserem langjährigen Partner, der Fachhochschule Münster, dem Problem auf den Grund gehen wollten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was waren für Sie die größten Erkenntnisse im Verlauf des Projektes?
Timo Kirchhoff: Zu erkennen, dass die Praxis sehr leicht Lösungen annimmt, aber dabei die Augen vor Problemverschiebungen verschließt. Über fast drei Jahrzehnte hat sich die Installation der Zirkulation bis unmittelbar vor die Zapfstelle etabliert. Mit guten Gründen, wie wir wissen, denn wir haben die Legionellenproblematik im Warmwasser sehr gut in den Griff bekommen. Nun wurde festgestellt, dass sich dadurch Entnahmearmaturen unzulässig erwärmen können und die Kaltwassertemperaturen durch hohe Umgebungslufttemperaturen beeinflusst werden und es ist zu beobachten, dass viele wieder dahin gehen, wo wir uns Anfang der 90er-Jahre befunden haben. Nämlich zu Stichleitungen, Stagnationsbereichen und zu Legionellenproblemen im Warmwasser.
IKZ-HAUSTECHNIK: Der SHK-Fachhandwerker sollte neue Forderungen und Erkenntnisse möglichst zeitnah umsetzen. Zusammengefasst: Welche Grundregeln sollte er auf Basis der Ergebnisse beherzigen?
Timo Kirchhoff: 1. Warmgehende und Kaltwasserleitungen getrennt voneinander verlegen – am besten in getrennten Schächten. 2. In Vorwandinstallationen, in denen die getrennte Verlegung nicht vermieden werden kann, Warmwasser- und Zirkulationsleitungen immer mit ausreichend Abstand oberhalb der Kaltwasserleitungen verlegen. Und 3.: Wand- und Duscharmaturen unbedingt thermisch getrennt mit Einzelzuleitungen von max. 10 x Innendurchmesser anschließen. Hierzu bietet die Fachwelt mittlerweile ausreichend Lösungen.

 


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