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Grenzen der Luftkonditionierung

Eine kontrollierte Wohnungslüftungsanlage hat zahlreiche Aufgaben – aber kann längst nicht alles

Bei Verzicht auf lüftungstechnische Maßnahmen – ob im Neubau oder bei ­einer Sanierung – drohen mit­unter fatalen Folgen: Beispielsweise Schimmelbildung durch feuchte Ecken.

Energieeinsparung am Praxisbeispiel eines Mittelreihenhaus Baujahr 1960, Nutzfläche 95 m². Verglichen wird hier der Primärenergiebedarf: Istzustand – Elektrische Nachtspeicheröfen, Variante 1 – Gasbrennwerttechnik mit hydraulischem Abgleich, Variante 2 – zusätzlich zu Variante 1 Wärmeschutz nach EnEV für Fenster, Außenwände, Kellerdecke und oberste Geschossdecke/Dach, Variante 3 – wie V2 plus Komfort Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung. Entscheidend ist neben dem Komfort, dass nur mit der Variante 3 (83 kWh/m² · a) das KFW-Effizienzhaus-100 erreicht wird. Der Grenzwert liegt bei 112 kWh/m² · a. Selbst Variante 2 erzielt nur 124 kWh/m² · a. Bild: Energieberatung Peter Paul Thoma, Frankfurt

Raumklima und thermische Behaglichkeit. Bild: W.Frank: „Raumklima und thermische Behaglichkeit“

Ein passives „Ankühlen“ der Raumluft ist beispielsweise durch einen Erdwärme- oder Soleerdwärmeübertrager möglich. Bild: Pluggit

 

Die moderne Bauweise, durch immer dichter werdende Gebäude, lässt eine kontrollierte Wohnungslüftung in aller Regel zur Pflicht werden. Sie sorgt für den notwendigen Mindestluftwechsel und schützt damit Bausubstanz sowie die Gesundheit der Bewohner gleichermaßen. Doch nicht alles, was manchmal versprochen wird, kann die Anlage halten: Endverbraucher/Nutzer, aber auch einige Planer, Energieberater und Fachhandwerker haben oft falsche Erwartungen in Bezug auf die Einsatzgebiete. Der nachstehende Artikel setzt sich mit den Hauptaufgaben dieser Anlagensysteme auseinander und zeigt die Grenzen auf.

Eine hohe Energieeffizienz hat bei Objektsanierungen und Neubauten für zahlreiche Bauherren Priorität. Doch wird die Gebäudehülle im Zuge dessen dichter gestaltet, ist ohne weitere Maßnahmen schlechte Luft vorprogrammiert. Das kann nicht nur schädlich für die Bewohner sein – auch die Bausubstanz kann erheblich darunter leiden. Aus diesem Grund fordert die DIN 1946-6 ein Lüftungskonzept. Nur so lässt sich feststellen, ob eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig ist, um einen Mindestluftwechsel im Gebäude zu realisieren. Der regelmäßige Austausch der Raumluft ist für vier Bereiche zuständig:

1. Bautenschutz – Feuchteregulierung
Gebäude können heute so luftdicht gebaut werden, dass eine ausreichende, dauernde Selbstlüftung der Räume durch Wind und Thermik nicht mehr bei allen Objekten zu erwarten ist. Die Vielzahl von Feuchteschäden in Neubauten und vor allem in modernisierten Gebäuden bestätigt das. Durch den Einsatz einer kontrollierten Wohnungslüftung kann die freiwerdende Feuchtigkeit im Wohnbereich nutzerunabhängig – bei Anwesenheit insbesondere aber bei Nichtanwesenheit der Bewohner – abgeführt werden. Gemeint ist Feuchtigkeit, die in Bauteilen und Einrichtungsgegenständen gespeichert ist und über den Tag wieder freigegeben wird.
Die Anforderung der EnEV lautet, dass eine dauerhaft luftdichte Bauweise und ein zur Gesundheit notwendiger Luftwechsel sicherzustellen ist. Die unabhängig von der Nutzeranwesenheit schimmelvermeidende Feuchteschutzluftstufe wird durch die Auslegung nach DIN 1946-6 durch ventilatorgestützte Lüftung im Gegensatz zum reinen Fensteröffnen sicher und dauerhaft erreicht.
Die freie Querlüftung mit Fensterfalzlüfter stellt eine kostengünstigere Alternative als lüftungstechnische Maßnahme zum Feuchteschutz dar – wichtig ist jedoch hier, dass die Berechnung nach DIN 1946-6 erfolgt und auch die erforderliche Anzahl an Falzlüftern eingebaut wird. Falzlüfter können bei sehr hoher Gebäudedichtigkeit – z. B. bei einem Passivhaus – die Lüftung zum Feuchteschutz nicht immer sicherstellen. Es bleibt hier zudem das Risiko des örtlichen Luftdrucks und der Luftanströmungsverhältnisse zu berücksichtigen.

2. Gesundheit der Bewohner
Eine weitere Aufgabe ist die Beseitigung von Gerüchen und Schadstoffen im Wohnbereich und diese auf ein hygienisch gesundheitlich unbedenkliches Maß zu reduzieren. Gemeint ist hier besonders die Reduzierung von Schadstoffkonzentration durch Ausdünstungen von Einrichtungsgegenständen, Reinigungsmitteln, Staub usw. in den Wohnräumen. Das gelingt nur, wenn die Versorgung der Bewohner mit Frischluft 24 Std. am Tag sichergestellt ist. Für die Regelung der Ventilatorleistung können beispielsweise CO2-Sensoren eingesetzt werden.
Zudem ergibt sich durch den Einsatz einer kontrollierten Wohnungslüftung noch ein weiterer Vorteil: Feinstaub, allergene Pollen und Insekten – vieles, was sich in der Außenluft befindet – gelangt durch den Einsatz von Standardfiltern im Gerät nicht in den Wohnbereich. Für spezielle Anforderungen bieten die Hersteller weitere Systeme, z. B. elektrostatische Medien gegen Feinstaub, die Beseitigung von Gerüchen durch Aktivkohlefilter oder das Entfernen von Keimen und Bakterien aus der Raumluft durch Ionisationsfiltergeräte.

3. Energiebedarf von Gebäuden senken
Durch die Wärmerückgewinnung kann eine KWL-Anlage bis zu 95 % der Wärme aus der Abluft bereitstellen sowie den Lüftungswärmeverlust verringern und mindert dadurch auch den Heizwärmebedarf erheblich. Allerdings ist diese Aussage nicht ohne Weiteres in die Praxis übertragbar, da der Energieverbrauch eines Hauses vom Aufstellungsort, von der Gebäudekonstellation, der eingesetzten Anlagentechnik mit Wärmerückgewinnung, vom Nutzerverhalten usw. abhängig ist. Wobei das Nutzerverhalten nicht berechenbar ist und damit nicht mit einbezogen werden kann.

4. Komfort und Behaglichkeit
Zum Vermeiden von zu trockener Raumluft im Winter können Rotationswärmerückgewinner oder Enthalpie-Wärmeübertrager mit Membranen eingesetzt werden. Ebenso können Befeuchtungseinrichtungen wie z. B. Dampfbefeuchter genutzt werden. Soweit bekannt, lassen sich diese Rotationswärmerückgewinner und Membranen allerdings im späteren Betrieb nicht ohne Weiteres nachrüsten.
Neben dem Aspekt der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Raumluft und dem Schutz der Bausubstanz gibt es noch eine Reihe weiterer Faktoren, die für Wohnungslüftungsanlagen sprechen:

  • Lüftung in verkehrsreichen Wohnlagen oder in Flughafennähe ohne Lärmbeläs­tigung möglich.
  • Höhere Lebensqualität für Allergiker und gesundheitlich anfällige Menschen durch die Filterung von Pollen und Keimen, sowie anderer Filtermaßnahmen.
  • Einbruchsprävention durch den Entfall der Notwendigkeit für Fensterlüftung.
  • Ventilatorgestützte Wohnungslüftungsanlagen sind schaltbar und erfordern keine weitere Nutzeraufmerksamkeit. Zugerscheinungen treten bis zur Nennlüftungsstufe, durch geeignete Luftauslässe, nicht auf.

Was kann die Wohnungslüftung nicht?
Die kontrollierte Wohnungslüftung birgt zahlreiche Vorteile in sich. Dennoch haben Endkunden und auch teilweise TGA-Fachplaner sowie SHK-Installateure falsche Vorstellungen von den betrieblichen Grenzen der Anlage. Beispielsweise ist ein aktives Kühlen durch das Luftvolumen, den Luftwechsel nicht möglich. Umluftkühlgeräte arbeiten mit einem 6- bis 10-fachen Luftwechsel, während die Wohnungslüftung in der Intensivstufe, also maximal, mit dem 0,4- bis 1-fachen Wechsel pro Stunde lüftet. Beschattung der Fenster, Abschalten der Wohnungslüftung tagsüber und Einschalten Nachts, mit Bypassschaltung der Wärmerückgewinnung, führt im Sommer lediglich zu einem Kühleffekt. Ein Beispiel: Überschläglich kann man sagen, dass mit den üblichen 60 m³/h Zuluft der Wohnungslüftung nur 200 W Kühlung bei ΔT = 10 K
erreicht werden können. Bei einem 20-m²-Wohnzimmer beträgt die überschlägliche Kühllast ohne genaue Berechnung bei nicht abgeschattetem Fens­ter ca. 1000 W. Folglich ergibt sich hier eine Unterdeckung von 800 W – das Fens­ter alleine hat ca. 350 W Kühllast und eine Person rund 100 W. Dies gilt nur als grobe Verdeutlichung. Ganz entscheidend sind bei solchen Berechnungen Elektrogeräte im Raum, Beleuchtung, Ausrichtung der Außenwände und angrenzende Räume, Dächer oder Keller.
Im Gegensatz zur aktiven Kühlung ist ein passives „Ankühlen“ mit einer kontrollierten Wohnungslüftung möglich. Dies kann beispielsweise durch einen Erdwärmeübertrager erreicht werden. Die angesaugte Außenluft wird durch die erdverlegte Leitung im Sommer „angekühlt“ und entfeuchtet. Untersuchungen haben ergeben, dass bei Außentemperaturen von 30 °C Zulufttemperaturen in die Wohnräume von 18 °C möglich sind. Auch Lösungen durch Soleerdwärmeübertrager sind auf dem Markt erhältlich. Es gilt aber auch hier die Einschränkung durch das Luftvolumen.
Ebenfalls ist eine Abdeckung der Heizlast nicht mit einer reinen Lüftungsanlage realisierbar. Um den Anforderungen an eine Heizungsanlage gerecht zu werden, ist eine Luftheizung erforderlich. Die Wärmerückgewinnung reicht dazu nicht aus. Es werden Lösungen mit Wasser-Heizregistern, elektrischen Heizregistern und mit Wärmepumpen als Luftheizungen angeboten.
Tipp: Der Erdwärmeübertrager in Verbindung mit einer Lüftungsanlage hat im Heizbetrieb seinen eigentlichen Vorteil: Es wird immer Luft mit Plusgraden angesaugt, wodurch die Heizlast zusätzlich zur Wärmerückgewinnung verringert wird.

Autor: Dipl.-Ing. Peter Paul Thoma, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Sanitär- Heizungs- Lüftungs- und Klimatechnik bei der Handwerkskammer Rhein-Main & Gebäudeenergieberater


Bilder, sofern nicht anders angegeben:
Bundesverband für Wohnungslüftung

www.wohnungslueftung-ev.de

 


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