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Heutiges Wohnen erfordert passende Sicherheitskonzepte

Demografischer Wandel bedingt erhebliche Veränderungen beim Brandschutz

Entwicklung der Bevölkerungszusammensetzung der Jahre 2010 und 2020. Bild: Statistisches Bundesamt

Vollflächiger Sprinklerschutz in großen Krankenhäusern. Bild: KKH Freiberg.

Schemazeichnung eines kompakten Schranks mit allen Funktionsgruppen der Wasserversorgung. Bild: HT Protect Feuerschutz und Sicherheitstechnik GmbH

C-Stahl- und Edelstahlrohre tragen zur Verringerung der Gewichtsbelastung bei. Bild: HT Protect Feuerschutz und Sicherheitstechnik GmbH

 

In Deutschland gibt es immer mehr ältere Menschen mit Einschränkungen in ihrer Reaktions- und Bewegungsfreiheit. Dies ist nur eine Folge des demografischen Wandels. Um bis in das hohe Alter selbstbestimmt in der gewohnten Umgebung leben zu können, sind entsprechende bauliche, organisatorische und technische Hilfestellungen unabdingbar. Dazu zählen beispielsweise rollstuhlgerechte Aufzüge, Betreuungs- und Hilfspersonal und gegenseitige Anwohnerhilfe. Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist für diese stark wachsende Personengruppe eine Anpassung des Wohnraums im Alt- und Neubau unbedingt notwendig – einschließlich des Brandschutzes.

Altersstruktur verändert sich
Bei Bränden in Gebäuden mit hilfsbedürftigen Personen gibt es trotz eines schnellen Feuerwehreinsatzes immer wieder Verletzte und Todesopfer. Ein Beispiel ist der Brand in einem Hospital in Lünen/NRW. Ein 81-jähriger Patient starb, acht weitere Personen wurden zum Teil erheblich verletzt. Der Hauptgrund: Bettlägerige Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität wurden von der Feuerwehr nicht schnell genug erreicht.
Bislang beziehen sich die staatlichen Vorgaben auf Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Zu nennen sind insbesondere die Landesbauordnungen (LBO) und deren Sonderbauvorschriften sowie Mus­terrichtlinien, die sich auf größere Einrichtungen mit mehr als zwölf Personen und/oder Flächen mit mehreren 100 m² beziehen. Für alle anderen Bereiche gelten die eigentlich für Wohnräume ausgelegten Bestimmungen aus der jeweiligen Landesbauordnung, die nur von einem geringen Personenanteil mit körperlichen Einschränkungen ausgeht.
Die sich bereits geänderte und sich weiter verändernde Bevölkerungspyramide hat einen negativen Doppeleffekt: Auf der einen Seite wächst der Bevölkerungsanteil an unterstützungsbedürftigen Personen deutlich, gleichzeitig nimmt die Zahl von vorwiegend jüngeren Rettungs- und Einsatzkräften der Feuerwehr, der Krankendienste und der Polizei weiter ab. Dies betrifft nicht allein den Personalbestand bei den Berufsfeuerwehren. In kleinen und mittleren Kommunen kämpfen die ehrenamtlichen Rettungsdienste bedingt durch fehlenden Nachwuchs um ihre Existenz.
Um auch künftig bei Rettungseinsätzen die Menschen mindestens auf einem gewohnt hohen Niveau in Sicherheit zu bringen, gibt es neben der korrekten Umsetzung der baulichen Vorgaben zwei Wege: Entweder die Zahl der Rettungskräfte steigt deutlich oder durch technische Brandschutzmaßnahmen wird mehr Zeit für die Rettung der Personen gewonnen. Eine Steigerung bei der Anzahl der Rettungskräfte ist allein aus demografischen Gründen wenig wahrscheinlich, ganz abgesehen von der sich daraus ergebenden höheren Kostenbelastung. Im Bereich des technischen Brandschutzes stehen hingegen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um eine sichere Evakuierung im Brandfall zu gewährleisten.

Ein erster Schritt: Rauchmelder
Vor diesem Hintergrund haben die staatlichen Stellen reagiert. Zu nennen sind hier insbesondere die Baubehörden/Feuerwehren und Vertreter der Versicherungswirtschaft (Prüfstelle des VdS Köln) sowie die einschlägigen Fachverbände. Ihre Experten präsentieren erste Vorschläge und Maßnahmen, mit denen in Neu- und Bestandbauten alle Personen im Brandfall das Gebäude sicher verlassen können. Damit einhergehen auch Maßnahmen, die den Rettungskräften eine Chance einräumen, gehandicapte Menschen im Brandfall aus ihren Wohnungen herauszubringen – selbst dann, wenn sie in der Bewegungsfähigkeit deutlich eingeschränkt sind.
In den meisten Bundesländern wurde bereits eine Pflicht zur Installation von Rauchmeldern in Wohnungen beschlossen. Insbesondere für Menschen ohne Einschränkungen ergibt sich durch Umsetzung dieser technischen Maßnahme eine erhebliche Verbesserung für die rechtzeitige, selbstständige Evakuierung. Die wenigen noch im Gebäude verbleibenden Personen können dann durch Rettungskräfte, die durch die automatischen Melder rechtzeitiger alarmiert werden, sicher evakuiert werden.
Diese technische Maßnahme führt allerdings bei Gebäuden mit überwiegend in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkten Menschen nicht zum Ziel. In einem Vortrag des Ingenieurbüros Dr. Zauft1) über Rettungszeiten im Zusammenhang mit der notwendigen Anzahl an Hilfspersonal ergeben sich an Wohnanlagen für diese Personen erheblich weitergehende Anforderungen, die von reinen Rauchwarnmeldern nach DIN 14676 nicht erfüllt werden können.
Mit speziell angepassten, automatischen Wasser-Feuerlöschanlagen (WLA) kann das sichere Zeitfenster zur gefahrlosen Rettung deutlich erweitert werden. Solche WLA kontrollieren Entstehungsbrände, binden einen Teil der gefährlichen Rauchgase und unterstützen auf diese Weise die Einsatzkräfte der Feuerwehr. Im Gegensatz zu den Richtlinien oder gesetzlichen Regelungen in anderen Ländern existieren in Deutschland noch keine derartigen Vorschriften speziell für Wohnraumgebäude.

Brandschutz in Wohnungen
Aber seit einigen Jahren arbeitet die VDS Schadenverhütung GmbH2) an einer entsprechend auf die deutschen Verhältnisse angepassten Richtlinie. Je nach Größe der Wohnanlage und dem Risiko wird dabei eine Abgrenzung zu den Regelungen der VdS CEA 40013) und zur unterschiedlichen Auslegung der Wasser-Löschanlage vorgenommen. Derzeit werden folgende Ansätze verfolgt:

  1. die Berücksichtigung der besonderen Eigenschaften in Wohnbereichen wie Einteilung in Räume mit geringen Flächen, niedrige Brandlast usw.,
  2. die Begrenzung des Brandes auf einen Raum, um so eine sichere Evakuierung zu ermöglichen,
  3. Einteilung in drei Gebäudetypen:
  • Ein- und Zweifamilienhäuser u. ä.,
  • Gebäude mit begrenzter Geschosszahl und Fläche,
  • Gebäude für Personen, die zum ­Verlassen Hilfe benötigen.


Für Wohnräume, in denen sieben bis zwölf volljährige Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung gepflegt oder betreut werden, arbeitet eine staatliche Projektgruppe unter Führung der Obersten Bauaufsicht Hamburg an einer Muster-Verordnung für besondere Wohnformen4). Neben den bereits verfügbaren und zugelassenen Anlagenauslegungen werden aktuell Systeme entwickelt, die den Einbau in Bestandswohngebäuden mit kleinen und mittleren Wohneinheiten auf einer Ebene oder Etage und bis zu zwölf Bewohnern ermöglichen. Dabei sollen möglichst geringe optische Einschränkungen und zusätzliche bauliche Belastungen entstehen; das gilt auch für eine eventuell spätere Demontage.

Bundesweite Musteranlagen geben Aufschluss
Zum Nachweis der Wirksamkeit und als Referenz- und Anschauungsobjekt laufen zwischen der Obersten Bauaufsicht Hamburg und einem Arbeitskreis des zuständigen Fachverbandes unter der Leitung von Dipl.-Ing. Roger Hoffmann die Vorbereitungen zur Installation einer Musteranlage im Hamburger Raum. Weitere solcher Anschauungsanlagen sind für das gesamte Bundesgebiet geplant, wobei folgende Kriterien zugrunde gelegt werden:

  1. Wasserversorgung über einen optisch in den Gemeinschaftsraum integrierbaren, kompakten Schrank mit allen Funktionsgruppen der Wasserversorgung,
  2. vorzugsweiser Einsatz von C-Stahl- oder Edelstahlrohren zur Verringerung der Gewichtsbelastung des Gebäudes, der Verringerung der Querschnitte und einer günstigen optischen Gestaltung,
  3. Einstufung des Risikos in Analogie zur VdS CEA 4001 in die Brandgefahrenklasse LH mit einer Wasserbeaufschlagung von 2,5 mm/Min (= 2,5 l/Min. auf 1 m2 Wirkfläche für die Dauer von mindestens 30 Min.),
  4. Ausführung als Nassanlagensystem,
  5. Einsatz von bereits zugelassenen Bauteilen zur Kostenreduzierung,
  6. Errichtung der Anlagen durch VdS-zertifizierte Firmen für Sprinkleranlagen, um damit die Qualität der Systeme zur Menschenrettung sicherzustellen,
  7. Installation einer Brandmeldeanlage nach VdS 20955) oder DIN 146756) und Weitermeldung des Löschalarms zu einer ständig besetzten Stelle.


Mit dem Konzept einer selektiven Nachrüstung einzelner Etagen oder Bereiche mit vorhandener, intakter bautechnischer Brandschutzbegrenzung kann der notwendige Zeitgewinn für die Feuerwehr und andere Rettungskräfte sicher erreicht werden. Die wichtigen Komponenten der Wasserversorgung werden auf engstem Raum, nämlich in einem „Sprinklerschrank“, zusammengefasst und in den Schutzbereich vollständig integriert. Zusätzliches und jederzeit verfügbares Personal zur Hilfestellung der Rettung im Gefahrenfall werden vermieden und somit langfristig Kosten gespart, da die WLA nur minimale Betriebskosten erzeugt.

Autor:
Hans-Jörg Vogler, freier Journalist und Buchautor


1)    Vortrag „Sonderbauten - Unterstützende Wohnformen“ auf dem Objektplanertag der BBIK 13.9.2011;
Dr. Zauft Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH

2)    Die VdS Schadenverhütung GmbH versteht sich als Institution für Unternehmenssicherheit mit den Schwerpunkten Brandschutz, Security, Naturgefahrenprävention und Cyber-Security

3)    VdS CEA 4001: Richtlinie für Sprinkleranlagen: Planung und Einbau

4)    Entwurf Muster-Verordnung über Anforderungen an Wohnungen und Einrichtungen für volljährige Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung (MWoPV)

5)    VdS 2095: Richtlinie für automatische Brandmeldeanlagen: Planung und Einbau

6)    DIN 14675: Brandmeldeanlagen – Aufbau und Betrieb

 


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