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Geheimcodes im Arbeitszeugnis

Die unscheinbaren und auf den ersten Blick positiven Formulierungen verständlich übersetzt

Bild: AdobeStock - L-TOP

Liste 1: Verschlüsselungen für negative und positive Leistungen.

Liste 2: Formulierungen übersetzt in Schulnoten.

Liste 3: Negative und positive Dankesformulierungen.

 

Arbeitgeberzeugnisse sind wichtige Dokumente, die das Berufsleben erleichtern oder erschweren können. Mehrere Bewerber auf einen freien Arbeitsplatz werden oftmals zunächst nach Zeugnissen selektiert. Deshalb sollte man seine Rechte als Auszubildender, aber auch seine Pflichten kennen. Erst wenn man als Azubi die Aussagen in seinem Arbeitszeugnis übersetzt, weiß man wirklich, was der Chef von einem hält.

Im Gegensatz zu einem „normalen Arbeitsverhältnis“ hat der Auszubildende einen Rechtsanspruch auf ein Ausbildungszeugnis. Es muss nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses und ebenso im Falle eines Abbruches unaufgefordert vom Lehrherrn ausgestellt werden. Das Zeugnis muss einige formale Kriterien erfüllen, u.a. in schriftlicher Form auf einem offiziellen Firmenbriefbogen verfasst und von einer bevollmächtigten Person unterzeichnet sein. Der Chef muss ein Original aushändigen, das Versenden per E-Mail oder Whatsapp ist nicht zulässig.

Arten von Zeugnissen

Man unterscheidet – wie auch bei Zeugnissen im normalen Arbeitsverhältnis – zwischen dem „einfachen“ und „qualifizierten“ Zeugnis. Das „einfache Zeugnis“ enthält lediglich die Eckdaten über die Person, Art sowie Dauer des Arbeitsverhältnisses. Weiterhin müssen die geleisteten Arbeiten wertfrei aufgelistet sein. In der Regel geht ein neuer Arbeitgeber davon aus, dass es bei Vorlage des „einfachen Zeugnisses“ zu Unstimmigkeiten mit dem früheren Arbeitgeber gekommen ist.

Daher sollte man immer ein „qualifiziertes Zeugnis“ verlangen. Das enthält neben den Eckdaten die ausführliche Beschreibung und Bewertung der Leistungen, fachlichen und persönlichen Fähigkeiten sowie Sozialverhalten.

Geheimcodes und Benotung

Bei der Abfassung des Zeugnisses kann der Arbeitgeber in eine Zwickmühle geraten. Einerseits zwingt ihn die Rechtsprechung, ein Zeugnis wahrheitsgemäß auszustellen, andererseits soll es „wohlwollend“ sein. So entstehen Umschreibungen und Formulierungen, die eine schlechte Leistung oder eine schlechte Eigenschaft positiv „verpacken“. Selbst ein mangelhaftes Zeugnis kann demnach wohlwollend verfasst sein. Gewünscht ist sozusagen eine strikt höfliche Ausdrucksweise. Nicht erlaubt wäre z.B.: Herr X kommt regelmäßig zu spät zur Arbeit.“ Im Zeugnis würde es dann heißen: „Herr X bemühte sich, immer pünktlich zu sein.“

Fakt ist, dass die neutrale Bewertung einer Arbeitsleistung kaum möglich ist. Diese wird immer subjektiv abgegeben und wird auch subjektiv vom nächsten Arbeitgeber aufgenommen. Bestimmte Verschlüsselungstechniken sind jedoch eindeutig als positiv oder negativ aufzufassen. Und ihre Unterscheidung ist manchmal gar nicht so einfach. Liste 1 zeigt einige Beispiele.

Eine Benotung im klassischen Schulnotensystem hat sich etabliert. Die Liste 2 zeigt die Rangwertungen.

Abschließend sollte im Zeugnis ein Hinweis darauf gegeben sein, ob man als Geselle in dem Betrieb übernommen wurde und wenn dies nicht möglich war, aus welchen Gründen. Von besonderer Bedeutung sind „Dankesformel“ und „Zukunftswünsche“. Sie können ebenfalls einen Hinweis enthalten, ob der Arbeitgeber mit der erbrachten Leistung zufrieden war (Liste 3).

Wissenswertes rund ums Zeugnis

Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder ist es nicht vollständig, kann man vom Arbeitgeber verlangen, dass es berichtigt wird. Ein Zeugnis darf allerdings keine Änderungen oder Streichungen enthalten. Deshalb muss ein vollständig neues erstellt werden.

Falls der Arbeitnehmer Änderungen hinsichtlich der „Benotung“ bzw. „Beurteilung der Arbeitsleistung“ möchte, kann er dies zwar verlangen, einen Anspruch darauf hat er aber nicht. Er muss ihn nötigenfalls einklagen. Bei einem schlechten Arbeitszeugnis (Note ausreichend bis mangelhaft), muss der Arbeitgeber dann beweisen, dass die Beurteilung zutreffend ist. Verlangt man hingegen eine bessere Benotung (sehr gut oder gut), muss man selbst beweisen, dass die gewünschte Leistungsbeurteilung gerechtfertigt ist.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Arbeitszeugnis eine Wissenschaft für sich ist, in der ein Laie sich kaum zurechtfindet. Selbst Vorgesetzte sind manchmal mit den Feinheiten der Zeugnissprache nicht vertraut. Im ehrlichen Glauben, dem Arbeitnehmer gute Leistungen zu bescheinigen, kann die Wahl einer bestimmten Formulierung von anderen Arbeitgebern als eine eindeutig negative Bewertung verstanden werden.

Manche Chefs bitten sogar darum, das Zeugnis selbst zu schreiben. Das ist durchaus gängige Praxis und zulässig. Das selbstgeschriebene Zeugnis ist nichtsdestoweniger nur ein Entwurf und muss letztendlich nicht vom Chef unterschrieben werden. Auf den ersten Blick erscheint dies sehr verlockend. Aber auch hier gilt: Wer sich mit den Eigenheiten der „Zeugnissprache“ nicht auskennt, kann schnell auf die Nase fallen.

www.zeugnisdeutsch.de www.karrierebibel.de

 


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