Haus lässt die eigenen Energiequellen sprudeln - PV kompensiert Strombedarf für Wärmepumpe und kontrollierte Wohnungslüftung
Ein ganzheitliches Energiekonzept war der Ansatz für die komplette Modernisierung eines 1965 erbauten Einfamilienhauses am Bodensee, das dadurch die Verwandlung vom 30-Liter- zum 3-Liter-Haus vollzog. Die nötige Energie liefert eine rund 70 m² große PV-Anlage, die den Strombedarf für eine Wärmepumpe und die kontrollierte Wohnungslüftung ausgleicht.
Aus energetischer Sicht zeigte sich das rustikale Altbauhaus am westlichen Bodenseeufer als Total-Sanierungsfall. Für das 1965 erbaute Einfamilienhaus war deshalb ein gut durchdachtes Energiekonzept nötig. Der verantwortliche Architekt und Energieberater Willi G. Horn aus Stockach hat für den Zustand vor der Sanierung einen Primärenergiebedarf von 336 kWh/m² und Jahr ermittelt.
Ein 30-Liter-Haus also, wie es Horn in Kurzform bezeichnet und ein Blick auf den 1975 eingebauten Ölheizkessel auch erahnen ließ. Insgesamt sind 236 m² Wohnfläche zu beheizen, einschließlich einer Einliegerwohnung, die an Feriengäste vermietet wird.
Wärme im Haus halten und Wärmegewinne nutzen
Ausgehend von den Wand-, Dach- und Bodenflächen, die das Gebäude umhüllen, errechnete der Architekt und Energieberater zunächst den zulässigen Primärenergiebedarf. Ziel war dabei, die Vorgaben der EnEV zu unterschreiten. Horn setzte dabei vor allem auf eine umfassende Wärmedämmung und den Einsatz effizienter Haustechnik für Wärmeversorgung und Lüftung.
Der Heizwärmebedarf sollte soweit wie möglich mit EE gedeckt werden, passive und interne Wärmequellen den Energieaufwand niedrig halten. Das Energiekonzept sah dazu die Nutzung passiver Wärmegewinne ebenso vor wie die Wärmerückgewinnung aus der Raumluft. So sollten beispielsweise entsprechend großzügig bemessene Fensterflächen im Winter die Räume mit der Sonne über dem Bodensee fluten.
Solarstrom für Wärmepumpe und Wohnungslüftung
Das Heizsystem sollte ausschließlich auf Basis EE für Wärme und warmes Wasser im Haus sorgen. Sowohl die baulichen Gegebenheiten wie auch die Lage des Gebäudes schränkten jedoch die Auswahl des geeigneten Heizsystems ein. Erdwärme und Biomasse mussten von vornherein ausgeschlossen werden: „Das Grundstück liegt durch die unmittelbare Nähe zum Bodensee in einem Wasserschutzgebiet und zudem am Hang, was eine Nutzung der oberflächennahen Geothermie nicht zuließ“, berichtet Architekt Horn.
Den Platz im Keller, wo zuvor ein Tanklager für 14000 l Heizöl stand, hatte der Bauherr bereits für einen Sauna- und Fitnessbereich vorgesehen. Ein Holzpelletlager und große Heizwasser-Pufferspeicher ließen sich dort allerdings nicht mehr unterbringen. Die verfügbaren Möglichkeiten für den Einsatz EE schienen damit schon beinahe ausgeschöpft.
Doch dafür bot das genau nach Süden und in passender Schräge ausgerichtete Dach beste Voraussetzungen, um mit der Sonne elektrischen Strom zu erzeugen: Architekt Horn und Bauherr Alexander Braun beschlossen deshalb, dass eine PV-Anlage den Energieverbrauch des Hauses kompensieren sollte. Eine rund 70 m² große PV-Anlage sollte den Strom für den Betrieb einer Luft/Wasser-Wärmepumpe liefern, mit der wiederum das Gebäude beheizt wird. Damit war die Lösung für die Wärmeerzeugung mit EE gefunden. Den Auftrag über die PV-Anlage erteilte Braun seinem Elektro-Fachbetrieb, der bereits eine umfangreiche Planung für die Elektroanlagen im Haus erstellt hatte.
Auf der Südseite der Dachkonstruktion übernehmen die Solarmodule gleichzeitig die Funktion der Dacheindeckung: Die Dachkonstruktion hat der Architekt und Ener-gieberater deshalb bereits im Vorfeld so ge-plant, dass die 70 Solarmodule bündig mit der Dachkante abschließen.
Die eigene Solarstrom-Produktion auf dem Dach gleicht nun den Strombedarf aus, den die elektrisch angetriebene Luft/Wasser-Wärmepumpe verbraucht. Durch den hohen Dämmstandard des Hauses genügt eine Leistung von 8 kW, um damit die rund 230 m² Wohnfläche (mit Einliegerwohnung) zu beheizen und zudem noch warmes Wasser für den Bedarf von sechs Personen (davon zwei in der Einliegerwohnung) bereitzustellen.
Fußbodenheizung im bestehenden Estrich
Mit der Wärmeverteilung im Haus standen Architekt und Bauherr jedoch sofort wieder vor einer neuen Herausforderung: Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe arbeitet nur in Verbindung mit einem Niedertemperatur-Heizsystem wirtschaftlich und energieeffizient. Im Haus der Familie Braun sollte also eine Fußbodenheizung für behagliche Raumwärme sorgen. Vor dem Umbau hatten stählerne, kantige Heizkörper die Funktion der Wärmeabgabe übernommen. Im Erdgeschoss fehlte es an der nötigen Höhe für den Aufbau der Fußbodenheizung. Bauherr Alexander Braun aber kennt als Geschäftsführer eines Unternehmens, das Systemlösungen für Heizungs- und Solarwärmeanlagen produziert, die aktuellen Entwicklungen und Innovationen der Heiztechnik-Branche. Bei einem der zahlreichen Hersteller von Flächenheizsystemen fand er mit „Cut-Therm“ ein speziell für Modernisierungen entwickeltes Konzept: Mit einer dafür konstruierten Maschine fräst ein Montageteam des Herstellers Kanäle in den bestehenden Estrich, in die das Fußbodenheizungsrohr eingelegt wird – nahezu staubfrei, wie der Anbieter Empur betont.
In den Kurven für die Umlenkungen der Rohrschleifen klemmen sich die Kunststoffrohre ein, sodass für die Verlegung keine zusätzlichen Befestigungen nötig sind. Ohne den Baufortschritt aufzuhalten, konnte so direkt nach der Verlegung und der Prüfung auf Dichtheit der Fußbodenbelag verlegt werden.
Einfach hatte es auch der Heizungsfachmann mit dem hydraulischen Abgleich des Fußbodenheizsystems. Die Heizkreisverteiler von Taconova sind mit Topmeter-Abgleichventilen bestückt. Zur Einregulierung der Fußbodenheizkreise lässt sich mit diesen Regulierventilen die benötigte Durchflussmenge direkt in l/min einstellen.
Dämmstandard verlangt kontrollierten Luftwechsel
Mit einer 30 cm starken Außenwand-Wärmedämmung konnte Willi G. Horn die energetische Qualität der über 40 Jahre alten Bausubstanz erheblich verbessern. Der Architekt und Energieberater weist aber auch auf den nötigen Luftaustausch hin: „Je besser das Gebäude gedämmt ist, umso geringer sind die Wärmeverluste, die über Außenflächen sowie Fenster und Türen entweichen. Was aber bleibt, ist der nötige Luftwechsel, der bei dieser Dämmqualität nur mit mechanischer Unterstützung erreicht werden kann“, gibt Horn zu bedenken.
Für einen hygienischen Luftwechsel gilt eine Mindest-Luftwechselrate von 0,5 pro Stunde. Neben moderner Haustechnik wie PV, Wärmepumpe und Zentral-Staubsauganlage ist bei Familie Braun im Keller des Wohnhauses deshalb auch ein Zentral-Lüftungsgerät von Benzing Lüftungssysteme zur kontrollierten Wohnungslüftung installiert. Die integrierte Wärmerückgewinnung spart dabei zusätzlich Heizenergie, denn damit wird die Wärmeenergie aus der Raumluft an die einströmende Frischluft übertragen und so den Wohnräumen wieder zugeführt. Über diese Wärmerückgewinnung werden letztlich auch die passiven Wärmegewinne durch Sonneneinstrahlung genutzt, die über die teilweise raumhohen Fenster im Winter das Haus mit beheizen.
Energiekonzept für Gesamtenergiebedarf
Mit dem Energiekonzept des Architekturbüros Horn wurde der Gesamtenergiebedarf des Wohnhauses um den Faktor 10 von 30 auf 3 l/m² und Jahr reduziert. Der Liter Öl dient dabei aber nur noch als symbolischer Rechenwert.
Realisiert wurde der Standard „EnEV minus 30%“, was Familie Braun auch die Möglichkeit zur Nutzung der entsprechenden KfW-Fördermittel sicherte. Pro Jahr konnten die CO2-Emissionen gegenüber dem Ausgangszustand vor der Sanierung um 26 t/a
reduziert werden. Dabei hat das Architekturbüro in den Berechnungen den elektrischen Strom für den Betrieb der Wärmepumpe streng nach EnEV mit dem Primärenergiefaktor 2,7 bewertet. „Das heißt, dass der Ertrag aus der PV-Anlage in dieser Rechnung noch nicht einmal berücksichtigt ist“, so Willi G. Horn. Die jährliche Solarstrom-Produktion ist für diese Anlage mit 7850 kWh/a prognostiziert. Der Endenergiebedarf für Heizung, Warmwasser und elektrische Hilfs-energie beläuft sich dagegen auf 3950 kWh pro Jahr.
„Damit wird nicht nur der Solarstrom erzeugt, der für die Wärmepumpe und die Lüftungsanlage benötigt wird, sondern sogar noch ein Großteil des benötigten Haushaltsstroms über die PV-Anlage gedeckt“, resümiert Bauherr Alexander Braun.
Autor: Wolfgang Heinl ist Sanitärtechniker und Betriebswirt des Handwerks und als freier Fachjournalist tätig. Der Autor hat ein Redaktions-büro für SHK- und Gebäudetechnik in 88239 Wangen, Tel. 07522 909431, Fax 07522 909433, wolfgang.heinl@t-online.de