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Für eine sichere Wiederinbetriebnahme

Experten geben Hinweise und Tipps, um die Trinkwasserhygiene in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden sicherzustellen

Bundesweit waren Schulen und Vorschulen über Wochen geschlossen. In Sachen Trinkwasserhygiene gilt es, bei der Wiederinbetriebnahme der Gebäude die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. (AdobeStock - bluedesign)

Tabelle 1 nach DVGW W 557 (A) Pkt. 6.3.2.1: Für eine Spülgeschwindigkeit von 2 m/s mindestens zu öˆ nende Entnahmestellen.

 

Nach dem bundesweiten Corona-Stillstand haben die ersten Schulen ihren Betrieb für ausgewählte Jahrgänge aufgenommen. Auch andere städtische/öffentliche Einrichtungen wollen sukzessive wieder in den Betriebsmodus übergehen oder sind es schon. Sachverständige, Verbände und Behörden empfehlen unisono, nach dem wochenlangen Stillstand – ähnlich wie nach langen Ferien – besonderes Augenmerk auf die Trinkwasserhygiene und damit auf die baulichen Anlagen zu legen.

Der Hinweis kommt nicht von ungefähr: In einer vor zwei Jahren veröffentlichten Studie wurden 25 000 Schulen in ganz Deutschland zum Stand der Trinkwasserhygiene in ihren Einrichtungen befragt. Etwa 1000 Fragebögen konnten ausgewertet werden. Das Fazit war ernüchternd: „Schulen in Deutschland haben massive Infrastrukturprobleme und Renovierungsrückstände auch im Hygienebereich,“ so Dr. Uwe Pöhls, der Autor der damaligen Studie und Leiter des Instituts für empirische Sozial- und Kommunikationsforschung in Düsseldorf.

Aber gilt das tatsächlich nur für Schulen? Wohl kaum! Betroffen dürfte eine Vielzahl von städtischen/öffentlichen Einrichtungen sein.

Zurück zum eigentlichen Th ema. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wies im Zuge der Schließung öffentlicher Gebäude infolge der Corona-Pandemie unlängst erst auf die Gefahr mikrobiologischer Belastungen schon nach wenigen Wochen Stagnation hin. Der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene (DVQST) verlautbarte ergänzend in einer Mitteilung, dass „in Trinkwasser-Installationen der bestimmungsgemäße Betrieb jederzeit sicherzustellen ist“ und verwies dabei auf die Trinkwasserverordnung, „die sich ebenso wie die erlassenen Rechtsverordnungen zum Corona-Virus auf das Infektionsschutzgesetz beruft “.

Vor diesem Hintergrund erscheint es elementar, alle notwendigen Maßnahmen bei der Wiederinbetriebnahme der Trinkwasser-Installation zu ergreifen, um die größtmögliche Sicherheit für Lehrer und Schüler zu gewährleisten. „Gerade jetzt in der nach wie vor anhaltenden Corona-Pandemie braucht niemand zusätzliche Legionellenerkrankungen oder andere durch Leckagen in der Trinkwasseranlage verursachte Krankheiten“, so der Vorsitzende der Initiative „Partner für Wasser“, Joachim Stücke.

Ausspülen oder spülen?

Doch welche Maßnahmen sind konkret gefordert und welche sinnvoll? Das Bayerische Landesamt sieht beispielsweise das einfache Ausspülen nach längerem Stillstand kritisch. In einem Merkblatt 1) dazu heißt es: „Mit zunehmender Dauer der Betriebsunterbrechung wird eine intensivere Reinigung der Installation erforderlich, z. B. eine Spülung mit Wasser nach DVGW-Arbeitsblatt 557 Abschnitt 6.3.2.1. oder ZVSHK-Merkblatt.“ Wie das funktioniert, beschreibt der DVQST in einer Fachschrift 2): „Zur Wiederinbetriebnahme nach maximal 4 Wochen ist ein vollständiger Wasseraustausch an allen Entnahmestellen durch Spülung mit Wasser durchzuführen. In dem zu spülenden Abschnitt der Trinkwasser-Installation muss in der Leitung mit dem größten Durchmesser mindestens eine Fließgeschwindigkeit von 2 m/s erreicht werden. Dazu müssen so viele Entnahmestellen geöffnet werden, dass ein ausreichender Volumenstrom fließt, um die geforderte Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/s in der Leitung mit dem größten Durchmesser zu erhalten. Diese Fließgeschwindigkeit kann bei ausreichendem Wasserdruck erreicht werden, wenn mindestens die in der Tabelle 1 aufgeführte Anzahl von Entnahmestellen gleichzeitig geöffnet wird.“ Strahlregler oder Duschköpfe, die die Fließgeschwindigkeit verringern können, so heißt es weiter, sollen während des Spülvorgangs entfernt werden. Die Autoren des Fachartikels empfehlen, Spülvorgänge innerhalb der Installation von unten nach oben im Gebäude durchzuführen, da sich hierdurch der Zeitbedarf in den oberen Etagen reduziere. Kalt- und Warmwasser sollten außerdem getrennt voneinander gespült werden.

Was aber, wenn die Unterbrechung länger als 4 Wochen andauert? In dem Fall empfehlen Behörden und Sachverständige zusätzlich zur Spülung eine mikrobiologische Kontrolluntersuchung, analog einer systemischen Untersuchung nach TrinkwV. So lasse sich eine eventuelle nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität sicher ermitteln.

Und noch einen Expertentipp gilt es zu beherzigen: Nach der Wiederinbetriebnahme sind Einbauten wie Wasserbehandlungsanlagen, Zirkulationspumpe sowie Absperr- und Eckventile auf ihre ordnungsgemäße Funktion zu prüfen. Strahlregler, Siebe, Brauseköpfe usw. sollten gereinigt oder erneuert werden.

VDI-Regelwerksnovelle konkretisiert Anforderungen

Nach der neue Richtlinie VDI 6023 Blatt 3 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Betrieb und Instandhaltung“ (Ausgabe Mai 2020), wird entsprechend die Anforderung definiert, dass bei einer Änderung der Betriebsbedingungen oder der Nutzung die vorhandene Trinkwasser-Installation durch bauliche, organisatorische oder betriebstechnische Maßnahmen an die geänderten Betriebsbedingungen anzupassen ist. Hierbei sind auch die vorhandenen Hygiene- oder Spülpläne, insbesondere auch hinsichtlich Gleichzeitigkeiten, anzupassen und zu dokumentieren.

Literatur: Siehe www.lgl.bayern.de/downloads/gesundheit/hygiene/doc/aufrechterhaltung_tw_hygiene_corona_lang.pdf DVQST-Fachpublikation Nr. 01-2020, COVID-19 – fachgerechte Außerbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen

Merkblatt gibt Hinweise zum Umgang mit Trinkwasserinstallationen

Ein Team von Trinkwasserexperten der FH Münster, der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und der freien Wirtschaft haben ein Merkblatt mit Regeln und Maßnahmen verfasst, um die hygienische Trinkwasserqualität in stillgelegten Gebäuden sicherstellen zu können. Das Merkblatt geht zudem auf unterschiedliche Szenarien ein, etwa Trinkwasserinstallationen in stillgelegten oder in eingeschränkt genutzten Gebäuden.

Es ist im Internet frei verfügbar unter fhms.eu/twq

 


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