Frische Luft für alte Lok-Remise
Zwölf raumlufttechnische Anlagen versorgen die historischen Wagenhallen in Stuttgart mit klimatisierter Luft
Mit der Sanierung der Wagenhallen im Nordbahnhofviertel konnte ein wichtiges Kulturgut der Stadt Stuttgart bewahrt werden. In der alten Lokremise von 1895 sind heute eine Veranstaltungshalle, Gastronomie, Künstlerateliers und -werkstätten untergebracht. Um den Industrie-Charme des Areals vollständig zu erhalten, ist bei der Integration moderner Gebäudetechnik viel Fingerspitzengefühl gefragt. Für die Umsetzung der kompletten raumlufttechnischen Anlagentechnik inklusive Gebäudeleittechnik zeichnete das Ingenieurbüro für Technische Gebäudeausrüstung, Pfähler + Rühl (Lehrensteinsfeld bei Heilbronn), verantwortlich. Die Herausforderungen lagen dabei insbesondere in der Umsetzung zeitgemäßer Schall- und Brandschutzmaßnahmen.
Die alten Wagenhallen auf dem ehemaligen Bahngelände erfreuen sich in Stuttgart großer Beliebtheit – hatte sich das Areal seit einer Übernahme im Jahr 2003 durch Kulturschaffende und Kreative doch in eine angesagte Off-Location gewandelt. Zuvor nutzte die Deutsche Bahn die große Halle für Reparatur- und Wartungsarbeiten. 2015 beschloss die Stadt Stuttgart eine umfassende Sanierung, da Gebäudestatik, Schall- und Brandschutzvorrichtungen nicht mehr den Vorschriften entsprachen. Im Januar 2017 gab Oberbürgermeister Fritz Kuhn den Startschuss für die Bauarbeiten. Heute umfasst das Raumprogramm der Stuttgarter Wagenhallen eine 4050 m2 große Veranstaltungshalle mit 2100 Stehplätzen, einen 9500 m2 großen Atelier- und Werkstattbereich sowie eine Tanzschule auf 450 m2.
RLT-Anlagen: Schall- und Brandschutz im Fokus
Zwölf raumlufttechnische Anlagen des Herstellers Kiefer sind installiert: Vier versorgen die Komfortbereiche, acht weitere Anlagen die Nebenräume mit aufbereiteter Luft. Zu den Komfortbereichen zählen die große Veranstaltungshalle, das Foyer, Multifunktionsräume sowie die Tanzschule.
Für die Auslegung der RLT-Anlage spielten die Faktoren Akustik, Temperatur und Raumluftgeschwindigkeiten eine entscheidende Rolle. Dabei galt es, alle architektonischen Besonderheiten der alten Lok-Remise wie hohe Decken, große Räume und die historische Bausubstanz mit den Anforderungen einer modernen Be- und Entlüftungsanlage sowie dem Schall- und Brandschutz in Einklang zu bringen. Eine der Herausforderungen, die es bei der Ausführung vor Ort zu beachten galt, waren die hohen Anforderungen an den Schallschutz. Diese konnten durch eine Entkopplung der Schwingungen sowie einer projektspezifischen Reduzierung des Luftschalls erzielt werden.
Als geeignete Brandschutzschutzmaßnahme erwiesen sich Brandschutzklappen mit Federrücklaufmotor. Im Bedarfsfall werden die einzelnen Brandabschnitte voneinander getrennt und so eine Übertragung des Brandrauchs verhindert.
Luftleitungen in Sichtmontage
Für die Be- und Entlüftung der Veranstaltungsräume und des Foyers fiel die Wahl auf ein kombiniertes Lüftungsgerät mit Kreislaufverbundsystem. Zwei Wärmeübertrager sind über ein Rohrnetz miteinander verbunden. Im Register wird die in der Abluft enthaltene Wärmeenergie vom durchströmenden Wasser aufgenommen und durch die in der Zuluft eingebauten Lufterhitzer an die kühlere Außenluft übertragen.
Die RLT-Anlagen der Komfortbereiche befinden sich in zwei Technikzentralen, die in zweigeschossigen Kuben im Bereich der Künstlerateliers untergebracht sind. Von dort aus wird die Luft direkt in die jeweiligen Bereiche verteilt. In den Räumlichkeiten selbst werden die Luftmengen der einzelnen Stränge auf die entsprechenden Sollwerte abgeglichen.
Obwohl die Lok-Remise in Stuttgart ursprünglich als Kalthalle errichtet worden war, gelang es den Architekten die Anforderungen der EnEV 2013 zu erfüllen – unter anderem durch einen Bauteilnachweis im Bestand. Nur bei den Oberlichtern mussten sie auf vollständige Neuentwicklung zurückgreifen.
Für die Integration der lüftungstechnischen Anlagen waren der Luft- und Klimaspezialist Kiefer GmbH sowie das Ingenieurbüro Pfähler + Rühl verantwortlich: Ihnen gelang es unter Einbehaltung aller schall- und brandschutztechnischen Vorgaben, die notwendige Anlagentechnik in das neue Raumkonzept anzupassen. Dafür wurden alle Kanäle, Luftauslässe, Wickelfalzrohre und Volumenstromregler in Sichtmontage unterhalb der abgehängten Decke verlegt. Sie sollten keinesfalls hinter Zwischendecken unsichtbar werden, sondern als technische Neuerungen den Bestand ergänzen.