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Fraunhofer IEG: Fernwärme-Pilotanlage in Betrieb

Bochum.  Eine Pilotanlage, die mit Solarthermie Grubenwasser in einem stillgelegten Bergwerk aufheizt, aus dem eine Hochtemperaturwärmepumpe Fernwärme erzeugt, hat das Fraunhofer IEG nach insgesamt fünf Jahren nun in Betrieb genommen. Eingespeist wird in das Fernwärmenetz des Bochumer Südens. Dieses hat eine Leistung von rund 115 MW. Es liefert je nach Jahreszeit Wärme zwischen 80°C und 120°C und führt rund 60°C warmes Wasser an das lokale Heizkraftwerk zurück. Abnehmer sind der Campus der Ruhr-Universität Bochum mit 5600 Arbeitsplätzen sowie umliegend 4800 Mietwohnungen, 760 Häuser und 115 weitere Kunden.

Mit Besuchern besichtigt Arianna Passamonti die Gesamtanlage samt Solarthermieanlage. Bild: K. Schinarakis/Fraunhofer IEG

Die Aggregate der Wärmepumpen nutzen Ammoniak und Butan als Arbeitsmedien und erzeugen Temperaturen bis zu 120°C. Bild: K. Schinarakis/Fraunhofer IEG

Die beiden Wärmepumpen nehmen auf dem Campus Bochum des Fraunhofer IEG etwa den Platz einer größeren Garage ein und liefern bis zu 500 kW Wärme. Bild: A. Passamonti/Fraunhofer IEG

 

Die leitende Ingenieurin Arianna Passamonti und ihr Team haben die Anlage für die Randbedingungen des Fernwärmenetzes ausgelegt. Computersimulationen ergaben, dass sich das geflutete ehemalige Steinkohlebergwerk als Wärmespeicher für Temperaturen von rund 60°C eignet. In 23 bis 64 m Tiefe stehen rund 20.000 m3 Grubenwasser zur Verfügung. Die maximale Leistung der Solarthermieanlage beträgt 60 kW, ihr Arbeitsmedium ist Wasser. Im Volllastbetrieb soll sie 165 Megawattstunden pro Jahr (MWh/a) in das Grubenwasser einspeisen. 

Die Wärmepumpe stellt eine Fortentwicklung dar. Um die hohen Temperaturen bis 120°C und die Leistungsklasse bis 500 kW zu erreichen, hat das Team die Leistung von Arbeitsmedien und Komponenten unter den verschiedensten Betriebsbedingungen berechnet und dafür z.T. neue Berechnungsmodelle entwickelt. Das Ergebnis ist eine zweistufige Wärmepumpenanlage, die im Niedertemperaturbereich Ammoniak, im Hochtemperaturbereich Butan als Arbeitsmedien einsetzt. 

Die Pilotanlage entstand von 2018 bis 2023 in zwei EU-Projekten. In „Geothermica Heatstore“ wurde die damals vor 65 Jahren stillgelegte Zeche mit drei Bohrungen erschlossen und die Solarthermieanlage angeschlossen. In „NWE-Interreg DGE-Rollout“ wurden die Wärmepumpe und die Teile, die der Wärmeeinspeisung und der Wärmeauskopplung ins Fernwärmenetz dienen, im Detail geplant, projektiert, beschafft, installiert und in Betrieb genommen. An der Entwicklung mitgewirkt haben neben dem Team am Fraunhofer IEG auch der Gebäudeausrüster Johnson Controls, der Kraftwerksausrüster Mitsubishi Power Europe, der Wärmenetzbetreiber Stadtwerke Bochum unique Wärme GmbH & Co. KG sowie die Ruhruniversität Bochum. 

Die Pilotanlage soll nicht die einzige ihrer Art bleiben. Eine Teilaufgabe des Projektes ist, Betriebsmodelle für Großwärmepumpen weiterzuentwickeln. In Folgeprojekten sollen in der Region weitere Bergwerke als Wärmespeicher und zudem Abwärme als Wärmequelle erschlossen werden. „Fernwärmenetze sind die effizienteste Art, viele Haushalte zu versorgen“, unterstreicht Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG. „Wir sind schon sehr gespannt, die Anlage im realen Betrieb der ersten Heizperiode zu sehen, und den Beweis anzutreten, dass Wärmepumpen die hohe Temperatur des Fernwärmenetzes zuverlässig erreichen“, so Arianna Passamonti.

 


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